Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. März 2010
Aktenzeichen: 19 W (pat) 346/06

(BPatG: Beschluss v. 24.03.2010, Az.: 19 W (pat) 346/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Bei der vorliegenden Gerichtsentscheidung handelt es sich um einen Beschluss des Bundespatentgerichts vom 24. März 2010 mit dem Aktenzeichen 19 W (pat) 346/06. In dem Beschluss wurde das Patent 198 28 923 mit bestimmten Einschränkungen aufrechterhalten.

Das Patent betrifft eine Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten und wurde am 26. Januar 2006 erteilt. Gegen das Patent hat die B... Corporation Einspruch erhoben mit der Begründung, dass der Gegenstand des Patents nicht neu oder erfinderisch sei. Die Einsprechende ist der Meinung, dass die Erfindung lediglich aus bekannten Maßnahmen zusammengesetzt ist, die dem Fachmann geläufig sind.

Die Patentinhaberin hingegen betont, dass die Heizung nach dem Patent von der bisher üblichen Praxis abweicht und eine schnelle Erwärmung des Blutes ermöglicht. Sie argumentiert, dass der Fachmann keinen Grund gehabt habe, von der bestehenden Technik zu der Erfindung zu gelangen.

Das Bundespatentgericht kommt zu dem Schluss, dass das Patent in seiner erteilten Form nicht neu ist und daher nicht patentfähig ist. Es verweist auf eine frühere Druckschrift, die eine ähnliche Heizung beschreibt und bereits alle Merkmale des Patentanspruchs enthält.

Die Patentinhaberin hatte außerdem zwei Hilfsanträge gestellt, bei denen das Patent in beschränkter Form aufrechterhalten werden sollte. Das Gericht kommt jedoch zu dem Schluss, dass auch diese Hilfsanträge nicht patentfähig sind, da sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Es wird festgestellt, dass die Merkmale der Hilfsanträge entweder bereits in vorhandenen Druckschriften beschrieben sind oder naheliegend sind und somit keine erfinderische Leistung darstellen.

Insgesamt wird das Patent in seiner erteilten Form für ungültig erklärt und die Einspruchsentscheidung bestätigt.

Dieser Beschluss des Bundespatentgerichts ist endgültig und nicht mehr anfechtbar.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 24.03.2010, Az: 19 W (pat) 346/06


Tenor

Das Patent 198 28 923 wird beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrecht erhalten:

Patentansprüche 1 bis 5, gemäß zweitem Hilfsantrag, mit angepasster Beschreibung, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung, 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, wie erteilt.

Gründe

I.

Für die am 29. Juni 1998 im Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 26. Januar 2006 veröffentlicht worden. Es betrifft eine Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten.

Gegen das Patent hat die B... Corporation mit Eingabe vom 26. April 2006, eingegangen am selben Tag, Einspruch beim Deutschen Patentund Markenamt erhoben mit der Begründung, dass der Gegenstand des Patents nicht neu sei oder zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Die Einsprechende ist der Auffassung, die Erfindung gehe, soweit sie nicht ohnehin aus der DD 213 352 bekannt sei, nicht über das selbstverständliche Handeln des Fachmanns hinaus. Dazu seien lediglich einzelne Maßnahmen, die jeweils für sich dem Fachmann wohl bekannt seien und sich weder gegenseitig bedingten noch einen über die Summe der Einzelwirkungen hinausgehenden Effekt hätten, zusammengefügt.

Sie stellt den Antrag, das Patent 198 28 923 in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Streitpatent im erteilten Umfang, hilfsweise mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

Patentansprüche 1 bis 10 gemäß erstem Hilfsantrag, Patentansprüche 1 bis 5 gemäß zweitem Hilfsantrag, jeweils mit angepasster Beschreibung, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung, jeweils 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, wie erteilt.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet unter Einfügung von Gliederungsbuchstaben entsprechend einer Merkmalsanalyse der Einsprechenden: dadurch gekennzeichnet, dass

"A Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten, mit B einem die Flüssigkeit führenden Kanal (11, 32), der B1 eine mäanderförmige oder spiralförmige Kanalstruktur aufweist und C einem elektrischen Heizelement (20), bestehend aus C1 einer auf einem Trägerelement (24, 30) aufgebrachten Heizleiterbahn (21, 31), wobei D der Verlauf der Heizleiterbahn (21, 31) im wesentlichen demdes Kanals (11, 32) entspricht, E die Heizleiterbahn (21, 31) zumindest mit einem Teil der Oberfläche des Kanals (11, 32) in wärmeleitender Berührung steht."

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet unter Einfügung von Gliederungsbuchstaben entsprechend der Merkmalsanalyse zum Hauptantrag:

"A Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten, mit B einem die Flüssigkeit führenden Kanal (11, 32), der B1 eine mäanderförmige oder spiralförmige Kanalstruktur aufweist, und C einem elektrischen Heizelement (20), bestehend aus C1 einer auf einem Trägerelement (24, 30) aufgebrachten Heizleiterbahn (21, 31), wobei D der Verlauf der Heizleiterbahn (21, 31) im wesentlichen dem des Kanals (11, 32) entspricht, dadurch gekennzeichnet, dass E die Heizleiterbahn (21, 31) zumindest mit einem Teil der Oberfläche des Kanals (11, 32) in wärmeleitender Berührungsteht, dass F der die Flüssigkeit führende Kanal (11, 32) als Einwegteil ausgeführt ist, und dass G das elektrische Heizelement wiederverwendbar ist."

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet unter Einfügung von Gliederungsbuchstaben entsprechend der Merkmalsanalyse zum Hauptantrag:

"A Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten, mit B einem die Flüssigkeit führenden Kanal (11, 32), der B1 eine mäanderförmige oder spiralförmige Kanalstruktur aufweist und C einem elektrischen Heizelement (20), bestehend aus C1 einer auf einem Trägerelement (24, 30) aufgebrachten Heizleiterbahn (21, 31), wobei D der Verlauf der Heizleiterbahn (21, 31) im wesentlichen demdes Kanals (11, 32) entspricht, dadurch gekennzeichnet, dass E die Heizleiterbahn (21, 31) zumindest mit einem Teil der Oberfläche des Kanals (11, 32) in wärmeleitender Berührung steht, dass H der Kanal (11, 32) in einem Plastikbeutel als Einwegteil (10) verschweißt ist, dass I der Plastikbeutel zwischen zwei Platten verspannt ist, wobei zumindest eine Platte als ein elektrisches Heizelement (20) ausgebildet ist, und dass J die Heizleiterbahn (21, 31) ein auf einer Leiterplatte (24) verlegter, mehrere Millimeter dicker Aluminiumstreifen ist, der sich beim Verspannen in den die Flüssigkeit führenden Kanal eindrückt."

Als Aufgabenstellung ist in der Patentschrift (und in der jeweils geltenden Beschreibung Absatz [0008]) angegeben, eine kostengünstige Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten zu schaffen, die ein schnelles Ansprechen bei der Erwärmung des Blutes ermöglicht.

Die Patentinhaberin betont, in der DD 213 352 werde die bis dahin gängige Praxis bei Vorrichtungen zum Erwärmen von medizinischen Flüssigkeiten gänzlich verworfen. Eine selektive Auswahl einzelner Maßnahmen, die in dieser Druckschrift als Gesamtheit gelehrt würden, um sie mit der Lehre anderer Druckschriften zu kombinieren, die in der DD 213 352 ausdrücklich abgelehnt würde, stelle eine ex post Betrachtung in Kenntnis der Erfindung dar, die nicht zulässig sei.

Irgend einen Anlass, ausgehend von der DD 213 352 zu der erfindungsgemäßen Lösung zu gelangen, habe der Fachmann nicht gehabt. Insbesondere hebt die Patentinhaberin mit Blick auf ihren zweiten Hilfsantrag hervor, durch die Verwendung von Aluminium als Material der Heizleiterbahn sei es möglich, deren Dicke so groß zu machen, dass es zu einem spürbar verbesserten Wärmeübergang zwischen der Heizleiterbahn und dem die Flüssigkeit führenden Kanal komme.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG a. F. begründete Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den am 26. April 2006 eingelegten Einspruch besteht auch nach Aufhebung dieser Bestimmung zum 1. Juli 2006 (vgl. Art. 1 Nr. 17. u. Art. 8 des Gesetzes z. Änd. d. patentrechtl. Einspruchsverfahrensu. d. PatKostG v. 21. Juni 2006; BlPMZ 2006, 225, 226, 228) nach dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der "perpetuatio fori" fort (vgl. u. a. BGH GRUR 2009, 184, 185 (Nr. 5) -Ventilsteuerung).

Der Einspruch ist zulässig, hat aber keinen über die erfolgte beschränkte Aufrechterhaltung hinausgehenden Erfolg.

1.

Nach Überzeugung des Senats ist der hier zuständige Fachmann ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau, der im Bereich Medizintechnik tätig ist. Für die hier zu lösenden elektrotechnischen Aufgaben sind dessen Grundlagenkenntnisse ausreichend.

2.

Gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen wurde der Patentanspruch 1 gemäß allen Anträgen um den Begriff "wärmeleitend" ergänzt. Dieser Begriff ist zwar als solcher den ursprünglichen Unterlagen nicht zu entnehmen, jedoch ist für den Fachmann aus dem Gesamtzusammenhang offensichtlich, dass die Berührung zwischen Heizleiterbahn und Oberfläche des Kanals der Wärmeübertragung dient. Dies impliziert, dass die Berührungsfläche zwischen Heizleiterfläche und Kanal wärmeleitend ist.

Daher ist der Senat zu dem Schluss gekommen, dass die vorgenommene Änderung zwar überflüssig, jedoch nicht unzulässig ist.

Genauso ist nicht ersichtlich, dass die Änderung des ursprünglichen Wortlauts des Patentanspruchs 1 von "... der Verlauf der Heizleiterbahn auf dem Trägerelement im wesentlichen dem der Kanalstruktur entspricht" in "... der Verlauf der Heizleiterbahn im wesentlichen dem des Kanals entspricht", zur Klarstellung des zu schützenden Gegenstandes erforderlich war, andererseits sieht der Senat auch an dieser Stelle den erteilten Wortlaut als von den ursprünglich eingereichten Unterlagen getragen an, der dessen Gegenstand nicht ändert.

3. Die Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist nicht neu und daher nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 PatG in Verbindung mit § 3 PatG).

Aus der DD 213 352 ist in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 Folgendes bekannt: eine A Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten

(Blut ist im Sinne des Streitpatents eine medizinische Flüssigkeit wie schon die Aufgabe belegt), B mit einem die Flüssigkeit führenden Kanal (Blutströmungsbahn), der B1 eine mäanderförmige Kanalstruktur aufweist (labyrinthförmiger Aufbau, mit mehreren senkrecht nebeneinander angeordneten Lumen, die über Umlenkstrecken miteinander verbunden sind, Seite 1, Zeilen 33 bis 36 und C mit einem elektrischen Heizelement, bestehend aus C1 einer auf einem Trägerelement aufgebrachten Heizleiterbahn

(Das Heizelement ist als metallisches Band ausgebildet, dasauf die Folie des Blutwärmebeutels aufgeschweißt ist (Seite 1, Zeile 37), somit stellt die Folie zugleich das Trägerelement dar) ist, wobei D der Verlauf der Heizleiterbahn auf dem Trägerelement imwesentlichen der Kanalstruktur entspricht (genaue Anpassung des Verlaufes des Heizelementes an die Blutführungsbahn, Seite 1, Zeile 41 und wobei E die Heizleiterbahn zumindest mit einem Teil der Oberflächedes Kanals in wärmeleitender Berührung steht (Das ergibtsich aus dem Verschweißen der Heizleiterbahn mit der Folie).

Der Sichtweise der Patentinhaberin, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unterscheide sich von der aus der DD 213 352 bekannten Heizvorrichtung dadurch, dass das Trägerelement für die Heizleiterbahn als separates, von der den Kanal bildenden Folie zu unterscheidendes Bauteil ausgeführt sei, konnte sich der Senat nicht anschließen, da diese Sichtweise vom Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 nicht getragen wird.

Darin ist, anders als die Patentinhaberin meint, weder eine Aussage über die Beschaffenheit des Kanals noch über die Lage von Trägerelement, Heizleiterbahn und Oberfläche des Kanals enthalten und wird vom Fachmann auch nicht in irgendeiner Weise selbstverständlich mitgelesen oder vorausgesetzt.

Vielmehr lässt der Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 sowohl zu, dass das Trägerelement mit einer Wand des Kanals identisch ist, als auch, dass es sich bei Trägerelement und Kanalwand um voneinander zu unterscheidende Einzelheiten handelt.

In der erstgenannten Alternative ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 jedenfalls in allen Einzelheiten durch die DD 213 352 vorweggenommen.

Mit dem nicht patentfähigen erteilten Patentanspruch 1 fallen auch die auf diesen rückbezogenen erteilten Patentansprüche 2 bis 12.

4. Die Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist jedenfalls nicht patentfähig, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 PatG in Verbindung mit § 4 PatG).

Aus der DE 1 954 019 A (vgl. insbesondere die Figuren 1 und 2 in Verbindung mit Seite 4) ist Folgendes bekannt: eine A Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten

(Seite 1, Absatz 1: Wärmeeinrichtung zum Erwärmen klinischer Flüssigkeiten), mit B einem die Flüssigkeit führenden Kanal (Seite 4, Absatz 2, Mitte: von Flüssigkeitskanälen durchsetzter Beutel 16), der B1 eine mäanderförmige Kanalstruktur (siehe Figur 1) aufweistund C einem elektrischen Heizelement (25A, 25B; 26A, 26B); wobei F der die Flüssigkeit führende Kanal als Einwegteil ausgeführtist (Seite 14, letzter Absatz: Der Beutel 16 wird entfernt unddurch einen neuen Beutel ersetzt), und G das elektrische Heizelement ist wiederverwendbar (Dies istgar nicht anders möglich, da die Heizelemente 25A, 25B;

26A, 26B fest eingebaut sind).

Zwar steht die Heizleiterbahn mit der Oberfläche des Kanals nicht unmittelbar in Wärme leitender Berührung steht, wie von der Patentinhaberin wiederholt als Besonderheit ihrer Erfindung betont wurde. Jedoch ist die Wärmeübertragung durch die dicken Heizplatten (21, 22) hindurch offensichtlich träge und auch verlustreich. Hierzu erhält der Fachmann aus der DD 213 352 die Anregung, das Heizelement so auszugestalten, dass der Verlauf der Heizleiterbahn, wie im Merkmal D angegeben, im Wesentlichen dem des Kanals entspricht, derart, dass die Heizleiterbahn zumindest mit einem Teil der Oberfläche des Kanals in Wärme leitender Berührung steht.

Bei der Umsetzung der durch die DD 213 352 angeregten Wärme leitenden Berührung der Oberfläche des Kanals durch die Heizleiterbahn, bei der aus der DE 1 954 019 A bekannten Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten ergibt sich von selbst, dass für die Heizleiterbahn in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Merkmals C1, ein Trägerelement vorzusehen ist.

Zwar ist in der DD 213 352 die Heizleiterbahn auf den -nach Ansicht des Senats dort aus Gründen der begrenzten Eignung von Folienbeuteln zur wiederholten Reinigung und Desinfektion ebenfalls als Einwegteil ausgeführten -Kanal als Trägerteil aufgeschweißt, während sie in der DE 1 954 019 A von dicken Heizplatten 21, 22 getragen ist.

Dieser Unterschied erfordert aber -entgegen der Ansicht der Patentinhaberin keine grundlegende Abkehr von der dem Fachmann in DD 213 352 gegebenen Lehre, die Wärmeübertragung auf die Flüssigkeit dadurch zu optimieren, dass das Heizleiterband dem Kanalverlauf folgend mit der Kanaloberfläche in wärmeleitender Berührung steht.

Ob das Heizleiterband hierzu mit dem Kanal fest verbunden ist (durch Aufschweißen) oder lediglich von außen an den Kanal angedrückt wird, sodass ein zusätzlicher Träger erforderlich wird, ändert die thermischen Verhältnisse nicht grundlegend.

Die mehrfach von der Patentinhaberin erhobenen Forderung geht deshalb fehl, man dürfe die Lehre der DD 312 352 nur in ihrer Gesamtheit bei der Bewertung berücksichtigen, ob ihre Erfindung patentfähig sei.

Vom Fachmann ist also zu erwarten, dass er die Anregung aus der DD 312 352 aufgreift, dass "durch die genaue Anpassung des Verlaufes des Heizelementes an die Blutführungsbahn eine gleichmäßige Erwärmung des Blutes gesichert ist, so dass eine Blutübertragung ohne Risiko gegenüber dem Patienten durchgeführt werden kann", und dass er daher die Heizelemente zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten, wie sie aus der DE 1 954 019 A oder genauso aus der DE 28 02 993 A1 bekannt sind, diesem Wortlaut folgend gestaltet.

Somit ergibt sich eine Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten mit sämtlichen im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 genannten Merkmalen in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.

Mit dem nicht patentfähigen Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 fallen auch die auf diesen rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10.

5.1 Das gegenüber dem Wortlaut der erteilten Patentansprüche neu in den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 aufgenommene Merkmal J ist der Beschreibung zu der Ausführungsform gemäß Figur 2 entnommen (Absatz [0023] der Streitpatentschrift bzw. Seite 6, Absatz 2 der ursprünglich eingereichten Unterlagen und in Verbindung mit dem erteilten Anspruch 4 auch als zur Erfindung gehörend offenbart). Die dort noch genannte Angabe "mitunter" war nach Überzeugung des Senats im Sinne von "beispielsweise" zu verstehen und konnte daher als fakultative Angabe bei der Aufnahme des Merkmals J in den Patentanspruch 1 entfallen. Die Merkmale H und I entsprechen den erteilten Anspruch 7 und 8, so dass der Patentanspruch 1 gemäß zweitem Hilfsantrag insgesamt zulässig ist.

5.2 Die Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit:

Relevanter Stand der Technik ist auch hierzu zum einen aus der DD 213 352 bekannt, nämlich eine Heizung gemäß den Merkmalen A bis E (vgl. oben Ziffer 3 zu Hauptantrag).

Auch das Merkmal H, dass der Kanal in einem Plastikbeutel als Einwegteil verschweißt ist, liest der Fachmann aus Hygienegründen (s. o.) aus der DD 213 352 mit.

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 von der Heizung gemäß DD 213 352 durch die Merkmale I und J.

Der tatsächliche Ausgangspunkt des Fachmanns ist jedoch durch den aus der DE 1 954 019 A bekannten Stand der Technik gegeben. Aus dieser Druckschrift ist folgender Gegenstand bekannt (vgl. oben Ziffer 4 zu Hilfsantrag 1) eine A Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten, mit B einem die Flüssigkeit führenden Kanal, der B1 eine mäanderförmige Kanalstruktur aufweist und C einem elektrischen Heizelement 25A, 25B; 26A, 26B, wobei H der Kanal in einem Plastikbeutel als Einwegteil verschweißtist (Brückensatz Seite 2/Seite 3 in Verbindung mit Seite 14, letzter Absatz: Der Beutel 16 wird entfernt und durch einenneuen Beutel ersetzt), wobei I der Plastikbeutel 16 zwischen zwei Platten 21, 22 verspanntist, wobei die Platten 21, 22 als elektrisches Heizelementausgebildet sind.

Nicht bekannt sind aus der DE 1 954 019 A die folgenden im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 genannten Merkmale:

C1 Das Heizelement besteht aus einer auf einem Trägerelement aufgebrachten Heizleiterbahn;

D der Verlauf der Heizleiterbahn entspricht im wesentlichen dem des Kanals;

E die Heizleiterbahn steht zumindest mit einem Teil der Oberfläche des Kanals in Wärme leitender Berührung;

J die Heizleiterbahn ist ein auf einer Leiterplatte verlegter, mehrere Millimeter dicker Aluminiumstreifen, der sich beim Verspannen in den die Flüssigkeit führenden Kanal eindrückt.

Aus der EP 0 575 512 B1 ist Folgendes bekannt: eine A Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten, mit B einem die Flüssigkeit führenden Kanal (308, Figur 2), der B1 eine mäanderförmige oder spiralförmige Kanalstruktur (Spalte 10, Zeilen 14 bis 16: "serpentine path") aufweist und C einem elektrischen Heizelement (Spalte 19, Zeilen 29 bis 31), bestehend aus C1 einer auf einem Trägerelement (730, Figur 14) aufgebrachten Heizleiterbahn (732, 734), wobei Iteilwà der Plastikbeutel zwischen zwei Platten (12, 14) verspanntist, und wobei, Jteilw die Heizleiterbahn (732, 734) ein auf einer Leiterplatte (730, Figur 19) verlegter Streifen ist.

Folgende Merkmale, die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 genannt sind, sind der EP 0 575 512 B1 nicht zu entnehmen:

D der Verlauf der Heizleiterbahn entspricht im wesentlichen dem des Kanals, E die Heizleiterbahn steht zumindest mit einem Teil der Oberfläche des Kanals in wärmeleitender Berührung, H der Kanal ist in einem Plastikbeutel als Einwegteil verschweißt, IRestà zumindest eine Platte ist als ein elektrisches Heizelement (die Platten 12 und 14 sind in der Ausführungsform gemäß den Figuren 17 bis 20 ausdrücklich mit geringer thermischer Masse ausgeführt, stellen also keine Heizplatten dar) ausgebildet, und JRest die Heizleiterbahn ist ein mehrere Millimeter dicker Aluminiumstreifen, der sich beim Verspannen in den die Flüssigkeit führenden Kanal eindrückt.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob mit den Begriffen "Trägerelement", "Platte" sowie "Leiterplatte", die alle im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 genannt sind, ein und dieselbe Einzelheit gemeint ist.

Aus den zum Hilfsantrag 1 genannten Gründen würde eine Zusammenschau der DE 1 954 019 A mit der DD 213 352 nach Überzeugung des Senats zu folgendem Gegenstand führen einer A Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten, mit B einem die Flüssigkeit führenden Kanal der B1 eine mäanderförmige oder spiralförmige Kanalstruktur aufweist und C einem elektrischen Heizelement, bestehend aus C1 einer auf einem Trägerelement aufgebrachten Heizleiterbahn, wobei D der Verlauf der Heizleiterbahn im Wesentlichen dem des Kanals entspricht, E die Heizleiterbahn zumindest mit einem Teil der Oberfläche des Kanals in Wärme leitender Berührung steht, H der Kanal in einem Plastikbeutel als Einwegteil verschweißt ist, und I der Plastikbeutel zwischen zwei Platten verspannt ist, wobei zumindest eine Platte als ein elektrisches Heizelement ausgebildet ist.

Zu der konkreten Ausgestaltung der Heizleiterbahn gemäß Merkmal J als ein auf einer Leiterplatte verlegter, mehrere Millimeter dicker Aluminiumstreifen, der sich beim Verspannen in den die Flüssigkeit führenden Kanal eindrückt, gibt weder die DE 1 954 019 A Anlass, da dort die der Heizleiterbahn vergleichbaren Heizelemente 25A, 25B; 26A, 26B ohnehin nicht dem Plastikbeutel 16 zugewandt sind, noch die DD 213 352, da gemäß dieser Druckschrift die Heizleiterbahn mit dem Plastikbeutel verschweißt ist, also schon dadurch vollflächig mit der Oberfläche des Kanals in Berührung steht. Ein Erfordernis, darüber hinausgehende Maßnahmen zur Verbesserung des Wärmeübergangs zu ergreifen, ist ausgehend von dieser Druckschrift nicht zu erkennen.

Auch die EP 0 575 512 B1 (in der Ausführung gemäß den dortigen Figuren 17 bis 20) weist den Fachmann nicht zu einer Ausführung einer Heizung zur Erwärmung medizinischer Flüssigkeiten, in der durch das Merkmal J bestimmten Art. Es kann dabei dahin gestellt bleiben, ob die in Figur 19 dargestellten Leiterbahnen 732, 734 überhaupt dem die Flüssigkeit führenden Kanal zugewandt sind, da der Beschreibung zu der Figur 18 -anders als von der Einsprechenden dargelegt -eindeutig zu entnehmen ist, dass bei der unteren Platte 14, bestehend aus einem Ständer 740, einer thermischen Isolierung 710, der biegsamen Filmheizlage 730 und einer Wärmeverteilungslage 720 (Spalte 19, Zeilen 15 bis 18), die Wärmeverteilungslage 720 zwischen der Filmheizlage 730 und dem die Flüssigkeit führenden Kanal in der Kassette 20' angeordnet ist (Spalte 19, Zeilen 40 bis 43), so dass selbst unter der Annahme, dass die Leiterbahnen 732, 734 dem die Flüssigkeit führenden Kanal zugewandt sind, diese gar nicht in den Kanal eingedrückt würden, sondern in die Wärmeverteilungslage 720.

Dazu kommt, dass in keiner der vorstehend betrachteten Druckschriften die Verwendung von Aluminium als Material für die Heiz-Leiterbahnen oder deren Dicke in der Größenordnung von mehreren Millimetern angeregt wird.

Auch die weiteren von der Einsprechenden oder im Rahmen des Prüfungsverfahrens von der Prüfungsstelle für Klasse H05B des Deutschen Patentund Markenamtes genannten Druckschriften enthalten keinen Hinweis, die Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten im Sinne des Merkmals J auszugestalten.

Die Einsprechende hat durch ihre umfassenden Recherchen lediglich belegt, dass sich die Fachwelt darin einig ist, dass zwischen Heizelement und dem die Flüssigkeit führenden Kanal eine möglichst große Kontaktfläche vorhanden sein soll.

Trotz offenbar intensiven Bestrebens der Fachwelt, Heizungen zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten in dieser Hinsicht zu optimieren, wurde aber bislang die Heizleiterbahn nie, wie im Merkmal J angegeben, als ein auf einer Leiterplatte verlegter, mehrere Millimeter dicker Aluminiumstreifen ausgeführt, der sich beim Verspannen in den die Flüssigkeit führenden Kanal eindrückt.

Somit steht für den Senat außer Frage, dass der Fachmann erfinderisch tätig werden muss, um zu einem Gegenstand zu gelangen, wie er im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 angegeben ist.

Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 gemäß Hilfsantrag 2 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen der Heizung zur Erwärmung von medizinischen Flüssigkeiten gemäß Patentanspruch 1 und genügen auch den an sie zu stellenden Erfordernissen.

Bertl Dr. Kaminski Kirschneck J. Müller Pü






BPatG:
Beschluss v. 24.03.2010
Az: 19 W (pat) 346/06


Link zum Urteil:
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