Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Oktober 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 199/02

(BPatG: Beschluss v. 08.10.2003, Az.: 26 W (pat) 199/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Juli 2002 aufgehoben.

Die Löschung der Marke 300 36 768 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 11 807 angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren

"Spirituosen, Liköre, Weine, Schaumweine, weinhaltige Getränke, alkoholische Mischgetränke"

registrierte Marke 300 36 768 Ronettiist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Marke 395 11 807 ROMANETTI, die für die Waren

"alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), insbesondere Wermut, Cocktails"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 33 hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zwar seien die sich gegenüberstehenden Marken zur Kennzeichnung teilweise identischer und wirtschaftlich nahestehender Waren bestimmt, so daß bei unterstellter normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die angegriffene Marke einen beachtlichen Abstand einzuhalten habe, dieser sei jedoch gewahrt. In schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht unterschieden sich die Markenworte ausreichend voneinander. Die Markenbezeichnungen "Ronetti" und "ROMANETTI" wiesen in jeglicher Schreibweise ausreichend unterschiedliche Gesamtumrissbilder auf. Zwar stimmten die Vergleichsmarken in den Silben "Ronetti" schriftbildlich überein, die zusätzlichen Buchstaben "ma"/"MA" in "ROMANETTI" führten aber zu einem deutlich längeren, auch bei flüchtigem Lesen in Erinnerung bleibenden Schriftbild. Entsprechendes gelte für eine etwaige klangliche Ähnlichkeit, weil der zusätzliche Bestandteil "MA" zu einer unterschiedlichen Silbenzahl und Vokalfolge führe, die auch bei flüchtiger Wahrnehmung einem Verhören entgegenstehe. So sei insbesondere auch die abweichende Vokalfolge "oei" bzw "oaei" aufgrund der Mitbetonung der Silbe "MA" in der Widerspruchsmarke deutlich hörbar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Angesichts der teilweisen Identität der beiderseitigen Waren und einer intensiven Benutzung der Widerspruchsmarke für "Wermut" hält sie die beiderseitigen Kennzeichnungen klanglich und begrifflich für verwechselbar. Die übereinstimmenden Endvokale "E-I" würden aufgrund der italienisch klingenden Endung "ETTI" in beiden Marken klanglich besonders zur Geltung kommen. Die übereinstimmende Anfangssilbe "RO" werde zudem von dieser Endsilbe in der Widerspruchsmarke nur durch die Silbe "MA" getrennt, die im Zusammenhang mit der stark betonten Anfangssilbe "RO" und den ebenfalls stark betonten Endsilben eher schwach klinge. Da der Verkehr nach der Lebenserfahrung mehr auf die Wortanfänge achte und eine identische betonte klangstarke Endung bei beiden Marken hinzutrete, werde der erforderliche klangliche Abstand nicht gewahrt.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich weder zum Widerspruch noch zur Beschwerde geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn nach Auffassung des Senats besteht zwischen der jüngeren Marke "Ronetti" und der Widerspruchsmarke "ROMANETTI" eine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Absatz 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in einer Wechselbeziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1995, 216 - Oxygenol II).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist im vorliegenden Fall von Identität auszugehen, denn beide Kennzeichnungen sind für alkoholische Getränke bestimmt. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wird als durchschnittlich angenommen, wenngleich die von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen dafür sprechen, daß die Widerspruchsmarke "ROMANETTI" in den zurückliegenden fünf Jahren jedenfalls für "Wermut" intensiv benutzt wurde. An den Abstand der Vergleichsmarken sind deshalb erhöhte Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke nach Auffassung des Senats nicht in ausreichendem Maße gerecht wird.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Kenzeichen ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (vgl EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND mwNachw). Der klangliche Gesamteindruck einer Marke wird vor allem von der Silbengliederung und Vokalfolge bestimmt. Wortanfänge werden im allgemeinen stärker als die übrigen Markenteile beachtet, das Einschieben oder Weglassen unbetonter Zwischensilben oder sonstige unauffällige Abweichungen im Wortinneren sind meist nicht geeignet, Verwechslungen von Kennzeichnungen zu verhindern. Längere Markenwörter werden durch einzelne Abweichungen weniger beeinflußt als Kurzwörter. Hiervon ausgehend weichen die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen "Ronetti" und "ROMANETTI" klanglich nicht so deutlich voneinander ab, daß Verwechslungen in rechtserheblichem Umfang ausgeschlossen sind: Zwar unterscheiden sich beide Kennzeichnungen durch ihre Silbenzahl (Ronetti = drei Silben; ROMANETTI = vier Silben). Andererseits stimmen beide Kennzeichnungen in der Anfangssilbe und den beiden Endsilben "RO-NETTI" und insoweit in der Vokalfolge überein. Demgegenüber vermag jedoch die zusätzliche Silbe "MA" im Wortinnern der Widerspruchsmarke bzw ihr Weglassen in der angegriffenen Marke ein hinreichend sicheres Auseinanderhalten der Marken nicht zu verhindern. Wenngleich bei der Beurteilung von dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen ist (vgl EuGH GRUR Int 99, 734 - Lloyd), ist zu berücksichtigen, daß der Verkehr die beiden Marken regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt und miteinander vergleichen kann, sondern seine Auffassung nur aufgrund eines meist undeutlichen Erinnerungsbildes an eine Marke gewinnt. Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Widergabe von Marken häufig nur unter ungünstigen Übermittlungsbedingungen erfolgt, die einer korrekten Wahrnehmung entgegenstehen. Da beide Marken darüber hinaus einen italienischsprachigen Anklang aufweisen, halten die Marken jedenfalls den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen klanglichen Abstand nicht ein.

Der angefochtene Beschluß war deshalb aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Kraft Reker Eder Br/Bb






BPatG:
Beschluss v. 08.10.2003
Az: 26 W (pat) 199/02


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