Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Mai 2007
Aktenzeichen: 25 W (pat) 262/03

(BPatG: Beschluss v. 15.05.2007, Az.: 25 W (pat) 262/03)

Tenor

Der Antrag auf Feststellung, dass dem Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. September 2003 die Grundlage entzogen ist, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke "Lichtenstein Pharmazeutica" für Waren der Klassen 3, 5 und 10 ist von der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 26. September 2003 wegen eines Eintragungshindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen worden. In dem dagegen gerichteten Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 5. Juli 2006 die Rücknahme der Anmeldung erklärt und beantragt festzustellen, dass damit der Vorentscheidung des Amtes die Grundlage entzogen sei.

Mit Zwischenbescheid vom 7. August 2006 ist der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass nach Auffassung des Senats in Fällen der vorliegenden Art ohne weitere Verfahrensbeteiligte eine entsprechende Heranziehung des auf mehrseitige Verfahren beschränkten § 269 Abs. 3 ZPO nicht gerechtfertigt sei. Die Antragstellerin hat den Antrag aufrechterhalten und insbesondere mit Hinweisen auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofes und die verwaltungsgerichtliche Praxis begründet.

II.

Der Antrag, festzustellen, dass der Vorentscheidung des Amtes die Grundlage entzogen sei, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Senat teilt zunächst die Auffassung der Antragstellerin, dass die Rücknahme der Anmeldung im Eintragungsverfahren einer bereits ergangenen - aber noch nicht rechtskräftigen - Zurückweisungsentscheidung nachträglich die verfahrensrechtliche Grundlage entzieht (vgl. Kirschneck in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 39 Rdn. 1). Das Anmeldeverfahren ist damit beendet und es ergeht keine Entscheidung mehr in der Sache (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl. § 39 Rdn. 1). Daraus folgt jedoch kein entsprechender Feststellungsanspruch analog § 269 Abs. 4 ZPO hinsichtlich der nicht rechtskräftig gewordenen vorangegangenen Entscheidung.

Die begehrte Feststellung kann mangels einer einschlägigen Regelung im Markengesetz auch nicht auf § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 269 Abs. 3 und 4 ZPO gestützt werden. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist auf zivilgerichtliche Klageverfahren und somit auf mehrseitige Verfahren bezogen. Daher erscheint die vom Bundesgerichtshof vorgenommene und vom erkennenden Senat in ständiger Praxis so gehandhabte entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 ZPO auf markenrechtliche Widerspruchsverfahren nach Rücknahme des Widerspruchs gerechtfertigt, weil es sich insoweit um (zumindest) zweiseitige Verfahren handelt und die angefochtenen Beschlüsse jedenfalls auf Seiten dessen, der nicht die verfahrensbeendende Erklärung abgegeben hat, einen unzutreffenden Rechtsschein erzeugen können. In diesem Zusammenhang wird auch klargestellt, dass die Mehrseitigkeit dieser Verfahren nicht durch die Rücknahme des Widerspruchs beendet wird.

Für eine Ausdehnung der entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 ZPO auf einseitige markenrechtliche Verfahren wie das Eintragungsverfahren sieht der Senat keine Grundlage. Ist die Anmeldung durch Beschluss zurückgewiesen worden und wird sie im Beschwerdeverfahren zurückgenommen, kann in diesem Fall eine Rechtsunsicherheit bzw. eine Rechtsunklarheit oder gar ein falscher Rechtsschein über das Bestehen bzw. die Löschung einer eingetragenen Marke - anders als etwa bei Rücknahme eines zunächst erfolgreichen Widerspruchs - von vornherein nicht auftreten. Zudem ist ein dem die Rücknahme Erklärenden gegenüberstehender Verfahrensbeteiligter, anders als im Klageverfahren oder auch im Widerspruchsverfahren nicht vorhanden, so dass der Beschluss der Markenstelle auch keinem anderen Beteiligten zugestellt worden ist. An der Feststellung der Wirkungslosigkeit des angefochtenen Beschlusses besteht daher auch kein solches Rechtsschutzinteresse, wie es in den Fällen vorliegt, für die § 269 Abs. 3 ZPO unmittelbar anwendbar ist. Selbst wenn man dem Gesichtspunkt des subjektiven Rechtsschutzinteresses mit der Antragstellerin keine maßgebliche Bedeutung beimisst, kommt eine Heranziehung der Regelung in § 269 Abs. 4 ZPO gemäß § 82 Abs. 1 ZPO nach Auffassung des Senats in Fällen der vorliegenden Art aber grundsätzlich nicht in Betracht. Der Antragstellerin geht es nur um eine Feststellung zum Grund, weshalb ihre Anmeldung nicht zu einem Schutzrecht geführt hat. Ist aber der Zurückweisungsentscheidung bereits durch die Rücknahme der Anmeldung, welche selbst nicht in Frage steht, die Grundlage entzogen, ändert sich dadurch nichts am Rechtsstand und es besteht keine Grundlage mehr für eine gerichtliche Beschlussfassung über den nicht rechtskräftig gewordenen Zurückweisungsbeschluss der Markenstelle.

Auch die Hinweise der Antragstellerin zur verwaltungsgerichtlichen Praxis nach § 92 VwGO führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Zunächst ist schon nicht ersichtlich, dass nach Klagerücknahme die Unwirksamkeit von Entscheidungen der Verwaltungsbehörden festgestellt würde. Die angeführte Praxis erstreckt sich vielmehr nur auf gerichtliche Entscheidungen. Die Heranziehung der VwGO liegt aber auch schon deshalb fern, weil das Markengesetz für patentgerichtliche Verfahren in § 82 Abs. 1 eine subsidiäre Verweisung ausdrücklich nur auf die ZPO und das GVG enthält. Zudem sind Verfahren vor dem DPMA vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausdrücklich ausgenommen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. Somit ist anabhängig davon, ob und in welchem Umfang die Tätigkeit und die Entscheidungen des DPMA auch Elemente aufweisen, wie sie sonst im Verwaltungsbereich anzutreffen sind, im Hinblick auf die vom Gesetzgeber nach dem Urteil des von der Antragstellerin herangezogenen Urteils des BVerwG (GRUR 1959, 435) für die hier interessierenden Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes getroffenen spezifischen Regelungen bezüglich eines Rückgriffs auf Vorschriften des Verwaltungsrechts besondere Zurückhaltung geboten (vgl. dazu auch BPatG MarkenR 2007, 178, 181 f. - CASHFLOW). Auch lässt die spezifische Unterschiedlichkeit der Verfahren eine Gleichbehandlung nicht geboten erscheinen. So ist nach § 155 Abs. 2 VwGO der gerichtliche Ausspruch einer Kostenentscheidung zwingend vorgeschrieben, die nach Rücknahme einer Markenanmeldung im Eintragungsverfahren - wiederum anders als im Widerspruchsverfahren - von vornherein nicht in Betracht kommt. Zudem ist auch die von der Antragstellerin angeführte "Einseitigkeit" der Verfahren nicht vergleichbar, denn für verwaltungsgerichtliche Verfahren ist nach § 78 VwGO immer auch ein Klagegegner vorhanden und außerdem in § 36 VwGO ein Vertreter des öffentlichen Interesses als echter Beteiligter im Sinne des § 63 Nr. 4 VwGO vorgesehen, der im markenrechtlichen Verfahren fehlt.






BPatG:
Beschluss v. 15.05.2007
Az: 25 W (pat) 262/03


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