Bundespatentgericht:
Urteil vom 26. Oktober 2004
Aktenzeichen: 4 Ni 41/03

(BPatG: Urteil v. 26.10.2004, Az.: 4 Ni 41/03)

Tenor

1. Das deutsche Patent 42 16 252 wird für nichtig erklärt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des deutschen Patents 42 16 252 (Streitpatent), das am 16. Mai 1992 angemeldet worden ist. Es betrifft eine Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen. Das Streitpatent war in den Jahren 1997 bis 2002 bereits Gegenstand eines Nichtigkeitsverfahrens (Aktenzeichen 2 Ni 62/97). Seine Ansprüche haben durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2002 (Aktenzeichen: X ZR 1/99) folgende nunmehr geltende Fassung erhalten:

Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in Apotheken, in einem zur Herstellung von Rezepturmischungen bemessenen verschließbaren Mischgefäß mit einem am Ende einer durch eine Zentralöffnung eines Deckels hindurchführbaren Antriebswelle eines drehzahlregelbaren Elektromotors festlegbaren Flügelrührer mit Reibflächen, die unter Reibdruck an Innenflächen des Mischgefäßes anliegen oder anlegbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass das Mischgefäß eine Schraubkruke (1) mit einem verschiebbaren Boden und mit einem auf ein Außengewinde (8) des Krukenkörpers (2, 15) aufschraubbaren Schraubdeckel (26) ist, die zugleich als Abgabegefäß verwendet wird, dass die Zentralöffnung (30) des Schraubdeckels (26) nach Entfernen der Antriebswelle (54) verschließbar ist und dass das Mischgefäß relativ zum Flügelrührer auf- und abbewegbar ist.

Wegen der geltenden Ansprüche 2 bis 9 wird auf das Urteils des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2002 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, die Lehre des Streitpatent beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zur Begründung beruft sie sich auf folgende Druckschriften:

- DE 36 38 656 A1 (Anlage K6)

- EP 0 178 658 B1 (Anlage K7)

- FR 1 070 728 (Anlage K9)

- DE-GBM 18 72 487 (Anlage K10)

- US 2 907 496 (Anlage K11)

- EP 0 178 658 A2 (Anlage K12)

- US 4 871 262 (Anlage K13)

- DE-Gbm 19 79 741 (Anlage K22)

- Faltprospekt der Fa. Kress, Meinberg & Co., Essen-Kray (Anlage K23)

- Kopie des Katalogs der Fa. Küpper-Primax, 1984 Troisdorf (Anlage K24)

- Bedienungsanleitung "Primax-Rotorpistill" (Anlage K25)

- und Bilder dazu (Anlage K26)

- DE 87 05 605 U1 (Anlage K28)

- US 1 430 070 (Anlage K29)

Weiter bietet sie zur Vorveröffentlichung zum Katalog gemäß Anlage K24 Zeugenbeweis an.

Sie beantragt, das deutsche Patent 42 16 252 für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass an die Stelle der geltenden Ansprüche folgende Ansprüche treten:

1. Anordnung nach dem derzeit geltenden Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Flügelrührer (56) am Ende der Antriebswelle lösbar ist.

2. Anordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Hubbewegung für den Flügelrührer (56) vom Anschlag an der Innenfläche (29) des Schraubdeckels (26) bis zum Anschlag an der Innenfläche (11, 20) des Bodens der Schraubkruke durchgeführt werden kann.

3. Anordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Flügelrührer derart ist, dass bei der Rotation des Flügelrührers die Reibflächen (58, 63, 64) infolge des Reibdrucks in engen Kontakt mit den Innenflächen der Schraubkruke kommen.

4. Anordnung nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die oberen Flächenbereiche (63) des Flügelrührers (56) der Form der Innenfläche (29) des Schraubdeckels (26) angepasst sind.

5. Verfahren zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in einer Anordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass nach Einfüllen der Rezepturbestandteile durch Hochschieben des Bodens die Luft soweit verdrängt wird, dass eine mikrobielle Verunreinigung sowie unerwünschte Lufteinschlüsse und Lufteinschlüsse weitgehend ausgeschlossen werden.

6. Verfahren zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in einer Anordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im Anschluss (hier wohl einzufügen: an das) Mischen der Flügelrührer vom Ende der Antriebswelle gelöst wird, um den Deckel von der Antriebswelle (54) abzuziehen.

7. Verfahren zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in einer Anordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche in dem Krukenkörper mit aufgeschraubtem Schraubdeckel, dadurch gekennzeichnet, dass im Anschluss an das Mischen die Zentralöffnung des Deckels verschlossen wird und der Krukenkörper mit dem aufschraubbaren, verschlossenen Schraubdeckel an den Verbraucher abgegeben wird.

Der Beklagte ist dem Klagevorbringen entgegengetreten und hält das Streitpatent zumindest im hilfsweise verteidigten Umfang für bestandsfähig.

Gründe

Die zulässige Klage, mit der der in §§ 22 Abs 1, 21 Abs 1 Nr. 1 PatG vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist begründet.

1. Das Streitpatent betrifft eine Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen. Nach der Patentbeschreibung werden in Apotheken bisher Rezepturmischungen von Fetten und Gelen mit anderen Flüssigkeiten im allgemeinen von Hand mit sogenanntem Salbenmörser mittels Pistill verrieben und gemischt. Die Fertigung erfolge in offenen Gefäßen bei ungehindertem Luftzutritt, wodurch die Anzahl von Luftkeimen, die gleichzeitig in das Mischgefäß eingebracht würde, unverantwortlich groß sei. Alle benutzten Gerätschaften müssten aufwendig gereinigt werden, um sie wieder einsatzbereit zu machen. In jedem Fall müsse das Mischgut in ein Abgabegefäß umgefüllt werden. Um die aufwendige Handarbeit bei der Anfertigung derartiger Mischungen zu vermeiden, würden im Handel bereits Salbenmisch- oder Rührmaschinen angeboten. Auch bei diesen finde jedoch die Mischung weitgehend in offenen Gefäßen statt, wobei sich der Zutritt von Luftkeimen nicht vermeiden lasse. Hinzu kämen hohe Anschaffungskosten und auch ein zeitintensiver Reinigungsaufwand.

Im Stand der Technik sei ein Laborgerät zum Dispergieren, Emulgieren und/oder Mischen von Stoffen in kleinen Mengen bekannt geworden, dessen Konstruktion eine deutlich größere Annäherung der Laborversuchsbedingungen an den industriellen Herstellungsprozess erlaube. Mit diesem Laborgerät sei zwar die Herstellung von Mischungen bei weitgehendem Luftabschluss möglich, nachteilig sei jedoch die außerordentlich aufwendige Konstruktion des Aufnahmebehälters und des Deckels. Nach dem Herstellen der Mischungen müssten zudem zahlreiche Einzelteile des Laborgeräts sorgfältig gereinigt werden und das Mischgut aus dem Aufnahmebehälter in kleinere Abgabegefäße unter Umständen zeitaufwendig umgefüllt werden.

2. Patentgemäß soll deshalb eine einfache und kostengünstige Anordnung zur Verfügung gestellt werden, die für die Erstellung von Rezepturmischungen geeignet ist, wie sie in Apotheken hergestellt werden müssen, und welche die geschilderten Nachteile vermeidet, insbesondere die Kontaminierungsgefahr und den Reinigungsaufwand vermindert.

3. Der geltende Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag beschreibt danach eine Anordnung mit einem verschließbaren Mischgefäß und einem Rührwerk, deren Merkmale sich wie im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2002 angegeben im Einzelnen wie folgt gliedern lassen:

1. Das Rührwerka) dient zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in Apotheken, b) hat einen Flügelrührer, aa) der am Ende einer Antriebswelle eines drehzahlregelbaren Elektromotors festlegbar ist, bb) der Reibflächen aufweist,

(1) die unter Reibdruck an Innenflächen des Mischgefäßes anliegen oder anlegbar sind.

2. Das verschließbare Mischgefäß

a) ist zur Herstellung von Rezepturmischungen bemessen, b) ist eine Kruke, c) weist ein Außengewinde (auf dem Krukenkörper) auf, d) weist einen Deckel auf, aa) der auf das Außengewinde aufschraubbar ist, bb) der eine Zentralöffnung hat,

(1) durch welche die Antriebswelle hindurchgeführt werden kann,

(2) die - nach Entfernen der Antriebswelle - verschließbar ist;

e) ist relativ zum Flügelrührer auf- und abbewegbar, f) wird zugleich als Abgabegefäß verwendet, wobeig) die Kruke einen verschiebbaren Boden hat.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist zwar neu, denn keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften beschreibt eine Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen, bei dem das Mischgefäß eine Schraubkruke mit einem verschiebbaren Boden und mit einem auf ein Außengewinde des Krukenkörpers aufschraubbaren Schraubdeckel ist, die zugleich als Abgabegefäß verwendet wird. Es erübrigt sich aber auf die Frage der Neuheit näher einzugehen, denn die Lehre des Patentanspruchs 1 beruht gegenüber der DE 36 38 656 A1 (Anlage K6) in Verbindung mit der EP 0 178 658 A2 (Anlage K12) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Zuständiger Durchschnittsfachmann ist hier - in Übereinstimmung mit den Ausführungen im Urteil des Bundesgerichtshofs - ein Apparatebauer mit abgeschlossenem Hochschulstudium, der über verfahrenstechnische Kenntnisse verfügt und der aufgrund langjähriger Berufspraxis gewohnt ist, gerätetechnische Lösungen nach den Anforderungen zu realisieren, die bei Anwendern auf verschiedenen Gebieten der Technik bestehen und der im vorliegenden Fall von einem Apotheker mit der anstehenden Problematik vertraut gemacht worden ist.

Aus der K6 (Fig 1 und Fig 2 iVm Beschreibung Sp 7, Z 1 bis Sp 8 Z 8 sowie Anspruch 1 und Sp 2 Z 68 bis Sp 3 Z 5) ist ein Laborgerät (1) zum Dispergieren, Emulgieren und/oder Mischen von pharmazeutischen, biochemischen, chemischen, kosmetischen oder dergleichen Stoffen bekannt, das ein Rührwerkzeug (4) aufweist und das für kleine Mengen von bspw einem Liter oder weniger ausgelegt ist, wobei die Verarbeitung salbenförmiger, gelförmiger oder dergleichen Massen angesprochen ist. In der K6 ist zwar nicht ausdrücklich davon die Rede, dass dieses Gerät für den Einsatz in Apotheken gedacht ist, aufgrund seiner Auslegung und Dimensionierung ist es jedoch ohne Weiteres auch für diesen Einsatzbereich geeignet. Das bedeutet nichts anderes, als dass dieses Laborgerät ein Rührwerk mit den im Merkmal a) des Anspruchs 1 angegebenen Eigenschaften darstellt.

Dieses Rührwerk weist, wie aus Figur 3 iVm Sp 8 Z 9ff und Figur 1 hervorgeht, ein Rührwerkzeug (4) mit Rührschaufeln (19) - also einen Flügelrührer - auf, der am Ende einer Antriebswelle (6) eines offensichtlich drehzahlregelbaren Elektromotors (Pos 7 in Figur 1mit Angabe der eine Drehzahlregelung kennzeichnenden Symbole "-" und "+" sowie "min-1") festlegbar ist, wie im Merkmal aa) der den Flügelrührer betreffenden Merkmalsgruppe b) angegeben.

Außerdem ist in Sp 8 Zn 13ff angegeben, dass die Rührschaufeln (19) bis an den Innenwandungsbereich (20) des Behälters (2) reichen und Abstreifer (21) zum ständigen Reinigen der Innenseite des Behälters (2) tragen, was nichts anderes bedeutet, als dass der Flügelrührer Reibflächen aufweist, die unter Reibdruck an Innenflächen des Mischgefäßes anliegen oder anlegbar sind, so dass auch das den Flügelrührer betreffende Teilmerkmal bb) erfüllt ist.

Schließlich geht aus Figur 1 iVm Sp 7 Z 1ff hervor, dass ein Aufnahmebehälter (2) mit einem Deckel 3 vorhanden ist, sodass das Mischgefäß verschließbar ist. Da in Sp 2 Zn 59ff dargelegt wird, dass das ganze Gerät zum Mischen von pharmazeutischen oder kosmetischen Stoffen in kleinen Mengen von z.B. einem Liter oder weniger dient, ist das Mischgefäß somit selbstverständlich zur Herstellung von Rezepturmischungen bemessen (Merkmal 2a).

Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die in der das verschließbare Mischgefäß betreffenden Merkmalsgruppe 2 angegebenen Teilmerkmale b) bis g).

Diese Unterschiede können jedoch die Patentfähigkeit nicht begründen. Wie in dem vorausgegangenen Nichtigkeitsverfahren durch das Urteils des Bundespatentgerichts vom 15. Oktober 1998 (2 Ni 62/97, S 7 bis 10) bereits festgestellt und in der Berufung durch den Bundesgerichtshof im Urteil vom 17. September 2002 (X ZR 1/99, S 15 bis 20) bestätigt worden ist, handelt es sich bei der in der K6 beschriebenen Vorrichtung um eine außerordentlich aufwändige Konstruktion in Bezug auf den Aufnahmebehälter mit Deckel, die zudem nach dem Herstellen der Mischung ein umständliches Reinigen und zeitaufwändiges Umfüllen der Mischung in einen Abgabebehälter erfordert, wobei außerdem die Gefahr einer Kontaminierung während des Umfüllens vorliegt. Demnach wird der Fachmann zur Lösung seines Problems auf die K12 stoßen und in Erwägung ziehen, den dort beschriebenen Vorschlag, das Mischgefäß gleichzeitig als Abgabegefäß zu verwenden, auch für seine Aufgabenstellung zu übernehmen und als für den Apothekenbereich besonders geeignetes Gefäß hierfür eine - ohnehin amtlich zugelassene - Kruke mit Außengewinde und aufschraubbaren Deckel einsetzen, wobei es ihm keine Schwierigkeiten bereitet, den Krukendeckel so durch eine Zentralöffnung abzuändern, dass er die Antriebswelle gemäß K6 hindurchführen und die Öffnung nach Entfernen der Antriebswelle aus hygienischen Gründen und hinsichtlich eines Luftabschlusses selbstverständlich verschließen kann. Somit ergeben sich die das Mischgefäß betreffenden Merkmale b) bis d) und f) in naheliegender Weise.

Wie schon der Bundesgerichtshof festgestellt hat, ist auch das Merkmal f) nicht patentbegründend, da es eine naheliegende Möglichkeit darstellt, den Flügelrührer seiner Höhe nach so zu dimensionieren, dass er mit seinen Reibflächen jeweils nur an einem Teil der Innenfläche anliegt oder anlegbar ist. Um die Verarbeitung aller Bestandteile zu einer homogenen Mischung zu gewährleisten, wird der Fachmann aufgrund seines Wissens erkennen, dass es sinnvoll sein kann, wenn die Höhenlage des Rührers im Verhältnis zum Gefäß variabel ist, was nichts anderes bedeutet, als dass das Mischgefäß relativ zum Flügelrührer auf- und abbewegbar ist.

Das verbleibende Merkmal g), wonach die Kruke einen verschiebbaren Boden hat, reicht nach Überzeugung des Senats jedoch nicht aus, in Verbindung mit den übrigen Merkmalen im Anspruch 1 einen patentfähigen Gegenstand zu beschreiben.

Denn die Lösung, zur Vermeidung der Nachteile im Stand der Technik, insbesondere der Kontaminierungsgefahr, ein Mischgefäß mit einem verschiebbaren Boden vorzusehen, ist bereits in der K12 vorgezeichnet. Das dortige Mischgefäß, das gleichzeitig als Abgabegefäß verwendet wird, weist nämlich einen beweglichen Kolben 23 auf, mit dem die im Innenraum 22 des Zylinders 21 befindliche Mischung des Knochenzements bei der Applikation herausgedrückt wird (S 5 Abs 1). Der Fachmann, an den die der Erfindung zugrundeliegende Problematik von einem Apotheker herangetragen worden ist, wird für die Lösung der ihm gestellten Aufgabe nicht beim Mischen der gewünschten Rezeptur in einer Kruke, die an den Kunden abgegeben wird, stehen bleiben, sondern wird auch den weiteren kontaminierungsfreien Verbleib der hergestellten pharmazeutischen Darreichung in dem Gefäß und deren Applikation im Auge haben. Dann erkennt er, dass der bewegliche Kolben 23 in der K12, der nichts anderes ist als ein verschiebbarer Boden des Abgabegefäßes 20, ihm auch bei einer Kruke den Vorteil bringt, dass der hergestellte Stoff durch die ohnehin vorhandene zentrale, verschließbare Öffnung hindurch entnommen werden kann, ohne den Deckel vollständig abnehmen zu müssen, was die Kontaminierungsgefahr auch über den Herstellungsprozess hinaus erheblich reduziert. Somit ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 für den Fachmann in naheliegender Weise.

Die ebenfalls angegriffenen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 9 teilen das Schicksal des Hauptanspruchs. Auch die in diesen Ansprüchen angegebenen weiteren Merkmale können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

So ist der Anspruch 2 durch die K12 Figuren 2, 3 und 4 iVm zugehöriger Beschreibung nahegelegt, da dort bereits ein Gefäß in einer entsprechenden Ausgestaltung beschrieben ist (bspw Pos 24, 23 und 30 in Fig 3).

Zum Gegenstand des Anspruchs 3 finden sich Anregungen in der K6 Figur 3, denn dort ist die Innenfläche des Bodens der Form des Flügelrührers angepasst, und in der K12 Figur 4, denn dort geht der Außenrand des Kolbens 23 in einen unteren Gleitring über.

Zum Gegenstand des Anspruchs 4, wonach die Zentralöffnung im Schraubdeckel zur Befestigung unterschiedlicher Applikatoren ausgebildet ist, findet sich bereits in der K12 Figur 2 (Pos 25; "discharge tube") eine Anregung, so dass der Fachmann auch im vorliegenden Fall je nach Anwendungsfall geeignete Applikatoren vorsehen wird.

Zum Gegenstand des Anspruchs 5 ist auf die US 1 430 070 (Anlage K29), insbesondere Figur 2 iVm Beschreibung S 1 re Sp Zn 72 bis 79 hinzuweisen, die bereits alle diese Merkmale dem Fachmann nahelegt.

Der Gegenstand des Anspruchs 6 betrifft eine handwerkliche Ausgestaltung des Flügelrührers.

Maßnahmen nach dem Gegenstand des Anspruchs 7 müssen als bei Rührwerken üblich angesehen werden, da eine Pressung der Mischung zum Gefäßboden hin mit eine Voraussetzung für eine gute Durchmischung des Rührguts darstellt.

Anpassungen von Flächen des Flügelrührers an untere Innenflächen von Gefäßen sind bereits aus der K6 bekannt (Figur 3 Pos 16, 19), so dass es keiner erfinderischen Tätigkeit mehr bedarf, derartige Anpassungen ebenfalls am Gefäßboden (Anspruch 8) oder an der Innenfläche des Schraubdeckels (Anspruch 9) vorzunehmen.

4. Hilfsantrag Es ist bereits schon fraglich, ob die Ansprüche nicht eine unzulässige Erweiterung des Patents darstellen, denn das Patent beansprucht ausschließlich eine Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen, wohingegen die Ansprüche gemäß dem Hilfsantrag neben Anordnungsansprüchen 1 bis 4 auch Verfahrensansprüche 5 bis 7 umfassen (BGH GRUR 1967, 25ff).

Dies kann im Einzelnen jedoch dahinstehen, denn die Anordnung gemäß Anspruch 1 und die Verfahren gemäß den Ansprüchen 5 bis 7 sind nicht patentfähig, da sie gegenüber dem in Betracht gezogenen Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Die Anordnung gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag dadurch, dass der Flügelrührer am Ende der Antriebswelle lösbar ist. Eine solche Ausgestaltung ist bereits aus der K6 bekannt, denn dort ist in Sp 8 Zn 13 ff beschrieben, dass das Rührwerkzeug 4, also der Flügelrührer, von der zentralen Antriebswelle 6 lösbar ist, so dass sich iVm den Ausführungen zum Anspruch1 gemäß Hauptantrag eine Anordnung mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen für den Fachmann in naheliegender Weise ergibt.

Die ebenfalls angegriffenen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 4 sowie die nebengeordneten Verfahrensansprüche 5 bis 7 teilen das Schicksal des Hauptanspruchs. Auch die in ihnen enthaltenen weiteren Merkmale können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Da, wie zum Hauptantrag bereits ausgeführt worden ist, die Auf- und Abbewegung des Mischgefäßes relativ zum Flügelrührer (Anspruch 1) und die Anpassung der unteren und oberen Flächenbereiche des Flügelrührers an die Form der Innenflächen des verschiebbaren Krukenbodens bzw des Schraubdeckels schon nicht patentfähig sind (Ansprüche 8, 9), kann die Ausführung der Hubbewegung für den Flügelrührer zwischen dem Anschlag an die jeweilige Innenfläche für den Fachmann auch keine erfinderische Tätigkeit erfordern, denn er wird zum Erzielen einer homogenen Mischung zweckmäßigerweise die gesamte zwischen Deckel und Boden zur Verfügung stehende Hubhöhe ausnutzen.

Die Ausgestaltung gemäß dem Anspruch 3 kann deshalb nichts zur Patentfähigkeit beitragen, weil, wie zum Hauptantrag ausgeführt, aus der K6 bekannt ist, dass die Rührschaufeln bis an den Innenwandungsbereich des Behälters reichen und Abstreifer zum ständigen Reinigen der Innenseite des Behälters tragen, was nichts anderes bedeutet, als dass der Flügelrührer derart ist, dass bei der Rotation des Flügelrührers die Reibflächen infolge des Reibdrucks in engen Kontakt mit den Innenflächen der Schraubkruke kommt.

Zum Anspruch 4 wird auf die Ausführungen zum Anspruch 9 nach Hauptantrag verwiesen, die hier iVm den übrigen Merkmalen der Ansprüche 1 bis 3 sinngemäß gelten.

Die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 5 bis 7 sind für sich genommen nicht patentfähig, da diese Gegenstände ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Dabei gelten die oben zur fehlenden Patentfähigkeit der Anordnung gemäß Anspruch 1 ausgeführten Gründe auch hier. Denn das mit diesen Ansprüchen jeweils beanspruchte Verfahren stellt, da es in einer Anordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüchen durchgeführt wird, nichts anderes dar, als die sich aus dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der im Anspruch 1 angegebenen Anordnung ergebenden Vorgehensweise. So wird der Fachmann in einer Anordnung gemäß K6, die er, angeregt durch die K12, mit einer Schaubkruke mit verschiebbarem Boden verknüpft, nach dem Einfüllen der Rezepturbestandteile das eventuell oberhalb des zu mischenden Gutes vorhandene Luftvolumen verringern oder beseitigen und wird dazu in naheliegendster Weise einfach den beweglichen Krukenboden nach oben schieben (Anspruch 5). Außerdem liegt es bei der Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 6 zum Mischen in einer Anordnung nach den vorhergehenden Ansprüchen nahe, den am Ende der Antriebswelle lösbaren Flügelrührer (vgl. obige Ausführungen zum Anspruch 1) nach dem Mischen von der Welle zu lösen und den Rührer auf diese Weise aus der Zentralöffnung des Deckels herauszuziehen. Dass schließlich nach erfolgter Zubereitung der Rezeptur der Deckel auf das Mischgefäß aufgeschraubt und sodann vor der Übergabe an den Verbraucher auch noch die zentrale Öffnung mit einem Stöpsel verschlossen wird, ist bei der Anordnung gemäß dem Anspruch 1 eine Selbstverständlichkeit, die keiner erfinderischen Leistung bedarf (Anspruch 7).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.

Müllner Klosterhuber Schuster Dr: Maksymiw Dr. Häußler Pr






BPatG:
Urteil v. 26.10.2004
Az: 4 Ni 41/03


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