Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Januar 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 185/00

(BPatG: Beschluss v. 09.01.2001, Az.: 33 W (pat) 185/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss das Ausbleiben einer Marke mit dem Namen "EUROTAX" für Dienstleistungen einer Steuerberatungsgesellschaft bestätigt. Die Markenstelle hat die Anmeldung aufgrund eines Freihaltungsbedürfnisses an einer beschreibenden Angabe zurückgewiesen. Die Beschwerde der Anmelderin wurde abgelehnt. Das Gericht befand, dass die Bezeichnung "EUROTAX" ohne weiteres aus den Begriffen "Euro" und "Tax" zusammengesetzt ist und somit kein einzigartiges Kennzeichen für die Dienstleistungen darstellt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht abgelehnt. Das Gericht sieht keine Unterscheidungskraft in der Marke und stellt fest, dass die Verkehrskreise die Bezeichnung ohne weiteres als "europäische Steuer" verstehen werden. Es besteht zudem ein Freihaltungsbedürfnis aufgrund der zukünftigen Harmonisierung der Steuergesetze in Europa.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 09.01.2001, Az: 33 W (pat) 185/00


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 24. Dezember 1998 die Wortmarke EUROTAX für

"Klasse 42: Dienstleistungen einer Steuerberatungsgesellschaft"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Mit Schriftsatz vom 5. Juli 1999 ist von der Anmelderin folgendes neue Dienstleistungsverzeichnis eingereicht worden:

"Dienstleistungen einer Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft, soweit in Klasse 35 enthalten; Steuerberatung, Unternehmensberatung, Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Personalberatung; Wirtschaftsprüfung, Buchführung, Durchführung von Prüfungen und Revisionen, Erstellung von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen für Dritte; Geschäftsführung und Buchhaltung für Dritte;

Dienstleistungen einer Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft, soweit in Klasse 36 enthalten; Dienstleistungen eines Treuhänders, Vermögensverwaltung; Steuerberatung; Erstellen von Steuergutachten und -schätzungen für Dritte".

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 12. Juli 2000 gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 2, 37 Abs 1 MarkenG wegen eines Freihaltungsbedürfnisses an einer beschreibenden Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die angesprochenen inländischen Verkehrskreise verstünden "TAX" ohne weiteres als den englischen Begriff für "Steuer", so daß die Bezeichnung "EUROTAX" ersichtlich unmittelbar auf das Angebot von Beratungsdienstleistungen in Steuerangelegenheiten hinsichtlich des "Euro" und für den europäischen Markt hinweise.

Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung des Patentamts beantragt die Anmelderin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, und trägt im wesentlichen vor, in ihrer Zusammenschau der beiden Bestandteile "EURO" und "TAX" besitze die angemeldete Marke einen übergreifenden phantasievollen Gesamteindruck. Der Zusammenfügung der beiden Bestandteile könne der Verkehr keinen rein beschreibenden Inhalt zuordnen. Es sei vielmehr unklar, ob es sich bei den angebotenen Dienstleistungen um Finanzdienstleistungen auf dem Gebiet des Euro, um eine Steuerberatungsgesellschaft, die sich mit dem europäischen Markt beschäftige, oder um eine europaweit angesiedelte Steuergesellschaft handele. Das Element "TAX" stelle in der deutschen Sprache keine eindeutig definierte Sachangabe dar; es sei in der deutschen Sprache auch als Fremdwort nicht gebräuchlich. Da Steuerberatungsangelegenheiten in der Regel an die nationalen Gesetzgebungen gebunden seien, gebe es keine europaweite Steuerberatung. Die Einführung des Euro werfe für die meisten Firmen und Unternehmen keine steuerrechtlichen Probleme auf, so daß auch ein derartiger Sinngehalt nicht naheliegend erscheine. Das Zeichen "EUROTAX" wirke zwar als sprechende Marke, werde vom Verkehr jedoch als originelles Phantasiegebilde aufgenommen.

Der Senat hat der Anmelderin mit Zwischenbescheid vom 17. November 2000 einige Ermittlungsunterlagen zur Kenntnis- und Stellungnahme übersandt sowie sie insbesondere auf die Aspekte der fehlenden Unterscheidungskraft und der unzulässigen Erweiterung des Dienstleistungsverzeichnisses hingewiesen.

II Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Markenstelle des Patentamts hat die Anmeldung im Ergebnis zu Recht insgesamt zurückgewiesen.

Soweit das Dienstleistungsverzeichnis vom 5. Juli 1999 abweichend von den in der Anmeldung ursprünglich beanspruchten "Dienstleistungen einer Steuerberatungsgesellschaft" unzulässige Erweiterungen enthält (§ 39 Abs 1 MarkenG), war die Anmeldung insofern schon deshalb zurückzuweisen (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Auflage 2000, § 39 Rdn 5; Winkler GRUR 1990, 73 ff, 78 f). Einer genauen Prüfung und Feststellung des Umfangs unzulässiger Erweiterungen bedarf es hier jedoch nicht, weil jedenfalls im übrigen bezüglich der ursprünglich beanspruchten Dienstleistungen der Markeneintragung die absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.

Denn der Senat hält die als Marke angemeldete Bezeichnung "EUROTAX" hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen, soweit sie unter "Dienstleistungen einer Steuerberatungsgesellschaft" subsumierbar sind, für eine freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe, der auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Die angemeldete Bezeichnung "EUROTAX" ist ohne weiteres ersichtlich aus dem allgemein geläufigen Wort "Euro" und dem englischen Begriff "tax" mit der Bedeutung "Steuer" sprachüblich zusammengesetzt. Das Bestimmungswort "Euro-" tritt nicht nur in Ausdrücken der Umgangssprache, sondern auch insbesondere auf den Gebieten der Wirtschaft und des Finanzwesens in zahlreichen englischen ebenso wie deutschen Fachbegriffen im herkömmlichen Sinne von "Europa", "europäisch" auf - wie beispielsweise in "Eurobond", "Euroanleihe", "Eurocheque", "Euroscheck", "Eurocurrency", "Eurodollar", "Eurofazilitäten", "Euromarkt", "Eurogeldmarkt", "Eurokapitalmarkt", "Euromoney", "Euronotes", "Euro-Aktie" -, wird in zunehmendem Maße aber auch im engeren speziellen Sinne der neuen europäischen Gemeinschaftswährung verwendet (vgl zB Duden-Oxford, Großwörterbuch Englisch, 2. Auflage 1998, S 1115; Gabler Wirtschafts-Lexikon, 12. Auflage 1988, Bd A - K, Spalte 1636 - 1657; Büschgen, Das Kleine Bank-Lexikon, 2. Auflage 1997, Seite 412- 422; Knowles/Elliott,The Oxford Dictionary of New Words, Oxford 1998, Seite 105; Th. Wachter, Die Eurohypothek, in: WM 1999, 49 ff; BPatG Beschluß vom 23. September 1998 - 29 W (pat) 50/98 - Eurocoin; Beschlüsse des Senats vom 9. Juni 2000 - 33 W (pat) 6/00 - Eurowood, und vom 2. Juni 1999 - 33 W (pat) 175/98 - EUROPLAN). Das mit dem deutschen Begriff "Taxe" eng verwandte Substantiv "tax" kommt als Grundwort in vielen englischen, die diversen Steuerarten charakterisierenden Wortkombinationen vor, und zwar insbesondere solchen, in denen der Geltungsbereich vorangestellt ist (vgl R. v. Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Wörterbuch in vier Bänden, Englisch-Deutsch, Bd II, 1990, S 871 ff). So gibt es beispielsweise die Begriffe "city tax(es)", "municipal tax(es)", "federal tax", "imperial tax(es)", "national tax", "state tax" sowie die im vorliegenden Fall vor allem interessanten "harmonized tax" ("EEC: angeglichene (harmonisierte) Steuer") und "Community tax" für "(European Community) Gemeinschaftssteuer" (vgl Die Sprache unserer Zeit, aaO, S 871, 872).

Bereits gegenwärtig fehlt der Anmeldemarke jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, weil die angesprochenen Verkehrskreise - in erster Linie Unternehmen und Gewerbebetriebe, aber auch Privatpersonen mit einer beachtlichen Steuerpflicht - die angemeldete Bezeichnung "EUROTAX" ohne weiteres als üblichen englischen Ausdruck für "europäische Steuer" verstehen und ansehen werden, die jedenfalls ab dem 1. Januar 2002 in den an der Gemeinschaftswährung teilnehmenden Staaten Europas dann selbstverständlich in "Euro" zu zahlen sein wird. Die Anmelderin weist zwar zutreffend darauf hin, daß es - zumindest weitgehend - einheitliche Steuern in Europa nicht gibt, sondern jeweils die nationalen Gesetzgebungen der einzelnen Staaten die verschiedenen Steuern regeln. Hinsichtlich der beanspruchten "Dienstleistungen einer Steuerberatungsgesellschaft" werden die angesprochenen Verkehrskreise jedoch gegenwärtig angesichts der bekannten Vielfalt an Steuerbestimmungen und Steuersätzen in den europäischen Staaten, insbesondere der Europäischen Union, den Begriff "EUROTAX" lediglich in dem rein beschreibenden Sinne auffassen, daß die Erbringung der Dienstleistungen auf fundierten fachlichen Spezialkenntnissen der jeweilig in Betracht kommenden spezifischen europäischen Steuer beruht und die Steuerberatungen etc somit sachkundig europaweit an Steuerinländer ebenso wie an Steuerausländer unter Berücksichtigung auch internationaler Steuerfragen, die sich etwa aus Importen und Exporten ergeben, geleistet werden können. Die angemeldete Bezeichnung "EUROTAX" mag zwar im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen eine schlagwortartig komprimierte beschreibende Kurzaussage darstellen, die Abnehmer der Dienstleistungen werden aber in diesem ihnen unmittelbar verständlichen und sprachüblich gebildeten Begriff keine unternehmenskennzeichnend individualisierende Eigenart sehen (vgl zB auch HABM Erste Beschwerdekammer GRUR Int 1999, 548, 549 f - EU-LEX).

Soweit die Anmelderin meint, die Anmeldemarke sei mehrdeutig, weil unklar sei, ob es sich um Finanzdienstleistungen auf dem Gebiet des Euro, um eine Steuerberatungsgesellschaft, die sich mit dem europäischen Markt beschäftige, oder um eine europaweit angesiedelte Steuergesellschaft handele, unterzieht sie die Bezeichnung "EUROTAX" einer unzulässig analysierenden, nicht auf die beanspruchten Dienstleistungen bezogenen und daher nicht naheliegenden Betrachtungsweise. Denn einerseits bezieht sich der Bestandteil "EURO" - anders als es häufig bei Unternehmenskennzeichnungen (§ 5 MarkenG) der Fall ist (vgl BGH GRUR 1994, 120, 121 f - EUROCONSULT; Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rdn 248) - offensichtlich nicht oder jedenfalls nicht unmittelbar auf das Unternehmen der Anmelderin, sondern vielmehr auf den weiteren Bestandteil "TAX", und andererseits enthält ein Verständnis der (zukünftigen) Steuerzahlung in der Währung "Euro" - wie die Anmelderin auch selbst vorgetragen hat - offenbar keine mitteilenswerte Tatsache, zumal sie kaum Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen einer Steuerberatungsgesellschaft sein dürfte.

An dem angemeldeten Begriff "EUROTAX" besteht zur Überzeugung des Senats in Anbetracht konkret absehbarer zukünftiger Entwicklungen aber auch ein hochgradiges Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG (vgl zum sog zukünftigen Freihaltungsbedürfnis zB EuGH GRUR 1999, 723, 725 f Ez 25, 26, 29 - 31 - Chiemsee; BGH GRUR 1995, 408, 409 f - PROTECH). Die Europäische Union bemüht sich nämlich intensiv, für den freien Handel in weiterem Maße als bisher auch auf dem Gebiet des Steuerrechts die Harmonisierung der rechtlichen und technischen Bedingungen zu verwirklichen. Auf dem "Forum Eurofi 2000" (14./15. September 2000 in Paris) beispielsweise gingen fast 200 europäische Experten und Entscheidungsträger davon aus, daß ein einheitliches europäisches Banken- und Finanzsystem unabdingbare Voraussetzung ist, um den Bedürfnissen der europäischen Akteure - Investoren, Unternehmer, Finanzoperateure, Euro-Kunden -, die in der Euro-Zone wie auf einem Binnenmarkt operieren wollen, gerecht zu werden; im Zentrum der Diskussion stand unter anderem das Thema "Harmonisierung der Steuergesetze und Finanzinformationen in Europa" vgl Inf€uro Nr 16/DE Newsletter der Europäischen Kommission, herausgegeben vom Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, S 8/9). In jüngster Zeit ist in den Medien insbesondere über die Einigung der EU-Finanzminister ausführlich berichtet worden, eine einheitliche Zinsbesteuerung in der Europäischen Union durch eine Zinssteuer-Richtlinie einzuführen, die Bestandteil des geplanten EU-Steuerpakets sein soll (vgl zB HANDELSBLATT vom 28. November 2000, S 1: Artikel "EU-Finanzminister schaffen Durchbruch bei Zinssteuer", S 4: Artikel "Einigung bei EU-Zinsbesteuerung - Steueroasen werden trockengelegt", S 2: Kommentar "EU über Besteuerung der Zinsen einig - Nur ein Schritt"). Anhand der bereits bekannten Bestrebungen und Richtlinien der EU ist also konkret absehbar, daß es in der Europäischen Union, der voraussichtlich noch einige weitere Staaten beitreten werden, in breiterem Umfang einheitlich harmonisierte Steuern geben wird, für die "EUROTAX" - als Synonym zu "Community tax" oder "harmonized tax" (vgl Die Sprache unserer Zeit, aaO) - ein treffender Gattungsbegriff sein wird. Bezüglich der beanspruchten "Dienstleistungen einer Steuerberatungsgesellschaft" weist der Begriff "EUROTAX" dann bloß rein beschreibend auf die dementsprechende Spezialisierung hin.

Winkler Dr. Hockv. Zglinitzki Cl






BPatG:
Beschluss v. 09.01.2001
Az: 33 W (pat) 185/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/132805f245d2/BPatG_Beschluss_vom_9-Januar-2001_Az_33-W-pat-185-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share