Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 18. Juli 2007
Aktenzeichen: VI-2 U (Kart) 11/05

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 18.07.2007, Az.: VI-2 U (Kart) 11/05)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen vom 30. September 2005 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

819.701,00 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 17. Januar 2005,

3.342.353,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2005,

sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 44.418,00 Euro vom 17. Januar 2005 bis zum 21. Oktober 2005

zu zahlen.

Die weitergehende Zahlungsklage wird abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass die Entgeltabrede in § 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags über die Überlassung von Teilneh-merdaten (DaRed-Vertrag) vom 1. Februar 2004 in der Fassung der Vertragsänderung vom 4. August 2004 nichtig ist.

Im Übrigen wird die Feststellungsklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)

A.

Die Klägerin betreibt einen telefonischen Auskunftsdienst unter der Rufnummer ….. und bietet Auskunftsdienstleistungen an.

Die Beklagte ist Deutschlands führendes Telefonkommunikationsunternehmen. Sie bot Sprachtelefondienste auf der Basis selbst betriebener Telekommunikationsnetze an und betrieb außerdem einen Telefonauskunftsdienst. Ende 2005 verfügte sie über mindestens 36 Millionen Teilnehmeranschlüsse. Die Tochtergesellschaft der Beklagten, die … GmbH (… GmbH), unterhielt einen eigenen telefonischen Auskunftsdienst unter einer 0190er-Nummer und gab in Zusammenarbeit mit regionalen Telefonbuchverlagen Telefonverzeichnisse in Print-Form (z.B. "Das Telefonbuch", ein deutschlandweit flächendeckendes und überregionales Telefonverzeichnis, bestehend aus 124 Bänden, die "Weißen Seiten", das regionale Branchenverzeichnis Gelbe Seiten, Das Örtliche, das den jeweiligen Regionalbereich abdeckt, ein Telefaxverzeichnis, etc.) heraus.

Die Beklagte errichtete und unterhielt Datenbanken. Die Kundendatenbank ANDI beinhaltete die Basisdaten, die die Beklagte im Rahmen der Vertragsschließung über einen Telefonanschluss von dem Kunden erlangte, also den Namen des Anschlussinhabers, die Anschrift, Wohnort und Postleitzahl sowie die zugeteilte Telefonnummer. Darüber hinaus enthielt sie zusätzliche Kundendaten wie die Teilnehmerart, Titel sowie Vertragsdaten (Geburtsdatum, Rechnungsadresse, Rückrufnummer, Abbuchungsangaben, wie z. B. Konto, Kontoinhaber, Bankleitzahl, Buchungskonto). Die Datenbank DaRed beruhte auf der Kundendatenbank der Beklagten ANDI. Sie diente der Beklagten dazu, Teilnehmerdaten für Verzeichnisse und Auskunftsdienste bereit zu stellen. Die Beklagte nutzte die Datenbank DaRed auch für ihren eigenen Telefonauskunftsdienst und stellte die Daten ihrer Tochtergesellschaft, der ... GmbH, unter anderem zum Zwecke des Betriebes des eigenen Auskunftsdienstes und der Herausgabe von Telefonbüchern zur Verfügung. Auf Antrag beziehen Telefonnetzbetreiber (Lizenznehmer) und Dritte die Teilnehmerdaten von der Beklagten. Die später in DaRed (Datenredaktion) umbenannte Datenbank BUDI war eine sogenannte Offline-Datenbank (die Daten wurden auf einem Datenträger zur Verfügung gestellt, einschließlich der Möglichkeit, Daten im Internet online herunterzuladen). Die Datenbank enthielt sogenannte Grunddaten, aber auch Zusatzdaten über die Teilnehmer. Die Grunddaten (5 Datenfelder) stellte die Beklagte nur gemeinsam mit den Zusatzdaten (70 Datenfeldern) zur Verfügung. Zusätzlich enthielt die Datenbank Exklusivdaten, die ausschließlich der Tochtergesellschaft der Beklagten zur Verfügung gestellt werden. Ferner wurden in die Datenbank DaRed von Mobilfunkdienstleistern und anderen Teilnehmernetzbetreibern der Beklagten kostenlos zur Verfügung gestellte Daten eingestellt.

Das Bundeskartellamt betrieb unter anderem wegen überhöhter Entgelte bei der Teilnehmerdatenüberlassung gegen die Beklagte ein Missbrauchsverfahren (Az. B 7 -76/98; Anlage B 9). Das Amt stellte das Verfahren durch Verfügung vom 13. Januar 1999 (Anlage B 10) ein, nachdem die Beklagte sich bei teilweiser Abänderung durch Schreiben vom 22. Dezember 1998 der Abmahnung vom 2. November 1998 (Anlage B 9) unterworfen hatte. Auf den Inhalt der Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 22. Dezember 1998, wie sie sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 2006 (KZR 29/05, Umdruck S. 5 = WuW/E DE-R 1829, 1830), ergibt, wird Bezug genommen. Dies führte zu einer Ermäßigung der für das Zurverfügungstellen von Teilnehmerdaten (auch) von der Klägerin zu leistenden Entgelte. Bis zum Ende des Jahres 2002 legte die Beklagte auf Grund der Einstellungsverfügung des Bundeskartellamts vom 13. Januar 1999 (Anlage B 9) in Verbindung mit der Unterwerfungserklärung vom 22. Dezember 1998 jährlich Kosten in Höhe von 176 Mio. DM (89,9 Mio. €) für die Überlassung von Standardteilnehmerdaten und ab dem 1. Januar 2003 auf Grund einer in einem weiteren Missbrauchsverfahren ergangenen Einstellungsverfügung vom 18. September 2003 (Anlage K7) insgesamt 49,0 Mio. € im Jahr auf Datenabnehmer um.

Diese Summen beinhalteten die jährlichen Kosten für die DaRed-Datenbank einschließlich Abschreibungen, Zinsen, Betriebs- und Wartungskosten und Datenbankentwicklungskosten, abzüglich der Kosten für die Exklusivdaten, die allein den Tochterunternehmen der Beklagten zur Verfügung gestellt wurden, die Pflegekosten für den Datenbestand in der DaRed-Datenbank, gekürzt um die Pflegekosten für die Exklusivdaten und die Überlassungskosten in Form von Kosten für die Auftragsabwicklung, die Datenbereitstellung und Fakturierung sowie die Kosten für das Management, die Kundenbetreuung und die Auftragsannahme.

Am 3./6. Dezember 1999 schlossen die M... GmbH und die Beklagte einen Vertrag (Anlage B1) über die Bereitstellung von Teilnehmerdaten durch eine Online-Zugriffsmöglichkeit auf ihre Auskunftsdatenbank DaRed über die Suchmaschine NDIS (National Directory Inquiry System). Dieser Vertrag wurde durch eine Vereinbarung zwischen der M... GmbH und der Beklagten vom 22. Mai 2001 (Anlage B2) aufgehoben und durch einen am selben Tag zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen NDIS-Vertrag (Anlage K1) ersetzt. Die im NDIS-Vertrag verabredeten Entgelte waren abhängig von der Anzahl der vorkommenden Nutzungen. Im NDIS-Vertrag vom 3./6. Dezember 1999 (Anlage B1) war als Preis pro entgeltpflichtige Transaktion 0,0533 € netto zuzüglich einer Bereitstellungspauschale in Höhe von 3.853,60 € zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Auf den Inhalt der Aufhebungsvereinbarung und den Inhalt des NDIS-Vertrags wird Bezug genommen. Diesen NDIS-Vertrag kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 19. Dezember 2002 (Anlage K2) zum 31. März 2003.

Am 28. März 2003 unterzeichneten die Parteien einen NDIS-Vertrag (Anlage K6) und vereinbarten einen Preis für die Anbindung an das NDIS-Auskunftssystem pro Call von 0,2002 € zuzüglich Umsatzsteuer und einen monatlichen Grundpreis von 3.853,60 € zuzüglich Umsatzsteuer. Auf den Inhalt des Vertrages wird Bezug genommen.

Ab dem 1. Oktober 2003 - nach Abschluss des zweiten Missbrauchsverfahrens - verlangte die Beklagte pro "Call" nur noch einen Gesamtpreis von 0,1261 € (vgl. Anlage K15: Rechnung v. Oktober 2003), bestehend aus 0,0887 € für die Überlassung der DaRed-Teilnehmerdaten zuzüglich eines Nutzungsentgeltes von 0,0374 €. Die Klägerin kündigte diesen NDIS-Vertrag mit Schreiben vom 17. Dezember 2003 zum 31. März 2004 (Anlage K8).

Im Februar 2004 schlossen die Parteien einen Vertrag (Anlage K11) über die Offline-Überlassung der Teilnehmerdaten aus der Datenbank DaRed. Pro Nutzungsfall vereinbarten sie einen Preis von 0,0887 € zuzüglich Umsatzsteuer. Die Beklagte unterschied in § 4 des Vertrages zwei Nutzungskategorien, nämlich die telefonische Auskunftserteilung und die Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen (Telefonbüchern). Die im DaRed-Vertrag verabredeten Entgelte waren abhängig von der Anzahl der vorkommenden Nutzungen, insbesondere bei der Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen von der Höhe der Auflage und bei der Auskunftserteilung von der Anzahl der Zugriffe. Kosten, die für die Übermittlung bzw. den Transport der Teilnehmerdaten zum Kunden anfallen, sollten gesondert berechnet werden. Auf den Inhalt des Vertrages (Anlage K11) wird Bezug genommen. Dieser Vertrag wurde mittels eines Änderungsentwurfes vom 4. August 2004 (Anlage K12) von der Beklagten an zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderungen angepasst. Bis einschließlich März 2004 (Anlage K 8) nutzte die Klägerin das System NDIS der Beklagten zur Teilnehmerdatenabfrage parallel zur Datenbank DaRed. Ab Mitte 2004 nutzte sie das System der Beklagten nicht mehr, da sie eine eigene Software besaß.

Durch Urteil vom 25. November 2004 entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Rs. C -109/03) unter anderem, dass nach Maßgabe des einschlägigen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 98/10/EG vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs der Universaldienstanbieter für die Überlassung von Teilnehmerdaten (ONP-Richtlinie) nur die Kosten für das tatsächliche Zurverfügungstellen dieser Daten an Dritte in Rechnung gestellt werden können.

Mit Beschluss vom 17. August 2005 (Anlage BE 5) verfügte die Bundesnetzagentur eine Absenkung der von der Beklagten gegenüber den Abnehmern von Teilnehmerdaten abrechenbaren jährlichen Überlassungskosten um ca. 98 % von 49 Mio. € auf 770.000 €. Als anerkennungsfähige Gesamtkosten im Sinne des § 47 TKG n.F. sah die Bundesnetzagentur die Kosten der Auftragsabwicklung, Datenbereitstellung, das Management Datenredaktion, die Kundenbetreuung und Auftragssteuerung, die Fakturierung zzgl. eines Sicherheits- und Erheblichkeitszuschlags von jeweils 10 % an.

Die Klägerin hat mit der am 17. Januar 2005 zugstellten Klage - gestützt auf schadensersatzrechtliche Anspruchsgrundlagen - die Rückzahlung von ihr selbst und der M... GmbH geleisteter Zahlungen an die Beklagte in Höhe von insgesamt 4.445.000 € wegen der Nutzung des Online-Anschlusses NDIS in der Zeit vom Juni 2000 bis April 2004 und wegen der Offline-Nutzung der Daten der Datenbank DaRed ab Mitte 2004 bis Ende 2004 verlangt. Ferner hat sie den Ersatz entgangener Zinsen sowie die Feststellung "der Nichtigkeit" der in § 4 des DaRed-Vertrags in der Fassung der Vertragsänderung zum Vertrag über die Überlassung von Teilnehmerdaten vom 4. August 2004 enthaltenen Entgeltabrede begehrt.

Da das Urteil des EuGH weiter geht als die Unterwerfungserklärung der Beklagten gegenüber dem Bundeskartellamt, hat die Klägerin sich zu ihren Gunsten einen Schadensersatzanspruch für den Zeitraum von Juni 2000 bis Dezember 2004 in Höhe von 4.126.054 € netto (Anlage K 14) auf der Grundlage der Rechnungen der Beklagten (Anlagenkonvolut 15) ermittelt. Ferner hat sie sich einen Zinsschaden in Höhe von 260.612,00 € (Anlage K16 und K17) unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 2,5 % berechnet. Sie hat ihren Leistungsantrag in der Klageschrift jedoch nur mit 4.422.666 € (Bl. 20 GA I) beziffert.

Sie ist der Ansicht gewesen, bei richtlinienkonformer Auslegung des in § 12 TKG a.F. enthaltenen Begriffes "angemessenes Entgelt" habe die Beklagte bei der Überlassung von Teilnehmerdaten nur die bloßen, für das Zurverfügungstellen der Daten entstehenden Kosten in Rechnung stellen dürfen. Insbesondere habe die Beklagte für die Nutzung der überlassenen Daten nichts, sondern nur ein Entgelt berechnen dürfen, das sich an den Kosten der effizienten Bereitstellung im Sinne von § 12 TKG a.F. orientierte. Anderslautende Entgeltabreden seien wegen Verstoßes gegen ein bei richtlinienkonformer Auslegung in § 12 TKG a.F. zu erkennendes gesetzliches Verbot nichtig.

Sie hat behauptet, die M... GmbH habe mit einer Ergänzungsvereinbarung vom 20. Dezember 2001 (Bl. 196 GA I) zur Aufhebungsvereinbarung vom 22. Mai 2001 (Anlage B 2) sämtliche Ansprüche aufgrund des NDIS-Vertrages vom 3./6.12.1999 aus dem Zeitraum vom 6. Dezember 1999 bis zum 22. Mai 2001 an sie, die Klägerin, abgetreten. Sie habe die Abtretung angenommen. Ferner sei sie im Wege der Abspaltung aus der M... GmbH als deren Tochtergesellschaft hervorgegangen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, einen Betrag von 4.445.00,00 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte

nicht berechtigt ist, die Entgelte gemäß § 4 des DaRed-Vertrages zwischen den Parteien in der Fassung der Vertragsänderung zum Vertrag über die Überlassung von Teilnehmerdaten vom 4. August 2004 von der Klägerin zu fordern, verpflichtet ist, auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 44.418 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit seit dem 4. Januar 2005 bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Eine Rechtsnachfolge und/oder eine Abtretung haben nicht stattgefunden.

Die Beklagte ist den Rechtsansichten der Klägerin entgegengetreten. Sie hat die Entgeltgestaltung sowohl für ihre NDIS-Verträge als auch für ihren DaRed-Vertrag im Wesentlichen wie folgt verteidigt: Die Klägerin sei als Dritte im Sinne von § 12 Abs. 2 TKG a.F. anzusehen, der für die Überlassung von Teilnehmerdaten ein angemessenes und nicht nur ein an den Kosten orientiertes Entgelt habe in Rechnung gestellt werden dürfen. Abgesehen davon sei die Entgeltregelung, die im Verfahren vor dem Bundeskartellamt ermittelt worden sei, auch für die Klägerin und die Zivilgerichte verbindlich. Die von ihr umgelegten Kosten seien nicht überhöht, sondern untersetzt. Die von der Klägerin vertretene Auslegung des § 12 TKG messe der Richtlinie 98/10/EG überdies eine Bedeutung zu, die auf eine unzulässige Richtliniengeltung zwischen Privaten hinauslaufe. Unabhängig davon würden dadurch ihre, der Beklagten, Urheberrechte an der Datenbank verletzt. Ungerechtfertigt bereichert sei sie nicht, denn sie habe urheberrechtsschutzfähige Leistungen erbracht. Im Übrigen habe die Klägerin in Kenntnis einer Nichtschuld geleistet. Etwaig abgetretene Ansprüche der M... GmbH seien durch die Aufhebungsvereinbarung vom 22.05.2001 untergegangen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei aktivlegitimiert, weil die in der Aufhebungsvereinbarung vom 22.5.2001 (Anlage B2) enthaltene Klausel, mit der die Parteien, sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag für erloschen erklären, der vorliegende streitgegenständlichen Art nicht erfasse. Die Beklagte verfüge als Teilnehmernetzbetreiberin auch über eine besonders starke Marktstellung auf dem Markt für Teilnehmerdaten, die durch das kostenlose Zurverfügungstellen der Daten der anderen Mobilfunknetz- und Festnetzbetreiber noch verstärkt werde. Die Beklagte sei lediglich berechtigt, die Kosten des tatsächlichen Zurverfügungstellen der Teilnehmerdaten in Rechnung zu stellen. § 12 TKG sei ungeachtet seines Wortlauts richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie ONP II 98/10/EG sei der Entgeltmaßstab insoweit vorgegeben, als nur die Kosten einer effizienten Bereitstellung verlangt werden dürften. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts wird Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage weiterverfolgt.

Unter Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Vortrags ergänzt die Beklagte ihr Vorbringen im Wesentlichen wie folgt:

Sie verteidigt die von ihr erhobenen Entgelte, die Maßstäbe und die in Ansatz gebrachten Bemessungsfaktoren. Die Beklagte beruft sich insoweit u.a. auf einen Grundrechtsschutz. Der Behauptung der Klägerin, zu einer Nutzung der NDIS-Datenbank und Suchmaschine faktisch gezwungen gewesen zu sein, tritt sie entgegen. Die Forderung auf Erstattung von Nutzungszinsen hält sie für unschlüssig. Kartellrechtliche Schadensersatzforderungen sind nach ihrer Meinung aus prozessualen und sachlichen Gründen nicht gegeben. Unabhängig davon behauptet die Beklagte, die Klägerin habe angeblich überhöhte Überlassungsentgelte - insbesondere einen Schaden ausschließend - gegenüber ihren Kunden weiterberechnet.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass eine Abtretung der Ansprüche aus dem Vertrag vom 6. Dezember 1999 der M... GmbH an die Klägerin erfolgt sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

hilfsweise beantragt sie zu b), die Beklagte zu verurteilen, auf die verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 44.418,00 € Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitpunkt des Eingangs der Gerichtskosten bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.

Die Klägerin vertieft und ergänzt ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Sie sei aufgrund von Rahmenbedingungen, welche die Beklagte gesetzt habe, während der Geltung des NDIS-Vertrages faktisch dazu gezwungen gewesen, Teilnehmerdaten online durch eine Nutzung des NDIS-Portals der Beklagten zu beziehen, mit der Folge, dass die Beklagte nur die entsprechenden Kosten für eine Nutzung der von DaRed - unter Anwendung eines kostenorientierten Maßstabes - habe in Rechnung stellen dürfen. Die Rechtslage nach dem NDIS-Vertrag (Online-Bereitstellung) und DaRed-Vertrag (Offline-Zugang) sei mithin gleich zu beurteilen. Missbräuchlich habe die Beklagte ferner durchgesetzt, dass in jeder NDIS-Leistungsbeziehung die missbräuchlich überhöhten DaRed-Preise als zwingend zu beziehende und gesondert zu bezahlende Vorleistungskosten zu entrichten waren.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 6. Juni 2007 Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet. Sie hat nur einen Teilerfolg.

I. Die Klage ist nach dem Leistungsantrag im Wesentlichen begründet.

1. a) Die Klägerin ist auch hinsichtlich der Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche der M... GmbH aus der Zeit vom 6. Dezember 1999 bis zum 22. Mai 2001 aktivlegitimiert. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin im Wege der Abspaltung aus der M... GmbH hervorgegangen ist, wie die Klägerin in erster Instanz behauptet hat. Die Klägerin ist aus abgetretenem Recht materiell berechtigt, die der M... GmbH aus dem NDIS-Vertrag vom 6. Dezember 1999 zustehenden Ansprüche im eigenen Namen auf Grund des Abtretungsvertrages vom 20. Dezember 2001 (Bl. 196 GA) zu beanspruchen. Zur Substantiierung ihres diesbezüglichen Vortrages hat die Klägerin - nach dem zulässigen Bestreiten der Beklagten der Abtretung mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 1, 4 ZPO) - in erster Instanz eine Ablichtung der Abtretungsvereinbarung vorgelegt (Bl. 196 GA). Der Inhalt der Urkunde bestätigt den Vortrag der Klägerin (§ 138 Abs. 1 ZPO).

Das ungeachtet dessen auch in zweiter Instanz aufrechterhaltene Bestreiten der Abtretung mit Nichtwissen durch die Beklagte erforderte eine Beweiserhebung mittels Urkundenbeweises nicht, weil das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen nicht (mehr) erheblich war. Auch aus anderen Gründen bedurfte es der Führung des Urkundenbeweises durch Vorlage der Privaturkunde nicht. Die Privaturkunde begründet zwar den vollen Beweis für die Abgabe der beurkundeten Erklärung durch den Aussteller (§ 416 ZPO). Sie beweist als solche nicht die inhaltliche Richtigkeit der in ihr abgegebenen Erklärungen. Es spricht jedoch eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Vertragsurkunde. Die Beklagte hat die Richtigkeit und Vollständigkeit der Urkunde nicht in Abrede gestellt. Die Beklagte hat - auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung - ferner nicht erklärt, sie bestreite die Echtheit der Privaturkunde oder den Errichtungszeitpunkt der Urkunde.

b) Die an die Klägerin wirksam abgetretenen schadensersatzrechtlichen und bereicherungsrechtlichen Ansprüche der M... GmbH gegen die Beklagte aus dem Vertrag vom 6. Dezember 1999 waren nicht auf Grund der Aufhebungsvereinbarung vom 22. Mai 2001 (Anlage B2) untergegangen. Dort heißt es wie folgt:

1. Die Parteien kommen überein, den zwischen ihnen geschlossenen Vertrag über eine Anbindung an das Telekom-Auskunftssystem NDIS zum Betrieb einer operatorgestützten Auskunft vom 6.12.1999 aufzuheben.

2. Die Aufhebung des Vertrages erfolgt nur unter Bedingung, dass der oben genannte Vertrag zwischen der Telekom und 11883 Telecom GmbH wirksam zustandegekommen und in Kraft getreten ist. Die Aufhebung wird erst zu dem Zeitpunkt wirksam, an dem der neue Vertrag in Kraft tritt. Kommt der neue Vertrag nicht wirksam zustande oder erweist er sich im Nachhinein als nichtig, entfaltet die vereinbarte Aufhebung keine Wirkung. In diesem Fall läuft der Vertrag zwischen der Telekom und der M… vom 06.12.1999 auf unbestimmte Zeit zu seinen bisherigen Konditionen weiter.

.....

4. Die Abwicklung von zum Aufhebungszeitpunkt noch offenen Zahlungsansprüchen erfolgt nach den vertraglichen Zahlungsbedingungen.

5. Im übrigen erklären die Parteien alle Ansprüche aus dem oben genannten Vertrag mit dem Zeitpunkt der Aufhebung für erloschen.

Zwar ist unter Ziffer 5 der Aufhebungsvereinbarung zwischen der M... GmbH und der Beklagten vereinbart worden, dass "alle" (vertraglichen und gesetzlichen) Ansprüche aus dem Vertrag vom 6. Dezember 1999 mit dem Zeitpunkt der Aufhebung des Vertrages erloschen sein sollen. Der Wortlaut der Ziffer 5 ("alle Ansprüche") erfasst damit alle gegeneinander bestehenden bekannten oder unbekannten Ansprüche der Vertragsparteien. Dies gilt jedoch nicht für die zu diesem Zeitpunkt bereits entstandenen und auf diesem Vertragsverhältnis beruhenden schadensersatz- und bereicherungsrechtliche Sekundäransprüche, die der M... GmbH gegen die Beklagte zustehen, da es sich hierbei um Zahlungsansprüche im Sinne der Ziffer 4 handelt. Zwar sollte nach dem Willen der Vertragsparteien die Ziffer 4 in erster Linie die noch offenen Zahlungsansprüche der Beklagten gegen die Klägerin erfassen. Dieses Verständnis ist zwar durch die Bezugnahme auf die "vertraglichen Zahlungsbedingungen" nahegelegt. Der Wortlaut erfasst jedoch auch auf Zahlung gerichtete Sekundäransprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Vertragsverhältnis. Die Formulierung grenzt gerade nicht die Abwicklung noch offener Zahlungsansprüche auf diejenigen Ansprüche ein, die allein der Beklagten gegen die Klägerin zustehen, sondern erfasst auch (primäre und sekundäre) Zahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte, gleichgültig auf welchem Rechtsgrunde diese beruhen. Die Vergütung sollte sich für den abgelaufenen Zeitraum nach dem "alten" Vertrag richten.

2. Die Beklagte hat der Klägerin den ihr und der M... GmbH entstandenen Schaden aufgrund der in der Zeit vom 6. Dezember 1999 bis 30. April 2004 von der Klägerin und der M... GmbH geleisteten Zahlungen ohne Umsatzsteuer gemäß §§ 33, 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB in der Fassung der 6. GWB-Novelle zu ersetzen. Die Beklagte hat in diesem Zeitraum für die Offline-Nutzung der Daten aus der Datenbank DaRed überhöhte, nicht der Regelung des § 12 TKG a.F. entsprechende Entgelte verlangt und die M... GmbH und die Klägerin dadurch faktisch zu dem Abschluss von NDIS-Verträgen veranlasst, die sie nicht eingegangen wären, hätte die Beklagte für die Offline-Nutzung der Datenbank DaRed nur in Übereinstimmung mit § 12 TKG a.F. die Kosten des tatsächlichen Zurverfügungstellens verlangt.

a) Für den streitgegenständlichen Anspruchszeitraum vom 6. Dezember 2001 bis 30. April 2004 ist die Schadensersatzforderung auf die Tatsachenfeststellungen im Verwaltungsverfahren B 7 - 76/98 des Bundeskartellamts zu stützen, die in der Abmahnung vom 2. November 1998 zusammengefasst worden sind, soweit sie für den Klagezeitraum relevant sind. Die Klägerin hat sich darauf ausdrücklich berufen (vgl. Schriftsatz vom 23.05.2005, Bl. 167 ff. GA).

(1.) Die Beklagte war auf dem Markt für die Überlassung von Teilnehmerdaten im Jahre 1998 marktbeherrschend im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2 GWB. Das geht aus den Feststellungen des Bundeskartellamts hervor (Abmahnung S. 9, 38 ff, 42 f., 50). Beim sachlich relevanten Markt handelt es um den Markt für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten für Zwecke der Erbringung von Auskunftsdienstleistungen. Der Markt ist bundesweit abzugrenzen. Wie außer Streit steht, verfügte die Beklagte aufgrund dessen, dass sie Sprachtelefondienstleistungen an die Öffentlichkeit in einem seit langem bestehenden Festnetz (bis zum 31. Dezember 1999 gestützt auf ein gesetzliches Monopol) vertrieb, um die Jahreswende 1997/1998 über etwa 40 Mio. Teilnehmerdatensätze. Dies entsprach einem Marktanteil von deutlich mehr als 90 %. Die Klägerin war beim Betrieb ihres Telefonauskunftdienstes infolgedessen auch in den Jahren 1999 bis 2004 und ist bis heute noch davon abhängig, von der Beklagen mit Teilnehmerdaten beliefert zu werden. Die Beklagte verfügt - nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - noch über einen Marktanteil von mindestens 90 %. Auf diesem Markt war die Beklagte keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt, mindestens nimmt sie aber eine überragende Marktstellung ein. Andere Unternehmen (Netzbetreiber im Fest- und Mobilfunknetz) verfügten nicht über eine vergleichbare Zahl an Datensätzen (von über 40 Mio.) wie die Beklagte noch über Daten einer entsprechenden Aktualität. Auf dem (nachgelagerten) Markt der Versorgung der Öffentlichkeit mit Sprachtelefoniedienstleistungen (Telekommunikationsmarkt) lag der Marktanteil der Beklagten in den Jahren 2000 bis 2003 strukturbedingt noch deutlich über 90 %, denn sie hatte und hat das größte Festnetz, stellte mit ca. 36 Mio. die meisten Teilnehmeranschlüsse (vgl. XIV. Hauptgutachten der Monopolkommission 2000/2001, S. 49 unter Ziffer 2. und XV. Hauptgutachten der Monopolkommission 2002/2003, S. 88 unter Nr. 53). Die Beklagte gelangte damit an die meisten Teilnehmerdaten. Im Termin vom 06. Juni 2007 hat die Beklagte ihre marktbeherrschende Stellung auf diesem Markt auch nicht in Abrede gestellt. Dabei war und ist die Beklagte - ebenso wie ihre Tochtergesellschaft, die ... GmbH, deren Marktanteile die Beklagte sich in entsprechender Anwendung der §§ 36 GWB, 17, 18 AktG zurechnen lassen muss, - auf dem Markt für telefonische Auskunftsdienste tätig und hat auf diesem Markt ebenfalls eine marktbeherrschende Stellung. Ihr Marktanteil bei den Auskunftsdiensten lag 1997 bei mehr als 90 %. Auch insoweit beruft sich die Beklagte nicht auf eine namhafte Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Vielmehr bestätigt ihr Vortrag, im Jahre 2003 sei der Hauptteil der DaRed-Kosten von 44,4 Mio. € auf ihre Tochtergesellschaft entfallen, die Annahme ihrer marktbeherrschenden Stellung.

(2.) Die Beklagte missbrauchte ihre marktbeherrschende Stellung auf dem bundesweit abzugrenzenden Markt der Teilnehmerdaten durch die Gestaltung des Entgeltes für die Herausgabe der Daten. Der notwendige Kausalzusammenhang zwischen Marktbeherrschung und missbräuchlichen Verhaltens liegt vor. Auf Grund ihrer marktbeherrschenden, zumindest aber überragenden Marktstellung auf dem Markt für die Überlassung von Teilnehmerdaten für Zwecke der Erbringung von Auskunftsdienstleistungen unterlag die Beklagte keiner Verhaltenskontrolle bei der Gestaltung ihrer Preise durch den Wettbewerb. Dadurch wurden die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen - zu denen auch die Klägerin zu zählen ist - in einer für den Wettbewerb erheblichen Weise auf dem bundesweit abzugrenzenden nachgelagerten Markt für Auskunftsdienste ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt (§ 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 GWB). Die Beklagte hat die Klägerin durch ihre Preisgestaltung faktisch dazu gezwungen, die benötigten Teilnehmerdatensätze online mittels des Suchprogramms NDIS zu recherchieren und nicht offline aus der Datenbank BUDI/DaRed zu beziehen.

Die wettbewerbliche Beeinträchtigung erfolgte auf dem Markt der Bereitstellung von Teilnehmerdaten zum Zwecke von Telefonauskunftsdienstleistungen. Sie wirkte sich auf den nachgelagerten Markt für die Erbringung solcher Auskunftsdienste, auf dem die Beklagte und ihre Tochtergesellschaft, die ... GmbH, mit der Klägerin in einem aktuellen Wettbewerbsverhältnis stehen. Für die Beantwortung der Frage, ob der Wettbewerb im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB beeinträchtigt wird, kommt es nicht auf die individuelle Wettbewerbssituation desjenigen Marktteilnehmers an, der den Anspruch geltend macht. Sie ist nur insofern von Bedeutung, als sie die allgemeinen Wettbewerbsmöglichkeiten auf dem betreffenden Markt beeinflusst (vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2003 - KZR 38/02, Umdruck 9, WuW/E DE-R 1210-1213 - Strom und Telefon II). Zur Darlegung der erheblichen wettbewerblichen Beeinträchtigung wird auf die nachstehenden Ausfühungen unter (3.) verwiesen.

(3.) Die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung ihrer Preisbildung für die Offline-Nutzung der Datenbank DaRed nicht mit Erfolg auf § 12 Abs. 1, 2 TKG a.F. (1996) berufen. Danach ist ein Lizenznehmer, der, wie die Beklagte, Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, verpflichtet, auf Anforderung anderen Lizenznehmern, die Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten, oder Dritten u.a. zum Zweck der Aufnahme eines Auskunftsdienstes Teilnehmerdaten in kundengerechter Form zugänglich zu machen. Dafür kann nach dem Wortlaut der Norm von Sprachtelefondienstleistern ein Entgelt erhoben werden, das sich an den Kosten der effizienten Bereitstellung orientiert. Dritten kann ein angemessenes Entgelt in Rechnung gestellt werden. Die Norm soll sicherstellen, dass Lizenznehmern, die Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten, und Dritten im Sinn der angestrebten Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes die Daten von Telefonanschlussinhabern von denjenigen Sprachtelefondienstleistern auf Ersuchen zugänglich gemacht werden (vgl. BT-Drs. 13/3609, S. 40).

§ 12 TKG a.F. bezweckt, auch soweit er sich über das Entgelt für die Überlassung von Teilnehmerdaten an Dritte verhält (zum Charakter der Vorschrift als Verbotsgesetz und der Nichtigkeit der Entgeltabrede: vgl. Senat, Urt. v. 16.5.2007, VI-2 U (Kart) 10/05, Umdruck S. 13 m.w.N.), eine Marktöffnung und die Entwicklung eines chancengleichen Wettbewerbs auf den betreffenden Märkten.

aa) Die Klägerin ist Dritte im Sinne von § 12 Abs. 2 TKG a.F. Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig.

bb) § 12 Abs. 2 TKG ist - ebenso wie § 12 Abs. 1 TKG - richtlinienkonform auszulegen. Als angemessenes Entgelt sind nur die bloßen Aufwendungen für das Zurverfügungstellen der Daten anzusehen. Bei einer Offline-Überlassung sind davon lediglich die Kosten für den Datenträger, für das Markieren der Daten und deren Übertragung auf den Datenträger sowie die Kosten für das Übermitteln des Datenträgers (Versandkosten) erfasst.

Im Lichte des Art. 6 Abs. 3 TKG der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.2.1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP), wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass die zum Betrieb eines Telefonauskunftsdienstes erforderlichen Informationen vom Pflichtigen zu kostenorientierten Bedingungen zur Verfügung gestellt werden, ist auch § 12 Abs. 2 TKG einschränkend dahin auszulegen, dass auch Dritten für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten nur die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens der Daten in Rechnung gestellt werden dürfen (siehe dazu im einzelnen Urteil des 1. Kartellsenats des OLG Düsseldorf vom 15.11.2006 - VI-U (Kart) 1/06, UA 11 f., worauf Bezug genommen wird). Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie (vgl. ebenso Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22 EG vom 7.3.2002, Abl. Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 51) differenziert nicht danach, ob die Teilnehmerdaten einem Lizenznehmer oder einem Dritten zur Verfügung gestellt werden. Auch der EuGH hat eine solche Differenzierung in seiner Entscheidung vom 25. November 2004 (Rs. C-109/03) nicht vorgenommen. Soweit die Beklagte geltend macht, eine solche richtlinienkonforme Auslegung des § 12 Abs. 2 TKG erfolge gegen den Wortlaut der Norm und den Willen des Gesetzes, Dritte und Lizenznehmer ungleich zu behandeln, was zu einer unmittelbaren Wirkung der Richtlinie zwischen Privaten führe, ist dem nicht zuzustimmen. Es geht nicht um eine Auslegung contra legem, wie die Beklagte rügt, sondern ausschließlich um eine richtlinienkonforme Auslegung der durch den unbestimmten Rechtsbegriff des "angemessenen Entgelts" einen Auslegungsspielraum eröffnenden Vorschrift. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie schließt nach seinem Wortlaut und Zweck aus, dass Dritten im Unterschied zu Lizenznehmern für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten mehr als die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens berechnet werden dürfen.

Deshalb müssen die Kosten der Datenerhebung sowie der Errichtung und Unterhaltung der Teilnehmerdatenbank außer Ansatz bleiben. Dabei handelt es sich begrifflich nicht um Kosten für das Bereitstellen der Daten, sondern um "Ohnehinkosten", genauer gesagt um Kosten, die vom Verpflichteten, der wie die Beklagte Sprachtelefondienste anbietet, selbst zu tragen sind. Die genannten Aufwendungen sind dem Zurverfügungstellen der Daten nicht zurechenbar, denn sie werden dadurch nicht verursacht, sondern unmittelbar durch den eigenen Sprachtelefondienst der Beklagten. Sie sind Gemeinkosten und sind nach der Rechtsprechung des EuGH in den Kosten des eigenen Sprachtelefondienstes enthalten. Die dadurch entstehenden Kosten werden von den beim Betrieb des Sprachtelefondienstes erwirtschafteten Erlösen - dies hat die Beklagte auch nicht in Abrede gestellt - abgedeckt. Eine Doppeltberechnung gegenüber dem um die Bereitstellung von Teilnehmerdaten Nachsuchenden scheidet aus. Genauso wenig ist zur Bemessung des Entgelts die Häufigkeit der Nutzung durch Suchanfragen heranzuziehen. Zu erstatten sind nur die Kosten der Bereitstellung, die dadurch anfallen, dass die Daten dem anfordernden Unternehmen zugänglich gemacht werden. Wie oft vom zugänglich gemachten Datenbestand durch Suchanfragen später Gebrauch gemacht wird, steht mit der Datenbereitstellung und dem dadurch veranlassten Aufwand in keinem Zusammenhang (vgl. OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006 - VI-U (Kart) 1/06, UA 17). Sähe man dies anders, so liefe dies im Ergebnis auf die Zuerkennung eines Lizenzanspruches hinaus, der nach der Zielsetzung der Richtlinie nicht gewollt war.

cc) Die erhebliche wirtschaftliche Beeinträchtigung ist darin zu sehen, dass die Beklagte für die Offline-Überlassung der Teilnehmerdaten ein Entgelt erhoben hat, dass sich nicht an den Kosten einer effizienten Bereitstellung der Teilnehmerdaten orientiert hat, sondern weit über den Maßstab des § 12 TKG hinausgingen. Nach eigener Darstellung der Beklagten sind u.a, die Kosten der Errichtung, Unterhaltung und Pflege der Teilnehmerdatenbank DaRed zur Grundlage der Entgeltberechnung gemacht worden. Zudem war das Entgelt nutzungsfallabhängig. Zwar sind durch die Missbrauchsverfahren des Bundeskartellamts die umzulegenden Kosten der Datenbank DaRed von der Beklagten ab 1999 auf 176 Mio. DM bzw. ab 2003 auf 49 Mio. € gesenkt worden, weshalb die Feststellungen des Bundeskartellamts zu den Verhältnissen in den Jahren 1998 und 1999 nicht ohne weiteres auf den Streitfall übertragen werden können. Im Streitfall ist aber entscheidend, dass die Senkung der umlagefähigen Kosten auch in den Jahren 2000 bis 2004 nicht zu einer dem Maßstab des § 12 TKG in seiner richtlinienkonformen Auslegung entsprechenden Entgeltanpassung für die Offline-Bereitstellung geführt hat und infolgedessen ein Wechsel von einer Online-Nutzung zu einer Offline-Nutzung für die bereits auf dem Markt befindlichen Wettbewerber faktisch nicht in Betracht kam.

Der Offline-Bezug ließ auch in der Zeit ab Dezember 1999 einen höheren Kostendruck entstehen als der Online-Bezug, denn bei einem Online-Bezug wurden nur die überhöhten DaRed-Preise als zwingend zu bezahlende und gesondert berechnete Vorleistungskosten neben den Kosten für die Suchmaschine NDIS erhoben. Zu dem Mindestentgelt für die Beschaffung der DaRed-Daten (§ 4 Satz 3 des Vertrages; Anlage 1) und dem Entgelt für die Nutzung der DaRed-Daten pro Auskunftsfall in Höhe von 0,1441 € (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages), ab 2004 0,0887 €, traten noch die Kosten der Errichtung, des Unterhalts und der Pflege einer eigenen Datenbank, die für eine unabhängige Nutzung der DaRed-Daten erforderlich war, sowie der (einmaligen) Anschaffung des Suchprogramms NDIS hinzu. Dieser Kostenaufwand - im Vergleich zu den Aufwendungen für das bloße Zurverfügungstellen der Daten - bildete auch in den Jahren 2000 bis 2004 eine wirtschaftliche Marktzutrittsschranke gegenüber potentiellen Wettbewerbern. Dies gilt insbesondere für solche Wettbewerber, die als Anbieter von Sprachtelefondienstleistungen im Festnetz auftreten wollten und auf das Angebot einer telefonischen Auskunft unter Serviceaspekten dringend angewiesen waren. Diese wurden durch die Preisgestaltung der Beklagten an einem vorstoßenden Wettbewerb gehindert. Aber auch für aktuelle Wettbewerber mit kleineren Marktanteilen kam eine Offline-Nutzung der Datenbank DaRed aus wirtschaftlichen Gründen zunächst nicht in Betracht, weshalb diese, wie die M... GmbH und die Klägerin, am Online-Bezug und der Nutzung der Suchsoftware NDIS festhielten. Der enorme Kostenaufwand für den Markzutritt potentieller Wettbewerber erklärt letztlich auch, weshalb es der Beklagten möglich war, ihre Preise für die Telefonauskunft auch nach der Senkung der umlagefähigen Kosten der Datenbank DaRed auf insgesamt 176 Mio. DM bzw. auf 49 Mio. € weiterhin am Markt zur Versorgung der Telefonteilnehmer mit Auskunftsdienstleistungen durchzusetzen. Sie war auf dem Auskunftsmarkt keinem wesentlichen Wettbewerb - weder durch die Klägerin noch durch die M... GmbH, die ihre Kosten für den Online-Bezug der DaRed-Daten und die Nutzung der Suchsoftware NDIS der Daten amortisieren mussten und deshalb ihre Telefonauskunftspreise nicht (wesentlich) senken konnten, noch durch Dritte - ausgesetzt.

Selbst wenn - wie die Beklagte einwendet - gegenüber einer richtlinienkonformen (einschränkenden) Auslegung des § 12 Abs. 2 TKG in Anbetracht des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte wegen der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) Bedenken bestehen sollten (vgl. BGH, Urt. v. 16.8.2006, VIII ZR 200/05, Umdruck S. 9), so folgt jedenfalls im Streitfall die Verpflichtung der Beklagten, Dritten nur die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens bei der Offline-Nutzung der Datenbank DaRed zu berechnen, aus der Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 22. Dezember 1998 (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2006, KZR 29/05, WuW/E DE-R 1829, 1832 - Suchmaschine).

Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, sie habe über die sogenannten Basisdaten hinausgehende Daten an die Klägerin geliefert, für die die Beschränkungen des § 12 TKG a.F. nicht gälten. Es kann offen bleiben, ob und inwieweit dies zutrifft. Die Beklagte hat selbst eingeräumt, dass sie Verträge nur über die Lieferung von ihr als Basisdaten angesehener Daten nicht abgeschlossen habe. Sie kann die Beschränkungen des § 12 TKG a.F. nicht dadurch umgehen, dass sie den Abnehmern mehr- oder höherwertige Daten zur Verfügung stellt.

dd) Die in den NDIS-Verträgen vorgesehenen Entgeltabreden sind wegen eines Verstoßes gegen § 12 TKG a.F. - aber auch gegen § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB - gemäß § 134 BGB in vollem Umfang nichtig. Eine geltungserhaltende Reduktion der Entgeltabreden auf das telekommunikationsrechtlich zulässige Maß ist nicht vorzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 10.2. 2004, KZR 39/02, WUW/E DE-R 1305, 1306), denn anderenfalls würde die Beklagte dadurch belohnt, dass die Preisgestaltung in dem nach § 12 TKG a.F. zulässigen Umfang aufrechterhalten bliebe. Die volle Nichtigkeit gilt aus dem erstgenannten Grund für die Entgeltabreden in sämtlichen NDIS-Verträgen, da in diese Entgeltabreden die missbräuchlich überhöhten DaRed-Kosten, die die Kosten der Datenbank umfassen, als Vorleistungskosten eingeflossen sind, obgleich nur die Kosten für den Online-Zugang zu den Daten überhaupt berechnet werden durften.

ee) Diese Auslegung verstößt auch nicht gegen auf nationaler oder europäischer Ebene gewährleistete Grundrechte und beeinträchtigt auch nicht ein etwaiges Eigentumsrecht der Beklagten an der Datenbank. Auf die Ausführungen im Urteil des Senats vom 16.5.2007, VI-2 U (Kart) 10/05, Umdruck S. 17 f., wird verwiesen.

ff) Die Klägerin ist an die Ergebnisse der Verwaltungsverfahren vor dem Bundeskartellamt nicht gebunden. Weder durch die Abmahnung vom 2. November 1998 noch durch die Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 22. Dezember 1998 ist die Höhe des Entgelts beim Bereitstellen von Teilnehmerdaten mit bindender Wirkung festgesetzt oder erst recht genehmigt worden. Das Amt hat in dem auf die Abmahnung vom 2. November 1998 folgenden Schreiben vom 13. Januar 1999 (Anlage BK 6) und in dem Schreiben vom 18. September 2003 (Anlage BK 7) lediglich Höchstgrenzen festgestellt, bei deren Überschreiten ein Preismissbrauch anzunehmen ist. Dadurch wurde lediglich die Beklagte gebunden, nicht höhere Beträge als 176 Mio. DM bzw. 49 Mio. € auf Datenabnehmer umzulegen, wollte sie ein Wiederaufgreifen der Verfahren durch das Bundeskartellamt vermeiden. Die Beklagte wäre aber nicht gehindert gewesen, den ihr unter der Aufgreifschwelle verbliebenen Preisfestsetzungsspielraum in der Weise zu nutzen, dass sie einen unterhalb von 176 Mio. DM bzw. 49 Mio. € liegenden Betrag auf die Datenabnehmer umlegte. Dagegen ist die Klägerin frei darin, geltend zu machen, die Beklagte sei aus kartellrechtlichen Gründen zu einer weitergehenden Herabsetzung der Entgelte verpflichtet (ebenso OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006 - VI-U (Kart) 1/06, UA 9 f).

Die Einstellungsverfügungen des Bundeskartellamts entfalten keine Tatbestandswirkung oder Bindungswirkung für die Zivilgerichte, denn sie erwuchsen nicht in Bestandskraft.

b) Die Beklagte hat mindestens fahrlässig gegen § 19 Abs.1, Abs. 4 Nr. 1 GWB verstoßen (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GWB). Auf einen Rechtsirrtum kann sie sich trotz damals höchstrichterlich ungeklärter und unübersichtlicher Rechtslage nicht mit Erfolg berufen. So ist eine fehlerhafte Beurteilung höchstrichterlich noch nicht entschiedener Rechtsfragen nicht bereits dann entschuldigt, wenn der fehlerhafte Rechtsstandpunkt ernsthaft vertreten werden kann. Ein Rechtsirrtum ist vielmehr nur entschuldigt, wenn der Verletzer bei Anwendung der im Verkehr gebotenen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH WuW/E BGH 2341, 2345 - Taxizentrale Essen). Dies kann die Beklagte für sich nicht in Anspruch nehmen. Stichhaltige Gründe, welche ihre Preisgestaltung zu entschuldigen geeignet und die zu widerlegen sind, waren in der Zeit von Januar 2001 bis Februar 2003 nicht gegeben. Sie sind von der Beklagten ebenso wenig vorgebracht worden. Bei alledem hat die Beklagte einseitig ihre Unternehmensinteressen verfolgt und die Durchsetzung des von ihr bestimmten Entgelts, das sich an Gewinnmaßstäben sowie an einem Mehrfachausgleich eigener Kosten orientierte, kraft ihrer wirtschaftlichen Machtstellung betrieben. Wer seine Interessen trotz erkennbar ungeklärter Rechtslage in dieser Weise wahrnimmt, hat grundsätzlich das Risiko einer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung zu tragen. Er handelt, wenn sich seine Beurteilung als unrichtig erweist, im Zweifel fahrlässig und schuldhaft (vgl. BGH aaO).

3. Von Juli bis November 2004 steht der Beklagten ebenfalls ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach §§ 33 Satz 1, 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB (in der Fassung der 6. GWB-Novelle) zu. In dieser Zeit hat die Beklagte die Bereitstellung von Teilnehmerdaten nach dem DaRed-Vertrag berechnet. Auch dabei ist sie indes nicht nach dem bei richtlinienkonformer Auslegung von § 12 Abs. 1 TKG a.F. anzuwendenden Prinzip der Kostenorientierung, sondern verbotswidrig genauso wie in der davor liegenden Zeit verfahren. Auf die vorstehenden Ausführungen kann deswegen Bezug genommen werden. Die Entgeltforderung war nicht an den Kosten der Bereitstellung von Teilnehmerdaten, sondern weiterhin an denselben kostenfremden Maßstäben ausgerichtet, die an den früheren Rechnungsstellungen zu beanstanden sind.

Eine geltungserhaltende Reduktion der Entgeltabreden im DaRed-Vertrag ist ohnehin auch deshalb nicht erforderlich, weil die Kosten der Übermittlung nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Verfahrens sind (vgl. ferner § 4 Satz 2 des Vertrags). Kosten für das Markieren und Extrahieren der Daten und die Übertragung auf die Datenträger hat die Beklagte, obwohl sie bereits in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen worden ist, nicht beziffert.

4. Der Schaden der Klägerin und der M... GmbH besteht in der Zahlung der Netto-Entgelte in Höhe von nur 4.162.054 € für den NDIS-Zugang (vgl. Berechnung Anlage K14 und Anlagenkonvolut 15). In Höhe von weiteren 22.334,00 € ist die Klage unbegründet. Auf die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Schadensberechnung in Höhe dieses Betrages ist die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen worden. Die Klägerin ist nach § 249 Abs. 1 BGB so zustellen, wie sie stünde, wenn die Beklagte sich rechtmäßig verhalten hätte. Der Senat ist auf Grund einer Gesamtwürdigung des Vorbringens der Parteien davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass in diesem Falle die Klägerin bzw. die M... GmbH mit der Beklagten einen - der richtlinienkonformen Auslegung des § 12 TKG a.F. entsprechenden - Vertrag über die Offline-Bereitstellung der Teilnehmerdaten geschlossen und die Entwicklung einer bzw. Beschaffung einer Lizenz an einer eigenen Suchmaschine dem NDIS-Online-Anschluss sowie die Errichtung und Pflege einer eigenen Datenbank als vernünftiger Kaufmann vorgezogen hätte. Dies beruht auf folgenden Überlegungen:

Hätte die Beklagte einen der Vorschrift des § 12 TKG a.F. entsprechenden Vertrag angeboten, wären der Klägerin nach dem oben Gesagten lediglich Kosten für das tatsächliche Zurverfügungstellen (den Datentransport pp.) der Daten entstanden. Es spricht vieles dafür, dass sie auch in diesem Fall aufgrund der Wettbewerbssituation sich eine Software mit den entsprechenden Suchfunktionen - kaufweise oder mittels eines Lizenzvertrages - beschafft hätte. Die Beklagte macht aber selbst geltend, auf dem Markt für Suchmaschinen kein Monopol besessen zu haben und nicht einmal marktmächtig gewesen zu sein. Jedenfalls hätte sich die Klägerin die Software - wenn sie sie nicht selbst hätte entwickeln können - ohne weiteres bei Dritten beschaffen können. Dies wäre erheblich billiger gewesen als der Abschluss eines NDIS-Vertrages, bei dem in die Entgelte die erheblichen Kosten für den Aufbau und die Pflege der Datenbank DaRed einkalkuliert waren. Dies bedeutet, dass die Klägerin bei Abschluss eines NDIS-Vertrages kalkulatorisch die Kosten für den Online-Anschluss und die Suchmaschinensoftware NDIS sowie den Aufbau und die Pflege der Datenbank DaRed zu tragen hatte, während bei Abschluss eines der richtlinienkonform ausgelegten Vorschrift des § 12 TKG a.F. unterliegenden Datenlieferungsvertrags der letztgenannte erhebliche Kostenblock entfallen wäre. Unter diesen Umständen war für die Klägerin und die M... GmbH der Abschluss der NDIS -Verträge unwirtschaftlich.

Die Klägerin bzw. die M... GmbH hätte dann zwar entweder eine eigene Suchmaschine entwickeln oder auf dem Markt beschaffen müssen. Dies war ihr aber, wie die Entwicklung im Jahre 2004 zeigt, nicht unmöglich. Die Beklagte weist auch für das Jahr 1999 darauf hin, dass der M... GmbH insoweit Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung standen. Es ist nichts dafür ersichtlich oder von der Beklagten dargelegt, dass der Klägerin und ihrer Rechtsvorgängerin dadurch Kosten erspart blieben, dass sie die Software erst 2004 statt 1999 angeschafft hat. Soweit an fiktive Lizenzgebühren für den Zeitraum 1999 bis 2004 zu denken wäre, hat die Beklagte gleichfalls nichts vorgetragen. Ihr Vortrag bezieht sich lediglich auf die Lizenzierung eines Datenbankrechts, nicht aber auf die Software mit den Suchmaschinenfunktionen. Mögen die Klägerin und ihre Einzelrechtsvorgängerin von Dezember 1999 bis Februar 2004 zunächst eigene Ausgaben und Zinsaufwendungen für den Aufbau und die Pflege einer eigenen Datenbank beim Offline-Bezug der Teilnehmerdaten und damit Zinsaufwendungen erspart haben, so ist von der Beklagten nichts dafür dargelegt, dass diese zeitlich begrenzten Ersparnisse den eingetretenen Schaden ganz oder teilweise entsprechen oder ihn sogar überwiegen.

Die Ansprüche der Klägerin scheitern nicht daran, dass sie - so die Beklagte - den überhöhten und daher zu Unrecht gezahlten Teil der Datenentgelte ohne finanzielle Einbuße an ihre Kunden weiterberechnet hat. Dadurch sind ihr, der Klägerin, keine Vorteile zugeflossen, die Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche mindern und im Ergebnis sogar ganz entfallen lassen. Der dahingehende Einwand der Beklagten ist nicht berechtigt. Ob die Klägerin erhöhte Entgelte in vollem Umfang an ihre Kunden weitergegeben hat, bedarf dabei keiner Aufklärung. Dies kann als wahr unterstellt werden.

Im Schadensersatzrecht sind Vorteile, die dem Geschädigten im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis zufließen, nur schadensmindernd zu berücksichtigen, wenn sie durch das Schadensereignis adäquat kausal verursacht worden sind und darüber hinaus eine Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, m.a.W. der Geschädigte dadurch nicht unzumutbar belastet und der Schädiger nicht unbillig begünstigt wird. Einer Vorteilsanrechnung steht im vorliegenden Fall entgegen, dass es ausschließlich von den Absatzbemühungen, der Kalkulation und vom geschäftlichen Erfolg der Klägerin abhing, ob und zu welchem Grad der überteuerte Einkauf der Daten kompensiert werden konnte (vgl. Senatsurt. v. 16. 5. 2007, VI-2 U (Kart)10/05, Umdruck S. 27 f.). Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht nach § 33 GWB stehen ebenfalls einer Anrechnung entgegen. Die volle Wirksamkeit der kartellrechtlichen Missbrauchstatbestände wäre beeinträchtigt, wenn nicht jedermann Ersatz des Schadens verlangen könnte, der ihm durch eine Vereinbarung, die den Wettbewerb beschränkt, entstanden ist (Senatsurt. vom 16. Mai 2007, aaO. S. 28).

Teil des Schadens sind auch die von der Klägerin auch für ihre Einzelrechtsvorgängerin in kapitalisierter Form geltend gemachten entgangenen Gewinne in Form von Kapitalzinsen in Höhe von 260.612 €. Hätte sie die Kapitalbeträge, deren Rückzahlung sie mit der vorliegenden Klage begehrt, nicht an die Beklagte gezahlt, hätte sie bzw. ihrer Rechtsvorgängerin die Beträge zinsbringend anlegen können. Die Beklagte bestreitet zwar die Zinshöhe, dieses Bestreiten ist aber - worauf auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist - nicht erheblich. Die Beklagte als am Markt erfolgreiches Unternehmen wäre ohne weiteres in der Lage, aus ihrer Sicht die realisierbaren Zinsgewinne darzulegen.

5. Rechtshängigkeitszinsen kann die Klägerin nur aus den geleisteten Nettozahlungen beanspruchen, nicht aus den Zinsen in Höhe von 260.612,00 € verlangen, §§ 291 Satz 2, 289 Satz 1 BGB.

Der Zinssatz beträgt auf Grund der Übergangsvorschrift des Art. 299 § 1 EGBGB nur 4 % soweit die Schadensersatzforderungen vor dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind (vgl. Palandt- Heinrichs, BGB, 63. Aufl. § 288 Rdnr. 1). Nach der Anlage K14 betrifft dies allein Zahlungen in Höhe von 819.701,00 €.

Für später fällig gewordene Forderungen beträgt der Zinssatz nur 5 % Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, §§ 288 Abs. 1 BGB. § 288 Abs. 2 BGB greift nicht ein, weil es sich bei der geltend gemachten Forderung nicht um eine Entgeltforderung im Sinne der Vorschrift handelt. Aus diesem Grunde greift auch § 352 HGB nicht ein.

II. Die Klage ist auch nach dem Feststellungsantrag zulässig und begründet. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin besteht, da der Vertrag auch heute noch die Rechtsbeziehungen der Klägerin und der Beklagten regelt. Die Entgeltabrede (§ 4) im DaRed-Vertrag vom 1. Februar 2004 in der Fassung des Änderungsentwurfes vom 4. August 2004 ist wegen Verstoßes gegen § 12 TKG und gegen § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB von Anfang an (ex tunc) nichtig. Jedoch konnte nur die Nichtigkeit der Entgeltabrede nach Ziffer 4 im Vertrag vom 1. Februar 2004 festgestellt werden.

III. 1. Die Klage auf Zahlung von Zinsen auf den Gerichtskostenvorschuss ist nur als Leistungsklage zulässig. Die Feststellungsklage ist unzulässig, weil eine Leistungsklage zulässig war. Die Klägerin war auch nicht deswegen auf eine Leistungsklage zu verweisen, weil das Enddatum der Verzinsungspflicht (Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages) bei Einreichung der Klage sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht noch nicht fixiert werden konnte. Abgesehen davon, dass dieses Hindernis inzwischen weggefallen ist, kann das Enddatum im Antrag sowie in einem darauf beruhenden Urteil nur allgemein bestimmt werden, weil es durch eine öffentliche Urkunde (Eingangsstempel des Kostenfestsetzungsantrages) nachgewiesen und es sich im Hinblick auf § 726 ZPO zudem um einen von der Beklagten geltend zu machenden Einwand (Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses, s. nachfolgend 2.) handelte.

2. Für die Klage besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin kann den geltend gemachten Schaden nicht anderweit leichter durchsetzen. Mittels eines Kostenfestsetzungsantrages kann sie die Festsetzung von Zinsen erst durch Einreichung eines derartigen Antrages, frühestens mit Erlass des erstinstanzlichen Urteils (im Übrigen auch nur in Höhe von 5 %.-Punkten über dem Basiszinssatz) erreichen, § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO.

3. In der Sache besteht der Anspruch nach § 286, § 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat zwar nicht vorgetragen, die Beklagte vor Einreichung der Klage gemahnt zu haben. Dies war aber im Hinblick auf ihre strikt ablehnende Haltung unnötig, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Die Vorschrift des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO über die Verzinsung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs schließt eine früher beginnende Verzinsung des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht aus (vgl. Gödicke JurBüro 2001, 512).

Der Anspruch besteht allerdings aus den unter 4. genannten Gründen nur in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz; § 288 Abs. 2 BGB ist nicht einschlägig.

IV. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 709 ZPO. Die teilweise Abweisung des Zinsanspruchs und des Zahlungsanspruchs in Höhe von 22.334,00 € sowie des Feststellungsanspruchs zu b) ist im Verhältnis zur Hauptforderung geringfügig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert:

Klageantrag zu 1.: 4.184.388 Euro (Zinsen, auch in kapitalisierter Form, sind nach § 43 Abs. 1 GKG nicht zu berücksichtigen)

Klageantrag zu 2.a): 3.329.643,20 Euro (80 %; § 9 ZPO)

Klageantrag zu 2.b): 2.000 Euro

Schüttpelz Dieck-Bogatzke Schüttpelz






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 18.07.2007
Az: VI-2 U (Kart) 11/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0e1d3f0dd654/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_18-Juli-2007_Az_VI-2-U-Kart-11-05




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