Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. September 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 373/03

(BPatG: Beschluss v. 22.09.2004, Az.: 28 W (pat) 373/03)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wort-/Bildmarke 300 82 184 ist für folgenden Waren in das Markenregister eingetragen worden:

Besprühungseinrichtungen als Teile von Biomüll-Fahrzeugen, im Wesentlichen bestehend aus maschinellen Pumpen, Vorratskanistern, Pneumatikkolbenpumpen, Pneumatik- und Flüssigkeitsventilen zur Mischung von Druckluft und Geruchsbeseitigungsmitteln, Sprühdüsen sowie elektronischen Steuerungs- und Regelungsgeräten und -instrumenten; stationäre Geruchskompensationsanlagen, im Wesentlichen bestehend aus elektronisch geregelten Proportionaldosiergeräten, Sprühdüsen, Druckbehältern, Vorratskanistern, maschinellen Druckerhöhungsgeräten, Wasserfeinfiltern mit Druckminderern sowie elektronischen Regelungs- und Steuerungsgeräten und -apparaten; stationäre Geruchskompensationsanlagen zum Anschluss an die Hauptwasserversorgung, im Wesentlichen bestehend aus mechanischen Absperrventilen, Wasserfiltern, Magnetventilen, Zeitrelais, Schwimmerschaltern, elektronisch gesteuerten Dosierapparaten zur Dosierung der Geruchsbekämpfungsmittel, Geruchsmittelkonzentratbehältern, Gemischbehältern, maschinellen Hochdruckpumpen, elektronisch gesteuerten Regelventilen, Manometern sowie elektronischen Steuerungs- und Regelungsgeräten und -apparaten; maschinelle Ventilatoren für die Erzeugung von Flüssigkeitsnebeln, insbesondere für die Geruchsbekämpfung; maschinelle Geräte für die Erzeugung von Flüssigkeitsnebeln, insbesondere für die Geruchsbekämpfung; Düsenhalterungen als Teile von Maschinen und Apparaten, aus Metall und nicht aus Metall; Tanks aus Metall, Tanks nicht aus Metall sowie nicht aus Mauerwerk; Pumpen (Maschinen).

Die Eintragung ist am 22. November 2001 veröffentlicht worden.

Gegen die Eintragung hat die Inhaberin der älteren, seit dem 31. Juli 1992 eingetragenen Marke 2 018 107 BECO Widerspruch eingelegt. Diese Marke ist für folgenden Waren eingetragen:

Filtermaterialien, überwiegend aus Kieselgur, Zellulose, Kunststoffen und/oder vollständig kondensierten Kunststoffdispersionen zur Beeinflussung des elektrokinetischen Ladungspotentials, insbesondere in loser Form, in Flocken- und in Plattenform, soweit in Klasse 1 enthalten; faserige, körnige und/oder pulverige Filterhilfsstoffe, überwiegend aus Kieselgur, Zellulose, Kunststoffen und/oder vollständig kondensierten Kunststoffdispersionen zur Beeinflussung des elektrokinetischen Ladungspotentials; Filterschichten aus vorgenannten Filtermaterialien und Filterhilfsstoffen; Filtermembranen, Filtrationsgeräte; Filtrationsapparate; alle Waren zur Filtration und zur Klärung von Flüssigkeiten sowie zur Anwendung bei der Entkeimung von Flüssigkeiten, insbesondere in der Getränkeindustrie, in der chemischen und der chemischpharmazeutischen Industrie; chemische und biologische Getränkebehandlungs- und Getränkeschutzmittel, nämlich Enzyme, Hefen, Vitamine, Kalke zur Weinentsäuerung, Saccharose, Gärsalze, Bentonite, Aktivkohlen, Kieselsole, Kieselgel, Kieselgur, Metaweinsäure, Kaliumsorbat, Fruchtsäuren, Kaliumpyrosulfit, Ferrozyankalium, Gelatine, Carboxymethyl-Cellulosen (CMC).

Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss des Erstprüfers unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Warenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Auch wenn die jüngere Marke allein durch den Bestandteil BEKA geprägt würde, so sei diese doch nicht mit der älteren Marke BECO zu verwechseln.

Die Widersprechende hat hiergegen Beschwerde eingelegt, denn nach ihrer Ansicht liegt teilweise Warenidentität vor (die Widerspruchsmarke werde für Filtermaterialien, aber auch für Filtrationsapparate benutzt), so dass bei Gegenüberstellung der Worte BEKA und BECO jedenfalls eine klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen sei. Des weiteren beruft sich die Widersprechenden auf eine BECO-Markenserie, so zB auf die Marken BECOGUR, BECOLITE, BECOFLOC, BECO-INTEGRA usw, was auch zu einer gedanklichen Verwechslungsgefahr der beiden Marken führen könne. Ihre Marke könne zudem, bei einem Jahresumsatz von 20 Millionen Euro, einen erhöhten Schutzumfang beanspruchen.

Die Markeninhaberin trägt vor, dass ihre Filtergeräte nur der Geruchskompensation dienten, wohingegen die Filter der Widersprechende zur Klärung und Entkeimung von Flüssigkeiten dienten. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft werde bestritten, ebenso werde ein unmittelbar beschreibender Bezug der Bestandteile CLEAR und tronic in Abrede gestellt. Bei Gegenüberstellung der Gesamtmarken aber scheide eine Verwechslungsgefahr aus.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden (§ 165 Abs 4, 5 MarkenG) ist nicht begründet, denn es bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Bejahung einer Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wobei von einer Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen ist.

Ausweislich der von der Widersprechenden vorgelegten Erklärungen und Unterlagen ist die Benutzung der Widerspruchsmarke ausreichend glaubhaft für "Tiefenfilterschichten, Filterhilfsmittel, Filterkerzen, Platten- und Rahmenfilter, Modulgehäuse, Filterkerzengehäuse und Integritätstestgeräte". Die Markeninhaberin hat dies auch nicht ernsthaft in Abrede gestellt. Diese Waren können unter das Warenverzeichnis subsumiert werden, allerdings mit der dort gemachten Einschränkung, wonach sie zur "Filtration und zur Klärung von Flüssigkeiten" bestimmt sind. Soweit die "Platten- und Rahmenfiltern" den "Filtrationsgeräten" bzw "Filtrationsapparaten" zuzuordnen sind, können diese in Aufbau und Funktionsweise den "Wasserfiltern" oder "Wasserfeinfiltern" der Markeninhaberin entsprechen. Ein deutlicher Unterschied besteht aber im jeweiligen Einsatzbereich, denn während die Besprühungseinrichtungen und Filteranlagen der Markeninhaberin für die Geruchsbeseitigung bei der Müllentsorgung gedacht sind, dienen die Waren der Widersprechenden vorwiegend der Filterung von Flüssigkeiten in der Getränkeindustrie und in der chemischen Industrie. Dieser andersartige Verwendungszweck, der eine Begegnung beider Geräteeinheiten auf dem Markt wenig wahrscheinlich macht, führt hier dazu, dass trotz möglicherweise ähnlicher Verfahrensabläufe bei der Filtrierung und trotz des Umstandes, dass die Entkeimung und Klärung von Flüssigkeiten, wie die Widersprechende meint, auch zur Beseitigung unangenehmer Gerüche führt, von einer Warenähnlichkeit im nur durchschnittlichen Bereich auszugehen ist.

Die Widerspruchsmarke, die originär sicher durchschnittlich kennzeichnungskräftig ist, kann zumindest im vorliegenden Verfahren keinen erhöhten Schutzumfang beanspruchen. Der vorgetragene europaweite Jahresumsatz von ... Euro lässt ohne Kenntnis des Gesamtmarktes keinen ausreichenden Schluss auf eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Marke zu; zudem hat die Markeninhaberin eine gesteigerte Kennzeichnungskraft bestritten.

Vor diesem Hintergrund müssen die Marken einen durchschnittlichen Abstand zueinander einhalten, um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden; dieser ist hier gegeben. Die sich gegenüberstehenden Waren richten sich zum großen Teil an einen speziellen Fachverkehr, der sich in einem überschaubaren Marktbereich bewegt; dies bedeutet, dass Unterschiede in der Kennzeichnung eher bemerkt werden, als dies zB bei niedrig preisigen Verbrauchsgütern des täglichen Lebens der Fall ist. Bei den sich am nächsten stehenden Produkten, also den Filtergeräten, handelt es sich um Geräteeinheiten, die, wie die Benutzungsbeispiele belegen, mehrere ... Euro kosten, was zu einer weiteren Aufmerksamkeit führen wird. Dennoch dürften die Marken klanglich zu nahe stehen, wenn man, wie von der Markenstelle angenommen, die Widerspruchsmarke BECO dem Bestandteil BEKA gegenüberstellt, denn die Abweichung in nur einem Buchstaben kann auch bei der Kürze der Worte für die Verneinung einer Verwechslungsgefahr nicht genügen.

Entgegen der Ansicht der Markenstelle fehlt es jedoch an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der Gesamteindruck des jüngeren Zeichens allein durch BEKA geprägt wird. Der Bildbestandteil, also der stilisierte Apfel, der auch auf eine Weltkugel hindeuten kann, wird nicht benannt werden, zumal er in Verbindung mit Biomüll den Einsatzbereich der Geruchskompensationsanlagen andeutet. Bei dem Wortbestandteil "BEKA CLEAR tronic" hingegen müssten über zwei Drittel der Marke entfallen, um zu einer Alleinprägung der Gesamtmarke durch BEKA zu gelangen. Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass der Gesamteindruck einer Marke durch all ihre Bestandteile geprägt wird und dass auch beschreibende Bestandteile zum Gesamteindruck beitragen können (vgl BGH, MarkenR 2004, 356, 357, Leitsatz - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Beschreibenden und daher freizuhaltenden Angaben oder daran angelehnten Angaben kann der bestimmendende Einfluss auf den Gesamteindruck fehlen, wobei es aber konkreter Hinweise bedarf, dass der Verkehr in eben diesem Warenbereich in der fraglichen Angabe nur eine Beschreibung der Ware und nicht (auch) einen betrieblichen Herkunftshinweis sieht. Daran fehlt es hier, denn weder wurde von der Widersprechenden vorgetragen noch hat das Gericht ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass die beiden Worte "tronic" und "CLEAR" in dem betreffenden Warengebiet als bekannter oder doch zumindest erkennbarer beschreibender Hinweis auf "rein, sauber" bzw "Elektronik" gebraucht und verstanden werden und bei der Produktidentifikation außer Acht bleiben. Dies aber wäre nötig, um sie derart in den Hintergrund treten zu lassen, dass sie beim Gesamteindruck keine Rolle mehr spielen und vom Verkehr vernachlässigt werden, denn nur dann könnte der Ausnahmetatbestand der Alleinprägung des jüngeren Zeichens durch BEKA bejaht werden.

Bei Gegenüberstellung der Marken "BEKA CLEAR tronic" und "BECO" aber sind Verwechslungen nicht zu befürchten.

Ebenso zu wenig Anhaltspunkte gibt es für die Bejahung einer gedanklichen Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Markenserie. Hierzu müsste feststehen, dass der Verkehr an den Wortstamm BECO gewöhnt ist, den Unterschied der Marken zwar erkennt, die jüngere Marke aber nach "detaillierten Überlegungen" (BGH, MarkenR 2000, 359 - Bayer/BeiChem) der Markenserie und damit der Widersprechenden zuordnet, weil alle Umstände (zB gleicher oder wesensgleicher Stammbestandteil, gleiche Art der Markenbildung) für eine solche Zugehörigkeit zu dieser Markenserie sprechen. Im vorliegenden Fall ist nur bekannt, dass die Widersprechende über mehrere mit BECO gebildeten Marken verfügt, zu deren Bekanntheit im Verkehr gibt es keinen Sachvortrag; auch bestehen Zweifel, ob BEKA "wesensgleich" zu BECO ist. Damit ist auch dieser Ausnahmetatbestand der Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Die Beschwerde ist ohne Erfolg. Zu einer Kostenentscheidung bestand keine Veranlassung, MarkenG § 71.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Fa






BPatG:
Beschluss v. 22.09.2004
Az: 28 W (pat) 373/03


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