Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juni 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 87/00

(BPatG: Beschluss v. 20.06.2001, Az.: 26 W (pat) 87/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I Gegen die Eintragung der Marke 397 45 636 UNIMOBIL für die Waren und Dienstleistungen

"Personenkraftwagen, Lieferfahrzeuge, Wohnmobile und Nutzkraftfahrzeuge; Vermietung von Kraftfahrzeugen, insbesondere Personenkraftwagen, Lieferfahrzeuge, Wohnmobile und Nutzkraftfahrzeuge"

ist Widerspruch erhoben worden aus der u.a. für die Waren

"Landfahrzeuge, Kraftfahrzeuge, Personenkraftwagen, Omnibusse, Tieflader, Sattelfahrzeuge, Campingfahrzeuge (Reisemobile)"

eingetragenen Marke 914 074 UNIMOG .

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Ähnlichkeit der Marken sei auch bei Berücksichtigung der teilweisen Identität der beiderseitigen Waren und bei Zugrundelegung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu gering, um eine Verwechslungsgefahr begründen zu können. Die identischen Markenbestandteile "UNI" seien in ihrer Bedeutung "einheitlich" äußerst kennzeichnungsschwach, was sich aus den unter der Geltung des WZG ergangenen Beschlüssen des Bundespatentgerichts zu den Wortverbindungen "uniware" - 29 W (pat) 120/89 - und "uniliner" - 29 W (pat) 94/89 - ergebe. Der Verkehr richte seine Aufmerksamkeit daher verstärkt auf die übrigen Zeichenteile "MOG" bzw. "MOBIL", die auf Grund ihrer unterschiedlichen Silbenzahl klanglich und schriftbildlich sehr verschieden seien. Ein Auseinanderhalten der beiderseitigen Marken werde zudem durch den bekannten Sinngehalt des Markenbestandteils "MOBIL" erleichtert. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr scheide damit aus. Auch die Gefahr einer gedanklichen Verbindung sei nicht gegeben, weil "UNI" als kennzeichnungsschwacher Bestandteil nicht als Stammbestandteil eines Serienzeichens in Betracht komme.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, unter Berücksichtigung der teilweisen Identität der Waren sowie der durch langjährige Benutzung erworbenen hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestehe eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken. Die Bezeichnung "UNIMOG" werde seit dem Beginn der 50er Jahre weltweit verwendet und sei deshalb verkehrsdurchgesetzt und auch in branchenfremden Kreisen bekannt. Der Markenbestandteil "UNI" sei nicht kennzeichnungsschwach, da er auf dem Kraftfahrzeugsektor nicht gängig sei. Auch im Duden sei er nur im Zusammenhang mit Bekleidung und Stoffen i.S.v. "einfarbig, nicht gemustert" und im übrigen als Kurzform des Begriffs "Universität" aufgeführt. Kennzeichnungsschwach sei hingegen der Bestandteil "MOBIL" der angegriffenen Marke, weil er allgemein für den Begriff "Beweglichkeit" stehe und in Automobilkreisen als Synonym für komfortable, moderne Fortbewegung ("MOBILITY") verwendet werde. Die beiden Marken stimmten in den Wortanfängen "UNIMO" überein. Demgegenüber träten die Abweichungen "G" bzw. "BIL" an den Wortenden in den Hintergrund, sodass mit einem Verlesen, einem Verhören und einer Verwechslung aus der eher unsicheren Erinnerung heraus gerechnet werden müsse.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Dezember 1999 aufzuheben und die Löschung der Marke 397 45 636 wegen des Widerspruchs aus der Marke 914 074 anzuordnen.

Die Inhaber der angegriffenen Marke haben sich zu der Beschwerde nicht geäußert.

II Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist rechtzeitig erhoben worden. Insbesondere wurde auch die Beschwerdegebühr rechtzeitig entrichtet. Zwar hat die Widersprechende ursprünglich nur DM 300,00 der seit dem 1. Januar 2000 erforderlichen DM 345,00 gezahlt. Da sie aber mit dem Beschluss der Markenstelle vom 15. Dezember 1999, der erst am 07.02.2000 abgesandt wurde, eine im Hinblick auf die Höhe der zu entrichtenden Gebühr fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung erhalten hat, ist die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt worden, sodass der Rest der Beschwerdegebühr am 15.05.2000 noch ohne Rechtsverlust nachentrichtet werden konnte.

Die Beschwerde ist auch begründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon).

Die mit der angegriffenen Marke beanspruchten Waren sind sämtlich Kraftfahrzeuge. Da die Widerspruchsmarke u.a. für diese Ware eingetragen ist, besteht insoweit Warenidentität. Im Hinblick auf die von den Inhabern der angegriffenen Marke weiterhin beanspruchten Dienstleistungen ist von dem Grundsatz auszugehen, dass Dienstleistungen generell mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren nicht ähnlich sind, soweit nicht besondere Umstände ausnahmsweise die Feststellung einer Ähnlichkeit nahe legen (BGH BlPMZ 1999, 314, 315 - Canon II). Ob im vorliegenden Fall solche besonderen Umstände vorliegen, die die maßgeblichen Verkehrskreise zu der (Fehl-)Vorstellung veranlassen könnten, ein Hersteller von Kraftfahrzeugen trete auch als Vermieter von Kraftfahrzeugen auf, bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung, weil auch dann, wenn zu Gunsten der Widersprechenden von einer Ähnlichkeit der unter der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen mit den Waren der Widerspruchsmarke sowie von einer durch langjährige Benutzung erworbenen deutlich erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen wird, wegen der allenfalls geringen Ähnlichkeit der Marken keine Verwechslungsgefahr besteht.

Für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken ist auf deren jeweiligen Gesamteindruck abzustellen (EuGH aaO - Sabèl/Puma, S. 390 Tz. 23; BGH Mitt 2000, 65 - RAUSCH/ELFI RAUCH).

Den schriftbildlichen Gesamteindruck einer Wortmarke bestimmen deren Anfangs- und Schlussteil erfahrungsgemäß stärker als die Wortmitte, wobei Unterschiede umso leichter erkannt und erinnert werden, je kürzer die Marken insgesamt sind (Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Auflage, § 9 Rdn 106).

Die Bezeichnungen "UNIMOBIL" und "UNIMOG" weisen zwar den gleichen schriftbildlichen und begrifflichen Wortanfang "UNI" auf, dessen Kennzeichnungskraft entgegen der von der Markenstelle vertretenen Ansicht für Kraftfahrzeuge in Ermangelung eines konkret warenbeschreibenden Sinngehalts nicht vermindert ist. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem maßgeblichen Gesamteindruck deutlich in Folge ihrer weiteren Wortbestandteile "MOBIL" und "MOG", die nicht nur eine insgesamt unterscheidbare Wortlänge der Marken, sondern auch in jeder maßgeblichen Schreibweise ein deutlich wahrnehmbares unterschiedliches Schriftbild der Marken an den jeweiligen Wortenden bewirken. Bei der Beurteilung der schriftbildlichen Ähnlichkeit der Marken kann dabei der Bestandteil "MOBIL" der angegriffenen Marke nicht, wie von der Widersprechenden angenommen, außer acht gelassen werden, weil er einen beschreibenden Sinngehalt für die von den Inhabern der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufweist. Auch beschreibende oder kennzeichnungsschwache Markenteile können bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben, weil sie sich mit den weiteren Markenteilen zu einem zusammengehörigen betrieblichen Herkunftshinweis verbinden und insoweit zur Prägung des Gesamteindrucks beitragen können (BGH GRUR 1998, 932, 933 - MEISTERBRAND). Dies gilt auch für die angegriffene Bezeichnung "UNIMOBIL", die der Verkehr schon auf Grund des Umstandes, dass es sich dabei um ein einheitliches und nicht außergewöhnlich langes Markenwort handelt, nicht aufspalten wird.

Da es sich bei dem Markenteil "MOBIL" der angegriffenen Marke um einen allgemein bekannten Begriff der deutschen Sprache handelt, der in seinen Bedeutungen "beweglich" bzw "Fahrzeug" ohne jedes Nachdenken sofort erfassbar ist, kommt ihm überdies eine die Verwechslungsgefahr weiter reduzierende Bedeutung zu, da der bildliche Unterschied der Marken durch diesen Sinngehalt schneller und besser erfasst wird und deutlicher in Erinnerung bleibt (BGH GRUR 1992, 130, 132 - Bally/BALL).

Auch klanglich ist die Ähnlichkeit der Marken nicht so groß, dass unter Berücksichtigung der teilweisen Identität der Waren und der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr bestehen könnte.

Für die Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit von Marken ist ebenfalls auf deren Gesamteindruck abzustellen, der weniger durch Übereinstimmungen oder Abweichungen in einzelnen Lauten, sondern vielmehr durch deren Silbenzahl und -gliederung sowie die Vokalfolge bestimmt wird (Althammer/Ströbele/Klaka aaO Rdn 96).

Unter Zugrundelegung dieser Erfahrungssätze unterscheiden sich die Bezeichnungen "UNIMOBIL" und "UNIMOG" trotz Übereinstimmungen in den Wortanfängen "UNI" insgesamt deutlich, weil die angegriffene Marke eine Silbe mehr als die Widerspruchsmarke aufweist und auch die Silbengliederung der zweiten Worthälften nicht ähnlich ist ("MOG" gegenüber "MO-BIL"). Hinzu kommt der Umstand, dass es sich bei dem Vokal "i" der Schlusssilbe von "UNIMOBIL" um einen markanten hellklingenden Vokal handelt, der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet. Demgegenüber kann der weitere Erfahrungssatz, dass Wortanfänge im allgemeinen stärker beachtet werden als die übrigen Markenteile (BGH GRUR 1999, 735, 736 - MONOFLAM/POLYFLAM), im vorliegenden Fall keine die Ähnlichkeit der Marken begründende Bedeutung erlangen, weil die angegriffene Marke auf ihrer letzten Silbe (mit-)betont wird, sodass die Abweichung in diesem Markenteil klanglich deutlich in Erscheinung tritt. Letztlich gilt auch hier, dass der bekannte und sofort erfassbare Sinngehalt von "mobil" die Gefahr klanglicher Verwechslungen der Marken weiter deutlich vermindert.

Für die Gefahr einer gedanklichen Verbindung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz) fehlt es an den erforderlichen tatsächlichen Anhaltspunkten. Es ist weder vorgetragen noch sonst aus den Umständen erkennbar, dass der in beiden Marken übereinstimmend enthaltene Bestandteil "UNI" von der Widersprechenden als Stammbestandteil einer Markenserie benutzt worden ist. Die Bezeichnung "UNI" wird auch von der Widersprechenden nicht zugleich als Firmenbezeichnung verwendet. Auch sonstige Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr die angegriffene Marke als eine weitere Marke der Widersprechenden ansehen könnte, liegen nicht vor. Insbesondere kann auch aus dem Umstand, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine für Spezialfahrzeuge langjährig und umfangreich benutzte Marke handelt, nicht darauf geschlossen werden, der Verkehr werde alle Marken, die auf dem Fahrzeugsektor den Bestandteil "UNI" enthalten, als solche der Widersprechenden ansehen. Hiergegen spricht bereits entscheidend, dass die in Folge der starken Benutzung erworbene erhöhte Kennzeichnungskraft jedenfalls solange nur der Gesamtbezeichnung "UNIMOG" zukommt, wie die Widersprechende nicht auch die Bezeichnung "UNI" allein oder in einer Markenserie benutzt.

Gründe: für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgesichtspunkten (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) liegen nicht vor.

Schülke Kraft Reker Bb






BPatG:
Beschluss v. 20.06.2001
Az: 26 W (pat) 87/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0fb1d9a644bd/BPatG_Beschluss_vom_20-Juni-2001_Az_26-W-pat-87-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share