Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Januar 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 141/03

(BPatG: Beschluss v. 26.01.2005, Az.: 32 W (pat) 141/03)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 19. Juli 2002 und vom 29. Januar 2003 aufgehoben, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung versagt worden ist.

Gründe

I.

Die für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen unterschiedlicher Klassen am 15. Januar 2002 zur Eintragung in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts angemeldete Wortfolge School of Magichat die Markenstelle für Klasse 41 nach vorangegangener Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 19. Juli 2002 und vom 29. Januar 2003, von denen der letztere im Erinnerungsverfahren durch eine Beamtin des höheren Dienstes erlassen worden ist, teilweise zurückgewiesen, nämlich bezüglich folgender Waren und Dienstleistungen:

"Druckereierzeugnisse; Zeitschriften, Kinderbücher, Lehrbücher, Kinderzeitschriften; Photographien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Ausbildung, Erziehung, Unterricht, Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; Unterricht durch Rundfunk und Fernsehen".

Der angemeldeten Marke fehle insoweit zumindest jegliche Unterscheidungskraft. Der aus gängigen, auch im Inland leicht verständlichen Wörtern der englischen Sprache gebildete Begriff "School of Magic" werde vom angesprochenen Verkehr (Fachkreisen ebenso wie interessierten und informierten Laien) dahingehend verstanden, dass man in einer so benannten Schule etwas über Magie bzw Zauberei lernen könne. Die Druckerzeugnisse könnten dem Unterricht in einer solchen Schule als Lehrmittel dienen. Auch Kinderbücher könnten sich mit diesem Thema befassen (Hinweis auf "Harry Potter"). Bei Werktiteln, die Markenschutz beanspruchten, seien die Eintragungshindernisse des § 8 MarkenG nach den allgemeinen Regeln zu prüfen, nicht aber unter Zugrundelegung der minderen Schutzvoraussetzungen des Titelschutzes. Beiden Beschlüssen waren mehrere Seiten mit Internet-Ausdrucken beigefügt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt den Antrag, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Juli 2002 und vom 29. Januar 2003 aufzuheben und die angemeldete Marke in vollem Umfang einzutragen.

Es sei bereits zweifelhaft, ob das englischsprachige Wort "Magic" von breiten deutschen Verkehrskreisen i.S.v. "Magie" verstanden werde. Die Bezeichnung "School of Magic" sei mehrdeutig bzw nicht eindeutig, was für das Vorhandensein von Unterscheidungskraft und gegen ein Freihaltungsbedürfnis spreche. Sie - die Anmelderin - habe nicht die Absicht, die angemeldete Marke in titelmäßiger Form zu verwenden. In den USA sei die Marke für Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 16 und 41 zugelassen; dem komme zumindest eine tatsächliche Indizwirkung zu.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Einer Eintragung der angemeldeten Marke stehen auch für die von der Markenstelle versagten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

1. Die angemeldete Marke verfügt über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion einer Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Zur Beurteilung der Unterscheidungskraft ist eine auf den Einzelfall bezogene sorgfältige und gründliche Prüfung - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - erforderlich (EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr 59; GRUR 2004, 674 - KPN Postkantoor, Nr 123). Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich nicht um ein gebräuchliches Wort (bzw eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE; 2004, 30 - Cityservice).

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist ausschließlich vom Sinngehalt der als Marke angemeldeten Wortfolge im Blick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auszugehen. Auf sonstige Verwendungsabsichten (oder auch bereits erfolgte Benutzungshandlungen) der Anmelderin, die aus dem Verzeichnis nicht hervorgehen, kann nicht abgestellt werden. Zutreffend ist, dass für den Markenschutz an Bezeichnungen, die sich - wie hier - als Werktitel eignen, keine geringeren Anforderungen als an andere Markenanmeldungen zu stellen sind; ob es der Anmelderin auch - was diese in Abrede stellt - um Titelschutz geht, ist für die Beurteilung der Schutzfähigkeit im vorliegenden Verfahren ebenso ohne Belang, wie etwaige urheberrechtliche Fragen.

Die Übersetzung der angemeldeten englischsprachigen Bezeichnung "School of Magic" mit "Schule der Magie" oder "Zauberschule" dürfte den angesprochenen deutschen Verkehrskreisen im allgemeinen keine besonderen Schwierigkeiten bereiten. Was aber eine so bezeichnete Schule letztlich auszeichnet, steht nicht eindeutig fest. Einige Belege aus dem Internet sprechen dafür, dass es sich um die Bezeichnung einer Ausbildungsstätte für Zauberer i.S.v. Illusionskünstlern, die in Varietes oder sonstigen Unterhaltungsveranstaltungen auftreten, handeln kann. Wie die Markenstelle selbst dargelegt hat, kann es sich aber auch um eine Schule handeln, die eher esoterische Neigungen anspricht (vgl. das Internet-Angebot der "Magischen Schule" auf den Gebieten Meditation, Trance, Autosuggestion, schamanische Techniken usw). Schließlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass - wie die Markenstelle ebenfalls erwähnt hat - die Bekanntheit des Begriffs "School of Magic" in den letzten Jahren vor allem auf den Harry Potter-Büchern beruht, die sich nicht nur bei Kindern und Jugendlichen großer Popularität erfreuen, sondern auch von vielen Erwachsenen (vor allem Eltern und Lehrern) gelesen werden. Dort wird diese Bezeichnung aber letztlich nicht realitätsbezogen, sondern in einem fiktionalen (poetischen) Sinn verwendet. Gebildeten Kreisen wird in diesem Zusammenhang vielleicht auch Goethes Gedicht "Der Zauberlehrling" in Erinnerung kommen. Bei einem derartigen Verständnis der angemeldeten Wortfolge liegt die Annahme fern, mit dieser würden konkrete Unterrichtsangebote inhaltlich beschrieben.

Angesichts dieser Mehrdeutigkeit und Unbestimmtheit der Wortfolge "School of Magic" kann dieser auch für die von der Markenstelle versagten Waren und Dienstleistungen - wobei die Abgrenzung zu den zahlreichen gewährten Produkten und Angeboten im einzelnen ohnehin kaum zu überzeugen vermag - das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

2. Das Schutzhindernis der die Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibenden Angabe nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG kann der Anmeldung letztlich ebenfalls nicht entgegengehalten werden. Nach dieser Bestimmung sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die Zeichen oder Angaben enthalten, welche im Verkehr zur Bezeichnung u.a. von Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstiger Eigenschaften der betreffenden Waren und Dienstleistungen dienen können. Die - oben aufgezeigte - Mehrdeutigkeit von "School of Magic" stünde einer Schutzversagung unter diesem Gesichtspunkt zwar an sich nicht entgegen. Es genügt, wenn ein Wort oder eine Wortfolge in einer Hinsicht als unmissverständliche Produktmerkmalsbezeichnung geeignet ist. Da "School of Magic" sich als Benennung von Ausbildungsstätten für Zauberkünstler (Illusionisten) eignet (und möglicherweise - die Belege aus dem Internet sind insoweit nicht völlig eindeutig - und auch in diesem Sinne bereits verwendet wird), ergeben sich Bedenken gegen eine Eintragung der Marke für sämtliche Dienstleistungen, die mit Ausbildung und Unterricht in Verbindung stehen, sowie für diese benötigte (gedruckte und sonstige) Lehr- und Unterrichtsmittel. Aber auch für Einrichtungen, welche Magie im übertragenen Sinne - auf einer esoterischen oder spirituellen Ebene - vermitteln, eignet sich "School of Magic" als Merkmalsangabe.

Inländische Voreintragungen anderer - vermeintlich ähnlich gebildeter - Marken würden einer Schutzversagung ebenfalls nicht entgegenstehen, da diesen keine präjudizielle (d.h. rechtlich bindende) Wirkung zukommt (vgl. BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS). Anders verhält es sich aber mit der von der Anmelderin belegten Registrierung einer völlig identischen Marke für weitgehend gleiche Waren und Dienstleistungen in den USA. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. GRUR 2001, 1046 - GENESCAN) kommt der Eintragung einer fremdsprachigen Marke in einem Land des betreffenden Sprachraums Indizwirkung gegen die Annahme zu, es könne sich um eine beschreibende freihaltebedürftige Angabe handeln, es sei denn - was vorliegend aber nicht der Fall ist - für den inländischen Verkehr liege ein abweichendes Verständnis nahe. An diese Rechtsprechung sieht sich der Senat gebunden, unbeschadet weiterhin bestehender Bedenken, ob es wirklich vertretbar ist, die inländische Markenschutzgewährung von der im einzelnen kaum überschaubaren Rechtsordnung und -praxis eines ausländischen Staates (außerhalb des harmonisierten europäischen Rechts; vgl. insoweit aber EuGH KPN Postkantoor, aaO, Nr 43, 44) abhängig zu machen.

Da für eine Widerlegung dieser tatsächlichen Indizwirkung im vorliegenden Fall ausreichende Anhaltspunkte fehlen, war der Beschwerde somit in vollem Umfang stattzugeben.

Viereck Müllner Kruppa Pü






BPatG:
Beschluss v. 26.01.2005
Az: 32 W (pat) 141/03


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