Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 6. Januar 2012
Aktenzeichen: 4 O 246/95

(LG Düsseldorf: Urteil v. 06.01.2012, Az.: 4 O 246/95)

Tenor

I.

Es wird festgestellt,

1.

daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, daß die Beklagten in der Zeit vom 16. Februar 1986 bis zum 4. Juli 1995 im Geltungsbereich des deutschen Patentes X

von der Beklagten zu 2) hergestellte Halbleiter-bauelemente

gewerbsmäßig in Verkehr gebracht und/oder feilgehalten haben,

welche unter Anwendung eines Verfahrens zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid hergestellt wurden, bei dem eine Aluminium-legierungsschicht aus zumindestens 95 % Aluminium auf eine Isolierschicht auf einem Halbleitersubstrat aufgebracht wird,

wobei die Aluminiumlegierungsschicht mit einer ätzbeständigen, ein Aluminiummuster bestimmenden Maskenschicht versehen wird, die Schichtanordnung zunächst in Gegenwart eines gasförmigen Bortrichlorids plasmageätzt wird, um jegliche Aluminiumoxid-Oberflächenschicht von der Aluminiumlegierungsschicht zu entfernen, und sodann die Aluminiumlegierungsschicht bis auf die Isolierschicht herab gasgeätzt wird,

- wobei sich die Verpflichtung zum Schadensersatz für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen ind dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;

2.

daß die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, an die Klägerin für die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 23. März 1978 bis zum 15. Februar 1986 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

II.

Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über den Umfang der zu I. 1. bezeichneten, zwischen dem 16. Februar 1986 und dem 4. Juli 1995 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus welchem der Umfang der Angebote und Verkäufe sowohl bezüglich der Halbleiterbauelemente ersichtlich ist, die die Beklagten als Erstausrüstung oder Ersatzteil an fremde Hersteller elektronischer Geräte in Deutschland oder an solche Hersteller im Ausland von Deutschland aus geliefert haben, als auch bezüglich derjenigen Halbleiterbauelemente, die die Beklagten als Bestandteil von "X"-Geräten in Deutschland oder von Deutschland aus an in- oder ausländische Abnehmer angeboten oder vertrieben haben, und zwar unter Nennung

a) der jeweiligen Liefermengen, aufgeschlüsselt nach den Typenbezeichnungen der Halbleiter-bauelemente, deren Lieferzeiten und Lieferpreisen, sowie unter Angabe, ob es sich um in elektronische Geräte eingebaute Halbleiterbauelemente oder separat als Erstausrüstung oder Ersatzteil gelieferte Halbleiterbauelemente handelte,

b) der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie

c) des erzielten Gewinns

und unter Angabe der einzelnen Angebote und der Wer-

bung unter Nennung

d) der jeweiligen Angebotsmengen, Typen-bezeichnungen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

wobei

- sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;

- die Beklagte zu 2) die Angaben zu a), d) und e) auch für die Zeit vom 23. März 1978 bis zum 15. Februar 1986 zu machen hat.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3 Millionen DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents X (Klagepatents; vgl. Anlage K 1) mit der Bezeichnung "Gas-Plasma-Ätzung von Aluminium und Aluminiumoxid", das am 4. Juli 1977 unter Inanspruchnahme einer kanadischen Priorität vom 16. August 1976 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 23. Februar 1977 offengelegt. Die Veröffentlichung der Patenterteilung im erfolgte am 16. Januar 1986. Das Klagepatent ist am 4. Juli 1995 durch Zeitablauf erloschen.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des Klagepatents auf Entschädigung, Schadensersatz, hilfsweise Bereicherungsausgleich, sowie auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung in Anspruch.

Das Klagepatent umfaßt insgesamt neun Ansprüche. Die Patentansprüche 1 bis 8 haben folgenden Wortlaut:

1.

Verfahren zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid, dadurch gekennzeichnet, daß anfangs in Gegenwart eines gasförmigen Trihalogenids plasmageätzt wird.

2.

Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als gasförmiges Trihalogenid zumindest teilweise ein Bortrihalogenid verwendet wird.

3.

Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Bortrihalogenid Bortrichlorid verwendet wird.

4.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß zum Gasätzen einer eine Aluminiumoxidoberflächenschicht (14) aufweisenden Aluminiumschicht (10) die Anfangsätzung fortgeführt wird, bis jegliche Aluminiumoxidoberflächenschicht (14) von der Aluminiumschicht (10) entfernt ist, und daß daraufhin die Aluminiumschicht (10) gasgeätzt wird.

5.

Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die aluminiumoxidfrei geätzte Aluminiumschicht (10) plasmageätzt wird.

6.

Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die aluminiumoxidfrei geätzte Aluminiumschicht (10) in Gegenwart von gasförmigen Chlor plasmalos gasgeätzt wird.

7.

Verfahren zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen, bei der eine Aluminiumschicht (10) auf eine Isolierschicht (11) auf einem Halbleitersubstrat (23) aufgebracht wird, nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Aluminiumschicht (10) mit einer ätzbeständigen, ein Aluminiummuster bestimmenden Maskenschicht (13) versehen wird, die Schichtanordnung (12 bis 13) zunächst in Gegenwart eines gasförmigen Trihalogenids plasmageätzt wird, um jegliche Aluminiumoxidoberflächenschicht (24) von der Aluminiumschicht (10) zu entfernen, und daß dann die Aluminiumschicht (19) bis auf die Isolierschicht (11) herab gasgeätzt wird.

8.

Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß als Trihalogenid Bortrichlorid (BCL3) verwendet wird.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren stammen aus der Klagepatentschrift, die die Erfindung anhand dieser Figuren erläutert. Figur 1 zeigt einen Querschnitt durch eine besondere Struktur eines Halbleiterbauelements; und Figur 2 zeigt eine schematische Darstellung einer Vorrichtung, bei der ein Reaktor im Querschnitt gezeigt wird.

Die in Südkorea ansässige Beklagte zu 2) stellte vor dem 4. Juli 1995 in Korea Halbleiter, insbesondere Speicherchips, her, die auch nach Deutschland geliefert wurden, und zwar an die hier ansässige Beklagte zu 1), bei der es sich um eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2) handelt.

Bei der Herstellung der Halbleiterbauelemente wendete die Beklagte zu 2) ein als "reaktives Ionenätzen" ("reactive ion etching"; RIE) bezeichnetes Verfahren an. Hierbei wurde eine Aluminiumlegierungsschicht geätzt. Die Ätzung erfolgte - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - in Gegenwart von Bortrichlorid.

Die im Jahre 1987 gegründete Beklagte zu 1) bot unstreitig an und vertrieb elektronische Geräte unter der Bezeichnung "X", so zum Beispiel Fernseher, die mit von der Beklagten zu 2 hergestellten Halbleiterbauelementen ausgestattet waren. Ob die Beklagte zu 1) darüber hinaus von der Beklagten zu 2) hergestellte Halbleiter als Einzelteile vertrieb, ist zwischen den Parteien streitig.

In den Jahren 1989 bis 1993 importierte die Klägerin von der Beklagten zu 2) größere Mengen von Halbleitern (DRAMs) in die USA bzw. Kanada, um diese in ihre Geräte einzubauen. 1993 begann eine Lizenznehmerin der Klägerin, die X, in deren Auftrag mit der Beklagten zu 2) über Schadensersatzzahlungen für die Vergangenheit und über die Vergabe künftiger Lizenzen zu verhandeln. Nach dem Scheitern dieser Vergleichsverhandlungen erhob die Klägerin im Juni 1994 in den USA Klage wegen Verletzung ihres zum Klagepatent parallelen US-Patents.

Die Klägerin sieht im Vertrieb und Feilhalten der von der Beklagten zu 2) hergestellten Halbleiterbauelemente in Deutschland bis zum 4. Juli 1995 eine Verletzung des Klagepatents mit wortlautgemäßen, jedenfalls aber eine solche mit wortlautgemäßen und äquivalenten Mitteln. Sie macht geltend:

Die Beklagten hätten im bewußten und gewollten Zusammenwirken während der Laufzeit des Klagepatents unter Anwendung des durch das Klagepatent geschützten Verfahrens Halbleiterbauelemente in Form von Chips, bei denen es sich um unmittelbare Erzeugnisse des geschützten Verfahrens handele, in den Geltungsbereich des Klagepatents gebracht. Beide hätten beim Vertrieb der Halbleiter in Deutschland zusammen gewirkt. Die Beklagte zu 2) habe die von ihr hergestellten Halbleiterbauelemente importiert bzw. deren Import durch die Beklagte zu 1) nach Deutschland veranlaßt, wo sie die Beklagte zu 1) vertrieben habe. Die Beklagte zu 1) sei die zuständige Vertriebsgesellschaft der Beklagten zu 2). Sie bringe die ihr von der Beklagten zu 2) gelieferten Halbleiterbauelemente nicht nur als in "X"-Geräte eingebaute Teile, sondern auch als Einzelteile in den Verkehr. Insbesondere liefere sie die Halbleiterbauelemente an Computerhersteller.

Die Beklagte zu 2) habe die Halbleiter unter Anwendung des durch das Klagepatent geschützten Verfahrens hergestellt. Das von der Beklagten zu 2) durchgeführte reaktive Ionenätzen sei eine besondere Form (eine Art) des Plasma-Gasätzens, bei welcher eine Kombination von chemischer Reaktion und Ionenbeschuß zur Abtragung der Aluminiumoxidschicht stattfinde. Der Begriff des Plasma-Ätzens umfasse das von der Beklagten zu 2) angewandte reaktive Ionenätzen. Daß bei diesem ein "Ionenbeschuß" stattfinde, stehe einer Verletzung des Klagepatents nicht entgegen. Denn bei der erfindungsgemäßen Gas-Plasma-Ätzung finde ebenfalls ein Ionenbeschuß auf die Alumniumoxidschicht statt. Reaktives Ionenätzen sei nichts anderes als Plasmaätzen unter zusätzlichem Einsatz von in einem elektrischen Feld beschleunigten Ionen, die zusätzlich zu der chemischen Einwirkung auch noch mechanisch zu einem Abtragen des Aluminium führten.

Daß die Leiterbahnen der Beklagten aus einer Aluminiumlegierung bestünden, die sich zu einem hohen Anteil aus Aluminium und im übrigen aus Silizium oder auch Kupfer zusammensetze, stehe einer Benutzung des Klagepatents nicht entgegen. Denn der Durchschnittsfachmann wisse, daß eine Aluminiumlegierung nicht etwa aus einer chemischen Verbindung zwischen Aluminiumatomen und Fremdatomen bestehe, sondern aus einem Nebeneinander zwischen Aluminiumatomen und Fremdatomen, weshalb er die Lehre des Klagepatents dahin verstehe, daß sie sich auch auf - zumindest hochprozentige - Aluminiumlegierungen beziehe. Jedenfalls sei Äquivalenz gegeben, weil der Durchschnittsfachmann wisse, daß für die Ausbildung von Leiterschichten in Halbleiterbauelementen anstelle von Aluminium auch Aluminiumlegierungen, insbesondere Aluminiumsilizium-, Aluminiumkupfer- und Aluminiumkupfersiliziumlegierungen, eingesetzt werden könnten. Daß nach der erfindungsgemäßen Ätzung einer Aluminiumsiliziumlegierung mit einem hochprozentigen Aluminiumanteil nach dem Wegätzen des Aluminiums ein dünner Siliziumrest verbleibe, sei im übrigen irrelevant, weil dieser durch einen Reinigungszyklus bequem entfernt werden könne. Das Wegätzen von Silizium habe am Prioritätstag des Klagepatents zum Rüstzeug des Fachmanns der Halbleitertechnik gehört.

Im Juli 1992 sei bei ihr der Verdacht aufgekommen, daß die Beklagte zu 2) das zum Klagepatent parallele US-Patent durch Importe und Vertrieb in den USA habe verletzt haben könne. Über das von der Beklagten zu 2) angewandte Herstellungsverfahren habe sie erst im Mai 1995 im Rahmen des in den USA geführten Rechtsstreits anläßlich einer Vernehmung eines Angestellten der Beklagten zu 2) nähere Kenntnisse erlangt. Nachforschungen hätten dann gezeigt, daß die gleichen Halbleiterbauelemente, die die Beklagte zu 2) in den USA vertreibe, von ihr auch nach Deutschland importiert und dort von der Beklagten zu 1) von Deutschland aus europaweit entweder als Chips oder als in elektronische Geräte eingebaute Chips vertrieben würden.

Die Klägerin ist im übrigen der Auffassung, daß die unter Anwendung des patentgemäßen Verfahrens hergestellten Halbleiter unmittelbare Erzeugnisse des geschützten Verfahrens seien und macht geltend, daß die Beklagten das Klagepatent auch schuldhaft verletzt hätten.

Die Klägerin hat ihre am 15. Juli 1995 erhobene Klage ursprünglich auf eine Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents gestützt und die Patentansprüche 2 und 3 "insbesondere" geltend gemacht (vgl. Bl. 1-3 d. A.). Sodann hat sie die Patentansprüche 1, 2, 3, 7 und 8 in Kombination geltend gemacht und ihren Rechnungslegungsantrag modifiziert (vgl. Bl. 75 - 77, Bl. 145 - 147 sowie Bl. 246 - 250 d. A.).

Die Klägerin beantragt nunmehr,

zu erkennen, wie geschehen;

hilfsweise,

I. a)

festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind,

ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, daß die Beklagten in der Zeit vom 18. Juli 1992 bis zum 4. Juli 1995 im Geltungsbereich des deutschen Patentes X,

sowie dasjenige nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben, was sie dadurch erlangt haben, daß sie in der Zeit vom 16. Februar 1986 bis zum 18. Juli 1992 im Geltungsbereich des deutschen Patentes X

von der Beklagten zu 2) hergestellte Halbleiterbauelemente gewerbsmäßig in Verkehr gebracht und/oder feilgehalten haben, welche unter Anwendung eines Verfahrens zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid hergestellt worden sind, bei welchem Verfahren eine Aluminiumlegierungsschicht aus zumindestens 95 % Aluminium auf eine Isolierschicht auf einem Halbleitersubstrat aufgebracht wird, wobei die Aluminiumlegierungsschicht mit einer ätzbeständigen, ein Aluminiummuster bestimmenden Maskenschicht versehen wird, die Schichtanordnung in Gegenwart eines gasförmigen Bortrichlorids plasmageätzt wird, um jegliche Aluminiumoxid-Oberflächenschicht von der Aluminiumlegierungsschicht zu entfernen und sodann die Aluminiumlegierungsschicht bis auf die Isolierschicht herab gasgeätzt wird;

II.a)

die Beklagten zu verurteilen, ihr über den Umfang der unter Ziffer I. a) beschriebenen und zwischen dem 16. Februar 1986 und dem 18. Juli 1992 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus welchem der Umfang der Angebote und Verkäufe sowohl bezüglich der Halbleiterbauelemente ersichtlich sind, die die Beklagten als Erstausrüstung oder Ersatzteil an fremde Hersteller elektronischer Geräte in Deutschland oder an solche Hersteller im Ausland von Deutschland aus geliefert haben, als auch bezüglich derjenigen Halbleiterbauelemente, die die Beklagten als Bestandteil von "X"-Geräten in Deutschland oder von Deutschland aus an in oder ausländische Abnehmer angeboten oder vertrieben haben,

und zwar unter Nennung

der jeweiligen Liefermengen, aufgegliedert unter Angabe der Typenbezeichnungen der Halbleiterbauelemente, sowie deren Lieferzeiten, Lieferpreise und Abnehmer, sowie der Angabe, ob es sich um in elektronische Geräte eingebaute Halbleiterbauelemente oder separat als Erstausrüstung oder Ersatzteil gelieferte Halbleiterbauelemente gehandelt hat und unter Angabe der einzelnen Angebote unter Nennung der jeweiligen Angebotsmengen, Typenbezeichnung, Angebotszeiten und Angebotspreise;

sowie die Beklagten zu verurteilen, ihr über den Umfang der unter Ziffer I 1a) beschriebenen und zwischen dem 18. Juli 1992 und dem 4. Juli 1995 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses,

aus welchem der Umfang der Angebote und Verkäufe sowohl bezüglich der Halbleiterbauelemente ersichtlich sind, die die Beklagten als Erstausrüstung oder Ersatzteil an fremde Hersteller elektronischer Geräte in Deutschland oder an solche Hersteller im Ausland von Deutschland aus geliefert haben, als auch bezüglich derjenigen Halbleiterbauelemente, die die Beklagten als Bestandteil von "X"-Geräten in Deutschland oder von Deutschland aus an in oder ausländische Abnehmer angeboten oder vertrieben haben, und zwar unter Nennung

a) der jeweiligen Liefermengen unter Angabe der Typenbezeichnungen der Halbleiterbauelemente, sowie deren Lieferzeiten, Lieferpreise und Abnehmer, sowie der Angabe, ob es sich um in elektronische Geräte eingebaute Halbleiterbauelemente oder separat als Erstausrüstung oder Ersatzteil gelieferte Halbleiterbauelemente handelt,

b) der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie

c) des erzielten Gewinnes

und unter Angabe der einzelnen Angebote und der Wer-

bung unter Nennung

d) der jeweiligen Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

äußerst hilfsweise,

I. b)

festzustellen, daß die Beklagten verpfichtet sind,

dasjenige nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben, was sie dadurch erlangt haben, daß sie in der Zeit vom 16. Januar 1986 bis zum 4. Juli 1995 im Geltungsbereich des deutschen Patentes X

von der Beklagten zu 2) hergestellte Halbleiterbauelemente gewerbsmäßig in Verkehr gebracht und/oder feilgehalten haben, welche unter Anwendung eines Verfahrens zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid hergestellt worden sind, bei welchem Verfahren eine Aluminiumlegierungsschicht aus zumindestens 95 % Aluminium auf eine Isolierschicht auf einem Halbleitersubstrat aufgebracht wird, wobei die Aluminiumlegierungsschicht mit einer ätzbeständigen, ein Aluminiummuster bestimmenden Maskenschicht versehen wird, die Schichtanordnung in Gegenwart eines gasförmigen Bortrichlorids plasmageätzt wird, um jegliche Aluminiumoxid-Oberflächenschicht von der Aluminiumlegierungsschicht zu entfernen und sodann die Aluminiumlegierungsschicht bis auf die Isolierschicht herab gasgeätzt wird;

II.b)

die Beklagten zu verurteilen, ihr über den Umfang der unter der Ziffer. I. b) beschriebenen und zwischen dem 16. Januar 1986 und dem 4. Juli 1995 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus welchem der Umfang der Angebote und Verkäufe sowohl bezüglich der Halbleiterbauelemente ersichtlich sind, die die Beklagten als Erstausrüstung oder Ersatzteil an fremde Hersteller elektronischer Geräte in Deutschland oder an solche Hersteller im Ausland von Deutschland aus geliefert haben, als auch bezüglich derjenigen Halbleiterbauelemente, die die Beklagten als Bestandteil von "X"-Geräten in Deutschland oder von Deutschland aus an in oder ausländische Abnehmer angeboten oder vertrieben haben,

und zwar unter Nennung

der jeweiligen Liefermengen, aufgegliedert unter Angabe der Typenbezeichnungen der Halbleiterbauelemente, sowie deren Lieferzeiten, Lieferpreise und Abnehmer, sowie der Angabe, ob es sich um in elektronische Geräte eingebaute Halbleiterbauelemente oder separat als Erstausrüstung oder Ersatzteil gelieferte Halbleiterbauelemente gehandelt hat und unter Angabe der einzelnen Angebote unter Nennung der jeweiligen Angebotsmengen, Typenbezeichnung, Angebotszeiten und Angebotspreise.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten stellen ein Verletzung des Klagepatents in Abrede und machen geltend:

Die Klägerin habe eine patentverletzende Handlung der Beklagten zu 2) nicht dargelegt. Die Verkäufe der Beklagten zu 2) an ihre Abnehmer seien alle "X" erfolgt. Daß die Beklagte zu 2) die Beklagte zu 1) zu patentverletzenden Handlungen "bestimme", werde bestritten. Die Beklagte zu 1) vertreibe im übrigen nur Geräte.

Das patentgemäße Verfahren werde von der Beklagten zu 2) nicht angewandt. Bei der Bearbeitung von Wafern durch die Beklagte zu 2) finde nämlich kein Plasmaätzen statt. Das von der Beklagten zu 2) durchgeführte reaktive Ionenätzen und das Plasmaätzen im Sinne des Klagepatents seien grundverschieden, weshalb das RIE-Verfahren dem Klagepatent nicht unterfalle. Zum Zeitpunkt der Priorität des Klagepatents seien drei Trockenätzverfahren bekannt gewesen, nämlich das Sputterätzen ("sputter etching"), das reaktive Ionenätzen (RIE) und das Plasmaätzen. Plasmaätzen sei - wie in der von ihnen überreichten Anlage B 11 dargestellt - ein prinzipiell isotropes (ungerichtes) Ätzverfahren, bei dem keine künstliche Beschleunigung von Ionen in einer vorgegebenen Richtung erfolge. Dies stehe im Gegensatz zum RIE und sputter etching, bei denen eine Beschleunigung der Ionen in einer vorgegebenen Richtung und auch eine dadurch bedingte Trennung der Ionen des Plasmas erfolge, wobei eben die gewünschten Ionen an der zu behandelnden Oberfläche konzentriert und beschleunigt aufträfen. Das Klagepatent bringe selbst deutlich zum Ausdruck, was mit Plasmaätzen gemeint sei, nämlich ein Verfahren, bei dem keine Ionenbeschleunigung in einer vorgegebenen Richtung erfolgen solle. Das Klagepatent lehre eindeutig Plasmaätzen und verstehe darunter ein Verfahren ohne beabsichtigte zusätzliche, starke Ionenbeschleunigung. Es werde ein normales Plasmaätzen eingesetzt, bei dem ein zwar angeregtes, aber neutrales Gas mit ebenso vielen positiven wie negativen Ladungen erzeugt werde. Im Gegensatz hierzu sei das RIE-Verfahren ein solches, bei dem durch eine signifikante Spannung eine Trennung der Ionen dergestalt erfolge, daß die positiven Ionen zum zu behandelnden Material hin beschleunigt und als gerichteter, anisotroper Strahl und im wesentlichen in Abwesenheit der entgegengesetzt geladenen Ionen beschleunigt würden. Dieser Ionenbeschuß sei es, der dazu führe, daß das Ätzen des Metalls anisotrop sei. Beim RIE-Verfahren seien sowohl die Betriebsbedingungen als auch der Wirkungsmechanismus von denjenigen des Plasmaätzens grundverschieden. Insgesamt sei RIE nicht nur vom Namen, sondern auch von den entscheidenden technischen Merkmalen her etwas anderes als Plasmaätzen; Plasmaätzen und RIE hätten zum Zeitpunkt der Priorität der Patentanmeldung unterschiedliche Verfahren dargestellt.

Das Klagepatent sei ferner auch deshalb nicht verletzt, weil die Beklagte zu 2) - unstreitig - eine Aluminiumlegierung benutze und damit bei ihrem Verfahren keine Aluminiumschicht geätzt werde. Insoweit sei zu beachten, daß sich mit Aluminium schmale Leiterbahnen unter 2( (zwei Mikron) überhaupt nicht herstellen ließen. Es erfolge nämlich sog. "spiking" oder "sphering", wodurch ungewollte elektrische Verbindungen zwischen Leiterbahnen entstünden. Deshalb würden zum Ätzen von Leiterbahnen mit Abständen unter 2( niemals Aluminium, sondern Aluminiumlegierungen eingesetzt. Zum anderen könne das patentgemäße Verfahren jedoch mit Aluminium(silizium)legierungen nicht durchgeführt werden, weil bei deren Verwendung die beim Plasmaätzen zurückbleibende Siliziumschicht mit einer besonderen Ätzbehandlung entfernt werden müsse. Diese sei indes im Klagepatent nicht offenbart, und es sei im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents auch unbekannt gewesen, wie diese Rückstände beseitigt werden könnten, ohne dabei andere, das Produkt zerstörende Nachteile in Kauf zu nehmen. Aluminium und Aluminiumlegierungen verhielten sich im allgemeinen sehr unterschiedlich. Wie sich Gasätzen auf Aluminiumlegierungen auswirkt, sei 1976 unbekannt gewesen. Ein Patent könne sich nicht auf Ausführungsformen erstrecken, für die der Patentinhaber keine Offenbarung gegeben habe, die eine solche Ausführungsform durchführbar machten.

Der von der Klägerin angegriffene Ätzprozeß sei im übrigen - wie sich aus den von ihr überreichten Anlagen B 14 und B 15 ergebe - offensichtlich nahegelegt gewesen, weshalb sie den sog. Formstein-Einwand erhöben. Es sei zum Prioritätszeitpunkt des Klagepatents für den Fachmann prinzipiell bekannt gewesen, Aluminium bzw. auch sein natürliches Oberflächenoxid mit einem Plasma, das auf einem Chlor basiere, unter Verwendung von CCL4 oder CHCL3 als Chlorquelle zu ätzen. Mit Plasmaätzen von Aluminium unter Verwendung von Plasma auf Chlorbasis ließen sich Ätzvorgänge mit Aluminium durchführen, die zu Abständen von Leiterbahnen unter 2( führten. Der Fachmann habe ohne Ausübung irgendeiner erfinderischen Tätigkeit Bortrichlorid, das angegriffene Ätzmittel, verwenden können. Es sei bekannt gewesen, daß Bortrichlorid verwandt werden könne, um Oxide von Oberflächen von Teilen zu entfernen, insbesondere Aluminiumoxid von Aluminiumoberflächen. Es habe daher im Fachwissen des Fachmanns auf dem in Rede stehenden Gebiet gelegen, Aluminium oder Aluminiumoxid in der Halbleiterproduktion plasmazuätzen und die chlorierten Kohlenwasserstoffe durch ein Bortrichlorid zu ersetzen.

Schließlich habe die Beklagte zu 2) das patentgemäße Verfahren auch deshalb nicht benutzt, weil bei ihr kein zweistufiges Ätzen erfolgt sei. Anspruch 7 des Klagepatents definiere einen "Zwei-Stufen-Prozeß". In einer ersten Stufe werde jegliche Aluminiumoxidoberflächenschicht von der Aluminiumschicht durch Plasmaätzen in Gegenwart eines gasförmigen Trihalogenids entfernt. In der zweiten Stufe werde dann die Aluminiumschicht bis auf die Isolierschicht herab gasgeätzt, und zwar plasmafrei. Gasätzen stehe im Gegensatz zum Plasmaätzen; gemeint sei hiermit ein einfaches Gasätzen ohne Plasmabildung. Einen solchen zweistufigen Ätzprozeß wendeten sie, die Beklagten, jedoch nicht an.

Das Klagepatent beanspruche auch überhaupt kein Verfahren zur Herstellung eines Halbleiters. Geschützt sei lediglich ein Arbeitsverfahren, nämlich ein Oberflächenätzverfahren.

Selbst wenn man annehme, so die Beklagten weiter, daß es sich bei dem durch das Klagepatent geschützten Verfahren um ein Verfahren zur Herstellung irgendeines Erzeugnisses handele, stellten weder das Halbleiterbauelement noch Fernsehgeräte noch sonstige elektronische Geräte ein unmittelbares Erzeugnis des beanspruchten Verfahrens dar. Das beanspruchte Verfahren gehe nicht von einem Halbleiterbauelement aus, sondern beginne mit einem sog. Wafer, d. h. einer Silizium-Scheibe, die sich von dem endgültigen Halbleiterbauelement vollständig unterscheide. Nach dem Plasma-Ätzverfahrensschritt des Wafers seien zahlreiche weitere Verfahrensschritte notwendig. Das Ergebnis des Ätzverfahrens sei lediglich der geätzte Wafer. Dieser sei aber weder als solcher noch nach dem Entfernen der Photoresist-Maskenschicht verwendbar; er stelle lediglich ein Zwischenprodukt dar, welches in keiner Weise dem Endprodukt ähnele. Der geätzte Wafer könne zu nichts anderem verwendet werden, als zur kompletten Veränderung des Erzeugnisses zu einem Halbleiterbauelement. Die elektrischen Eigenschaften des Halbleiterelements seien nicht Ergebnis des Ätzverfahrens, sondern das Ergebnis des Maskendesigns. Der Photoresist auf dem Wafer bestimme das Muster der Leiterbahnen, nicht aber das Ätzen. Das Muster der Schaltungen des Halbleiters werde nämlich durch die Maske und nicht durch das Ätzen erzeugt. Die weitere Behandlung und Verarbeitung des geätzten Wafers verändere die Eigenschaften des Zwischenerzeugnisses. Erst die weiteren Verfahrensschritte und Maßnahmen führten zur Herstellung eines verwendungsfähigen Produktes.

Die Klage sei zudem auch deshalb unbegründet, weil es an einem Verschulden fehle. Sie, die Beklagten, hätten bis 1993 keine Kenntnis von dem Klagepatent gehabt. Der Hersteller von Halbleitern in Korea müsse nicht deutsche Patente überwachen, die sich auf Ätzverfahren bezögen, wenn diese nur in Korea, nicht aber in Deutschland durchgeführt würden. Die Theorien der Klägerin zur Patentverletzung seien im übrigen - was die Einordnung der Halbleiter als unmittelbare Verfahrenserzeugnisse, die Einstufung des geschützten Verfahrens als Herstellungsverfahren und die angebliche Äquivalenz zwischen Plasmaätzen von Aluminium mit Bortrichlorid und dem Reaktionsätzen von Aluminiumlegierungen mit Bortrichlorid anbelange - so weit hergeholt, daß von ihnen nicht habe erwartet werden können, das Patent zu bemerken. Es sei weltfremd zu erwarten, daß sie diese von der Klägerin angestellten Überlegungen überhaupt hätten anstellen müssen bzw. zu dem Ergebnis einer Patentverletzung hätten kommen müssen.

Die Beklagten erheben schließlich die Einrede der Verjährung sowie den Einwand der Verwirkung. Diesbezüglich tragen sie vor, daß die Klägerin das von ihr nunmehr beanstandete Verhalten nicht nur jahrelang ohne Beanstandung akzeptiert, sondern durch den Kauf von Halbbauleiterelementen sogar gefördert und unterstützt habe. Bereits 1986 habe die Beklagte zu 2) der Klägerin 1.500 Muster von Halbleitern geliefert, die die Klägerin getestet und zunächst zurückgewiesen habe. Nach Zusendung weiterer Muster seien die DRAMs von der Klägerin im Rahmen eines speziellen Prüfungs- und Qualifikationsberichtes dann gebilligt worden. Die Umsatzzahlen mit DRAMs sei von einer Million US-Dollar im Jahre 1989 auf 7,3 Millionen US-Dollar im Jahre 1993 und 16,9 Millionen US-Dollar im Jahre 1994 gestiegen. Die Klägerin habe spätestens seit 1986 exakt die Struktur und die Herstellung der Halbleiter gekannt. Durch den Prüfungs- und Qualifikationsbericht habe die Klägerin zudem umfassende technische Informationen über die von der Beklagten zu 2) erworbenen DRAMs gehabt. Der Klägerin sei in großer Ausführlichkeit mitgeteilt worden, wie die Herstellung der Halbleiterelemente erfolge. Auch habe die Klägerin gewußt, daß die Beklagte zu 2) diese weltweit verkaufe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin stehen die gegenüber den Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz, Leistung einer angemessenen Entschädigung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung zu, weil die Beklagten durch das patentgemäße Verfahren unmittelbar hergestellte Erzeugnisse im Geltungsbereich des Klagepatents gewerbsmäßig feilgehalten und in den Verkehr gebracht haben, §§ 6 Satz 1 und 2, 6a, 24 Abs. 5, 47 Abs. 2 PatG (1968), §§ 242, 259 BGB.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid. Insbesondere betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen, bei der eine Aluminiumschicht auf eine Isolierschicht auf einem Halbleitersubstrat aufgebracht wird.

Die Klagepatentschrift führt in ihrer Einleitung aus, daß Gasplasma-Ätzung gegenüber der chemischen Naß-Ätzung aus verschiedenen Gründen bevorzugt werde. Beispielsweise sei der Vorgang sauberer, er könne vereinfacht werden, wobei eine verbesserte Auflösung erzielt werden könne, es könnten giftige und Verunreinigungen verursachende Säuren und Lösungsmittel vermieden werden, und die Ätzung sei auch wirtschaftlicher.

Die Patentschrift erläutert einleitend ferner, beim Plasma-Ätzen würden Ätzmoleküle in einem HF-Plasma in chemisch aktive Radikale aufgebrochen, die mit dem zu bearbeitenden Material reagierten. Es trete ein Ätzvorgang auf, und wenn die erzeugten Reaktionsprodukte flüchtig seien, werde die Reaktion fortgesetzt, bis einer der beiden Reaktanten vollständig entfernt werde. Typische Reaktionstemperaturen seien 200 C < T < 1300 C, und es werde mit vernünftigen Geschwindigkeiten geätzt, wenn der Dampfdruck der Reaktionsprodukte etwa gleich 0,133 mbar betrage. Die Verbindungen AlBr3 und AlCl3 besäßen Dampfdruckwerte von ( 1,33 mbar bei 1000 C, so daß, was den Dampfdruck betreffe, Aluminium mit Ätzgasen, die Chlor oder Brom enthielten, ätzbar sein sollte.

Die Patentschrift gibt an, daß in der X (vgl. Anlage B 3) zum Beispiel bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen Aluminium in Gegenwart von gasförmigem Chlor plasmageätzt werde. Die Patentschrift bemängelt, daß sich - obwohl sich Aluminium selbst mit Chlor plasmaätzen lasse - herausgestellt habe, daß es wirtschaftlich nicht möglich sei, frisch präparierte Aluminiumflächen, die der Atmosphärenluft ausgesetzt seien, mit herkömmlichen Plasmaätzgasen zu ätzen, weil sich eine Oberflächenschicht von Aluminiumoxid bilde, die von diese herkömmlichen Plasmaätzgasen nicht angegriffen werde.

Hiervon ausgehend liegt dem Klagepatent das Problem ("die Aufgabe") zugrunde, ein wirtschaftlich durchführbares Verfahren zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid zu schaffen.

Zur Lösung dieses Problems schlägt der Anspruch 1 des Klagepatents vor, daß anfangs in Gegenwart eines gasförmigen Trihalogenids plasmageätzt wird. Der Unteranspruch 2 des Klagepatent lehrt, daß dabei als gasförmiges Trihalogenid zumindest teilweise ein Bortrihalogenid verwendet wird. Der Unteranspruch 3 des Klagepatents lehrt ferner die Verwendung von Bortrichlorid als Bortrihalogenid.

Die - von der Klägerin nunmehr in Kombination geltend gemachten Ansprüche 7 und 8 des Klagepatents - schlagen ferner ein Verfahren zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen mit folgenden Merkmalen vor:

1.

Es handelt sich um ein Verfahren zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen.

2.

Bei der Herstellung wird eine Aluminiumschicht (10) auf eine Isolierschicht (11) auf einem Halbleitersubstrat (23) aufgebracht.

3.

Die Aluminiumschicht (10) wird mit einer ätzbeständigen, ein Aluminiummuster bestimmenden Maskenschicht (13) versehen.

4.

Die Schichtanordnung (12 bis 13) wird zunächst in Gegenwart von gasförmigem Bortrichlorid (BCL3) als Trihalogenid plasmageätzt, um jegliche Aluminiumoxidoberflächenschicht (24) von der Aluminiumschicht (10) zu entfernen.

5.

Die Aluminiumschicht (19) wird dann bis auf die Isolierschicht (11) herab gasgeätzt.

II.

Die Beklagten haben vor dem 4. Juli 1995 in Deutschland durch das vorstehend beschriebene Verfahren nach den Ansprüchen 7 und 8 des Klagepatents unmittelbar hergestellte Erzeugnisse, nämlich Halbleiterbauelemente, entgegen § 6 PatG (1968) feilgehalten und in den Verkehr gebracht.

1.

Das erfindungsgemäße Verfahren nach der Lehre der Patentansprüche 7 und 8 ist von der Beklagten zu 2) bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen benutzt worden.

a)

Die Beklagte zu 2) hat bei der Herstellung der angegriffenen Halbleiterbauelemente zum Ätzen der Leiterbahnen unstreitig Bortrichlorid (BCL3) verwendet. Bortrichlorid ist ein Gas, weshalb ein Gasätzen im Sinne des Merkmals 1 stattgefunden hat. Der Ätzvorgang hat unstreitig auch dazu geführt, daß aus der von der Beklagten zu 2) verwandten Aluminiumlegierung die Aluminiumbestandteile herausgeätzt worden sind. Die Beklagten haben auch nicht in Abrede gestellt, daß sich auf der Aluminiumlegierungsschicht Aluminiumoxid gebildet hat, das ebenfalls mit Hilfe des Bortrichloridgases weggeätzt wurde.

b)

Die Beklagte zu 2) hat auch das Merkmal 2, wonach bei der Herstellung der Halbleiterbauelemente eine Aluminiumschicht (10) auf eine Isolierschicht (11) auf dem Halbleitersubstrat (23) aufgebracht wird, verwirklicht. Daß die Beklagte zu 2) die von ihr hergestellten Halbleiterbauelemente mit einer Aluminiumlegierungsschicht und nicht mit einer Schicht aus reinem Aluminium versehen hat, steht dem nicht entgegen.

Zwar können sich die Beklagten insoweit auf den ersten Blick darauf berufen, daß eine Aluminiumlegierungsschicht keine Aluminiumschicht ist, und das Klagepatent Legierungen nicht anspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dies jedoch nicht dazu führen, daß Aluminiumlegierungen vom Schutzbereich des Klagepatents nicht erfaßt werden. Entscheidend ist vielmehr, daß das Klagepatent vom Problem der Bildung einer Aluminiumoxidschicht bei der Plasmaätzung von Aluminium in Gegenwart von gasförmigem Chlor ausgeht. Dieses Problem tritt aber in identischer Weise auf, wenn kein reines Aluminium bzw. kein Aluminium der höchsten Reinheitsstufe - die nach dem Vortrag der Klägerin bei 99,99 % liegt -, sondern eine Legierung mit einem hohen Aluminiumprozentsatz verwendet wird, und dieses Problem wird auch in identischer Weise gelöst.

Eine Aluminiumlegierung ist ein Gemisch von Aluminiumatomen und den Atomen des Legierungsanteils, die keine Verbindungen eingehen, sondern nebeneinander angeordnet sind. Der Luftsauerstoff führt dazu, daß sich an den Aluminiumatomen Aluminiumoxid bildet. Dies ist exakt das Problem, das das Klagepatent beschreibt (vgl. Spalte 2, Zeilen 17 - 30) und das nach der Lehre des Klagepatents dadurch gelöst wird, daß anfangs in Gegenwart von Bortrichlorid plasmageätzt wird. Es liegt auch noch im Bereich des Wortsinns, bei einer Aluminiumlegierung mit einem nur geringen Silizium- oder aber Kupferanteil von einer "Aluminiumschicht" im weiteren Sinne zu sprechen.

Die Beklagte hat unstreitig eine Legierung mit einem Aluminiumprozentsatz von mindestens 95 % verwendet. Sie selbst hat von einer zu 98 % aus Aluminium und zu 2 % aus Silizium bestehenden Aluminiumlegierung gesprochen. Eine derartige Aluminiumlegierungsschicht kann begrifflich noch als Aluminiumschicht im Sinne des Merkmals 2 angesehen werden, weshalb dieses wortsinngemäß erfüllt ist.

Selbst wenn man aber entgegen der hier vertretenen Auffassung nicht von einer wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 2 ausgehen wollte, müßte die Verwendung einer Aluminiumlegierungsschicht jedenfalls - nach dem hier anzuwendenden alten Recht - als glattes Äquivalent angesehen werden. Denn der Fachmann konnte der Patentschrift aufgrund seines Fachwissens die Verwendung einer Aluminiumlegierungsschicht ohne weitere Überlegungen als eine zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe gleichwirkende Maßnahme entnehmen. Dem Durchschnittsfachmann auf dem hier in Rede stehenden Fachgebiet waren Aluminiumlegierungen bekannt. Aus dem von der Klägerin vorgelegtem Aufsatz von Learn "Evolution and Current Status of Alumiminum Metallization", erschienen in X Juni 1976 (vgl. Anlagen K 21, K 21 a), wußte der Durchschnittsfachmann auch, daß für die Ausbildung von Leiterschichten in Halbleiterbauelementen anstelle von Aluminium auch Aluminiumlegierungen, insbesondere Aluminiumsilizium- und Aluminiumkupfer- und Aluminiumkupfersiliziumlegierungen eingesetzt werden können (vgl. Anlage K 21, Seite 904 letzter Absatz). Der Fachmann sah, daß das Klagepatent das gewollte Wegätzen von Aluminium und Aluminiumoxid betrifft, und er wußte aufgrund seines Fachwissens, daß dies in gleicher Weise hinsichtlich der Aluminiumatome auch bei Aluminiumlegierungen möglich ist.

Zwar bleiben bei der Verwendung von Aluminiumlegierungen, die beispielsweise zu einem hohen Prozentsatz aus Aluminium und zu einem geringen Anteil aus Silizium bestehen, nach dem Plasmaätzen Siliziumrückstände zurück, die hiernach gesondert entfernt werden müssen. Dies liegt aber außerhalb der Lehre des Klagepatents und stellte wohl auch kein schwerwiegendes oder dem Fachmann unüberwindlich erscheinendes Problem dar. Denn in dem Aufsatz von X "Plasma Etching of Aluminum" gemäß Anlage B 9 wird nur wenige Monate nach dem Prioritätstag ausgeführt, daß nach Ätzen des AL-2%Si ein dünner Si-Rückstand verbleibe, der nach dem Ätzen durch einen kurzen Reinigungszyklus mit CF4 + 4ZO2-Plasma bequem entfernt ("conveniently removed") werde. Daß die Möglichkeit der Entfernung von Silizium schon zum Prioritätstage als möglich angesehen wurde, erscheint insoweit naheliegend. Letztlich kommt es aber gar nicht darauf an, ob das Wegätzen von Silizium - wie von der Klägerin behauptet - bereits zu diesem Zeitpunkt zum Rüstzeug des Fachmannes auf dem Gebiet der Halbleitertechnik gehörte, weil diese Problematik außerhalb der Lehre des Klagepatents liegt. Sie liegt außerhalb dessen, was Aufgabe des Klagepatents ist und wandelt das erfindungsgemäße Verfahren im übrigen auch nicht ab.

Soweit die Beklagten gegenüber der von der Klägerin - hilfsweise - geltend gemachten Äquivalenz den sog. Formstein-Einwand (vgl. BGH, GRUR 1986, 803 - Formstein) erheben, ist darauf hinzuweisen, daß es im Entscheidungsfall nicht um die Bestimmung des Schutzbereiches nach § 14 PatG 1981 geht, sondern altes Recht Anwendung findet. Hiernach können sich die Beklagten lediglich darauf berufen, daß das Klagepatent oder die als glattes Äquivalent angegriffene Ausführungsform bzw. das als glattes Äquivalent beanspruchte Verfahren vollständig im Stand der Technik bekannt gewesen sei (vgl. BGH, GRUR 1972, 597, 599 - Schienenschalter II; GRUR 1987, 280, 283 - Befestigungsvorrichtung I). Dagegen können sie sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Patentgesetz 1968 nicht damit verteidigen, das Klagepatent sei nicht fortschrittlich oder weise nicht die erforderliche Erfindungshöhe oder die als glatt äquivalent beanspruchte Ausführungsform sei durch den Stand der Technik nahegelegt (BGH, GRUR 1987, 280, 283 - Befestigungsvorrichtung I). Genau letzteres machen die Beklagten jedoch geltend, wenn sie vorbringen, der angegriffene Ätzprozeß sei offensichtlich nahegelegt gewesen. Daß er neuheitsschädlich vorweggenommen sei, behaupten die Beklagten nicht.

Soweit die Beklagten schließlich geltend machen, das patentgemäße Verfahren sei beim Einsatz von Aluminium überhaupt "nicht durchführbar" bzw. "an sich nicht funktionsfähig", können sie hiermit im Verletzungsprozeß nicht gehört werden. Im übrigen treten die von den Beklagten angesprochenen Probleme, nämlich die Absplitterungen (spiking) bei extrem dünnen Leiterbahnen aus Aluminium, jedenfalls bei der Verwendung einer Aluminiumlegierung mit einem hohen Aluminiumanteil, die unter den Schutzbereich des Klagepatents fällt, unstreitig nicht auf.

c)

In wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals 3 hat die Beklagte zu 2) die Aluminiumlegierungsschicht, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, mit einer ätzbeständigen, ein Aluminiummuster bestimmenden Maskenschicht versehen.

d)

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch das Merkmal 4 wortsinngemäß verwirklicht. Denn bei dem von der Beklagten zu 2) angewandten Verfahren ist die Schichtanordnung zunächst in Gegenwart von Bortrichlorid plasmageätzt worden, um jegliche Aluminiumoxidoberflächenschicht von der Aluminiumlegierungsschicht zu entfernen.

Diesbezüglich ist zunächst festzustellen, daß sich die zwischen den Parteien streitige Frage, ob sich das von der Beklagten zu 2) durchgeführte reaktive Ionenätzen als Plasmaätzen bezeichnen läßt, in dieser Allgemeinheit - d. h. losgelöst vom Klagepatent - nicht beantworten läßt. In Anbetracht der von den Parteien zu dieser Frage überreichten Veröffentlichungen vermag die Kammer weder eindeutig festzustellen, daß der maßgebliche Durchschnittsfachmann das reaktive Ionenätzen zum Prioritätszeitpunkt des Klagepatents bereits als eine Art oder als eine besondere Form des Plasmaätzens angesehen hat, wie dies die Klägerin geltend macht, noch vermag die Kammer umgekehrt eindeutig festzustellen, daß Plasmaätzen und RIE zum Prioritätszeitpunkt für den Fachmann gänzlich unterschiedliche Ätzverfahren darstellten, wie dies die Beklagten vorbringen.

Für das Vorbringen der Beklagten spricht zwar, daß es in der Einführung des im Mai 1976 erschienenen bzw. gehaltenen Aufsatzes/Vortrages "Reaktive Ion Etching" gemäß Anlage B 5 heißt, daß die dort genannten zwei Merkmale (anisotropes Ätzen und niedrigerer Druckbereich) RIE vom Plasmaätzen, "der anderen Form" der üblichen Trockenätzung, unterscheiden würden. Auch heißt es in der Veröffentlichung des Miterfinders X "Plasma etching in integrated circuit manufacture - a review" von Januar/Februar 1977 gemäß Anlage B 8 (S. 267; linke Spalte, vorletzter Absatz), daß es beim Plasmaätzen "im Gegensatz zum Ätzen mit reaktionsfähigen Ionen" (reactive ion etching) kein Vorspannungspotential gebe und der Druck so hoch sei, daß das Sputtern vernachlässigt werden könne; das Plasmaätzen sei somit strikt ein chemisches Verfahren. Andererseits geht aber beispielsweise aus der von der Klägerin als Anlage K 23 vorgelegten US-Patentschrit X, angemeldet am 31. Juli 1978, hervor (vgl. Spalte 1, Zeilen 37 bis 41), daß das dort definierte Plamaätzen eine Reihe von Verfahren umfasse, so zum Beispiel "reaktives Ionenätzen". In der US-Patentschrift X (vgl. Anlage K 16), die auf eine Anmeldung aus dem Jahr 1983 zurückgeht, ist ferner die Rede davon (vgl. Spalte 1, Zeilen 46 - 53), daß reaktives Ionenätzen "eine Art des Plasmaätzens" sei. In dem von der Klägerin als Anlage K 17 vorgelegten Auszug aus dem Fachbuch "X" von 1980 heißt es im Abschnitt "Plasmaetching", das Verfahren der Plasmaätzung existiere heute "in vielfältigen Formen und unter vielfältigen Namen" - Plasmaätzen, plasmaunterstütztes Ätzen, reaktives Sputterätzen, "reaktives Ionenätzen". Ferner ist in der ebenfalls von der Klägerin vorgelegten US-Patentschrift X gemäß Anlage K 18, der eine Anmeldung aus dem Jahre 1982 zugrunde liegt, davon die Rede (vgl. Spalte 2, Zeilen 5 - 15), daß von "den verschiedenen Arten von Plasmaätz-Systemen" angenommen werde, daß "reaktive Ionen-Ätz-Systeme" die bevorzugten Systeme seien. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen sprechen mithin für ihren Vortrag.

Zwar ist zu beachten, daß die Druckschriften, auf die sich die Klägerin stützt, gegenüber dem Prioritätstag des Klagepatents sämtlich nachveröffentlicht sind. Andererseits erscheint es aber auch nicht zwingend, daß man erst ab Mitte 1978 (vgl. US-Patentschrift X gemäß Anlage K 23) zu der - durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen belegten - Erkenntnis gelangt ist, daß reaktives Ionenätzen (RIE) eine Art/Form des Plasmaätzens ist. Daß man dies teilweise auch bereits im Jahre 1976 so gesehen hat, läßt sich jedenfalls nicht ausschließen.

Soweit die Beklagten sich auf die Erklärungen der Klägerin im Erteilungsverfahren zur parallelen US-Patentanmeldung sowie der parallelen japanischen Patentanmeldung gemäß Anlagen B 6 und B 7 berufen, kommt dem keine Bedeutung zu. Denn diese Erklärungen sind für das deutsche Patent, in dessen Erteilungsverfahren derartige Erklärungen nicht abgegeben worden sind, irrelevant.

Sinnvollerweise kann unter diesen Umständen deshalb nur gefragt werden, ob reaktives Ionenätzen Plasmaätzen im Sinne des Klagepatents ist. Dies ist zu bejahen.

Zunächst ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß die Klagepatentschrift das Ionenätzen nicht erwähnt und das Plasmaätzen nicht etwa als Gegenbegriff zum Ionenätzen verwendet. Vielmehr wird die Plasmaätzung der sog. chemischen Naßätzung in der Einleitung der Patentschrift gegenübergestellt und als dieser gegenüber vorteilhaft behandelt (vgl. Spalte 1, Zeilen 62 - 68). Sodann ist entscheidend, daß die Klagepatentschrift das Plasmaätzen selbst beschreibt (Spalte 2, Zeilen 1 - 7), und zwar dahin, daß beim Plasmaätzen die Ätzmoleküle in einem Hochfrequenz-Plasma in chemisch aktive Radikale aufgebrochen werden und ein Ätzvorgang auftritt. Dies ist aber auch beim reaktiven Ionenätzen der Fall, bei dem - im Gegensatz zum reinen Ionenätzen - zu dem Ionenbeschuß zusätzlich eine Reaktion zwischen chemisch aktiven Radikalen im Plasma und dem zu ätzenden Material tritt. Auch beim RIE-Verfahren wird mit Hilfe von Hochfrequenz ein Plasma erzeugt, und die Radikale des Plasmas reagieren bei der Ätzung mit dem zu ätzenden Material. Allein hierauf kommt es an, denn hieran knüpft die Lehre des Klagepatents an.

Die von den Beklagten vorgebrachten Unterschiede (vgl. Anlage B 11), nämlich daß beim reaktiven Ionenätzen ein anisotropes (gerichtetes) Ionenbombardement stattfindet, die beschleunigten Ionen mit positiver Nettoladung auf den Wafer auftreffen, eine wesentlich höhere Anregungsfrequenz vorhanden ist, der Betriebsdruck wesentlich niedriger ist und ein negatives Waferpotential erforderlich ist, stehen der Einstufung des reaktiven Ionenätzens als Plasmaätzen im Sinne des Klagepatents nicht entgegen. Denn sie betreffen sämtlich keine Gegensätze zu den Anforderungen an das erfindungsgemäße Plasmaätzen, die das Klagepatent ausdrücklich oder konkludent formuliert. Sie lassen sich vielmehr durchaus mit dem, was das Klagepatent will, vereinbaren. Dies gilt insbesondere auch für den Ionenbeschuß. Denn wenn die Klagepatentschrift sagt, daß die HF-Leistung genügend klein sein muß, um die Photoresist-Maskenschicht nicht durch Ionenbeschuß zu beschädigen (Spalte 4, Zeilen 3 - 7), läßt sich daraus kein Verbot des Ionenbeschusses herleiten, solange derselbe nicht die angesprochene nachteilige Wirkung, nämlich eine Beschädigung der Photoresist-Maskenschicht zur Folge hat. Der Patentbeschreibung ist insoweit allein zu entnehmen, daß ein solcher Ionenbeschuß vermieden werden soll, der zu einer Beschädigung der Photoresist-Maskenschicht führt. Andererseits schließt das Klagepatent damit aber nicht jeglichen Ionenbeschuß aus. Die Patentschrift sagt insoweit weder ausdrücklich noch konkludent, daß beim erfindungsgemäßen Plasmaätzen ein Ionenbeschuß schlechthin nicht stattfindet bzw. stattfinden darf. Für die gegenteilige Auffassung der Beklagten bieten weder die Patentansprüche noch die Patentbeschreibung einen Anhalt.

Hiervon ausgehend umfaßt das Plasmaätzen im Sinne des Klagepatents das von der Beklagten zu 2) zugestandenermaßen angewandte reaktive Ionenätzen, bei dem die Ionen zusätzlich absichtlich beschleunigt werden, eine Beschädigung der Photoresist-Maskenschicht durch bestimmte - hier nicht weiter interessierende Maßnahmen - aber vermieden wird. Dieser beabsichtigte zusätzliche Ionenbeschuß ändert nichts daran, daß auch beim RIE-Verfahren - wie vom Klagepatent beschrieben - Ätzgasmoleküle in einem Hochfrequenz-Plasma in chemisch aktive Radikale aufgebrochen werden, die mit dem zu bearbeitenden Material reagieren. Beim reaktiven Ionenätzen werden "nur" zusätzlich beschleunigte Ionen eingesetzt, die zusätzlich zu der chemischen Einwirkung auch noch physikalisch zu einem Abtragen des Materials führen. Hierin ist eine zusätzliche Maßnahme zu sehen, die möglicherweise Vorteile mit sich bringen mag. Patentrechtlich ist es für die Feststellung einer Patentverletzung jedoch unerheblich, ob der Verletzer zusätzlich zu den erfindungsgemäßen Maßnahmen noch weitere Maßnahmen vorsieht, die zur Verwirklichung des patentgemäßen Erfolges beitragen.

e)

Schließlich hat die Beklagte zu 2) bei der Herstellung der Halbleiterbauelemente auch das Merkmal 5, wonach die Aluminiumschicht nach dem in Merkmal 4 beschriebenen Plasmaätzen bis auf die Isolierschicht herab gasgeätzt wird, verwirklicht. Denn Anspruch 7 des Klagepatents schreibt entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Wechsel von der anfänglichen - zwingend vorgeschriebenen - Plasmaätzung zur Gasätzung ohne Plasmabedingungen zwischen der Ätzung der Aluminiumoxidoberflächenschicht und der Ätzung der darunter befindlichen Aluminiumschicht vor.

Patentanspruch 7 besagt lediglich, daß, nachdem zunächst zur Entfernung der Aluminiumoxidoberflächenschicht plasmageätzt worden ist, die Aluminiumschicht bis auf die Isolierschicht "gasgeätzt" wird. Im Gegensatz zum Patentanspruch 6, der ein plasmaloses Gasätzen lehrt, schreibt der Anspruch 7 des Klagepatents nicht vor, daß plasmalos gasgeätzt wird. Merkmal 5 verlangt lediglich ein "Gasätzen", läßt aber offen, ob nach dem Entfernen der Aluminiumoxidoberflächenschicht plasmalos oder weiter unter Plasmabedingungen gasgeätzt wird.

Das Klagepatent sieht Gasätzen und Plasmaätzen auch nicht etwa als Gegensätze an. Vielmehr ist das Gasätzen nach dem Klagepatent im Gegensatz zur abgelehnten Naßätzung zu sehen, während das Plasmaätzen eindeutig als Fall der Gasätzung betrachtet wird, was sich schon daraus ergibt, daß von einem Verfahren zur "Gasätzung von Aluminium und Aluminiumoxid" die Rede ist. In der Patentschrift wird zudem ausdrücklich gesagt (vgl. Spalte 5, Zeilen 18 - 20), daß das Aluminium nach dem Entfernen der Aluminiumoxidoberflächenschicht weiter geätzt wird, und zwar entweder unter Plasmabedingungen oder ohne solche, je nachdem, welches Ätzgas verwendet wird. In Spalte 4, Zeilen 49 bis 53 der Klagepatentschrift wird im übrigen nur zum Ausdruck gebracht, daß nach dem Entfernen der Al2O3-Oberflächenschicht durch Plasmaätzung die Aluminiumschicht auch durch Chlor ohne HF-Anregung, d. h. ohne Plasmabedingungen, geätzt werden kann. Das plasmalose Ätzen der Aluminiumschicht ist sogar "möglicherweise wünschenswert" (Spalte 4, Zeile 59), aber je nachdem, welches Ätzgas verwendet wird, kann unter Plasmabedingungen oder ohne solche gearbeitet werden (vgl. Spalte 2, Zeilen 47 - 49, und Spalte 5 Zeilen 18 - 20). Wenn Anspruch 7 des Klagepatents damit aber kein zweistufiges Verfahren vorschreibt, ist auch das Merkmal 5 von der Beklagten zu 2) verwirklicht worden.

2.

Entgegen der Auffassung der Beklagten stellen die von der Beklagten zu 2) hergestellten Halbleiterbauelemente unmittelbare Erzeugnisse des Verfahrens nach dem Anspruch 7 des Klagepatents dar.

Der Patentanapruch 7, auf den der jetzige Klageantrag der Klägerin abgestellt ist, betrifft ein Herstellungsverfahren und nicht etwa, wie die Beklagten meinen, ein bloßes Arbeitsverfahren. Hierfür spricht schon der Wortlaut des Patentanspruchs 7, der von einem Verfahren "bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen" spricht. Daß das von Anspruch 7 des Klagepatents vorgeschlagene Verfahren ein Herstellungsverfahren ist, ergibt sich auch aus der allgemeinen Beschreibung (vgl. Spalte 31 bis 42), in der es heißt, daß erfindungsgemäß ferner ein Verfahren zum Gasätzen von Aluminium und Aluminiumoxid bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen vorgeschlagen wird. Es kann deshalb nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, daß der unter Anwendung des Verfahrens nach dem Anspruch 7 des Klagepatents geschaffene sog. Wafer (Platine) ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis im Sinne des - hier anwendbaren - § 6 Satz 2 PatG (1968) ist. Daß dem so ist, sehen letztlich wohl auch die Beklagten so, wenn sie vortragen, "das unmittelbare Erzeugnis des beanspruchten Ätzverfahrens sei ein geätzter, unfertiger Siliziumwafer, kein Halbleiterbauelement" (vgl. Bl. 211 d. A.).

Entgegen der Auffassung stellt aber auch das aus dem Wafer entstehende Halbleiterbauelement ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis im Sinne des § 6 Satz 2 PatG (1968) dar.

Zwar sollte, worauf die Beklagten zutreffend hinweisen, mit der Einfügung des Begriffs "unmittelbar" in den Gesetzeswortlaut eine deutliche Einschränkung des Schutzes der Verfahrenserzeugnisse erreicht werden. Durch diese Formulierung wird klargestellt, daß nicht schon eine einfache Kausalbeziehung ausreicht, daß es für einen Erzeugnisschutz mithin nicht schon genügt, wenn das geschützte Verfahren an beliebiger Stelle des Herstellungsprozesses nur irgendwie zum Einsatz gekommen ist. Andererseits läßt sich jedoch weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus dem Sinn und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ableiten, daß ein Gegenstand schon durch jegliche weitere Be- oder Verarbeitung seine Eigenschaft verlieren müßte, "unmittelbares" Erzeugnis des geschützten Verfahrens zu sein (OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.9.1977 - 2 U 148/76 -, zitiert bei Bruchhausen, GRUR 1979, 743). Der patentrechtlichen Einordnung als "unmittelbares" Verfahrenserzeugnis kann nicht entgegenstehen, daß ein verfahrensgemäß hergestellter Gegenstand nachträglich noch einer mehr oder weniger nebensächlichen oder selbstverständlichen weiteren Behandlung unterworfen wird. Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner vorzitierten Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, wäre der Schutz des § 6 Satz 2 PatG (1968) wegen allzu leichter Umgehungsmöglichkeit bei einer derartigen Auslegung der Vorschrift praktisch wertlos und die Vorschrift könnte ihren Zweck nicht erfüllen, dem Erfinder den seiner Leistung angemessenen Schutz zu schaffen. Hiervon ausgehend vermag die Kammer auch nicht der Auffassung zu folgen, wonach die fertige Sache nicht als unmittelbares Verfahrenserzeugnis anzusehen sein soll, wenn das geschützte Verfahren nur der Herstellung eines Zwischenproduktes dient (vgl. RGSt 42, 357, 358). Auch in derartigen Fällen muß das fertige Erzeugnis als "unmittelbares" Verfahrenserzeugnis angesehen werden, wenn es von den wesentlichen Eigenschaften des Zwischenproduktes noch unmittelbar beeinflußt und so stark geprägt wird, daß der Verkehr das Zwischenprodukt und das Fertigerzeugnis identifiziert (vgl. hierzu Kammer, Urt. v. 21.3.1961 - 4 O 333/60 -, zitiert bei von Pechmann, GRUR 1962, 7, 8; von Pechmann, GRUR 1977, 377, 378; Klauer-Möhring, Patentgesetz, 3. Aufl., § 6 Rdnr. 137; siehe hierzu ferner Beier/Ohly, GRUR Int. 1996, 973 ff).

Dies trifft aber für das Verhältnis Wafer - Halbleiterbauelement zu. Denn das Halbleiterbauelement unterscheidet sich in seinen relevanten, durch das erfindungsgemäße Ätzverfahren bedingten Eigenschaften von dem Zwischenprodukt Wafer nicht. Der (zerteilte) Wafer ist in dem Chip prinzipiell erhalten. Die aus dem Wafer entstehenden Halbleiterbauelemente werden durch ihre funktionellen Eigenschaften und Leistungsdaten geprägt. Diese funktionellen Eigenschaften und Leistungsdaten werden durch die Abmessung und Lage der Leiterbahnen, deren Breite unstreitig unter 2 µm liegt, bestimmt. An den Leiterbahnen und deren Verlauf wird nach der Herstellung des Wafers nichts mehr geändert. Die extreme Miniaturisierung und Leitungsgeschwindigkeit der fertigen Halbleiterbauelemente der Beklagten ist damit unmittelbare Folge des patentgemäßen Plasmaätzverfahrens, dem die vertikal geradlinig verlaufenden Wände der Leiterbahnen bzw. des Materialabtrages zu verdanken sind.

3.

Das Feilhalten und Inverkehrbringen der von der Beklagten zu 2) hergestellten Halbleiterbauelemente im Inland stellt, auch wenn diese im Ausland hergestellt worden sind, eine Patentverletzung dar, § 6 Satz 2 PatG (1968).

Die Beklagte zu 2) hat die ihr von der Beklagten zu 1) gelieferten Halbleiterbauelemente jedenfalls dadurch in Deutschland feilgehalten und in den Verkehr gebracht, daß sie unstreitig mit den angegriffenen Halbleiterbauelementen ausgestattete Elektronikprodukte - insbesondere Fernseher - hier angeboten und vertrieben hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte zu 1) diese Geräte (auch) ins europäische Ausland geliefert hat oder ihre diesbezüglichen Angebote (auch) im europäischen Ausland zugegangen sind. Auch hierin liegen Benutzungshandlungen im Inland (vgl. hierzu Kammer, GRUR 1970, 550 - Diazepam).

Durch den Einbau der Halbleiterbauelemente in die von der Beklagten zu 1) vertriebenen Elektronikgeräte haben die Halbleiterbauelemente nicht aufgehört, "unmittelbare Verfahrenserzeugnisse" zu sein.

Wenn in diesem Zusammenhang die Ansicht vertreten wird, der notwendige Zusammenhang mit dem Herstellungsverfahren

werde unterbrochen, wenn das unmittelbare Verfahrenserzeugnis zum "unselbständigen Bestandteil" eines neuen Ganzen wird (vgl. hierzu RGZ 39, 23, 34/35), kann dies jedenfalls nicht so verstanden werden, daß das unmittelbare Verfahrenserzeugnis seine Eigenschaft als solches verliert, wenn es durch Einbau im zivilrechtlichen Sinne Bestandteil einer Sache wird. Denn wenn das patentgeschützte Verfahren zu einem Erzeugnis führt, das in der Gesamtsache unterscheidbar existent bleibt und durch Erfüllung einer spezifischen Aufgabe deren Zweck dauerhaft dient, wäre es unbillig und nicht gerechtfertigt, dem Bestandteil die Einbeziehung in den Verfahrensschutz zu versagen (vgl. Bernhardt/Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, 4. Aufl., S. 565). Sinnvollerweise kann es deshalb nur darauf ankommen, ob das unmittelbare Verfahrenserzeugnis in der Gesamtsache unterscheidbar vorhanden bleibt, ob es eine gewisse Selbständigkeit behält, was insbesondere der Fall sein wird, wenn es ohne Schwierigkeit und ohne (nennenswerte) Beschädigung wieder getrennt werden kann (demgemäß hat etwa das KG nach einem patentierten Verfahren hergestellte witterungsbeständige Dachdecken für Eisenbahnwagen auch nach ihrer Befestigung auf diesen als unmittelbare Verfahrenserzeugnisse angesehen, GRUR 1936, 743). Dies trifft jedoch auf die in Elektrogeräte eingebauten Halbleiterelemente, die für deren Funktionsfähigkeit notwendig sind, zu. Sie können jederzeit ohne Beschädigung des Elektrogerätes ausgebaut und durch neue Chips ersetzt werden.

Da die Beklagte zu 1) - deren Geschäftsgegenstand unwidersprochen die Einfuhr, die Ausfuhr und der Vertrieb von Halbleitern und Telekommunikationsprodukten und sonstigen elektronischen Komponenten und Systemen in Europa ist - durch den Vertrieb der in "X"-Elektronikgeräte eingebauten Halbleiterbauelemente das Klagepatent verletzt hat, kann dahinstehen, ob die Beklagte zu 1) daneben in Deutschland bzw. von Deutschland aus auch Halbleiterbauelemente als Einzelteile angeboten und vertrieben hat, was die Beklagten erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung konkret in Abrede gestellt haben.

Die Beklagte zu 2) hat die beanstandeten Halbleiterbauelemente in Deutschland dadurch in den Verkehr gebracht, daß sie ihre Tochtergesellschaft, die Beklagte zu 1), mit diesen belieferte. Hierzu kommt es nicht darauf an, ob die Ware im Inland oder im Ausland in die Verfügungsgewalt des Abnehmers der Beklagten zu 2) übergegangen ist. Denn jedenfalls sind die Handlungen der Beklagten zu 2) darauf gerichtet gewesen, daß die Halbleiterbauelemente an die in Deutschland ansässige Beklagte zu 2) geliefert werden und hier angeboten werden und in den Verkehr gelangen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte zu 2) die Halbleiterbauelemente direkt an die Beklagte zu 1) verkauft hat, wofür ihr eigenes schriftsätzliches Vorbringen spricht (vgl. Bl. 270 d. A.) oder - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - zunächst an eine nicht näher bezeichnete Handelsfirma in Korea verkauft hat, die diese dann an die Beklagte zu 1) verkauft hat. Entscheidend ist allein, daß die Halbleiterbauelemente unstreitig von vornherein zielgerichtet und bestimmungsgemäß an die Beklagte zu 2) geliefert werden und hier in den Verkehr gelangen sollten.

Daß die Beklagte zu 2. ihre Produkte "X" (vgl. Anlage B 1) verkaufte bzw. lieferte, enthob sie nicht ihrer patentrechtlichen Verantwortlichkeit. Denn die Klausel "FOB" (free on board) besagt nur, daß die Versendung nicht auf Kosten und Verlustgefahr des Verkäufers erfolgt und hat nur im Verhältnis der Vertragsparteien Bedeutung. Für die Rechtsbeziehung zwischen dem Verletzer und dem Patentinhaber ist eine solche Klausel aber irrelevant.

III.

Die sich aus der Verletzung des Klagepatents ergebenden Ansprüche der Klägerin sind weder gemäß § 48 PatG (1968) verjährt noch nach § 242 BGB verwirkt.

Es kann nicht festgestellt werden, daß die Klägerin bereits in einem hierfür relevanten Zeitraum hinreichend genaue Kenntnis von dem von der Beklagten zu 2) konkret angewandten Herstellungsverfahren und dem Umstand hatte, daß die Beklagten nach diesem Verfahren hergestellte Erzeugnisse auch in Deutschland feilhielten und in den Verkehr brachten. Zwar hatte die Klägerin in den Jahren 1989 bis 1993 größere Mengen von Halbleiterbauelementen von der Beklagten zu 2) erworben, die sie in die USA bzw. nach Kanada importierte und in eigene Geräte einbaute. Daß sie aufgrund dieser Geschäftsbeziehung wußte, wie diese Chips von der Beklagten zu 2) hergestellt wurden, haben die Beklagten aber nicht substantiiert dargetan. Soweit die Beklagten vorgetragen haben, die Klägerin habe spätestens seit 1986 aufgrund eines speziellen Prüfungs- und Qualifikationsberichtes exakt die Struktur und Herstellung der Halbleiter gekannt, ist ihr Vorbringen völlig vage. Insbesondere haben sie den angesprochenen Bericht nicht zu den Akten gereicht. Völlig unsubstantiiert ist ihr Vorbringen auch, soweit sie behaupten, der Klägerin sei in großer Ausführlichkeit mitgeteilt worden, wie die Herstellung der Halbleiterelemente erfolge. Die Beklagten tragen weder vor, wann, noch wo, noch durch wen dies geschehen sein soll.

Soweit die Klägerin anfänglich vorgetragen hat, Miniaturisierungen, wie sie bei den angegriffenen Halbleiterbauelementen der Beklagten vorhanden seien, ließen sich nur nach dem patentgemäßen Verfahren verwirklichen, vermag dies das Vorbringen der Beklagten hinsichtlich einer frühzeitigen Kenntnis der Klägerin von dem von der Beklagten zu 2) angewandten Herstellungsverfahren nicht zu stützen. Denn dieser anfängliche Vortrag der Klägerin ist erkennbar vage gewesen und konnte von ihr auch nicht belegt werden. Die Beklagten haben das diesbezügliche Vorbringen zudem in Abrede gestellt und ausgeführt, daß sich mit Plasmaätzen auf Chlorbasis Ätzvorgänge mit Aluminium durchführen lassen, die zu Abständen von Leiterbahnen unter zwei Mikron führen. Die Klägerin hat denn auch eingeräumt, daß sich Ätzungen von extrem kleinen Leitergrößen auch mit gasförmigem Siliziumtetrachlorid durchführen lassen. Wenn dem aber so ist, kann aufgrund des Abstandes der Leiterbahnen unter 2 µm bei den Halbleiterbauelementen der Beklagten nicht gefolgert werden, daß die Klägerin aufgrund dieses Umstandes von der Anwendung des patentgemäßen Verfahrens hatte oder auch nur haben mußte.

Die Beklagten haben damit nicht nachzuweisen vermocht, daß die Klägerin zu einem relevanten Zeitpunkt eine hinreichend genau Kenntnis hatte oder auch nur haben mußte. Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Klägerin diese Kenntnis erst im Rahmen des in den USA geführten Rechtsstreits erlangt hat, weshalb die Beklagten sich weder mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung noch auf den Einwand der Verwirkung berufen können.

IV.

Aus der Verletzung des Klagepatents ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.

Da die Beklagten der Vorschrift des § 6 PatG (1968) zuwider eine Erfindung benutzt haben, sind sie der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet, § 47 Abs. 2 PatG (1968). Gemäß § 840 BGB haften sie als Gesamtschuldner.

In diesem Zusammenhang ist die Kammer entsprechend dem Rechnungslegungsbegehren der Klägerin davon ausgegangen, daß die Klägerin Schadensersatz nur in dem ihr gesetzlich zustehenden Umfang verlangt und hat entsprechend den Bestimmungen des Erstreckungsgesetzes für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 das Gebiet der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen auf die Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt.

Die Beklagten haben schuldhaft gehandelt. Denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Die Beklagte zu 2) durfte die von ihr hergestellten Halbleiterbauelemente nicht ohne sorgfältige Prüfung der für ihr Fachgebiet geltenden deutschen Schutzrechtslage importieren oder importieren lassen. Als hochspezialisiertes Großunternehmen, das sich mit großem Erfolg mit dem weltweiten Vertrieb von Halbleiterbauelementen befaßte, war sie hierdurch auch nicht überfordert. Nichts anderes gilt für die Beklagte zu 1). Auch sie war gehalten, die Schutzrechtslage zu überprüfen. Denn als Fachunternehmen, das Importprodukte einkaufte, mußte es ihr bekannt sein, daß ausländische Hersteller häufig keine Veranlassung sehen, die Schutzrechtslage selbst zu überprüfen. Dies war ihr auch nicht etwa unzumutbar. Die Beklagten hätten bei gehöriger Prüfung des Sachverhalts die Patentverletzung auch erkennen können. Daß sie im fraglichen Zeitraum trotz Prüfung der Schutzrechtslage davon ausgegangen sind, das Klagepatent nicht zu verletzen, haben die Beklagten im übrigen nicht vorgetragen, so daß dahinstehen kann, wie ein diesbezüglicher Irrtum rechtlich zu bewerten wäre.

Da es hinreichend wahrscheinlich ist, daß der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Entsprechendes gilt für den sich aus § 24 Abs. 5 PatG (1968) ergebenden Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) auf Leistung einer angemessenen Entschädigung für die Benutzung des Gegenstandes der Patentanmeldung, von der die Beklagte zu 2) jedenfalls hätte wissen müssen.

Soweit die Beklagten geltend machen, der Klägerin könne kein Schaden entstanden sein, weil diese das Klagepatent in Deutschland selbst nicht nutze, sondern an diesem lediglich Lizenzen erteile, übersehen sie, daß hier jedenfalls eine von ihnen zu zahlende Schadensersatzlizenz in Betracht kommt. Auch ist nicht auszuschließen, daß sich die Benutzungshandlungen der Beklagten negativ auf die Höhe der von den Lizenznehmern der Klägerin aufgrund der Lizenzverträge an die Klägerin zu zahlenden Lizenzgebühren ausgewirkt hat und der Klägerin hierdurch ein Schaden entstanden ist.

2.

Außerdem sind die Beklagte zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

Zur Klarstellung weist die Kammer in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Beklagte zu 1) die Verpflichtung zur Rechnungslegung und Auskunftserteilung selbstverständlich erst ab dem Zeitpunkt ihrer Gründung und der Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit im Jahre 1987 trifft.

Die Einräumung eines Wirtschaftsprüfervorbehaltes haben die Beklagten nicht beantragt. Sofern sich aus ihrem Vorbringen ein entsprechendes Begehren ergeben sollte, besteht hiernach jedenfalls kein Anlaß, ihnen zu gestatten, in die Auskunftserteilung und Rechnungslegung einzuschalten. Besondere Gründe, die dies zur Wahrnehmung der Verhältnismäßigkeit erforderlich erscheinen lassen würden, haben die Beklagten nicht dargetan.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 100 Abs. 4 ZPO. Soweit in den geänderten Anträgen der Klägerin eine konkludente Klagerücknahme liegt, sieht die Kammer von einer Kostenbeteiligung der Klägerin ab. Dies gilt insbesondere auch insoweit, als die Klägerin mit ihrer Klage ursprünglich den Patentanspruch 1 geltend gemacht hat. Denn die Klägerin hat wirtschaftlich gesehen ihr ursprüngliches Klageziel erreicht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 10 Millionen DM.

Dr. Meier-Beck

Fricke

Brückner-Hofmann






LG Düsseldorf:
Urteil v. 06.01.2012
Az: 4 O 246/95


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0f6c774c58c9/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_6-Januar-2012_Az_4-O-246-95




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share