Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. September 2005
Aktenzeichen: 25 W (pat) 39/05

(BPatG: Beschluss v. 15.09.2005, Az.: 25 W (pat) 39/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Implantologie Internationalist am 15. Oktober 2002 ua für die Dienstleistungen

"Organisation und Veranstaltung von Kongressen; Organisation und Veranstaltung von Symposien; Ausbildung und Weiterbildung auf dem Gebiet der zahnärztlichen Implantologie, insbesondere im Bereich der Technik, die bei der Implantologie verwandt wird; Durchführung von Schulungen und Seminaren für Implantologie; Dienstleistungen einer Zertifizierungsstelle, nämlich Durchführung von Zertifizierungen; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten im Bereich der medizinischen Konzepte für die Implantologie; Entwicklung von Arbeitstechniken auf dem Gebiet der Zahnmedizin und dazu benötigter Instrumente (Forschung)"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Nach Beanstandung der Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 u 2 MarkenG hat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 15. September 2003 die angemeldete Bezeichnung teilweise, nämlich für die oben genannten Dienstleistungen zurückgewiesen.

Die sprachüblich gebildete Zusammenstellung der in ihrer Bedeutung allgemein verständlichen Begriffe "Implantologie" und "international" sei nicht schutzfähig. Die angemeldete Wortkombination deute darauf hin, dass die so bezeichneten Dienstleistungen die Implantologie in einem internationalen Zusammenhang beträfen. Das von den angebotenen Dienstleistungen angesprochene Fachpublikum werde das angemeldete Zeichen daher ohne weiteres in dem Sinne verstehen, dass diese internationalen Maßstäben gerecht würden bzw. von internationalem Rang seien. Es handele sich insoweit um eine beschreibende Angabe im Sinne einer unmittelbaren Produktanpreisung. Eine gewisse Unschärfe sei der Werbesprache immanent und hielte davon ab, dass die angemeldete Bezeichnung als mehr als nur ein Werbehinweis wirke. Der angemeldeten Bezeichnung fehle es daher nicht nur an der nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft, sondern an dieser Bezeichnung bestehe ferner auch ein Freihaltebedürfnis iS von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des deutschen Patent- Markenamts vom 15. September 2003 aufzuheben und die angemeldete Marke auch für die zurückgewiesenen Dienstleistungen einzutragen.

Er macht geltend, dass die von ihm unter der angemeldeten Wortkombination vertriebenen Dienstleistungen dem allgemeinen Verkehr bereits durch weitreichende Geschäftstätigkeit bekannt seien. Dies könne durch Anfragen bei sachkundigen Stellen bzw. durch eine Verbraucherumfrage bestätigt werden. Dem angemeldeten Zeichen fehle es auch nicht an der erforderlichen Unterscheidungskraft, da die Wortkombination "Implantologie International" für den Verbraucher eigenartig und prägnant sei und nicht nur beschreibenden Charakter habe. Gerade durch die Kombination der einzelnen Begriffe entstünde ein eindrucksfähiges eigenartiges Gesamtgebilde. Selbst wenn die einzelnen englischsprachigen Wörter auch beschreibende Elemente besäßen, so könne ihnen in der Kombination jedoch nicht ein beschreibender Charakter zugeordnet werde. Es handele sich um eine neue, nicht geläufige Wortzusammenstellung, deren Verwendung als Sachangabe zudem auf dem in Rede stehenden Dienstleistungsgebiet nicht nachweisbar sei. Damit sei auch in Zukunft nicht zu rechnen. Es fehle demnach auch an einem gegenwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis iS von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die angemeldete Wortmarke für die beanspruchten Dienstleistungen bereits nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG verfügt.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st Rspr BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2003, 58 - COMPANYLINE zur GMV). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist. Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild). Maßgebend ist allein, ob der Verkehr in der angemeldeten Marke einen Herkunftshinweis erblickt oder nicht. Ein Eintragungshindernis kann sich daher nicht nur aus dem Bezug des Zeichens zu der Ware oder Dienstleistung selbst ergeben, sondern auch daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sehen (BGH MarkenR 2002, 338, 340 - Bar jeder Vernunft; BGH MarkenR 2003, 148, 149 - Winnetou; EuG GRUR Int. 2001, 864, 866 - CINE COMEDY; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND).

Ausgehend hiervon fehlt der angemeldeten Wortkombination "Implantologie International", deren Bedeutung im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen zu beurteilen ist, die erforderliche Eignung, im Verkehr als Unterscheidungsmerkmal hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen angesehen zu werden.

Bei "Implantologie" handelt es sich um einen medizinischen Fachbegriff insbesondere auf dem Gebiet der Zahnmedizin, welcher nicht nur dem bei den hier fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehenden Fachverkehr, sondern auch weiten Teilen des allgemeinen Verkehrs in seiner Bedeutung als "Lehre von der Einpflanzung nicht lebender Gewebe und Materialien" (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Aufl., S 855) ebenso allgemein bekannt ist wie das in in die deutsche Sprache eingegangene Wort "international" in seiner Bedeutung "mehrere oder alle Staaten bzw. Völker betreffend, überstaatlich, nicht national begrenzt" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl, S 842). In Kombination mit einem Substantiv dient "international" gerade auch in Nachstellung in praktisch allen Bereichen des Geschäftslebens als Hinweis auf den nicht national begrenzten, überstaatlichen Bezug bzw. Bestimmungszweck der angebotenen Leistungen. Die Bedeutung der angemeldeten Wortverbindung erschließt sich daher dem inländischen Verkehr ohne weiteres und nächstliegend im Sinn von "weltweite Lehre von der Implantation" bzw. "Lehre von der Implantation unter Berücksichtigung nicht nur nationaler, sondern überstaatlicher, weltweiter Erkenntnisse".

In dieser dargelegten, allgemein verständlichen Bedeutung weist die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen dann aber einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auf, der ihrer Auffassung als individuelle Herkunftskennzeichnung entgegensteht. So beschränkt sich die Bezeichnung hinsichtlich der Dienstleistungen "Organisation und Veranstaltung von Kongressen; Organisation und Veranstaltung von Symposien" auf die rein sachbezogene Aussage, dass die Kongresse bzw. Symposien sich thematisch mit der Lehre von der Implantologie unter Beachtung weltweiter Erkenntnisse befassen oder auch der Teilnehmerkreis an diesen Veranstaltungen international ist. Auch hinsichtlich der übrigen Dienstleistungen "Ausbildung und Weiterbildung auf dem Gebiet der zahnärztlichen Implantologie, insbesondere im Bereich der Technik, die bei der Implantologie verwandt wird; Durchführung von Schulungen und Seminaren für Implantologie; Dienstleistungen einer Zertifizierungsstelle, nämlich Durchführung von Zertifizierungen; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten im Bereich der medizinischen Konzepte für die Implantologie; Entwicklung von Arbeitstechniken auf dem Gebiet der Zahnmedizin und dazu benötigter Instrumente (Forschung)" hat die angemeldete Bezeichnung einen sich aufdrängenden beschreibenden Begriffsinhalt, indem sie nämlich auf den Gegenstand und Inhalt dieser Dienstleistungen hinweist.

Soweit der sachbezogene Aussagegehalt der Wortkombination "Implantologie International" sich bei den Dienstleistungen "Organisation und Veranstaltung von Kongressen; Organisation und Veranstaltung von Symposien" nicht nur auf Gegenstand und Inhalt der Kongresse bzw Symposien, sondern auch auf die Teilnehmer an diesen Veranstaltungen beziehen kann, führt dies ebenso wenig zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit der angemeldeten Bezeichnung wie der Umstand, dass das Thema "internationale Implantologie" bei sämtlichen hier fraglichen Dienstleistungen seinem Gegenstand bzw Inhalt nach nicht näher spezifiziert ist. Denn auch die mit einer verallgemeinernden Aussage einhergehende Unbestimmtheit einer Angabe ebenso wie die Unkenntnis der durch den Begriff im Einzelfall repräsentierten tatsächlichen Inhalte muss einem Verständnis als bloße Sachangabe nicht entgegenstehen (vgl. BGH MarkenR 2000, 330, 332 - Bücher für eine bessere Welt). Eine begriffliche Unbestimmtheit kann insbesondere erforderlich und gewollt sein, um einen möglichst weiten Bereich dienstleistungsbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte zu erfassen, ohne diese im Einzelnen zu benennen. Gerade wenn aber wie im vorliegenden Fall unterschiedliche die internationale Implantologie betreffende Dienstleistungen angeboten werden, ist die angemeldete Wortkombination eine treffende Sammelbezeichnung, die alle Leistungsinhalte umfassen kann. In rechtlicher Hinsicht in zudem noch zu beachten, dass ein Zeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es auch nur in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl EuGH, MarkenR 2003, 450- DOUBLEMINT; EuGH MarkenR 2004, 111, 115 - BIOMILD/Campina Melkunie; BGH GRUR 2005, 257, 258 - Bürogebäude).

Selbst wenn es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine neue, bisher nicht geläufige Wortzusammenstellung handeln sollte, führt dies allein entgegen der Auffassung des Anmelders nicht zu einer schutzbegründenden Unterscheidungskraft. Der EuGH hat dazu in seiner Rechtsprechung wiederholt betont, dass die bloße Kombination von schutzunfähigen Bestandteilen selbst bei einer Wortneuschöpfung nicht zwangsläufig zur Eintragungsfähigkeit führt. Entscheidend sei vielmehr, ob der von der Wortkombination erweckte Eindruck in seiner Gesamtheit hinreichend weit von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenstellung der Bestandteil entsteht und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht (vgl. zuletzt EuGH MarkenR 2004, 111, 115 - BIOMILD/Campina-Melkunie). Das ist aber bei der sprachüblichen Kombination der Begriffe "Implantologie" und "International" entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht der Fall. Vielmehr ist der sachbezogene Aussagegehalt der Bezeichnung für die beanspruchten Dienstleistungen so deutlich und unmissverständlich, dass seine Funktion als sachbezogener Begriff nahe gelegt ist und die beteiligten Verkehrskreise in dem Zeichen lediglich einen Hinweis auf Gegenstand und Inhalt der hier fraglichen Dienstleistungen, nicht jedoch einen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen. Die Wortkombination "Implantologie International" benennt Inhalt und Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen, ohne dass durch die Zusammenfügung der Wörter der sachbezogene Charakter der Wortkombination verloren geht. Beide Einzelbestandteile werden vielmehr entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich entgegen der Auffassung des Anmelders auch eine beschreibende Verwendung dieser Wortkombination bereits nachweisen lässt. So bietet die "Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie" (DGMKG) eine Veranstaltungsreihe unter der Bezeichnung "Implantologie International" an (www.mkgchirurgie.de). Auch die auf der Internetseite des Anmelders (http://implantologieinternational.com/vorwort.htm) zu findende Überschrift "Implantologie International - Symposium für MKG-Chirurgen, Oralchirurgen und Zahnärzte" legt ein Verständnis dieser Wortkombination als Sachangabe, weniger als betrieblichen Herkunftshinweis nahe.

Zu einer von dem Anmelder angesprochenen Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs 3 MarkenG wurden weder entsprechende Tatsachen schlüssig vorgetragen noch Belege oder sonstige Unterlagen vorgelegt, die Anhaltspunkte dafür ergeben könnten. Darauf wurde der Anmelder mit Zwischenbescheid vom 19. Juli 2005 hingewiesen. Eine Reaktion auf den Bescheid erfolgte nicht.

Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistung eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsbedürfnis haben. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es aber im Hinblick darauf, dass das Zeichen bereits keine ursprüngliche Unterscheidungskraft iS von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG aufweist, insoweit nicht.

Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.

Kliems Bayer Merzbach Na






BPatG:
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Az: 25 W (pat) 39/05


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