Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juni 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 274/04

(BPatG: Beschluss v. 14.06.2005, Az.: 27 W (pat) 274/04)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. August 2004 aufgehoben.

Gründe

I.

Die international für die Waren

Ç25 Vêtements (habillement), chaussures (à l'exception des chaussures orthopediques), chapellerieÈ

registrierte Wortmarke IR 780 659 LES BOOTIE'S begehrt Schutz in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Markenstelle für Klasse IR 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Marke mit Beschluss einer Mitarbeiterin im höheren Dienst den Schutz teilweise verweigert, nämlich für ÇVêtements (habillement), chaussures (à l'exception des chaussures orthopediques)È.

Der Schutz sei nach Art. 6 quinquies Abschnitt B Nr. 2 PVÜ, Art. 5 Abs. 1 MMA, §§ 107, 113 Abs. 1, 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für diese Waren zu versagen, weil insoweit ein Freihaltungsbedürfnis bestehe. Die Schutz suchende Bezeichnung bestehe erkennbar aus dem französischen Pluralartikel "les" und dem auch im Inland gängigen englischen Ausdruck "booties" für "Schuhe, die nicht geschnürt, sondern einfach übergezogen werden." Der Apostroph stelle ein werbeübliches Gestaltungsmittel dar, das nicht dazu führe, dass die angesprochenen Verkehrskreise dem Wort eine andere sachliche Bedeutung zuzuordnen versuchten. Der Ausdruck "LES BOOTIE'S" stelle mithin für die von der Schutzversagung betroffenen Waren eine unmittelbar beschreibende sachliche Angabe ihrer Beschaffenheit und Qualität dar, denn es könne sich um Schuhe handeln, die nicht geschnürt, sondern einfach übergezogen würden. Dass das Wort "booty", wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, nicht eindeutig sei, weil es auch "Beutegut" bedeuten könne, spiele demgegenüber keine Rolle, weil es ausreiche, wenn der Angabe in einer der möglichen Bedeutungen ein Sachbezug zugeordnet werden könne. Auch die Schutzgewährung in Frankreich und im Vereinigten Königreich begründe keinen Schutzanspruch in der Bundesrepublik Deutschland, weil jenen Entscheidungen keine Bindungswirkung zukomme.

Ob darüber hinaus auch der Versagungsgrund der mangelnden Unterscheidungskraft bestehe, könne bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Inhaberin der Schutz suchenden Marke mit ihrer Beschwerde, mit der sie begehrt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der international registrierten Marke IR 780 659 "LES BOOTIE'S" in vollem Umfang Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu gewähren.

Zur Begründung trägt sie vor: Der Bestandteil "LES" werde keineswegs vom deutschen Publikum als dem deutschen "die" entsprechender französischer Plural-Artikel verstanden, zumal er mit dem in der französischen Sprache nicht üblichen und als englischsprachig erkannten Begriff "Bootie's" kombiniert sei. Eine teils aus einem französischen, teils aus einem englischen Begriff kombinierte Marke als Beschreibung anzusehen sei nicht nahe liegend, vielmehr werde der Verkehr die Marke als Fantasiebezeichnung auffassen. Der Begriff "Bootie" sei in Deutschland nicht verbreitet, in der Schutz suchenden Marke sei er zudem nicht in der korrekten Pluralform enthalten, die die Markenstelle ihrer Beurteilung zugrunde gelegt habe, sondern in der Form mit Apostroph "BOOTIE'S". Selbst wenn "booties" in Deutschland bekannt wäre als Bezeichnung für Schuhe, die nicht geschnürt, sondern einfach übergezogen würden, sei jedenfalls kein Bedürfnis der Mitbewerber ersichtlich, die Gesamtbezeichnung "LES BOOTIE'S" für ihre Produkte zu benutzen, da die Sachangabe "booties" nicht Gegenstand der hier in Rede stehenden Marke sei.

Da die Marke keine Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren darstelle, sondern eine fantasievolle sprachunüblich gebildete Gesamtbezeichnung, entbehre sie auch nicht der erforderlichen Unterscheidungskraft.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, denn der Eintragung der Marke in das Register steht kein absolutes Schutzhindernis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.

Die Schutz suchende Marke lässt sich nicht auf Umstände und Bedeutungsgehalte beziehen, die eng mit den beanspruchten Waren selbst, ihrem Einsatzzweck oder sonstigen Markmalen in Bezug stehen. Daher kommt die Annahme eines Freihaltebedürfnisses im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht in Betracht (BGH GRUR 1998, 465, 467 -BONUS; GRUR 1998, 813, 814 CHANGE; GRUR 2005, 417 - Berlin Card).

Auch die der Schutz suchenden Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2004, 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel, m.w.N.), steht nicht in Frage, denn es kommt ihr für die Waren, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zu, und es handelt sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051-City-Service; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m.w.N.). Daher ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Verkehr die Marke mangels anderer Anhaltspunkte ohne weiteres als Unterscheidungsmittel für die Herkunft der beanspruchten Waren ansieht. Damit kommt auch der Schutzversagungsgrund der mangelnden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht in Betracht.

Der Senat kann sich der Ansicht der Markenstelle, bei der Bezeichnung "LES BOOTIE'S" handele es sich um eine auf die von der Schutzversagung betroffenen Waren zu beziehende Sachangabe, nicht anschließen.

Die Erwägung, der Schutz für die Waren "Vêtements (habillement)" sei zu versagen, weil es sich auch bei diesen um "booties", also "Schuhe, die nicht geschnürt, sondern einfach übergezogen würden" handeln könne, begegnet schon deshalb Bedenken, weil Bekleidungsstücke und Schuhwaren gesonderte Warengruppen sind, die dementsprechend im Warenverzeichnis gesondert aufgeführt werden, so dass die Einordnung von Schuhwaren in den Oberbegriff der Bekleidung unter Gesichtspunkten der beschreibenden Sachangabe problematisch erscheint.

Was die Waren "Schuhwaren" angeht, so ist der Markenstelle darin zuzustimmen, dass die angemeldete Marke den Begriff "Booties" enthält, der von nicht unerheblichen Teilen in der genannten Weise auf spezifische Schuhwaren bezogen werden kann. Bei der Bewertung auf markenrechtliche Unterscheidungskraft ist indes nicht zu vernachlässigen, dass die Gesamtbezeichnung mit dem - französischen - Artikel und dem - englischen - Genitiv-S weitere Elemente enthält, die nicht ohne weiteres weggelassen werden dürfen und durch die sprachliche Eigenwilligkeit von einer eindeutigen Aussage wegführen. Die vorliegende Wortkombination könnte allenfalls von Kennern der aktuellen französischen Werbesprache, die gern Elemente der eigenen Sprache mit denen des Englischen mehr oder weniger korrekt kombiniert, ohne weiteres als "Die Booties" interpretiert werden. Derartige Kenntnisse sind aber bei den relevanten Teilen des inländischen Publikums nicht vorauszusetzen. Selbst in Frankreich, dem Ursprungsland der IR-Marke, haben aber derartige Überlegungen offensichtlich eine Schutzgewährung nicht gehindert. Jedenfalls für den inländischen Markt in Deutschland ist daher davon auszugehen, dass das unvoreingenommene Publikum, das erfahrungsgemäß Marken in ihrer Gesamtheit so aufnimmt, wie sie ihm begegnen, und nicht dazu neigt, sie analytisch zu zergliedern (st. Rspr. seit BGH WRP 1999, 192, 196 - Lions), bei der Marke "LES BOOTIE'S" keine Veranlassung finden wird, sie einer eingehenden semantischen Analyse zu unterziehen, um, wie von der Markenstelle vorgeschlagen, eine zu den Waren "Schuhwaren" oder gar "Bekleidungsstücke" passende Bedeutung in die Marke zu projizieren. Selbst wenn es ohne intensivere Analyse der Marke eine gewisse Bedeutung beilegen will, wird es allenfalls den Bestandteil "LES" für einen Vornamen (nämlich als Abkürzung für Leslie oder Lesley) halten. Dann wäre das Markenwort ohne weiteres als Genitivform des Gesamtnamens "Les Bootie" aufzufassen, jedoch in keinem Fall als Abwandlung der Sachangabe "bootie". Eine bloße Reduktion auf diese Sachangabe unter gedanklicher Ausblendung der "unpassenden" Elemente entspricht nicht dem genannten Erfahrungssatz. Deshalb kommt es auf die Frage, ob "Booties" auch noch eine andere Bedeutung haben kann als die erwähnten Schuhe, und welche rechtlichen Folgen daran zu knüpfen wären, nicht an.

Schwarz Prietzel-Funk Dr. van Raden Na






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