Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Oktober 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 60/01

(BPatG: Beschluss v. 05.10.2004, Az.: 27 W (pat) 60/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Anmelder hat die folgende Darstellungals dreidimensionale Marke für "Tauchanzüge, Taucherbrillen, Schnorchel, Tiefenanzeiger; Atmungsgeräte für Taucher; Atemregler und Flaschenpaket mit Unterwassermanometer; Ventile für Atmungsgeräte; Rettungs- und Tarierwesten für Taucher; Dekompressionsgeräte; Schwimmflossen; Rohrleitungsverbindungsstücke; Ventile, Hähne" zur Eintragung in das Register angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit zwei Beschlüssen vom 27. Januar 2000 und 6. Februar 2001, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, die Anmeldung teilweise für die Waren "Atmungsgeräte für Taucher; Atemregler und Flaschenpaket mit Unterwassermanometer; Ventile für Atmungsgeräte; Rettungs- und Tarierwesten für Taucher; Dekompressionsgeräte; Rohrleitungsverbindungsstücke; Ventile, Hähne" wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Verkehr werde der Anmeldemarke für die vorgenannten Waren keinen Herkunftshinweis entnehmen, da solche Ventile typischerweise genormt seien und von den Herstellern wegen der Kompatibilität der Systeme auch eingehalten würden. Die Behauptung des Anmelders, dass der von diesen Waren angesprochene spezialisierte Kundenkreis in dem Anmeldezeichen die Produkte des Anmelders aufgrund einer lang anhaltenden erfolgreichen Marktpräsenz anhand der Ventilform erkenne, sei nicht belegt worden; auch eine Verkehrsdurchsetzung sei seitens des Anmelders nicht dargetan worden. Schließlich sei das angemeldete Ventil nicht in einer Weise gestaltet, die von der üblichen Gestaltung durch andere Hersteller so abweiche, dass ihr eine Herkunftsfunktion nicht abgesprochen werden könne. Mangels Unterscheidungskraft sei die Anmeldemarke daher für die oben genannten Waren nicht schutzfähig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Seiner Meinung nach stellt die angefochtene Entscheidung entgegen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu strenge Anforderungen auf die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke. Insbesondere werde verkannt, dass es auf dem hier in Rede stehenden Warensektor nur einen begrenzten Abnehmerkreis sowie nur ca. 10-15 Anbieter gebe, welche ihre Produkte mit unterschiedlichen Merkmalen versähen. Die Anmeldemarke beschreibe auch nicht die beanspruchten Waren, da eine Marke, welche zulässigerweise die Form der Ware wiedergebe, nicht durch eine zu weite Auslegung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Markenschutz wieder ausgeschlossen werden dürfe.

In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder seinen Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.

II Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil die Anmeldemarke in bezug auf die beanspruchten Waren "Ventile für Atmungsgeräte; Rohrleitungsverbindungsstücke; Ventile, Hähne" schon nach dem Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 MarkenG und in bezug auf die weiteren zurückgewiesenen Waren wegen Fehlens der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft nicht schutzfähig ist.

1. Die Anmeldemarke ist allerdings nach § 3 Abs. 1 MarkenG abstrakt markenfähig. Denn danach kann auch die Form einer Ware grundsätzlich die Kennzeichnungsfunktion einer Marke erfüllen, ohne dass sie irgendeine willkürliche Ergänzung aufweisen müsste (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 929 [Rz. 49 f.] - Philips/ Remington).

2. In bezug auf die beanspruchten Waren "Ventile für Atmungsgeräte; Rohrleitungsverbindungsstücke; Ventile, Hähne" ist das angemeldete Zeichen aber schon nach der vorgreiflich (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 192 [Rz. 65] - Linde u.a.) zu prüfenden Vorschrift des § 3 Abs. 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossen. Durch diese Vorschrift, nach der insbesondere Marken, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, nicht geschützt werden dürfen, soll verhindert werden, dass der Schutz des Markenrechts seinem Inhaber ein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchseigenschaften einer Ware einräumt, die der Benutzer auch bei den Waren der Mitbewerber suchen kann; denn der durch das Markenrecht gewährte Schutz soll nicht über den Schutz der Zeichen hinausgehen, anhand derer sich eine Ware oder Dienstleistung von den von Mitbewerbern angebotenen Waren oder Dienstleistungen unterscheiden lassen, damit der Markenschutz nicht zu einem Hindernis für Mitbewerber wird, Waren mit diesen technischen Lösungen oder Gebrauchseigenschaften im Wettbewerb mit dem Markeninhaber frei anzubieten (EuGH - Philips/Remington a.a.O. Rz. 78). Aus diesem Grund ist ein aus der Form einer Ware bestehendes Zeichen ausnahmslos nicht eintragbar, wenn die wesentlichen funktionellen Merkmale der Form nur der technischen Wirkung zuzuschreiben sind; dies gilt selbst dann, wenn diese technische Wirkung auch durch andere Formen erzielt werden kann (vgl. EuGH a.a.O. Rz. 83 - Philips/Remington).

a) Dies ist vorliegend hinsichtlich der beanspruchten Waren "Ventile für Atmungsgeräte; Rohrleitungsverbindungsstücke; Ventile, Hähne" der Fall. Denn die angemeldete Kennzeichnung zeigt ein übliches Ventil mit einem Zuführ- und zwei Weiterleitungsanschlussstücken, wobei die Verbindung der hieran anzuschließenden Leitungen durch zwei Drehknöpfe verschlossen und geöffnet werden kann. Sämtliche gestalterischen Details sind dabei im wesentlichen technisch bedingt. So soll die Riffelung der Drehknöpfe einen sicheren Halt ermöglichen und die Abflachung der Weiterleitungsanschlussstücke das Abrutschen des hieran anzulegenden Schlüssels verhindern, mit dem ein Gegendruck gegen den Schlüssel ausgeübt werden kann, mit dem die Anschlussleitung in das Anschlussstück hereingeschraubt wird. Im übrigen hat auch der Anmelder weder schriftlich noch in der mündlichen Verhandlung Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass und ggf. welche Einzelelemente des in der angemeldeten Marke wiedergegebenen Ventils nicht wesentlichen funktionellen Merkmalen zuzuschreiben sein sollten.

b) In bezug auf die weiteren zurückgewiesenen Waren "Atmungsgeräte für Taucher; Atemregler und Flaschenpaket mit Unterwassermanometer; Rettungs- und Tarierwesten für Taucher; Dekompressionsgeräte" kann allerdings eine Schutzunfähigkeit i.S.d. § 3 Abs. 2 MarkenG nicht festgestellt werden. Denn auch dann, wenn diese Waren Ventile, wie sie die angemeldete Kennzeichnung darstellt, enthalten, weisen sie doch wegen ihres über die bloße Ventilfunktion hinausgehenden Verwendungszweckes weitere Gestaltungsmerkmale auf; da sich die angemeldete Darstellung somit darauf beschränkt, lediglich die wesentlichen funktionellen Merkmale eines Teils dieser Waren wiederzugeben, kann ihr die abstrakte Schutzfähigkeit nach § 3 Abs. 2 MarkenG nicht abgesprochen werden (vgl. Ingerl/ Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 3 Rn. 55).

3. Auch wenn dem Schutz der angemeldeten dreidimensionalen Marke hinsichtlich der Waren "Atmungsgeräte für Taucher; Atemregler und Flaschenpaket mit Unterwassermanometer; Rettungs- und Tarierwesten für Taucher; Dekompressionsgeräte" nicht bereits § 3 Abs. 2 MarkenG entgegensteht, ist ihr in bezug auf diese Waren die Eintragung in Ermangelung der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft zu versagen.

a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b) der Gemeinschaftsmarkenverordnung, welcher mit dem durch § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ins deutsche Recht umgesetzten Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b) der Ersten Markenrechtsrichtlinie identisch ist, besitzt nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllt, konkrete Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift (vgl. EuGH MarkenR 2004, 224, 229 [Rz. 39] - Waschmitteltabs; EuGH MarkenR 2004, 231, 236 [Rz. 37] - Quadratische Waschmitteltabs). Eine solche erhebliche Normabweichung vermag der Senat in der dargestellten Ventilform nicht zu erkennen. Wie der Anmelder in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, unterliegt die Gestaltung von Tauchventilen strengen technischen Normvorschriften; eine Kennzeichenfunktion könnte eine dreidimensionale Wiedergabe eines Ventils daher nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur dann erfüllen, wenn sie Gestaltungselemente aufweisen würde, welche nicht den für ihre Herstellung und Funktion existierenden technischen Normen unterliegen. Solche Elemente sind aber für den Senat weder erkennbar noch hat der Anmelder, der trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 73 Abs. 1 MarkenG) wegen seiner für das Gericht von Amts wegen nur schwer feststellbaren Marktkenntnis insoweit einer besonderen Mitwirkungspflicht unterliegt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 73 Rn. 18), Anhaltspunkte hierfür vorgetragen. Es ist daher davon auszugehen, dass sich das in der Anmeldemarke abgebildete Ventil allein in technisch vorgegebenen Gestaltungselementen erschöpft, so dass die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erforderlichen Voraussetzungen für die Annahme einer konkreten Unterscheidungskraft nicht gegeben sind.

b) Die erforderliche Unterscheidungskraft lässt sich auch nicht allein daraus herleiten, dass ein Ventil, wie es in der Anmeldemarke dargestellt ist, lediglich einen Teil der hier noch in Rede stehenden Waren ausmacht. Zwar ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Verkehr einem bestimmten, lediglich einen Teil der betreffenden Ware ausmachenden dreidimensionalen Formelement - hier also die Gestaltung eines in diesen Waren eingebauten Ventils - je nach konkreter Ausgestaltung der in Rede stehenden Waren im Einzelfall eine herkunftshinweisende Funktion beimisst, wenn dieses Element gegenüber den sonstigen Gestaltungselementen der Ware hervortritt (vgl. BGH GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach; WRP 2003, 521, 524 - Abschlussstück). Von einem solchen Ausnahmefall kann aber außerhalb der Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) nur dann ausgegangen werden, wenn der Verkehr etwa aufgrund einer entsprechenden Branchenüblichkeit daran gewöhnt ist, die Herkunftsfunktion eines ein Ventil enthaltenen Atmungsgeräts für Taucher gerade der Gestaltung des Ventils zu entnehmen. Die Anmelderin hat dies zwar im Anmeldeverfahren behauptet, hierzu aber nichts weiter vorgetragen. Im übrigen spricht hiergegen bereits die obige Feststellung, dass die vorliegend zu beurteilende Ventilform weder von der Norm noch von der Branchenüblichkeit abweicht.

4. Da die Markenstelle somit der Anmeldemarke zu Recht die Eintragung in bezug auf einen Teil der beanspruchten Waren versagt hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde des Anmelders zurückzuweisen.

Dr. Schermer Dr. van Raden Schwarz Fa






BPatG:
Beschluss v. 05.10.2004
Az: 27 W (pat) 60/01


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