Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 22. Januar 1999
Aktenzeichen: 6 U 91/98

(OLG Köln: Urteil v. 22.01.1999, Az.: 6 U 91/98)

1. Wird einem Dritten durch den Markeninhaber gestattet, bisher nur von diesem produzierte Ware (hier: bituminöse Dachbahnen) herzustellen, mit seiner Marke zu versehen und (über Dritte) in den Verkehr zu bringen, führt dies zur Erschöpfung der Markenrechte. 2. Nach Kündigung des Produktions- und Gestattungsvertrages erstreckt sich die Erschöpfung der Markenrechte auch auf den Vertrieb derjenigen gekennzeichneten Waren, die bis zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung in der EU oder dem EWR in den Verkehr gelangt sind. 3. Gelangt im Falle der Auftragsproduktion für den Markeninhaber mit seiner Marke gekennzeichnete Ware über Dritte in den Verkehr, obliegt ihm zur Entkräftung des Erschöpfungseinwandes nicht nur, die Tatsache der Auftragsproduktion sondern auch die Umstände des Vertriebsgeschehens substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. 4. Die Bezeichnung "Original..., produziert bei..." für Ware, die während der Zusammenarbeit mit dem Hauptproduzenten und mit dessen Zustimmung durch einen Dritten hergestellt (Auftragsproduktion) und von diesem vor Vertragsende in den Verkehr gebracht worden ist, führt grundsätzlich weder über die Beschaffenheit der Ware noch über die Vorratsmenge in die Irre.

Gründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige

Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die

klägerseits erstrebte Feststellung, daß sich die Hauptsache nunmehr

erledigt habe, abgelehnt. Dieses Feststellungsbegehren scheitert,

weil sich die ursprüngliche, auf das Verbot des Angebots von

"original awa-Dachbahnen, produziert bei a./b., bzw.

awa-Bitumenbahnen" gerichte Klage zwar als zulässig, im übrigen

aber als unbegründet erweist.

Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser

Unterlassungklage bestanden nicht. Sie ergaben sich auch nicht im

Hinblick auf die Anforderungen des in der Vorschrift des § 253 Abs.

2 Nr. 2 ZPO niedergelegten Bestimmtheitsgebots. Der in der

Klageschrift formulierte Unterlassungsantrag ließ hinreichend klar

erkennen, welches konkrete Verhalten der Beklagten verboten werden

sollte. Er legte folglich in ausreichendem Umfang den

Streitgegenstand und damit die Grenzen der Rechtskraft sowie ferner

die Vollstreckungmöglichkeiten eines dem Antrag folgenden etwaigen

Unterlassungstenors fest (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche

Ansprüche, 7. Auflage, 51. Kapitel, Rdn. 8 m.w.N.). Daß der

Unterlassungsantrag seiner Formulierung nach jegliches Angebot von

"original awa-Dachbahnen, produziert bei a./b., bzw.

awa-Bitumenbahnen", also auch das Feilhalten solcher (Hochwert- und

Standard-)Dachbahnen umfaßte, die noch aus einer Produktion der in

B. ansässigen b. Dachbaustoffe GmbH aus der Zeit vor Aufkündigung

der Zusammenarbeit mit der Klägerin stammen, ließ die Bestimmtheit

des Unterlassungsantrags und damit die Zulässigkeit der Klage

unberührt. Dieser Umstand betraf vielmehr die materielle Reichweite

des Unterlassungsbegehrens, mithin ein Merkmal der Begründetheit

der Klage.

Die infolgedessen von Anfang an als zulässig zu erachtende

Unterlassungsklage war jedoch unbegründet. Der Klägerin stand der

damit geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem der

geltend gemachten marken- und wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkte

zu.

1. Auf die §§ 4, 14 Abs. 2, 3 und 5 MarkenG ließ sich das gegen

das vorbezeichnete, im streitgegenständlichen Schreiben vom

13.03.1996 unterbreitete Angebot der Beklagten gerichtete

Unterlassungsbegehren nicht stützen. Dabei bedurfte es nicht der

Entscheidung, ob in der in diesem Schreiben vorgenommenen Erwähnung

u. a. der Marken "awa" der Klägerin eine zeichenmäßige

Benutzungshandlung liegt und ob eine solche - wie für die bis zum

Inkrafttreten des Markengesetzes geltende Rechtslage nach dem

Warenzeichengesetz - für die hier in Rede stehenden

Unterlassungstatbestände des Markengesetzes überhaupt erforderlich

ist. Es bedurfte ferner ebenfalls nicht des Eingehens auf die

Frage, ob die angegriffene Verwendung der Marken der Klägerin im

Streitfall durch die Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG

gerechtfertigt ist. Das alles war hier deshalb nicht von

streitentscheidender Bedeutung, weil die Klägerin sich jedenfalls

die Erschöpfung ihrer in bezug auf die Marken "awa" geltend

gemachten Rechtspositionen nach Maßgabe von § 24 Abs. 1 MarkenG

entgegenhalten lassen mußte.

Nach der letztgenannten Bestimmung kann der Markeninhaber einem

Dritten den Gebrauch der Marke dann nicht untersagen, wenn diese

für Waren verwendet wird, die unter eben diesem Zeichen vom Inhaber

der Marke selbst oder mit seiner Zustimmung durch Dritte in einem

Mitgliedsland der EU oder einem Vertragsstaat des Abkommens über

den Europäischen Wirtschaftraum in den Verkehr gebracht worden

sind. So liegt der Fall aber hier.

Unstreitig sind sowohl die in dem Schreiben vom 13.03.1996

aufgeführten sogenannten Standard-Dachbahnen als auch die darin

ferner angebotenen awaplan-Hochwertbahnen zunächst mit Zustimmung

der Klägerin durch die b. Dachbaustoffe GmbH in deren

Betriebsstätte produziert und mit den hier fraglichen Marken

gekennzeichnet worden. Was die solcherart gekennzeichneten

Standard-Dachbahnen angeht, war die b. Dachbaustoffe dabei, wie

ebenfalls unstreitig ist, nicht nur zur Produktion sondern - über

die gemeinsam mit der Klägerin gegründete a.-b. Dachbaustoffe GmbH

- auch zum Vertrieb an Dritte berechtigt. Nach dem eigenen

Vorbringen der Klägerin konnte die in bezug auf die erwähnten

Standard-Dachbahnen bestehende Berechtigung der b. Dachbaustoffe

zur Produktion und zum Vertrieb frühestens mit Wirksamkeit der

unter dem Datum des 09.02.1996 ausgesprochenen fristlosen Kündigung

des Gesellschafts- und Beteiligungsvertrages und mit Zugang des

unter dem Datum des 22.02.1996 erklärten Widerrufs der Gestattung

zur Verwendung der awa-Banderolen enden. Daraus geht aber wiederum

hervor, daß die Klägerin sich hinsichtlich solcher, unter ihren

awa-Zeichen angebotenen Standard-Dachbahnen die Erschöpfung ihrer

in bezug auf diese Marken bestehenden Rechte entgegenhalten lassen

muß, die bis zu den genannten Zeitpunkten von der b. Dachbaustoffe

GmbH hergestellt wurden und in der EU oder einem Vertragsstaat des

Abkommens über den Europäischen Wirtschaftraum in den Verkehr

gelangten. Denn diese, mit den awa-Marken ausgestatteten

StandardDachbahnen wurden i. S. von § 24 Abs. 1 MarkenG mit

Zustimmung der Klägerin durch einen Dritten, die b. Dachbaustoffe

GmbH bzw. die awab. Dachbaustoffe GmbH nämlich, in den Verkehr

gebracht. Wenn die Beklagte vor diesem Hintergrund mit Schreiben

vom 13.03.1996, also verhältnismäßig zeitnah zu den genannten

Terminen, awa-Standard-Dachbahnen anbot, die sie - wie aus der

einstweiligen Verfügungsakte (6 U 68/97 OLG Köln, dort Bl. 192

d.A.) hervorgeht- ihrerseits von einem Zwischenhändler, der Fa. M.,

bezogen hatte, der sie vorher wiederum von der awab. Dachbaustoffe

GmbH erworben hatte, spricht alles dafür, daß es sich bei dieser

Ware um solche handelt, die noch aus der Zeit der vorstehend

beschrieben Zusammenarbeit der Klägerin und der b. Dachbaustoffe

GmbH stammt und die daher mit Zustimmung der Klägerin unter "awa"

in den Verkehr gelangte. Eine abweichende Würdigung ergibt sich

dabei auch nicht aus der in dem Schreiben vom 13.03.1996

verwendeten Formulierung, wonach " die A.W. A. GmbH & Co KG

(awa) und awab./b. Dachbaustoffe GmbH ...ihre Produktions- und

Vertriebsaktivitäten erweitert" hätten, weshalb "...original

awa-Dachbahnen, produziert bei awab./b..." angeboten würden.

Dieser Hinweis deutet nicht notwendig auf eine Erweiterung der

Produktions- und Vertriebsaktivität erst nach den vorstehenden

Zeitpunkten im Februar 1996 bzw. darauf hin, daß die in dem

Schreiben angebotenen Ware aus einem erst danach produzierten und

in den Verkehr gelangten Kontingent herrührt. Vielmehr kann die

Formulierung ebensogut dahin verstanden werden, daß daß es sich

hier um eine aus der Zeit der tatsächlich stattgefundenen

Zusammenarbeit der Klägerin mit der b. Dachbaustoffe GmbH/awab.

Dachbaustoffe GmbH stammende Ware handelt, hinsichtlich der aus den

vorstehenden Erwägungen aber der markenrechtliche

Erschöpfungseinwand greift. Entsprechendes gilt, soweit die

Klägerin weiter behauptet, es hätten sich bei Beendigung der

Zusammenarbeit nur noch ca. 150 Paletten von mit awa-Banderolen

versehenen awa-Dachbahnen auf dem Betriebsgelände der b.

Dachbaustoffe GmbH befunden. Selbst unterstellt, daß dies zu dem

genannten Zeitpunkt der Fall war, folgt daraus nicht ohne weiteres,

daß die im Schreiben vom 13.03.1996 angebotenen Dachbahnen aus

einer späteren Produktion stammen müssen. Angesichts des Umstandes,

daß die Beklagte die Dachbahnen nicht unmittelbar von der b.

Dachbaustoffe GmbH, sondern über einen Zwischenhändler bezogen hat,

der aber durchaus über weitere, ggf. vorher oder anderweitig

erworbene Warenvorräte verfügen konnte, spricht der klägerseits

behauptete verhältnismäßig geringe Lagervorrat der b. Dachbaustoffe

GmbH nicht notwendig dagegen, daß die mit Schreiben vom 13.03.1996

angebotenen "original awa-Dachbahnen" noch aus der Zeit der

Zusammenarbeit der Klägerin mit der b. Dachbaustoffe GmbH

herrühren.

Den Verbrauch ihrer Markenrechte nach Maßgabe von § 24 Abs. 1

MarkenG mußte die Klägerin sich weiter aber auch hinsichtlich der

in dem Schreiben angebotenen awaplan-Hochwertbahnen entgegenhalten

lassen. Denn auch die Hochwertbahnen durften nach dem Vortrag der

Klägerin jedenfalls bis zum "Herbst 1995" von der b. Dachbaustoffe

GmbH in B. produziert und mit den hier in Rede stehenden Marken

gekennzeichnet werden. Wenn daher die Beklagte in ihrem Schreiben

vom 13.03.1996 solche Hochwertbahnen angebotenen hat, spricht auch

dies dafür, daß es sich hierbei um eine noch aus der Zeit der

"erlaubten" Produktion stammende Ware handelt. Der damit

eingetretenen markenrechtlichen Erschöpfung hat die Klägerin ohne

Erfolg entgegengehalten, daß es sich hierbei um eine reine

Auftragsproduktion gehandelt habe, nach welcher die b.

Dachbaustoffe GmbH nicht zum Vertrieb an Dritte berechtigt gewesen

sei. Denn der klägersweits behauptete Umstand der

Auftragsproduktion ausschließlich für die Klägerin sprach nicht

notwendig dagegen, daß die hier in Rede stehende Ware mit

Zustimmung der Klägerin durch die b. Dachbaustoffe GmbH oder aber

jedenfalls durch die awab. Dachbaustoffe GmbH, der immerhin eigens

u.a. von der Klägerin mitgegründeten Vertriebstochter (vgl. Bl. 127

der einstweiligen Verfügungsakte 6 U 68/97 OLG KÀln=Schriftsatz der

Klägerin vom 13.05.1997, dort S. 4) in den Verkehr gebracht worden

ist. Diese können ungeachtet der Auftragsproduktion jedenfalls auf

Weisung der Klägerin gleichwohl befugt gewesen sein, die

Hochwertbahnen an Dritte zu veräußern, was im Hinblick darauf

sogar nahelag, daß die Abnehmer der Klägerin dann zügig und

unmittelbar ab Produktion beliefert werden konnten. Gelangten die

Hochwertbahnen aber auf diesem Weg über die b. Dachbaustoffe

GmbH/awab. Dachbaustoffe GmbH in den Verkehr und sodann

-möglicherweise sogar unbefugt- an die Beklagte, ändert das nichts

daran, daß die Klägerin sich den bereits mit dem ersten

Inverkehrbringen nach den Grundsätzen der markenrechtlichen

Erschöpfung eingetretenen Verbrauch ihrer Markenrechte

entgegenhalten lassen mußte. In dieser, von vornherein auf eine

Erschöpfung der Markenrechte hindeutenden Situation wäre es daher

Sache der Klägerin gewesen, über die behauptete

Auftragsgsproduktion hinaus auch die Umstände des Vertriebs der bei

der b. Dachbaustoffe GmbH hergestellten Hochwertbahnen näher

darzulegen, um ggf. den Einwand der markenrechtlichen Erschöpfung

zu entkräften. In Ermangelung eines solchen Vortrages scheitert

aber aus den oben dargestellten Gründen folglich auch der in bezug

auf die awaplanHochwertbahnen geltend gemachte

Unterlassunsganspruch der Klägerin, soweit diese ihn aus der

angeblichen Verletzung ihrer Markenrechte herleiten wollte.

2. Auf die wettbewerbsrechtliche Vorschrift des § 3 UWG konnte

die Klägerin ihr Unterlassungsverlangen ebenfalls nicht

stützen.

a) Eine durch die Verwendung der Angabe "original

awaDachbahnen..." hervorgerufene wettbewerblich relevante

Irreführung eines zumindest nicht unbeachtlichen Teils des von dem

streitgegenständlichen Schreiben angesprochenen Verkehrs über die

Beschaffenheit der beworbenen Produkte war nicht ersichtlich. Denn

da nach den obigen Ausführungen nicht feststeht, daß die im

Schreiben vom 13.03.1996 als "original awa-Dachbahnen, produziert

bei awab./b.," angebotenen Bitumenbahnen erst nach der Beendigung

der Zusammenarbeit der Klägerin mit der b. Dachbaustoffe GmbH

hergestellt wurden, die folglich nicht (mehr) wie in der

angegriffenen Formulierung als "original awa"Produkte hätten

bezeichnet und angeboten werden dürfen, schied aus diesem Grund

zugleich eine Irreführung über die ausgelobte Beschaffenheit der

beworbenen Dachbahnen aus.

b) Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin den geltend gemachten

Irreführungsvorwurf überhaupt noch auf diesem Gesichtspunkt stützen

wollte, gilt im Ergebnis gleiches hinsichtlich einer etwaigen

Irreführung über die zur Verfügung stehende Vorratsmenge der in dem

Schreiben angebotenen Dachbahnen. Denn allein der Umstand, daß bei

der b. Dachbaustoffe GmbH im Zeitpunkt der Einstellung der

Zusammenarbeit mit der Klägerin angeblich nur noch ca. 150 Paletten

von mit awa-Banderolen gekennzeichneten Dachbahnen vorhanden

gewesen seien, spricht aus den oben bereits dargelegten Gründen

nicht dagegen, daß die Beklagte mit einem die übliche und nach dem

streitgegenständlichen Schreiben zu erwartende Nachfrage deckenden

Vorrat ausgestattet war.

Da sich das ursprüngliche Unterlassungsbegehren der Klägerin aus

den vorbezeichneten Erwägungen nach alledem bereits wegen Fehlens

der materiellen Anspruchsvoraussetzungen als unbegründet

darstellte, kam es schließlich nicht darauf an, ob die

Verjährungseinrede der Beklagten durchgriff bzw. ob die zunächst

nach Maßgabe von § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB durch die

Ordnungsmittelverfahren bewirkte Unterbrechung der laufenden

6-monatigen Verjährungsfrist gemäß § 216 Abs. 2 BGB mit der

Rücknahme der Ordnungmittelanträge rückwirkend entfiel und

infolgedessen die Verjährung noch vor Klageerhebung eintrat. War

die ursprüngliche Unterlassungsklage damit aber unbegründet, konnte

die von der Klägerin nach der einseitig gebliebenen

Erledigungserklärung erstrebte Feststellung, daß die Klage sich der

Hauptsache nach erledigt habe, nicht getroffen werden und bleibt

die Berufung der Klägerin ohne Erfolg.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre

Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert

sich am Wert des mittels der Berufung weiterverfolgten

Feststellungsbegehrens, mit dem die Klägerin nicht durchzudringen

vermochte.






OLG Köln:
Urteil v. 22.01.1999
Az: 6 U 91/98


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