Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. März 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 240/01

(BPatG: Beschluss v. 24.03.2003, Az.: 30 W (pat) 240/01)

Tenor

1) Auf die Beschwerde der Widersprechenden zu 2 wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Oktober 2001 zu Zi. 2 und 3 aufgehoben.

2) Wegen der Gefahr von Verwechslungen mit der Marke 1 031 145 wird die Löschung der Marke 300 21 035 auch bezüglich der Dienstleistung "gewerbsmäßige Beratung auf dem Gebiet des Satellitenempfangs und der Installation von Satellitenempfangsanlagen" angeordnet.

3) Die Beschwerde der aus der Marke 1 147 800 Widersprechenden 1 ist (derzeit) gegenstandslos.

Gründe

I.

Gegen die für

"Geräte für Ton und Bild, insbesondere Satellitenempfangsgeräte; gewerbsmäßige Beratung auf dem Gebiet des Satellitenempfangs und der Installation von Satellitenempfangssystemen"

unter der Nr 300 21 035 eingetragenen Wort-Bildmarkewurde Widerspruch eingelegt aus der ua für Satellitenempfangsanlagen eingetragenen Marke Nr 11 47 800 "SATLAND" sowie der unter der Nr 10 31 145 für "Antennen, insbesondere Parabolantennen" eingetragenen Marke "SatAn". Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat auf den Widerspruch der Widersprechenden zu 2 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke, nämlich für die Waren "Geräte für Ton und Bild, insbesondere Satellitenempfangsgeräte" beschlossen und im übrigen die Widersprüche zurückgewiesen.

Zwischen den Marken "SatLan" und "SatAn" bestehe Verwechslungsgefahr; die sich gegenüberstehenden Waren könnten identisch sein, die Widerspruchsmarke weise eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Beide Marken kämen sich klanglich so nahe, daß mit erheblichen Verwechslungen zu rechnen sei. Hinsichtlich der angegriffenen Dienstleistungen bestehe aber keine Verwechslungsgefahr, da zu den Waren der Widerspruchsmarke allenfalls eine sehr geringe Ähnlichkeit bestehe. Die übliche Beratungsleistung durch die Vertreiber von Satellitenantennen stelle lediglich eine Hilfsdienstleistung beim Verkauf der Ware dar. Als selbständige Dienstleistung sei sie nicht nachhaltig verbreitet. Der zusätzliche Buchstabe "L" sei durch die silbenmäßige Zäsur und den eigenen Begriffsgehalt der Abkürzung "Lan" noch deutlich hörbar, so daß bei den sich eher fernstehenden Waren und Dienstleistungen nicht mehr mit Verwechslungen zu rechnen sei.

Der Widerspruch aus der Widerspruchsmarke "SATLAND" habe keinen Erfolg, da keine Verwechslungsgefahr bestehe. Die Widerspruchsmarke weise nur geringe Kennzeichnungskraft auf, da sie aus häufig verwendeten Begriffen zusammengesetzt sei. Der somit selbst bei identischen Waren erforderliche geringe Markenunterschied sei gewahrt. In klanglicher Hinsicht sei der zusätzliche Sprenglaut "d" am Ende der Widerspruchsmarke nicht zu überhören, der bildliche Gesamteindruck hebe sich stark von der angegriffenen Marke ab.

Hiergegen hat die Widersprechende zu 1 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, auch die angegriffene Marke "SatLan" verfüge nur über eine geringe Kennzeichnungskraft, sie setze sich aus den Abkürzungen für "Satellit" und "LOCAL AREA NETWORKS" zusammen. Die Marke habe daher den Bedeutungsgehalt "satellitengestütztes, örtlich begrenztes Netzwerk" und sei als beschreibend einzuordnen.

Die Widersprechende zu 2 hat Beschwerde eingelegt mit der Begründung, hinsichtlich der angegriffenen Dienstleistungen bestehe zumindest assoziative Verwechslungsgefahr. Bei den angegriffenen Dienstleistungen handele es sich um Leistungen, die nur für Waren von Bedeutung seien, für die die Widerspruchsmarke geschützt sei.

Die Widersprechende zu 1 beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Widersprechende zu 2 beantragt, den angefochtenen Beschluß insoweit aufzuheben als der Widerspruch zurückgewiesen wurde und die angegriffene Kennzeichnung in vollem Umfange zu löschen.

Die Markeninhaberin zu 1 hat keinen Antrag gestellt.

Die Markeninhaberin zu 2 ist nicht mehr durch einen Inlandsvertreter vertreten.

II.

Durch die Mandatsniederlegung der bisherigen Vertreter der Inhaberin der angegriffenen Marke zu 2 ist eine Sachentscheidung über die Beschwerde der Widersprechenden nicht ausgeschlossen. Der Wegfall des Inlandsvertreters bewirkt im Widerspruchsverfahren lediglich, daß die Inhaberin der angegriffenen Marke zu 2 am Widerspruchsverfahren nicht teilnehmen kann, dh selbst keine Anträge stellen könnte. Dagegen ist über die Beschwerde der Gegnerin auch nach Wegfall des Inlandsvertreters der Markeninhaberin zu entscheiden (vgl hierzu Althammer/ Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 96 Rdn 20 mwNachw; PAVIS/PROMA, Kliems, 30 W (pat) 92/96 "XENON").

Die Beschwerde der Widersprechenden zu 2 ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Wegen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der von ihnen erfaßten Waren und Dienstleistungen besteht für das angesprochene Publikum die Gefahr von Verwechslungen iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG auch bezüglich der Dienstleistungen der angegriffenen Marke.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt ab von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren und Dienstleistungen. Darüber hinaus sind auch alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, wobei die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung stehen (st Rspr vgl BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2000, 506, 508 ATTACHÉ/TISSERAND).

Es besteht markenrechtliche Ähnlichkeit auch zwischen der Dienstleistung: "gewerbsmäßige Beratung auf dem Gebiet des Satellitenempfangs und der Installation von Satellitenempfangssystemen" der angegriffenen Marke und der Ware "Antennen, insbesondere Parabolantennen" der Widerspruchsmarke.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Dienstleistung und Waren sind die Grundsätze der Ähnlichkeit von Waren zueinander zu berücksichtigen und damit alle erheblichen Faktoren, die das Verhältnis der Waren und Dienstleistung zueinander kennzeichnen, insbesondere ihre Beschaffenheit, ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, ihre regelmäßige Vertriebs- oder Erbringungsart sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen. Entscheidend ist somit, ob in Berücksichtigung aller erheblicher Faktoren die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, daß die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl Althammer/Ströbele MarkenG § 9 Rdn 41, 67).

Maßgeblich ist dabei auch, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck entstehen kann, Waren und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, da der Warenhersteller sich auf dem entsprechenden Dienstleistungsbereich selbständig gewerblich betätigt (vgl Althammer/Ströbele aaO).

Dem Erwerb einer Antennenanlage, der kein Geschäft des täglichen Lebens darstellt, geht in der Regel eine an den individuellen Bedürfnissen der Kunden ausgerichtete technische Beratung voraus. Dies gilt im besonderem für Antennen, die Satellitensender empfangen können. Hier erfordern die vielfältigen Besonderheiten allein schon im Hinblick auf die notwendige exakte Ausrichtung des Parabolspiegels zumindest gegenüber einem Teil der Kunden eine Beratung, die über die gewöhnliche, beim Handel selbst als Nebenleistung erbrachte Beratung deutlich hinausgeht. Denn diese beschränkt sich in aller Regel auf die Verkaufsräume und kann daher naturgemäß nur grundsätzliche Fragen des Kunden berücksichtigen. Dagegen ist es nicht ungewöhnlich, daß die notwendige Abklärung der örtlichen Gegebenheiten eine Beratung durch darauf spezialisierte Unternehmen erfordert. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Parabolantennen, die inzwischen sehr preiswert erhältlich sind, durchaus auch ein kleinerer Betrieb herstellen kann und es dabei nicht fern liegt, dass er gleichzeitig auch als selbständige Dienstleistungen die Beratung (vor Ort) anbietet (vgl hierzu etwa BGH GRUR 1986, 380, 381 - RE-WA-MAT). Um optimale Empfangsergebnisse der Antennenanlage zu erreichen, wird der Interessent, der die fachmännische Beratung in Anspruch nimmt, möglicherweise auch beim Berater kaufen. Gleiches gilt für die Beratung bezüglich der Installation der Anlage. Um eine fachgerechte Montage unter Einhaltung aller erforderlichen Sicherheitsbestimmungen und damit eine höchst mögliche Qualität sowie die reibungslose Abwicklung möglicher Garantieansprüche sicherzustellen, wird der Verbraucher auch die Beratung bezüglich der Installation vom Hersteller bzw Vertreiber der Empfangsanlage verlangen. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit in Baumärkten vertriebene Antennenempfangsanlagen mit den hier zu beurteilenden Dienstleistungen ähnlich im Sinn des Markengesetzes sind. Denn unter das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen fallen auch hochwertige Anlagen, insbesondere solche für größere Wohnanlagen, bei denen eine eingehende Beratung durch darauf spezialisierte Unternehmen die Regel ist. Dementsprechend weist allein das Branchenfernsprechbuch der Stadt München unter den Suchwörtern Antennenanlagen wie auch Satellitenempfangsanlagen zahlreiche Adressen von Unternehmen auf, die zumindest zum Teil neben der Beratung auch die Installation und den Verkauf von Antennenanlagen anbieten. Die Ware der Widerspruchsmarke und die Dienstleistung der angegriffenen Marke haben damit so starke Berührungspunkte, daß der Verkehr zu der Auffassung gelangen kann, beide seien demselben Unternehmen zuzuordnen.

Dafür daß es sich bei der Dienstleistung auch um eine selbständige Leistung handeln kann, spricht auch die in der Branche der Herstellung technischer Geräte übliche Handhabung, durch ein Netz von dem Herstellungsunternehmen verpflichteten und autorisierten Vertragsfachhändlern, die wiederum der ständigen Qualitätskontrolle des Herstellungsunternehmens unterliegen, für einen optimalen Produktvertrieb zu sorgen.

Auf in der Entscheidungspraxis vergleichbare Beurteilungen der Ähnlichkeit zwischen der Dienstleistung Beratung und der hierauf bezogenen Ware bei Richter/ Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl, S 379 wird Bezug genommen.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erscheint eher unterdurchschnittlich. Der Zeichenbestandteil "Sat" ist Kürzel für Satellit und wird auch in Wortverbindungen in diesem Sinn und damit beschreibend gebraucht. So wird heute üblicherweise nicht mehr von Satellitenanlagen, sondern von Sat-Anlagen gesprochen. Das Zeichenende "An" ist jedoch nicht unmittelbar beschreibend, da diese zwei Buchstaben keine übliche Abkürzung für Antenne oder Anlage sind. Das Gesamtzeichen ist somit noch ausreichend phantasievoll.

Den unter den gegebenen Umständen zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen, nicht sehr deutlichen, aber auch nicht nur ganz geringfügigen Abstand hält das angegriffene Zeichen nicht ein.

Mit der Markenstelle ist davon auszugehen, daß die angegriffene Marke von dem Wortbestandteil "SatLAN" geprägt ist, da bei klanglicher Wiedergabe das grafische Element nicht hervortritt, zumal es hier auch einen Satelliten wiedergibt und damit beschreibend ist. Die sich gegenüberstehenden Marken "SatAn" und "SatLAN" kommen sich aber klanglich so nahe, daß bei der nicht ganz entfernt liegenden Ähnlichkeit zwischen den Waren und Dienstleistungen Verwechslungsgefahr besteht.

Die beiden zweisilbigen Worte stimmen in Betonung und Buchstabenfolge bis auf den zusätzlichen Konsonanten "l" in der Mitte der angegriffenen Marke überein. Dieser folgt auf einen Sprenglaut "t" am Ende der ersten Silbe und wird nur bei besonders akzentuierter Sprechweise deutlicher hörbar. Es lassen sich auch keine sicheren Anhaltspunkte dafür feststellen, daß der Vokal "a" in der zweiten Silbe bei beiden Marken stets unterschiedlich ausgesprochen wird.

Die Beschwerde der Widersprechenden zu 2 hat daher Erfolg.

Die Beschwerde der Widersprechenden zu 1 ist damit derzeit gegenstandslos.

Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Fa






BPatG:
Beschluss v. 24.03.2003
Az: 30 W (pat) 240/01


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