Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 3. Mai 2007
Aktenzeichen: 2a O 57/02

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, den Domainnamen „solingen.info“ zu verwenden und/oder an einen Dritten zu übertragen;

2.

gegenüber der Registrierungsstelle Afilias Ltd. auf den Domainnamen „solingen.info“ zu verzichten.

3.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 28.000,- € vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Großbank anerkannten deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin trägt als Stadt den Namen "Solingen". Sie ist Inhaberin der Domain "solingen.de". Die Beklagte ist Inhaberin der Domains "solingeninfo.de" und "solingen.info". Unter beiden Domains bietet sie Informationen über die Klägerin und die Region Solingen an. Es ist eine Webseite aufrufbar, auf der unter der Überschrift "www.Solingen-INFO.de - Interessantes und Regionale Informationen rund um Solingen" Werbeanzeigen für verschiedene Bereiche, wie Handwerk, Handel, Industrie und ähnliches zu finden sind. Außerdem befindet sich dort ein Link zu der Internetadresse der Klägerin "solingen.de".

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, dass diese es unterlässt, den Domainnamen "solingen.info" zu verwenden und /oder an einen Dritten zu verkaufen. Außerdem begehrt sie, dass die Beklagte gegenüber der Registrierungsstelle auf den Domainnamen "solingen.info" verzichtet.

Sie trägt vor, die Beklagte verletze durch Registrierung und Benutzung der Domain "solingen.info" ihr Namensrecht. Durch den Gebrauch des Namens "Solingen" ohne weiteren Zusatz entstehe eine Zuordnungsverwirrung. Der Internetnutzer erwarte bei Aufrufen der Domain "solingen.info" Angaben von ihr und nicht die Webseite eines Privatunternehmers.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte zu verurteilen,

1.

es zu unterlassen, den Domainnamen "solingen.info" zu verwenden und/oder an einen Dritten zu übertragen;

2.

gegenüber der Registrierungsstelle Afilias Ltd. auf den Domainnamen "solingen.info" zu verzichten;

3.

anzuordnen, der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das gerichtliche Verbot ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,-€, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die Klage sei unzulässig. Ihr könne die Übertragung der Domain an einen Dritten nicht untersagt werden, weil insbesondere Dritte aus dem In- oder Ausland Rechte an der Domain geltend machen könnten und sie unter Umständen in Vollziehung eines ausländischen Urteils verpflichtet sein könnte, die Domain zu übertragen.

Eine Namensverletzung liege nicht vor. Orts- und Städtenamen seien geographische Angaben und damit beschreibend. Die von ihr verwendete Bezeichnung "solingen.info" sei als geographische Kennzeichnung zu verstehen. Es handele sich lediglich um eine Namensnennung und nicht um einen Namensgebrauch. Unter der streitbefangenen Domain würden keine Informationen von der Klägerin, sondern über die Klägerin erwartet. Eine Zuordnungsverwirrung werde dadurch ausgeschlossen, dass deutlich gemacht werde, dass sie und nicht die Klägerin Urheberin und Herausgeberin des Internetportals sei.

Im übrigen stehe ihr an der Bezeichnung "solingeninfo" Werktitelschutz zu, weil sie unter der Domain "solingeninfo.de" seit 1997 ein Portal mit Informationen über die Stadt und Region Solingen betreibe. Der Werktitelschutz erstrecke sich auch auf die Benutzung der Bezeichnung "solingen.info".

Die Klägerin sei als Betreiberin der Domain "solingen.de" marktbeherrschend. Die Geltendmachung von Rechten an weiteren First-Level-Domains mit der Second-Level-Domain "solingen" sei eine mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung und behindere sie unbillig, §§ 19, 20 GWB.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist insbesondere insoweit zulässig, als die Klägerin begehrt, dass der Beklagten untersagt wird, die Domain "solingen.info" an einen Dritten zu übertragen. Dass die Beklagte vor einem anderen, insbesondere ausländischen Gericht auf Übertragung der streitigen Domain in Anspruch genommen wird, hat sie nicht vorgetragen. Die bloße theoretische Möglichkeit, dass einem Dritten Rechte an der Domain "solingen.info" zugesprochen werden bzw. die Beklagte zur Übertragung verurteilt werden könnte, begründet die Unzulässigkeit der Klage jedenfalls nicht. Im übrigen ist die Frage, ob die Klägerin der Beklagten die Übertragung an einen Dritten untersagen kann, eine Frage der Begründetheit der Klage.

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Domain "solingen.info" zu, § 12 BGB.

Der Klägerin steht ein Namensrecht an der Bezeichnung "Solingen" zu. Sie führt diese Bezeichnung als ihren Namen, nämlich als Bezeichnung, die geeignet ist, sie von anderen Städten zu unterscheiden, und nicht lediglich als geographische Angabe.

In der Verwendung der Bezeichnung "solingen" als Second-Level-Domain durch die Beklagte, der keine Namensrechte an dieser Bezeichnung zustehen, liegt eine Namensanmaßung (BGH shellde, WRP 2002, 694,697; Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., Rdn. 21 zu § 12). Die Beklagte verwendet die Bezeichnung "solingen" nicht lediglich als geographische Angabe, sondern namensmäßig, indem sie diese in Alleinstellung als Internetadresse benutzt. Wenn auch dem Domainnamen Registrierungsfunktion zukommt, so hat dieser doch auch Kennzeichnungsfunktion (OLG Hamm - krupp.de NJW 1998, 909 f). Denn mit diesem wird die unter der Domainadresse registrierte Person oder das unter der Domainadresse auftretende Unternehmen von anderen abgegrenzt.

Die weiteren Voraussetzungen für den aus § 12 BGB unter dem Gesichtspunkt der Namensanmaßung folgenden Unterlassungsanspruch, dass die Beklagte unbefugt den Namen der Klägerin benutzt, dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöst und schutzwürdige Interessen der Klägerin verletzt, liegen ebenfalls vor.

Der Beklagten steht kein Recht an der Bezeichnung "Solingen" zu. Sie führt diese Bezeichnung nicht als Namen. Ihr steht an dieser Bezeichnung kein Werktitelschutz zu, § 5 Abs. 3 MarkenG, mit der Folge sich unter dieser Bezeichnung in Alleinstellung im Internet registrieren lassen zu können. Dabei kann unentschieden bleiben, ob die Beklagte für die Bezeichnung "solingeninfo" durch das Betreiben eines Portals mit Informationen über die Klägerin und die Region Solingen im Internet Werktitelschutz erlangt hat. Allenfalls an der Bezeichnung "solingeninfo" mag Werktitelschutz bestehen. Diese Bezeichnung ist nicht mit dem Namen der Klägerin identisch. Er enthält zusätzlich den Bestandteil "info". Dabei ist gerade im Internet exakt zwischen den einzelnen Bezeichnungen zu unterscheiden. Dem Benutzer des Internets ist bewußt, dass die Vergabe von Bezeichnungen als Second-Level-Domain begrenzt ist und daher etwaige Zusätze in den Bezeichnungen der Second-Level-Domains zu anderen Inhabern der jeweiligen Domains führen können. Der etwaige Werktitelschutz an der Bezeichnung "solingeninfo" erstreckt sich daher nicht auf das Recht, sich unter der Second-Level-Domain "solingen" registrieren zu lassen. Daraus, dass es sich vorliegend um die Top-Level-Domain "info" handelt, folgt nichts anderes. Es besteht ein gravierender Unterschied zwischen einer Second- und einer Top-Level-Domain. Die angesprochenen Verkehrskreise, die Benutzer des Internets, unterscheiden zwischen Second- und Top-Level-Domains. Ihnen ist bei Eingabe der Bezeichnung "solingeninfo.de" bewußt, dass es sich bei der Angabe "info" um einen Bestandteil der Second-Level-Domain handelt und erkennen den Unterschied zu der Bezeichnung "info" als Top-Level-Domain.

Mit der Verwendung des Domainnamens "solingen.info" verletzt die Beklagte das schutzwürdige Interesse der Klägerin an der ungestörten Führung ihres Namens. Domains, die ausschließlich durch die Bezeichnung einer Stadt gebildet werden, legen für den Benutzer nahe, dass diese für die jeweilige Stadt registriert sind. Die damit gegebene Zuordnungsverwirrung wird nicht dadurch ausgeräumt, dass der Internetbenutzer auf der Homepage alsbald bemerkt, dass es sich nicht um die Webseite des Namensträgers handelt (BGH - shell.de, a.a.O.). Eine Zuordnungsverwirrung mag dann nicht gegeben sein, wenn die Bezeichnung einer Stadt nicht in Alleinstellung, sondern mit einem Zusatz verwendet wird. Dann mag durch Verwendung des Namens einer Stadt als Bestandteil einer Kennzeichnung für den Internetbenutzer erkennbar ein geographischer Bezug hergestellt werden. Darum geht es aber vorliegend nicht.

Das gegebene Interesse der Klägerin, dass sie sich unter ihrer Bezeichnung in Alleinstellung im Internet präsentiert, entfällt nicht dadurch, dass sie Inhaberin der Domain "solingen.de" ist. Sie hat ein berechtigtes Interesse daran, dass sie bei Einführung weiterer Top-Level-Domains auch insoweit ihren Namen als Second-Level-Domain verwenden kann.

Nach § 12 BGB kann die Klägerin Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Das beinhaltet, dass die Beklagte die Domain "solingen.info" nicht verwenden darf, gegenüber der Registrierungsstelle auf die Domain verzichtet und auch, dass die Beklagte es unterläßt, die Domain auf einen Dritten zu übertragen. Letzteres deswegen, weil die Klägerin andernfalls der Gefahr ausgesetzt ist, dass die Beklagte durch eine Übertragung an Dritte den gegebenen Anspruch der Klägerin unterlaufen könnte. Denn anders als bei den Top-Level-Domains "de" besteht nach dem nicht bestrittenen Vorbringen der Klägerin bei den Top-Level-Domains "info" nicht die Möglichkeit eines sog. Dispute-Eintrags, der ihr ermöglichte, die Übertragung der Domain auf einen Dritten zu verhindern.

Dem Begehren der Klägerin stehen keine kartellrechtlichen Vorschriften entgegen, §§ 19,20 GWB. Die Inanspruchnahme der Ausschließlichkeit an der Bezeichnung "Solingen" folgt aus dem Namensrecht der Klägerin und verstößt nicht gegen das Kartellrecht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 25.000,- €






LG Düsseldorf:
Urteil v. 03.05.2007
Az: 2a O 57/02


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