Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. April 2001
Aktenzeichen: 10 W (pat) 73/00

(BPatG: Beschluss v. 02.04.2001, Az.: 10 W (pat) 73/00)

Tenor

Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse B 60 P - vom 18. August 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt ist am 25. Januar 1995 ein Patent mit der Bezeichnung "Dach- und Splitkühlanlage für Kühltransportfahrzeuge" angemeldet worden. Als Zustellungsbevollmächtigte ist die K... GmbH benannt worden, zu deren Geschäftsführern der Anmelder gehört.

Nachdem der Anmelder am 21. Mai 1999 einen Betrag von 150,-- DM für die 5. Jahresgebühr gezahlt hatte, ist er vom Patentamt mit Bescheid vom 8. Juni 1999 benachrichtigt worden, daß die Anmeldung als zurückgenommen gelte, wenn 5. Jahresgebühr innerhalb der zuschlagsfreien Zahlungsfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit nicht bzw nicht in voller Höhe entrichtet worden sei. Die Anmeldung gelte als zurückgenommen, wenn die 5. Jahresgebühr mit dem Zuschlag in Höhe von insgesamt 165,-- DM nicht innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der Benachrichtigung gezahlt werde.

Auf den Bescheid des Patentamts vom 21. Januar 2000, daß die 5. Jahresgebühr mit dem tarifmäßigen Zuschlag innerhalb der gesetzten Frist nicht vollständig gezahlt worden sei und die Anmeldung daher als zurückgenommen gelte, hat die K... GmbH dem Patentamt in einer mit "i.A. S..." unterzeichneten Ein- gabe vom 30. Januar 2000 mitgeteilt, daß sie bereits am 20. Mai 1999 den Betrag von 150,-- DM für die 5. Jahresgebühr überwiesen habe. Das Patentamt werde daher um Prüfung und Mitteilung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebeten.

Am 2. Februar 2000 hat das Patentamt Frau S... telefonisch auf die Unvoll- ständigkeit der Zahlung der 5. Jahresgebühr hingewiesen und gleichzeitig mitgeteilt, daß die Möglichkeit der Wiedereinsetzung bei Nachholung der versäumten Handlung und Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsantrags bestehe. In der Gesprächsnotiz ist ferner vermerkt, daß Frau S... auf den Lauf der Wieder- einsetzungsfrist "ab dem Bescheid vom 21. Januar 2000" hingewiesen worden ist.

Am 7. Februar 2000 hat die K... GmbH in einem mit "K... GmbH i.V. F..." unterzeichneten Schriftsatz, dem ein Scheck über 165,-- DM beigefügt war, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, daß ihr Sachbearbeiter nach Erhalt der Erinnerung zur Zahlung von 165,-- DM bei der Buchführung nachgefragt und dort die Auskunft erhalten habe, daß der Betrag von 150,-- DM bereits am 20. Mai 1999 gezahlt worden sei. Ihr Mitarbeiter sei davon ausgegangen, daß es sich bei den zusätzlichen 15,-- DM um Mahnkosten bzw Verzugszinsen handele. Daher sei die Erinnerung des Patentamts als gegenstandslos angesehen worden, wobei noch zu erwähnen sei, daß der mit der Patentverwaltung betraute Sacharbeiter zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung gestanden habe und durch eine Aushilfe vertreten gewesen sei.

Auf den Bescheid des Patentamts vom 8. März 2000, daß das Vorbringen der Anmelderin ein Verschulden an der Fristversäumung wegen unvollständiger Zahlung der 5. Jahresgebühr nicht ausschließen könne, hat die K... GmbH mit Schriftsatz vom 12. April 2000, unterzeichnet von F... und "i.A." T..., ergänzend ausgeführt, daß der noch nie mit Patentangelegenhei- ten befaßte Sachbearbeiter der Buchhaltung "Erledigung" gemeldet habe, weil er der Meinung gewesen sei, die Zahlung vom 20. Mai 1999, die er aufgrund der ihm vorliegenden Jahresgebührenaufstellung vorgenommen habe, habe sich mit der Benachrichtigung des Patentamts vom 8. Juni 1999 gekreuzt. Daß die Zahlung bereits nach Ablauf der zuschlagsfreien Frist erfolgt sei, habe er nicht wissen können.

Durch Beschluß vom 18. August 2000 hat das Patentamt den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß ein falsches Verständnis der amtlichen Benachrichtigung nach § 17 Abs. 3 PatG kein die Fristversäumung entschuldigender Grund sei, denn sie sei so ausführlich abgefaßt, daß ihr Inhalt selbst für einen in Patentangelegenheiten unkundigen Mitarbeiter nachvollziehbar sei. Die weitere Frage, ob der Anmelder auch gegen seine Verpflichtung zur Überwachung des unkundigen Mitarbeiters verstoßen habe, könne unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.

Mit der am 16. September 2000 erhobenen Beschwerde beantragt der Anmelder, den Beschluß des Patentamts aufzuheben und Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr mit dem Zuschlag zu gewähren.

Er trägt vor, die nunmehr mit anwaltlicher Unterstützung durchgeführten Nachforschungen hätten ergeben, daß die bei der K... GmbH für die Jahresgebüh- renzahlungen zuständige und stets zuverlässig arbeitende Frau S..., die für jedes Patent Jahresgebührenaufstellungen mit sämtlichen Zahlungsdaten von der 3. bis zur 20. Jahresgebühr zu erstellen habe, bei der Gebührenaufstellung für das Patent P 195 02 137.1 als Anmeldetag versehentlich den 15. Mai 1995 eingetragen habe. Dadurch habe die Buchhaltung, welche die Zahlungen nach Maßgabe der Gebührenzahlungsanweisungen veranlasse, den Betrag von 150,-- DM an das Patentamt nicht in der zuschlagsfreien Zahlungsfrist überwiesen. Nach Erhalt der amtlichen Benachrichtigung gemäß § 17 Abs 3 PatG habe die Buchhaltung diese zusammen mit dem täglichen Massengeschäft bearbeitet und den Vorgang mit der Zahlung vom 20. Mai 1999 als erledigt abgeheftet, ohne die Benachrichtigung Frau S... oder dem Vorgesetzten vorzulegen. Das unglückliche Zusammen- treffen des einmaligen Fehlers von Frau S..., der nicht ganz optimalen Orga- nisation und Bearbeitung der amtlichen Benachrichtigung und der Unerfahrenheit der Buchhaltung könne dem Anmelder nicht als Verschulden angehaftet werden, denn er habe nach dem für ihn geltenden Maßstab eines Kaufmanns alles getan, um eine ordnungsgemäße Bearbeitung der Jahresgebührenzahlungen zu sichern. Dem Anmelder könne auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß er die den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Tatsachen in zunächst unklarer und ergänzungsbedürftiger Weise vorgetragen habe, denn das Patentamt sei seiner Verpflichtung, den Anmelder in einer für den Laien verständlichen Art auf das zwingende Erfordernis einer ausreichenden Darlegung des Tatsachenvortrags hinzuweisen, nicht nachgekommen. Wäre die gebotene rechtzeitige Aufklärung erfolgt, hätte der Anmelder fristgerecht einen Anwalt beauftragen können, der dann den Sachverhalt lückenlos belegbar hätte vortragen können. Aufgrund des Verstoßes gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs des Anmelders sei die nunmehrige Ergänzung der Tatsachen in dem Beschwerdeverfahren zulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Anmelders und der in dem Beschwerdeverfahren nachgereichten eidesstattlichen Versicherungen von ... S... und F... sowie der Vollmacht des Anmelders für F..., S... und T... wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Patentamt hat den Antrag des Anmelders auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht zurückgewiesen.

Wiedereinsetzung wird gemäß § 123 Abs. 1 PatG gewährt, wenn eine dem Patentamt gegenüber einzuhaltende Frist, deren Versäumung einen gesetzlichen Rechtsnachteil zur Folge hat, ohne Verschulden versäumt worden ist.

1. Der Anmelder hat die viermonatige Frist des § 17 Abs. 3 PatG zur Zahlung der 5. Jahresgebühr mit dem Zuschlag versäumt. Nachdem er am 21. Mai 1999 für die 5. Jahresgebühr nur einen Betrag von 150,-- DM gezahlt hatte, obwohl zu diesem Zeitpunkt der gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 PatG zu zahlende Zuschlag von 15,--DM ebenfalls fällig geworden war, ist er vom Patentamt mit Bescheid vom 8. Juni 1999 benachrichtigt worden, daß die Anmeldung gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 PatG als zurückgenommen gelte, wenn die 5. Jahresgebühr mit dem Zuschlag in Höhe von insgesamt 165,--DM nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Zustellmonats gezahlt werde. Die mit Einschreiben abgesandte Nachricht vom 8. Juni 1999 ist der Zustellungsbevollmächtigten auch unstreitig zugegangen, wie sich aus dem Schriftsatz der K... GmbH vom 7. Februar 2000 ergibt, in dem F... ausführt, die Firma (K... GmbH) habe mit Datum vom 15. Juli 1999 (richtig: 15. Juni) eine Erinnerung des Patentamts mit der Aufforderung zur Zahlung von 165,--DM erhalten. Selbst wenn man von diesem späten Zeitpunkt als Zustelldatum ausgeht, war die viermonatige Frist des § 17 Abs. 3 Satz 3 PatG verstrichen, bevor der fällige Betrag durch Scheck vom 7. Februar 2000 vollständig entrichtet worden war.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag kann keinen Erfolg haben.

a) Auf die Mitteilung des Patentamts vom 21. Januar 2000, daß die Patentanmeldung wegen der unvollständigen Zahlung der 5. Jahresgebühr mit dem Zuschlag als zurückgenommen gelte, ist mit Schriftsatz vom 7. Februar 2000, beim Patentamt eingegangen am 14. Februar 2000, zwar rechtzeitig Wiedereinsetzung beantragt und zugleich der Zuschlag von 15,--DM (sowie versehentlich nochmals der Betrag von 150,--DM) gezahlt worden (§ 123 Abs. 2 Satz 1 PatG). Der Antrag ist jedoch nicht von dem in der Rolle eingetragenen und damit nach § 30 Abs. 3 Satz 3 PatG allein berechtigten Anmelder gestellt worden, sondern eindeutig von ... F... im Namen der K... GmbH als Zustellungsbevollmächtigter des An- melders. Ob im Hinblick auf die erst im Beschwerdeverfahren eingereichte Erklärung des Anmelders, F... sei von ihm bevollmächtigt gewesen, den Schriftverkehr mit dem Patentamt zu führen und Anträge zu stellen, von einem im Namen des antragsberechtigten Anmelders gestellten Wiedereinsetzungsantrag ausgegangen werden kann, erscheint zweifelhaft. Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, denn der Wiedereinsetzungsantrag kann auch bei unterstellter Zulässigkeit in der Sache keinen Erfolg haben.

b) Die Tatsachen, die F..., S... und T... als nachträglich bevollmächtigte Vertreter des Anmelders innerhalb der spätestens Ende März 2000 endenden Wiedereinsetzungsfrist von zwei Monaten (§ 123 Abs. 2 PatG) vorgetragen haben, lassen nicht erkennen, daß der Anmelder die Frist des § 17 Abs. 3 Satz 3 PatG ohne Verschulden versäumt hat. Unverschuldet ist eine Fristversäumung, wenn der Verfahrensbeteiligte die von ihm unter den konkreten Umständen des Falles zu erwartende zumutbare Sorgfalt aufgewendet hat, um die Frist einzuhalten (stRspr, vgl Busse, PatG, 5. Aufl., § 123 Rdn 36; Benkard, PatG, 9. Aufl., § 123 Rdn 16 mwNachw). Im vorliegenden Fall hat der Anmelder nicht dargelegt, weshalb es nicht sein Verschulden ist, daß der Sachbearbeiter der Buchhaltung der K... GmbH die Gebührennachricht des Patent- amts vom 8. Juni 1999 im Hinblick auf die von der K... GmbH bereits am 20. Mai 1999 veranlaßte Überweisung der 5. Jahresgebühr als gegenstandslos betrachtet hat. Die Erledigung der Gebührennachricht nach § 17 Abs. 3 PatG durch einen Mitarbeiter, der die Nachricht in grundlegender Verkennung ihrer Bedeutung als Zahlungserinnerung und den Zuschlag von 15,--DM als Mahngebühr bzw als Verzugszinsen wertet, deutet auf ein erhebliches Organisationsverschulden des Anmelders hin. Bedient er sich bei der Erledigung seiner Patentangelegenheiten seiner Mitarbeiter oder der Mitarbeiter der Firma, deren Geschäftsführer er ist, so muß er alle erforderlichen Vorkehrungen und Anordnungen treffen, damit die eingehenden Bescheide des Patentamts durch diese Personen ordnungsgemäß bearbeitet werden. Hierzu hat der Anmelder nichts vorgetragen. Auch seine Behauptung, daß der in der K... GmbH mit der Patentverwaltung betraute Sachbearbeiter "zu diesem Zeitpunkt" nicht Verfügung gestanden habe und durch eine Aushilfe vertreten worden sei, läßt nicht erkennen, ob zwischen der Abwesenheit des Patentsachbearbeiters und dem Irrtum des Buchhalters ein das Verschulden des Anmelders möglicherweise ausschließender Zusammenhang besteht. Das gilt umso mehr, als die Zahlung des Zuschlags während eines Zeitraums von vier Monaten nach Ablauf des Monats der Zustellung der Nachricht erfolgen konnte (§ 17 Abs. 3 Satz 3 PatG).

3. Die von dem Anmelder in dem Beschwerdeverfahren nachgebrachten Tatsachen führen zu keiner anderen Beurteilung.

a.) Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Berücksichtigung dieser Tatsachen überhaupt zulässig ist. Nach der Rechtsprechung kann zwar ein ersichtlich unklarer oder unvollständiger Tatsachenvortrag nach dem Ablauf der Antragsfrist erläutert oder ergänzt werden, wenn das Vorbringen noch innerhalb der Antragsfrist durch Aufklärung gemäß § 139 ZPO hätte herbeigeführt werden können (vgl BGH VersR 1982, 802 mwNachw; VersR 1994, 136). Der Ansicht des Anmelders, das Patentamt habe gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Nachdem der Anmelder seinen Wiedereinsetzungsantrag vom 7. Februar 2000 damit begründet hatte, der Sachbearbeiter in der Buchhaltung seiner Firma habe den Zuschlag irrtümlich für eine Mahngebühr gehalten, bestand für das Patentamt im Hinblick auf diese eindeutige Aussage kein Anlaß, den Anmelder diesbezüglich zu einer Ergänzung seines Vorbringens aufzufordern. Unklar war allenfalls, welche Rolle die geltend gemachte Abwesenheit des Patentsachbearbeiters und dessen Vertretung durch eine Aushilfskraft bei der Versäumung der Frist gespielt hat. Da der Anmelder jedoch auf diese Tatsache in seinem gesamten späteren Vortrag nicht mehr eingegangen ist, kann er sich nicht nachträglich auf einen Aufklärungsmangel berufen. Im übrigen geht die Aufklärungspflicht des Patentsamts grundsätzlich nicht so weit, daß es den Anmelder über die Bedeutung der Wiedereinsetzung informieren und ihm klarmachen muß, daß es sich hier nicht um eine Art von Kulanzentscheidung, sondern um ein förmliches Verfahren handelt, in dem der die Wiedereinsetzung begründende Tatsachenvortrag vollständig innerhalb der Antragsfrist erfolgen muß. Wer mangels rechtlicher Kenntnisse nicht selbst in der Lage ist, die nachteiligen Folgen der Versäumung einer gesetzlichen Frist zu beseitigen, muß sich informieren, was auch durch Nachfrage bei dem Patentamt erfolgen konnte. Das gilt erst recht bei einem Verfahrensbeteiligten, der - wie der Anmelder - als Geschäftsführer eines Unternehmens am kaufmännischen Leben teilnimmt und daher in rechtlichen Angelegenheiten nicht völlig unkundig ist. Abgesehen davon hat das Patentamt dem Anmelder nicht nur den Gesetzestext des § 123 PatG übersandt, sondern auch S... von der K... GmbH, deren Mitwirkung bei der Erledigung seiner Patentangelegenheiten er sich bedient hat, ausweislich einer Aktennotiz in einem Telefongespräch vom 2. Februar 2000 nochmals ausdrücklich auf die Fälligkeit des Zuschlags sowie den Beginn und die Dauer der Wiedereinsetzungsfrist hingewiesen. Als mißverständlich kann allenfalls die Äußerungsfrist von vier Monaten angesehen werden, die das Patentamt dem Anmelder in dem ca zwei Wochen vor Ablauf der Antragsfrist abgesandten Bescheid vom 8. März 2000 gesetzt hat, ohne nochmals klarzustellen, daß alle die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgetragen werden müssen. Diesen vermeintlichen Widerspruch zu dem Wortlaut des Gesetzestextes hätte der Anmelder ebenfalls durch Nachfrage klären könnenb.) Letztlich kann die Frage eines etwaigen Verstoßes des Patentamts gegen eine Aufklärungspflicht jedoch dahingestellt bleiben, denn auch die in dem Beschwerdeverfahren nachgebrachten Tatsachen schließen ein Organisationsverschulden des Anmelders nicht aus. Es mag zwar ein dem Anmelder nicht zurechenbares Versehen von S... gewesen sein, daß sie in der Jahresgebühren- aufstellung für die vorliegende Patentanmeldung statt des 25. Januar 1995 versehentlich den 15. Mai 1995 als Anmeldetag eingetragen und deshalb irrtümlich angenommen hat, bei der am 20. Mai 1999 erfolgten Zahlung der 5. Jahresgebühr sei kein Zuschlag fällig. Auch für den Sachbearbeiter der Buchhaltung, der die Zahlung der Jahresgebühren nach den in der Jahresgebührenaufstellung angegebenen Daten vorzunehmen hatte, war dies nicht erkennbar. Dieser Irrtum, der im übrigen bereits bei der Zahlung der 3. und 4. Jahresgebühr hätte aufgeklärt werden können, weil auch hier jeweils eine Gebührennachricht mit der Aufforderung zur Zahlung der Jahresgebühr mit dem Zuschlag ergangen war, ist jedoch nicht ursächlich für die Versäumung der viermonatigen Frist des § 17 Abs. 3 PatG. Zu dieser Fristversäumung ist es nach dem eigenen Vortrag des Anmelders deshalb gekommen, weil die Gebührennachricht weder Frau S... noch dem Vorge- setzten - wer immer dies gewesen sein mag - vorgelegt worden ist, sondern dem Sachbearbeiter der Buchhaltung, der über keinerlei Kenntnis des Patentrechts verfügte und der wegen seiner Arbeitsbelastung angeblich auch keine Zeit hatte, die Gebührennachricht genau zu lesen. Bei einer solchen Organisation, die der Anmelder selbst als nicht ganz optimal bezeichnet, war die Fristversäumung vorprogrammiert. Um sicherzustellen, daß die bei seiner Zustellungsbevollmächtigten eingehenden Bescheide des Patentamts ordnungsgemäß bearbeitet werden, hätte der Anmelder dafür Sorge tragen müssen, daß alle Bescheide grundsätzlich entweder ihm oder einem patentrechtlich ausreichend ausgebildeten Mitarbeiter der Firma vorgelegt wurden, der in der Lage war, deren Inhalt zu verstehen und die zur Wahrung gesetzlicher Fristen erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen. Für einen derartigen Organisationsablauf, der eine Selbstverständlichkeit ist und keine juristischen Kenntnisse voraussetzt, läßt der Vortrag des Anmelders keine Anhaltspunkte erkennen. In der K... GmbH wußte bei Erhalt der Gebührennach- richt offensichtlich niemand Bescheid, wer für die Bearbeitung zuständig war und welche Folgen bei Nichtzahlung des Zuschlags eintreten. Selbst ... S... war trotz der patentamtlichen Hinweise offenbar nicht in der Lage, den Inhalt der Gebührennachricht zu erfassen und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Jahresgebühr und des Zuschlags nachzurechnen, denn erst mit anwaltlicher Hilfe konnte später aufgedeckt werden, daß Frau S... bei der Ausstellung der Zahlungsanweisungen versehentlich von dem falschen Anmeldetag ausgegangen ist. Unter diesen Umständen hat es der Anmelder selbst zu vertreten, daß es zu der Fristversäumung gekommen ist. Sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzulehnen.

Bühring Dr. Schermer Schuster Pr






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