Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. April 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 273/00

(BPatG: Beschluss v. 09.04.2002, Az.: 27 W (pat) 273/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. April 2000 insoweit aufgehoben, als die angemeldete Marke für die Dienstleistungen "Telekommunikation" zurückgewiesen wurde.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung als Marke für "Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" angemeldet ist die Bezeichnung ProRaid Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes wegen bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen und offen gelassen, ob ihr auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Zur Begründung ist ausgeführt, die angemeldete Wortkombination bestehe aus dem im EDV-Bereich für "professionell" gebräuchlichen Kurzform "pro" und der durch Binnengroßschreibung abgesetzten Abkürzung "Raid", die die Bedeutung "redundante Ansammlung von unabhängigen (bzw preisgünstigen) Festplatten" habe. Im Hinblick auf die beanspruchten Waren weise die angemeldete Marke mithin darauf hin, dass es sich um "professionelle Raid-Technik" handele. Die Verwendung der angemeldeten, beschreibenden Angabe müsse auch Mitbewerbern unbenommen bleiben. Zumindest bestehe ein Freihaltungsbedürfnis für den zukünftigen Gebrauch.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint unter Hinweis auf die PROTECH-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 1995, 408, 409), einem aus zwei Abkürzungen mit beschreibendem Inhalt zusammengesetzten Markenwort, das als solches nicht als bekannt nachweisbar sei, könne die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Die angemeldete Marke werde im Verkehr nicht als beschreibende Sachangabe benutzt. Für ein zukünftiges Freihaltebedürfnis müssten konkrete Tatsachen festgestellt werden; diese seien im Hinblick auf die angemeldete Bezeichnung nicht ersichtlich. Zwar handele es sich bei dem Begriff "RAID" um die allgemein übliche Abkürzung für "Redundant Array of Independent Disks" bzw für "Redundant Array of Inexpensive Disks". Angemeldet sei aber nicht "RAID", sondern "ProRaid". Dieser Begriff sei eintragungsfähig, denn "Pro" könne verschieden verstanden werden, insbesondere im Sinne von "für", "je", "professionell" und "Profi". Das zeige sich auch daran, dass sowohl eine Marke "RAID-Pro" wie auch die Marken "ProTV" und "PRODV" eingetragen worden seien. Hinsichtlich der letztgenannten Marke habe das OLG München in einem Urteil ausdrücklich ausgeführt, dass dieser normale Kennzeichnungskraft zukomme.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nur zum Teil, und zwar hinsichtlich der Dienstleistungen "Telekommunikation" begründet. Im übrigen war sie zurückzuweisen, da die angemeldete Marke für die weiter beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine diese unmittelbar beschreibende, freihaltebedürftige Angabe darstellt (§ 8 Abs 2 Ziff 2 MarkenG) und die Anmeldung daher insoweit von der Markenstelle zu Recht von der Eintragung zurückgewiesen wurde (§ 37 Abs 1 MarkenG).

Die angemeldete Bezeichnung stellt ein aus den beiden Bestandteilen "Pro" und "Raid" zusammengesetztes Markenwort dar, wobei - anders als in der von der Anmelderin als ihrer Ansicht nach vergleichbares Beispiel benannten Marke "PRODV" - durch die Großschreibung des Buchstaben "R" in der Mitte des Begriffs beide Bestandteile deutlich voneinander abgesetzt sind. Hierdurch wird den angesprochenen Verkehrskreisen bewusst gemacht, dass es sich um einen aus den vorgenannten Abkürzungen zusammengesetzten Gesamtbegriff und nicht um eine beliebige Buchstabenfolge handelt. Insoweit ist die vorliegende Anmeldung nicht mit der Marke "PRODV" vergleichbar, denn dort wird eine bestimmte Trennung der Buchstabenfolge gerade nicht nahegelegt.

Das "R" in der Mitte der angemeldeten Marke legt nahe, bei der Wahrnehmung dieser Bezeichnung die beiden Teile "Pro" und "Raid" begrifflich zu trennen, und macht bewusst, dass es sich um eine Kombination aus diesen beiden Begriffen handelt. Von der Anmelderin wird nicht bestritten, dass "RAID" die allgemein übliche Abkürzung für "Redundant Array of Independent Disks" bzw für "Redundant Array of Inexpensive Disks" handelt, wobei es sich - auch dies wird von der Anmelderin nicht in Zweifel gezogen - beide Male um ein und das selbe handelt, nämlich um die Kombination mehrerer Festplatten.

Die Vorsilbe "Pro" führt entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht dazu, den Gesamtbegriff insgesamt mehrdeutig zu machen. Denn - anders als bei dem der PROTECH-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (aaO) zugrundeliegenden Sachverhalt - wird im EDV-Bereich "Pro" regelmäßig als Abkürzung von "professionell" bzw "Profi" verstanden, wobei letzteres wieder ein Kurzwort für "Professional" ist (Duden, Rechtschreibung, 20. Aufl 1991), also für das dem Adjektiv entsprechende Substantiv. Die Silbe "pro" bezeichnet auf diesem Waren- und Dienstleistungssektor regelmäßig eine für den professionellen Einsatz vorgesehene, "professionelle" Hard- oder Software.

Bei dem angemeldeten Begriff in seiner Gesamtheit handelt es sich um einen die Beschaffenheit der zum Bereich der EDV gehörenden Waren und Dienstleistungen mithin unmittelbar beschreibende Bezeichnung, deren Benutzung frei von Verbietungsrechten auch Mitbewerbern der Anmelderin offen stehen muß und die gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung als Marke ausgeschlossen ist.

Die angemeldete Bezeichnung wird auch neben der Anmelderin bereits von verschiedenen Anbietern für die vorgenannten RAID-Systeme in beschreibender Form benutzt, wie die der Anmelderin übersandten Ergebnisse der Internet-Recherche des Senats belegen. So verwendet die Firma i-RAID ProRAID für RAID-

Systeme unter dem Oberbegriff "The New RAID Storage World Professional Solution" (www.iraid.com.tw). Die Firma CETI benutzt ProRAID für bestimmte RAID-Systeme mit besonders qualifizierten technischen Eigenschaften (www.ceti.com/html/raid.html). Die Firma Broadax Systems verwendet ProRAID für das so benannten ProRAID Industrial Rackmount RAID Chassis mit dem Zusatz "Professional RAID" (www.bsicomputer.com/industrial/chassis/rmsraid/ rms_intro.htm). Der Anbieter MDI verwendet ebenfalls ProRAID für besonders leistungsfähige RAID-Systeme (www.mdi.com/CompanyINFO/pressroom 2001/01_2_1.asp), ebenso die Firma Transoft Networks (www.transoft.net/vid/right/ products/proraid [bzw. proraidv] .html).

Zwar handelt es sich bei diesen Anbietern zum größten Teil um Firmen mit Sitz in den USA. Dies führt gleichwohl nicht dazu, dass diese Verwendungsnachweise nicht zu berücksichtigen sind. Denn durch die von deutschen Internet-Nutzern aufrufbaren Seiten wird belegt, dass an besonders leistungsfähigen RAID-Systemen interessierte Personen unter der angemeldeten Bezeichnung gerade solche RAID-Systeme finden, dh dass ProRaid als prägnanter beschreibender Begriff hierfür verstanden wird. Dann muß es aber auch Mitbewerbern der Anmelderin möglich sein, frei von Rechten Dritter mit diesem Begriff darauf hinzuweisen, dass auch ihre Erzeugnisse derartige Eigenschaften aufweisen.

Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin, soweit es um "Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" ging, zurückzuweisen. In Bezug auf Telekommunikationsdienstleistungen ist ein beschreibender Inhalt des Begriffs "ProRaid" dagegen nicht ersichtlich, so dass die Beschwerde insoweit erfolgreich war.

Dr. Schermer Richter Schwarzkann wegen Ur-

laubs nicht unter-

schreiben.

Dr. Schermer Friehe-Wich Pü






BPatG:
Beschluss v. 09.04.2002
Az: 27 W (pat) 273/00


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