Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 16. Dezember 2010
Aktenzeichen: 3 U 11/10

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 16.12.2010, Az.: 3 U 11/10)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Gießen - 3. Zivilkammer - vom 11.2.2009 (3 O 192/09) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer Urkunde der Notarin N1 vom ....4.2000 (Urkundenrolle Nr. .../2000) in Anspruch.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen verweist der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Diese sei zulässig, jedoch unbegründet. Die gesicherte Darlehensforderung sei auf die Beklagte übergegangen. Dem stehe nicht entgegen, dass durch die Abtretung ein weniger leistungsfähiger Gläubiger Forderungsinhaber geworden sei, denn nach allgemeiner Ansicht unter vielen Darlehensrückzahlungsforderungen, durch die eine Grundschuld gesichert wird, keinem Abtretungsverbot. Eine Unwirksamkeit der Abtretung bestehe auch nicht aus dem Gesichtspunkt des § 134 b i.V.m. § 32 Abs. 1 u. 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG. Der Verkauf der Darlehensverträge stelle kein Kreditgeschäft dar; unter einer Kreditgewährung verstehe man nur die erstmalige Hingabe von Geld, nicht aber die Übernahme schon bestehender Darlehen. Das Darlehen sei mit Schreiben vom 2.2.2009 wirksam gekündigt worden. Der Kläger könne auch nicht einwenden, es fehle an einer ordnungsgemäßen Abrechnung, weil er nicht in entschuldbarer Weise im Ungewissen über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts sei. Einwendungen gegen die Abrechnung der Beklagten seien nicht substantiiert erhoben worden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt und klageerweiternd auch die Zwangsvollstreckung aus der von der Notarin erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig erklärt wissen will. Er verweist insoweit auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.3.2010 (XI ZR 200/09 = ZIP 2010, 1072), wonach der Abtretungsempfänger einer Sicherungsgrundschuld aus der Unterwerfungserklärung nur dann vorgehen könne, wenn er in den Sicherungsvertrag eingetreten sei. Diese Prüfung bleibe dem Klauselerteilungsverfahren vorbehalten. Ein solcher Eintritt sei nicht erfolgt, bzw. nicht in der erforderlichen Form des § 727 Abs. 1 ZPO nachgewiesen. Im übrigen rügt der Kläger die Wertungen des Landgerichts.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Gießen - Az.: 3 O 192/09 - vom 11.12.2009 die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde Nr. .../2000 der Notarin N1, Stadt1, für unzulässig zu erklären, ferner, die Zwangsvollstreckung aus der von der Notarin N1 erteilten Vollstreckungsklausel vom €.4.2006 für die Vollstreckbare notarielle Urkunde der Notarin N1 vom ....4.2000, Urkundenrolle Nr. .../2000 für unzulässig zu erklären.

Die Beklagte widerspricht der Klageerweiterung und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

II.

Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Bei dem mit der Berufung weiter verfolgten Antrag handelt es sich um eine Vollstreckungsgegenklage (§§ 767, 794 Abs. 1 Ziffer 5, 795, 797 Abs. 4 ZPO, denn der Vollstreckung wegen der abgetretenen und gekündigten Darlehensforderung werden materiell-rechtliche Einwendungen entgegen gesetzt (z.B. Unwirksamkeit der Abtretung). Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde .../2000 durfte erfolgen, weil die Beklagte die gesicherte Darlehensforderung durch Abtretung wirksam erworben hat und die Forderung fällig ist. Eine Forderung kann zwar dann nicht abgetreten werden, wenn sich durch die Abtretung der Inhalt der Forderung ändern würde oder wenn ein Ausschluss der Abtretung vereinbart ist (§ 399 BGB); die Abtretung führt aber im vorliegenden Fall nicht zu einer solchen Inhaltsänderung. Die dinglich gesicherte Forderung bleibt nach wie vor eine Darlehensforderung und es kommt auch nicht zu einer Trennung von dinglicher Forderung und dem zugrunde liegenden Schuldverhältnis, weil die Beklagte sowohl Inhaberin der Forderung als auch der Grundschuld geworden ist (LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015; Nobbe WM 2005, 1537 ff). Eine ausdrückliche, die Abtretbarkeit beschränkende Vereinbarung in dem Darlehensvertrag ist nicht vorgetragen oder sonstwie ersichtlich. Die stillschweigende Vereinbarung eines solchen Abtretungsausschlusses ergibt sich weder aus dem Bankgeheimnis, noch aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), so die grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs (XI ZR 195/05 v. 27.2.2007 = NJW 2007, 2106), der der Senat folgt. Ein solcher Ausschluss würde für den Kunden erkennbar den Interessen der Bank widersprechen, die an einer freien Abtretbarkeit von Kreditforderungen zur Refinanzierung oder als Risiko oder als Kapitalentlastung interessiert ist 8BGH a.a.O.; OLG Köln, WM 2005, 2385; Nobbe, a.a.O.). Soweit der Kläger meint, angesichts dessen seien die Eigenkapitalvorschriften der Banken sinnlos und es werde keine Rücksicht auf die Qualität des Vertragspartners für den Kreditnehmer genommen, steht es diesem frei, ein Abtretungsverbot an Nichtbanken mit der kreditgebenden Bank zu vereinbaren. In der vorliegenden Abtretung an eine "Nichtbank", die der Kläger als wirtschaftlich zweifelhaften Gläubiger bezeichnet, liegt also kein Umstand, der die Unwirksamkeit der Abtretung zur Folge hätte. Der Kläger ist als Schuldner über die Vorschriften der §§ 398 ff BGB geschützt und kann bestehende Einwendungen genau so gegenüber dem neuen Gläubiger erheben. Zinsfestschreibungen muss der neue Gläubiger beachten und über den Festschreibungszeitraum hinaus ist der Kläger auch gegenüber dem bisherigen Gläubiger nicht geschützt (LG Nürnberg-Fürth a.a.O.; Nobbe, a.a.O.). Sofern der Kläger eine Gefährdung seiner Interessen in den wirtschaftlich schlechten Verhältnissen des Zessionars sieht, insbesondere die Gefahr, dass etwaige Schadensersatzansprüche nicht erfüllt werden könnten, ist auf das zu den Akten gereichte Merkblatt der BaFin zu verweisen (dort S. 3), wonach in einem solchen Falle Schadensersatzansprüche gegenüber dem Zedenten bestehen können.

Die Abtretung ist ferner nicht wegen Verstoßes gegen § 32 KWG bzw. § 1 Abs. 1, S. 2, Alternative 1 KWG i.V.m. § 134 BGB nichtig.

Der Ankauf einer Darlehensforderung stellt nämlich kein nach den Vorschriften des KWG erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft dar, sondern nur die erstmalige Kreditgewährung, die in § 18 KWG geregelt ist. § 18 KWG ist überdies kein Schutzgesetz zu Gunsten des Darlehensnehmers (Palandt-Sprau, BGB, 69. Aufl. § 823, Rdz. 66). Eine ohne die Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG vorgenommene Kreditgewährung verstößt nicht gegen § 134 BGB (Palandt-Ellenberger a.a.O., § 134, Rdz. 20 m.w.N.). Ob eine Anpassung der Konditionen im Hinblick auf § 1 Abs. 1, S. 2 Alternative 1 KWG erlaubnispflichtig ist, kann dahinstehen, weil die Anpassung der Konditionen einen selbständigen geschäftlichen Vorgang darstellt, der vom Abtretungsgeschäft zu trennen ist.

Der streitige Darlehensvertrag ist vom Abtretungsvertrag umfasst. Er ist in dem Forderungskaufvertrag vom 30.11.2004 enthalten, was das Landgericht mit rechtsfehlerfreier Würdigung festgestellt hat. Der Senat schließt sich dem an.

Mit Recht ist das Landgericht vom Zugang der Darlehenskündigung vom 2.2.2009 an den Kläger ausgegangen. Der Kläger macht zwar geltend, er habe seinen maßgeblichen Wohnsitz vollständig nach € (spanischer Ort) verlegt; andererseits trat er aber im maßgeblichen Zeitraum im Internet und im Geschäftsverkehr unter seiner € Anschrift (Stadt in Deutschland) auf, so u.a. durch Schreiben vom 6.2.2009 an die von der Beklagten beauftragte Abrechnungsfirma. Die Beklagte durfte damit auf die Richtigkeit der Anschrift vertrauen. Das nachfolgende Schreiben der Beklagten vom 16.2.2009 ist dem Kläger unstreitig zugegangen. Auch dieses Schreiben war an die € Anschrift (Stadt in Deutschland) gerichtet und nahm mehrfach auf die zuvor ausgesprochene Kündigung Bezug, ohne dass der Kläger sich zu einer klärenden Nachfrage bei der Beklagten veranlasst gesehen hätte. Der Kläger verhält sich daher treuwidrig, wenn er den Zugang der Kündigung bestreitet. Im übrigen ist ihm das Kündigungsschreiben aus dem Prozess bekannt und maßgeblich ist der Stand der letzten mündlichen Verhandlung.

Die in 2. Instanz erhobene Klauselgegenklage ist zulässig. Es handelt sich zwar um einen neuen Streitgegenstand (Zöller-Herget, ZPO, 28. Aufl., § 768 Rdz. 1); behandelt man sie aber nach den Grundsätzen der Klageänderung im Berufungsverfahren, so ist Sachdienlichkeit im Sinne von § 533 Ziffer 2 ZPO zu bejahen, weil die gleichen Argumente vorgebracht werden, die auch im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht worden sind. Auf die - ausdrücklich verweigerte - Einwilligung der Beklagten kommt es damit nicht an.

Zuständig für die Klauselgegenklage wäre an sich das Landgericht (§§ 802, 768 ZPO), wäre sie bereits in 1. Instanz erhoben worden. Es würde allerdings eine unnütze Förmelei darstellen, wenn das Berufungsgericht, welches im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage über den gleichen Streitstoff zu entscheiden hat, sich für unzuständig erklären würde. Der Senat ist daher auch für die Klauselgegenklage zuständig (OLG Frankfurt, NJW 1976, 1892).

Die Klauselgegenklage ist jedoch unbegründet, weil auf Seiten der Beklagten eine wirksame Rechtsnachfolge im Sinne von § 727 ZPO vorliegt. Maßgeblich für diese Feststellung ist der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung (Zöller-Herget a.a.O., § 768, Rdz. 2). Dass die Beklagte die Forderung und die Sicherungsgrundschuld materiell-rechtlich wirksam erworben hat, ergibt sich aus den bisherigen Ausführungen, auf die der Senat verweist. Was das Erfordernis des Eintritts der Beklagten auch in den Sicherungsvertrag betrifft (BGH XI ZR 200/09 v. 30.3.2010 = ZIP 2010, 1072), so hat die Beklagte dies durch notariell beglaubigte Urkunde vom 7.6.2010 (Bl. 233 - 236 d.A.) nachgewiesen. Darin ist der Gang der Übertragungen im Einzelnen aufgeführt, verbunden mit der Erklärung der Beklagten, sie sei verpflichtet, u.a. sämtliche Verpflichtungen aus den Sicherungszweckerklärungen des Kreditengagements einzuhalten. Der hier streitige Darlehensvertrag einschließlich der hierfür bestellten Sicherheiten ist ausdrücklich erwähnt (Nr. ... - alt -, € - neu -).

Eine besondere Einwilligung des Klägers in diesen Übergang auf die Beklagte ist nicht erforderlich, denn damit würde ihm ein Instrument in die Hand gegeben, die Abtretbarkeit von Darlehensforderungen zu verhindern, was nach den obigen Ausführungen zu der von dem Senat bejahten freien Abtretbarkeit von Darlehensforderungen gerade nicht möglich sein soll.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711, 108 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen ihrer Zulassung (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind. Der Senat weicht mit seinem Urteil nicht von den Grundsatzurteilen des Bundesgerichtshofs ab.






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