Bundesgerichtshof:
Urteil vom 16. Januar 2003
Aktenzeichen: I ZR 51/02

(BGH: Urteil v. 16.01.2003, Az.: I ZR 51/02)

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. Februar 2002 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin vertreibt in Ha. Geräte der Unterhaltungselektronik und Telekommunikation, Elektrogeräte und Uhren sowie Möbel und Einrichtungsgegenstände aller Art. Der Beklagte ist der Verband Wirtschaft im Wettbewerb mit Sitz in D. . Er verfolgt nach seiner Satzung den Zweck, den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.

Die Klägerin hat in einer am 10. September 2000 erschienenen ganzseitigen Zeitungsanzeige eine Waschmaschine der Marke Bosch beworben.

Der Beklagte hat diese Werbung mit der Begründung als wettbewerbswidrig beanstandet, aus ihr sei der tatsächlich angebotene Gerätetyp nicht ersichtlich, so daß, da es auf dem Markt verschiedene Gerätetypen des Herstellers mit den angegebenen Merkmalen zu unterschiedlichen Preisen gebe, dem Verbraucher jeder Preisvergleich unmöglich gemacht werde. Er hat widerklagend -die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage haben die Parteien nach Erhebung der Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt beantragt, 1.

die Klägerin unter Androhung von näher bezeichneten Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungen in der Art wie geschehen Markenwaren wie eine Bosch-Waschmaschine mit dem Hinweis auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers zu bewerben, wenn die Markenware nicht identifiziert werden kann;

2.

die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 290,--DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Oktober 2000 zu zahlen.

Die Klägerin ist der Widerklage entgegengetreten.

Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen.

Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Celle OLG-Rep 2002, 185).

Mit seiner (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt der Beklagte seinen Widerklageanspruch weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat die Klagebefugnis des Beklagten mit der Begründung verneint, dieser habe auch in der Berufungsinstanz nicht substantiiert darzulegen vermocht, daß ihm die nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG erforderliche erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden angehöre, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertrieben. Hierzu hat es ausgeführt:

Auf dem Gebiet des Handels mit "weißer Ware", auf das sich die beanstandete Werbeanzeige unmittelbar bezogen habe, sei kein einziges direktes Mitglied des Beklagten auf dem nach der übereinstimmenden Beurteilung der Parteien durch die Landkreise Ha. und P. sowie die südliche Peripherie von H. bestimmten räumlichen Markt der Klägerin tätig. Auch ansonsten stehe nur ein einziges Mitgliedsunternehmen des Beklagten in räumlicher Nähe zur Klägerin mit dieser in Wettbewerb. Der Beklagte habe im übrigen nicht vorgetragen, daß die Klägerin durch die behauptete wettbewerbswidrige Werbung Kunden veranlasse, sich auch mit ihrem weiteren, nicht direkt beworbenen Angebot auseinanderzusetzen, und damit in größere Nähe zu einem dementsprechenden Vertragsabschluß bringe.

Ebensowenig habe der Beklagte dargelegt, daß ihm die nötige erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden über andere Verbände, die bei ihm Mitglied seien, vermittelt angehöre. Auf der Grundlage seines Vortrags könne nicht festgestellt werden, daß die im Streitfall in Betracht kommenden vermittelnden Verbände auch zur Wahrnehmung der gewerblichen Interessen ihrer unmittelbaren Mitglieder berechtigt seien und sich daher zu diesem Zwecke eines anderen Verbandes bedienen dürften.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Die Klagebefugnis des Beklagten ergibt sich nicht daraus, daß dieser zu den in § 1 der Unterlassungsklageverordnung vom 3. Juli 2002 (BGBl. I S. 2565) aufgeführten, gemäß § 13 Abs. 7 UWG, § 13 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 UKlaG auskunftsberechtigten Wettbewerbsverbänden zählt. Die Nennung des Beklagten in der Unterlassungsklageverordnung führt nicht zu einer Erweiterung seiner Befugnis zum Geltendmachen von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen, sondern statuiert lediglich Auskunftsansprüche gegenüber Post-, Telekommunikations-, Tele-und Mediendiensterbringern, um damit dem Beklagten das Durchsetzen von gemäß § 13 Abs. 2 UWG bestehenden Unterlassungsansprüchen zu erleichtern (vgl. Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 13 Rdn. 77 u. 80).

2. Vergebens wendet sich die Revision auch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe nicht substantiiert darzulegen vermocht, daß ihm eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden unmittelbar angehöre, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertrieben. Nach den -insoweit von der Revision nicht angegriffenen -Feststellungen des Berufungsgerichts gehört dem Beklagten nur ein einziges dem räumlichen Markt der Klägerin zuzuordnendes Mitglied unmittelbar an. Dementsprechend ist es unerheblich, ob hinsichtlich des sachlichen Markts allein auf den Gegenstand der Werbeanzeige oder aber auch auf das weitere Angebot der Klägerin abzustellen ist.

3. Mit Erfolg beanstandet die Revision jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe zudem nicht dargelegt, daß ihm die für seine Klagebefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG erforderliche erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden über ihm angehörende andere Verbände vermittelt werde.

a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß sich eine Prozeßführungsbefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG auch aus über einen anderen Verband vermittelte Mitgliedschaften ergeben kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 20.5.1999 -I ZR 66/97, GRUR 1999, 1116, 1118 = WRP 1999, 1163 -Wir dürfen nicht feiern, m.w.N.). Ebenso hat es mit Recht angenommen, daß es dabei nicht darauf ankommt, ob der die Mitgliedschaft vermittelnde Verband seinerseits nach § 13 Abs. 2 UWG klagebefugt ist, sondern daß es ausreicht, wenn dieser von seinen Mitgliedern mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen beauftragt worden ist (BGH GRUR 1999, 1116, 1118 -Wir dürfen nicht feiern).

b) Nicht zu beanstanden ist des weiteren die Beurteilung des Berufungsgerichts, an einer entsprechenden Beauftragung fehle es bei einer Einkaufsgenossenschaft, wenn sich deren Aufgabenkreis auf den Einkauf und die Durchführung von Werbeaktionen beschränke. Denn unter dieser Voraussetzung fehlt dem Verband eine durch seine Mitglieder übertragene Kompetenz, wettbewerbswidrige Verhaltensweisen zu bekämpfen, die auch bei Fachverbänden die Grundlage für die Klagebefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 27.4.2000 -I ZR 287/97, GRUR 2000, 1093, 1094 ff. = WRP 2000, 1275 -Fachverband). Ebenso hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, aus dem Umstand allein, daß dem Beklagten angehörende Verbände sich an diesen mit der Bitte um Hilfeleistung gewandt hätten, lasse sich noch nicht schließen, daß die Verbände ihren Mitgliedern gegenüber dazu berechtigt gewesen seien.

c) Zu Unrecht ist das Berufungsgericht aber davon ausgegangen, der Vereinszweck des dem Beklagten angehörenden B. Mittelstandskreises, die Leistungsfähigkeit der beteiligten mittelständischen Facheinzelhändler insbesondere gegenüber Großbetrieben und Großvertriebsformen zu stärken und dadurch die Wettbewerbsformen auf dem Markt der elektrischen Hausgeräte zu verbessern, umfasse nicht auch die Abwehr und Verfolgung wettbewerbswidrigen Verhaltens von Wettbewerbern seiner Mitglieder. Eine entsprechende Beschränkung des Vereinszwecks läßt sich seinem Wortlaut nicht entnehmen. Die nicht näher beschriebene Stärkung der Leistungsfähigkeit der beteiligten mittelständischen Facheinzelhändler kann vielmehr namentlich dadurch bewirkt werden, daß gegenüber wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Mitbewerbern wie "insbesondere ... Großbetrieben und Großvertriebsformen" vorgegangen wird. Daß eine solche Vorgehensweise nicht ausdrücklich angesprochen ist, ist unerheblich. Die über die Mitgliedschaft in einem anderen Verband vermittelte Klagebefugnis eines Wettbewerbsverbandes gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG setzt grundsätzlich nicht voraus, daß sich der andere Verband von seinen Mitgliedern ausdrücklich hat ermächtigen lassen, die Kompetenz zum Geltendmachen von Wettbewerbsverstößen seinerseits auf den Wettbewerbsverband zu übertragen (vgl. BGH GRUR 1999, 1116, 1118 -Wir dürfen nicht feiern). Gegenteiliges hätte nur dann zu gelten, wenn keine anerkennenswerten Motive für den Beitritt des B. Mittelstandskreises zu dem Beklagten vorgelegen hätten, d.h. wenn durch die Sammelmitgliedschaft nicht tatsächlich das gemeinsame Interesse am Schutz des lauteren Wettbewerbs gebündelt werden sollte, sondern künstlich die Voraussetzungen für die Klagebefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG geschaffen werden sollten (vgl. OLG Frankfurt am Main WRP 1999, 347, 349; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 13 Rdn. 30c). Dafür aber haben sich im Streitfall -jedenfalls bislang -keine Anhaltspunkte ergeben.

III. Das Berufungsurteil konnte danach keinen Bestand haben und war deshalb aufzuheben. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die Frage der Klagebefugnis unter Beachtung der zu vorstehend II. 3. c) dargestellten Grundsätze erneut zu beurteilen haben wird.






BGH:
Urteil v. 16.01.2003
Az: I ZR 51/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/10a6bc697b14/BGH_Urteil_vom_16-Januar-2003_Az_I-ZR-51-02


Admody

Rechtsanwälte Aktiengesellschaft


service@admody.com

0511 60 49 81 27 ☏

Kontaktformular ✎

Rückrufbitte ✆

Admody RAe AG
Theaterstraße 14 C
30159 Hannover
Deutschland

www.admody.com ▸





Für Recht.
Für geistiges Eigentum.
Für Schutz vor unlauterem Wettbewerb.
Für Unternehmen.
Für Sie.



 



§
Justitia

Bundesweite Dienstleistungen:

  • Beratung
  • Gerichtliche Vertretung
  • Außergerichtliche Vertretung

Rechtsgebiete:

Gewerblicher Rechtsschutz

  • Wettbewerbsrecht
  • Markenrecht
  • Domainrecht
  • Lizenzrecht
  • Designrecht
  • Urheberrecht
  • Patentrecht
  • Lauterkeitsrecht
  • Namensrecht

Handels- & Gesellschaftsrecht

  • Kapitalgesellschaftsrecht
  • Personengesellschaftsrecht
  • Handelsgeschäftsrecht
  • Handelsstandsrecht
  • Internationales Kaufrecht
  • Internationales Gesellschaftsrecht
  • Konzernrecht
  • Umwandlungsrecht
  • Kartellrecht
  • Wirtschaftsrecht

IT-Recht

  • Vertragsrecht der Informationstechnologien
  • Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs
  • Immaterialgüterrecht
  • Datenschutzrecht
  • Telekommunikationsrecht



Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share









Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft






Jetzt Kontakt aufnehmen:


service@admody.com

☏ 0511 60 49 81 27

✎ Kontaktformular

✆ Rückrufbitte





Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft Stamp Logo




Hinweise zur Urteilsdatenbank:
Bitte beachten Sie, dass das in der Urteilsdatenbank veröffentlichte Urteil weder eine rechtliche noch tatsächliche Meinung der Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft widerspiegelt. Es wird für den Inhalt keine Haftung übernommen, insbesondere kann die Lektüre eines Urteils keine Beratung im Einzelfall ersetzen. Bitte verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Entscheidung in der hier angegeben Art und Weise Bestand hat oder von anderen Gerichten in ähnlicher Weise entschieden werden würde.

Sollten Sie sich auf die angegebene Entscheidung [BGH: Urteil v. 16.01.2003, Az.: I ZR 51/02] verlassen wollen, so bitten Sie das angegebene Gericht um die Übersendung einer Kopie oder schlagen in zitierfähigen Werken diese Entscheidung nach.
Durch die Bereitstellung oder Zusammenfassung einer Entscheidung wird weder ein Mandatsverhähltnis begründet noch angebahnt.
Sollten Sie eine rechtliche Beratung und/oder eine Ersteinschätzung Ihres Falles wünschen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.


"Admody" und das Admody-Logo sind registrierte Marken von
Rechtsanwalt Sebastian Höhne, LL.M., LL.M.

28.03.2024 - 10:22 Uhr

Tag-Cloud:
Rechtsanwalt Domainrecht - Rechtsanwalt Internetrecht - Rechtsanwalt Markenrecht - Rechtsanwalt Medienrecht - Rechtsanwalt Wettbewerbsrecht - Mitbewerber abmahnen lassen - PayPal Konto gesperrt


Aus der Urteilsdatenbank
LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. November 2009, Az.: 5 Ta 113/09BGH, Urteil vom 6. Juni 2013, Az.: I ZR 2/12BPatG, Beschluss vom 24. April 2001, Az.: 9 W (pat) 69/00OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 2003, Az.: I-6 U 171/02BGH, Beschluss vom 19. April 2012, Az.: I ZR 41/11BPatG, Beschluss vom 20. Mai 2010, Az.: 11 W (pat) 332/06BPatG, Beschluss vom 4. August 2005, Az.: 5 W (pat) 431/03BGH, Urteil vom 31. Mai 2011, Az.: X ZR 112/10BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010, Az.: AnwZ (B) 94/08BPatG, Beschluss vom 11. Januar 2005, Az.: 24 W (pat) 163/03