Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 22. November 2001
Aktenzeichen: 1 A 4855/99

(OVG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 22.11.2001, Az.: 1 A 4855/99)

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Oberkreisdirektors vom 13. März 1997 in der Fassung dessen Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1998 verpflichtet, dem Kläger den Namen und die Anschrift der Informanten mitzuteilen, die ihn im Jahre 1994/1995 gegenüber dem Beklagten bezichtigt haben, während der Tätigkeit in der Führerscheinstelle rechtswidrig Fahrerlaubnisse gegen Zahlung von Bestechungsgeldern ausgestellt zu haben.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Oberkreisdirektors vom 29. Januar 1998 in der Fassung dessen Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 1998 verpflichtet, der Kreisdirektorin C. S. umfassende Aussagegenehmigung in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen Unbekannt wegen falscher Verdächtigung u.a. - 31 Js 468/97 - (vormals - 2 UJs 7251/97 -) zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger steht als Beamter im Dienste des Beklagten. Er war bis zum 31. Mai 1996 als Sachbearbeiter in der Führerscheinstelle des Straßenverkehrsamts eingesetzt, wo er u.a. für die Bearbeitung von Neuerteilungsanträgen einschließlich Versagungen zuständig war.

In einem mit dem Kläger u.a. im Hinblick auf dessen berufliche Perspektiven am 12. Juni 1995 geführten Gespräch eröffnete ihm die Personaldezernentin des Beklagten, die damalige Leitende Kreisrechtsdirektorin - Ltd. KRD - und nunmehrige Kreisdirektorin C. S. , es lägen ihr Hinweise vor, wonach er im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Straßenverkehrsamt anderen gegen Geldannahme Vorteile gewährt haben solle. Dies nahm der Kläger zum Anlass, unter dem 23. Juni 1995 u.a. einen Antrag auf Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens gegen sich selbst zu stellen. Nachdem ein unter dem 21. September 1995 erstellter Bericht über eine durch den Oberkreisdirektor des Beklagten - im Folgenden: Oberkreisdirektor - veranlasste und von dessen Rechnungsprüfungsamt vorgenommene Sonderprüfung des Aufgabenbereichs "Neuerteilung von Fahrerlaubnissen" im Straßenverkehrsamt ausgewertet und der Kläger persönlich angehört worden war, stellte der Oberkreisdirektor mit Schreiben vom 22. März 1996 das Disziplinarverfahren - allerdings ohne vorherige Mitteilung des Ergebnisses der Vorermittlungen - mit der Begründung ein, die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe hätten sich im durchgeführten Vorermittlungsverfahren als unzutreffend herausgestellt.

Mit Schreiben vom 8. Januar 1997 beantragte der Kläger beim Oberkreisdirektor unter Hinweis darauf, dass ihn die Angelegenheit nach wie vor insbesondere psychisch belaste, ihm den Namen desjenigen mitzuteilen, auf dessen Äußerungen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe beruhten. Dies lehnte der Oberkreisdirektor unter dem 13. März 1997 mit der Begründung ab, nach Abwägung aller Argumente sei er zu dem Ergebnis gelangt, den Namen des Informanten nicht preisgeben zu dürfen. Nachdem der Oberkreisdirektor unter dem 18. und 30. Juni 1997 seine Auffassung bestätigt hatte, erhob der Kläger mit Schreiben vom 5. August 1997 Widerspruch. Unter demselben Datum beantragte er auf der Grundlage von § 26 Abs. 4 DO NRW die Durchführung weiterer Ermittlungen.

Nachdem der Kläger bei der Staatsanwaltschaft B. einen Strafantrag gegen Unbekannt wegen falscher Verdächtigungen u.a. - 31 Js 468/97 - (vormals - 2 UJs 7251/97 -) gestellt hatte, verweigerte der Oberkreisdirektor unter dem 29. Januar 1998 die von der Staatsanwaltschaft im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beantragte Erteilung einer Aussagegenehmigung für die Ltd. KRD S. unter Hinweis darauf, dass die Verwaltung vielfach auf vertrauliche Hinweise angewiesen sei und die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben zumindest erheblich erschwert werde, wenn der Gewährsmann nicht auf die Zusicherung der vertraulichen Behandlung vertrauen könne, weil die Mitarbeiter der Behörde, die die Information erlangt hätten, als Zeugen aussagen müssten. Gegen diese Entscheidung des Oberkreisdirektors erhob der Kläger mit Schreiben vom 24. Februar 1998 ebenfalls Widerspruch.

Da in der Folgezeit die Widersprüche des Klägers unbeschieden blieben, hat dieser am 2. Juli 1998 Klage erhoben.

Unter dem 9. Juli 1998 hat der Oberkreisdirektor das eingestellte Vorermittlungsverfahren wieder aufgenommen, das in der Folgezeit, nachdem dem Kläger das wesentliche Ergebnisse der Vorermittlungen mitgeteilt, er angehört und sich weitere Erkenntnisse nicht ergeben haben, mit Schreiben vom 25. Mai 2000 wiederum eingestellt worden ist.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 1998 hat der Oberkreisdirektor sodann den Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aussagegenehmigung für die Ltd. KRD S. mit der Begründung zurückgewiesen, die Aussagegenehmigung sei versagt worden, da die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zumindest erheblich erschwert werde, wenn die Gewährsperson sich nicht auf die Zusicherung der vertraulichen Behandlung verlassen könne.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 1998 hat der Oberkreisdirektor auch den Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung der Bekanntgabe des Informanten zurückgewiesen und zur Begründung angeführt: Bei der anzustellenden Ermessensentscheidung sei die Güterabwägung zwischen dem Interesse an der Geheimhaltung der Gewährsperson und dem Interesse des Klägers an der Bekanntgabe dessen Namens mit Blick darauf, dass die Verwaltung im Rahmen der steigenden Korruption an vertraulichen Hinweisen interessiert sei, zu Lasten des Klägers ausgegangen. Obwohl die vorgenommenen Überprüfungen kein Anhalt für Beanstandungen ergeben hätten, könne der Gewährsperson keine Böswilligkeit oder Leichtfertigkeit nachgewiesen werden. Schließlich verpflichte auch die gegenüber dem Kläger bestehende Fürsorgepflicht nicht zu einer anderen Entscheidung, weil dieser durch andere Maßnahmen wie insbesondere der Umsetzung in ein anderes Amt hinreichend Rechnung getragen worden sei.

Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung die Kreisdirektorin S. als Zeugin zu der Frage gehört, in welcher Weise der Oberkreisdirektor 1995 dahingehend informiert worden ist, der Kläger habe sich für Diensthandlungen Vorteile gewähren lassen. Dazu hat die Zeugin im Wesentlichen erklärt: Einige Wochen vor dem 12. Juni 1995 sei nach vorheriger Terminvereinbarung eine ihr bekannte Person mit einem nahen Angehörigen bei ihr erschienen. Diese Personen hätten sie auf Probleme im Straßenverkehrsamt bei der Erteilung von Fahrerlaubnissen angesprochen, wonach z. B. auch bei positiven MPU-Gutachten eine Wiedererteilung erst nach Zahlung von Geld erfolge. Diese Information habe von einer dritten Person gestammt, die zu der ihr bekannten Person in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis stehe. Es handele sich um eine zuverlässige Person; diese selbst habe derartige Ereignisse aber auch nicht erlebt. Ort der Abwicklung der Vorgänge sei eine Gaststätte an einer Ausfallstraße in Richtung Porta-Westfalica gewesen. Dort sei es auch zur Geldübergabe gekommen. Der von den beiden Personen genannte ursprüngliche Informant sei ihr nicht bekannt. Nach diesem Gespräch habe sie überlegt, was zu tun sei, und sei zu dem Schluss gekommen, dass wegen der Schwierigkeiten der Beweisführung nichts unternommen werden solle. Sie habe den Oberkreisdirektor unverzüglich über diese Informationen unterrichtet und ihm auch ihren Vorschlag vorgelegt. Er sei damit einverstanden gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Zeugenaussage wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 15. September 1999 hat das Verwaltungsgericht die Klage mit den Anträgen,

1. den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 13. März, 18. Juni und 30. Juni 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1998 zu verpflichten, dem Kläger Namen und Anschrift der Informantin/des Informanten mitzuteilen, die/der ihn im Jahre 1994/1995 gegenüber dem Beklagten bezichtigt hat, während der Tätigkeit in der Führerscheinstelle des Beklagten rechtswidrig Fahrerlaubnisse gegen Zahlung von Bestechungsgeldern ausgestellt zu haben,

2. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 1998 zu verpflichten, der Kreisdirektorin C. S. umfassende Aussagegenehmigung in dem Strafverfahren der StA B. gegen Unbekannt - 2 UJs 7251/97 - wegen Verleumdung, falscher Verdächtigung pp. zum Nachteil des Klägers zu erteilen,

mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen: Als Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Beklagten, der Kreisdirektorin S. die begehrte Aussagegenehmigung zu erteilen, komme allein § 65 LBG in Betracht, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorlägen. Die vom Oberkreisdirektor angeführten Gründe für die Versagung der Aussagegenehmigung seien nachvollziehbar und stichhaltig. Jede Behörde müsse ein besonderes Interesse an der Bekämpfung von Korruption haben. Dabei sei sie naturgemäß auch auf Informationen Dritter angewiesen. Würde einem Informanten entgegen seinem Wunsch keine Diskretion zugesichert oder würde die einmal gegebene Zusicherung durch Erteilung einer Zeugenaussage unterlaufen, so würde dies dazu führen, dass die Behörde nicht mehr auf Informationen Dritter hoffen und damit der Korruptionsbekämpfung nicht mehr umfassend nachkommen könnte. Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben wäre dadurch zumindest erheblich erschwert. Für das Begehren auf Bekanntgabe des Informanten fehle es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Es sei jedoch davon auszugehen, dass für einen solchen Anspruch die Grundsätze des § 65 LBG heranzuziehen seien, die Auskunftserteilung jedoch im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde stehe. Bei der zutreffenden Ermessensentscheidung sei einerseits das Interesse des Antragstellers an der Auskunftserteilung zu berücksichtigen, welches insbesondere darin bestehe, dass der Betroffene zur sachgemäßen Wahrnehmung seiner Rechte auf die entsprechende Auskunft angewiesen sei. Andererseits sei aber auch zu bewerten, ob dem Auskunftsbegehren etwaige schützenswerte öffentliche Interessen oder schutzwürdiger Belange Dritter entgegenstünden. Im Hinblick darauf müsse deshalb in die Ermessensentscheidung auch einfließen, dass die Behörde vielfach auf vertrauliche Hinweise aus der Bevölkerung oder von Mitarbeitern angewiesen sei und der Informant sich dabei auf die zugesicherte Vertraulichkeit verlassen können müsse. Dies dürfe jedoch nicht dazu führen, dass der jeweils Beschuldigte in jedem Fall schutzlos Denunziationen preisgegeben wäre. Daher könne die Zusage der Vertraulichkeit vor allem dann keinen Bestand haben, wenn die Anzeige böswillig, wissentlich oder leichtfertig falsch erstattet sei. Letzteres sei hier nicht festzustellen. Die Preisgabe des Namens des Informanten sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung des Klägers oder der Wiederherstellung seiner Ehre geboten. Dass die der Kreisdirektorin S. gegebenen Information überhaupt öffentlich bekannt geworden sei, liege auch in der Sphäre des Klägers. Hätte er nicht versucht, den Namen des Informanten zu erfahren und nicht die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst beantragt, wäre der ihm gemachte Vorwurf der Bestechlichkeit nicht in der geschehenen Weise bekannt geworden. Der Beklagte habe dem Kläger auch Schutz und Fürsorge in ausreichendem Umfang zuteil werden lassen. So sei er aus Fürsorgegesichtspunkten in ein anderes Amt umgesetzt worden. Zudem sei er zum Kreisamtmann befördert worden. Schließlich seien auch die disziplinaren Vorermittlungen eingestellt worden. Es sei daher nicht vorstellbar, inwiefern die Preisgabe des Namens des Informanten zu einer noch weitergehenden Rehabilitierung des Klägers oder zur Wiederherstellung seiner Ehre führen könnte.

Die mit Beschluss des vormals zuständigen 12. Senats des erkennenden Gerichts vom 21. Januar 2000, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 28. Januar 2000, zugelassene Berufung haben diese am 28. Februar 2000 begründet.

Im Wesentlichen führt der Kläger an: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht einen Anspruch auf Erteilung der Aussagegenehmigung verneint, da zwei wesentliche Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 2. Alternative LBG nicht erfüllt seien. Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts tangiere die Erteilung der Aussagegenehmigung nicht die Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Die vom Beklagten vorgebrachte öffentliche Aufgabe der Korruptionsbekämpfung stelle keine Aufgabe dar, die von diesem zu erfüllen sei. Vielmehr obliege diese Aufgabe den Strafverfolgungsbehörden. Auch eine vom Verwaltungsgericht angenommene erhebliche Erschwerung der Aufgabenerfüllung liege nicht vor. Es liege auf der Hand, dass Informationen aus der Bevölkerung zur Korruptionsbekämpfung benötigt würden und der zuverlässige Informant der vertraulichen Behandlung bedürfe. Ihm müsse dies auch zugesagt werden. Vorliegend handele es sich jedoch nicht um zuverlässige und brauchbare Angaben. Es sei lediglich ein Gerücht aufgeschnappt worden, welchem der Beklagte selbst nicht habe weiter nachgehen wollen, welches dem Kläger jedoch vorgehalten worden sei. Solche Informationen könnten nicht zur effektiven Korruptionsbekämpfung beitragen. Sie führten die Behörden vielmehr in die Irre und zu falschen und unnötigen Ermittlungen, bänden unnötige Kräfte und behinderten unter Umständen sogar die Korruptionsbekämpfung. Außerdem habe das Verwaltungsgericht weiter aufklären müssen, um wen es sich bei den Informanten und dessen Auskunftsperson gehandelt habe und wie diese dazu gekommen seien, entsprechende Angaben bei dem Beklagten zu machen. Nur bei Vorliegen dieser Kenntnisse hätte das Verwaltungsgericht beurteilen können, ob die Information der Korruptionsbekämpfung diene und ob die Erteilung einer Aussagegenehmigung die Erfüllung der Aufgaben erschwere. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien nunmehr auch in geheimhaltungsbedürftigen Fällen die Vorlage aller zum Vorgang existierenden Akten und die umfängliche Auskunftserteilung an das Gericht erforderlich. Es werde deshalb beantragt, im Rahmen eines "in camera"-Verfahrens alle etwaig existierenden Akten beizuziehen sowie die Kreisdirektorin S. und den ehemaligen Oberkreisdirektor Dr. G. anzuhören. Weiterhin seien bei der Erteilung einer Aussagegenehmigung zugunsten eines Beamten mit Rücksicht auf die Fürsorgepflicht aus § 85 LBG engere Maßstäbe anzulegen. Vorliegend bestehe ein Rehabilitationsinteresse, das noch nicht allein dadurch erfüllt sei, dass eine Beförderung ausgesprochen und keine Benachteiligung eingetreten sei. Auch die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen sich selbst und das damit verbundene Bekanntwerden des Vorfalls könne dem Rehabilitationsinteresse nicht entgegengehalten werden, da es sich dabei um eine zwingende Notwendigkeit zur Aufklärung gehandelt habe. Es bestehe auch ein Anspruch auf Mitteilung des Namens des Informanten. Dieser resultiere aus einer entsprechenden Anwendung des § 65 Abs. 1 LBG. Die von dem Beklagten vorgenommene Abwägung der gegenläufigen Interessen sei ermessensfehlerhaft, da nicht alle relevanten Aspekte beachtet und falsche Gewichtungen vorgenommen worden seien. So sei verkannt worden, dass ein Rehabilitationsinteresse vorliege, welches nicht durch die routinegemäße Beförderung und durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen sich selbst geschmälert worden sei. Die Vertraulichkeitszusage gegenüber den Informanten spreche ebenfalls nicht für die Auskunftsverweigerung, weil die Anzeige wenigstens leichtfertig falsch erstattet worden sei und die Zusage damit keinen Bestand mehr haben könne. Schließlich sei die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht aus § 85 LBG völlig außer Acht gelassen worden. Die Behörde habe danach für das Wohl des Beamten zu sorgen. Dieses sei hier dadurch beeinträchtigt, dass er - der Kläger - durch den Vorfall schwer seelisch angeschlagen gewesen sei und um seine Existenz gefürchtet habe. Diese Angst vor einer weiteren ungerechtfertigten Anzeige durch dieselbe Person sei bis heute nicht ausgeräumt. Weiterhin habe die Behörde dem Beamten insbesondere auch vor ungerechtfertigten Angriffen von außen zu schützen. Auch im Zusammenhang mit dem Auskunftsverlangen habe das Verwaltungsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts gegen die ihm obliegende Aufklärungspflicht verstoßen. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Information leichtfertig erteilt worden sei habe sich das Verwaltungsgericht ausschließlich auf die Feststellungen und Einschätzungen des Beklagten bzw. der diesem angehörenden Kreisdirektorin S. verlassen, ohne dass die Tatsachen und die Abwägungskriterien von diesen offengelegt worden seien. Dies sei nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr zulässig. Ein Anspruch auf Erteilung der Auskunft ergebe sich auch aus § 19 BDSG. Danach habe der Betroffene das Recht, ihn persönlich betreffende Daten und deren Herkunft zu erfahren. Eine Einschränkung aus § 19 Abs. 4 Nr. 3 BDSG liege nicht vor, da kein überwiegendes berechtigtes Interesse eines Dritten bestehe. Auch die anderen Versagungsgründe kämen nicht in Betracht.

Der Kläger hat seine erstinstanzlichen Anträge klarstellend dahingehend neu gefasst, dass er beantragt,

1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Oberkreisdirektors vom 13. März 1997 in der Fassung dessen Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1998 zu verpflichten, ihm den Namen und die Anschrift der Informanten mitzuteilen, die ihn im Jahre 1994/1995 gegenüber dem Beklagten bezichtigt haben, während der Tätigkeit in der Führerscheinstelle rechtswidrig Fahrerlaubnisse gegen Zahlung von Bestechungsgeldern ausgestellt zu haben,

2. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Oberkreisdirektors vom 29. Januar 1998 in der Fassung dessen Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 1998 zu verpflichten, der Leitenden Kreisregierungsdirektorin C. S. umfassende Aussagegenehmigung in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft B. gegen Unbekannt wegen falscher Verdächtigung u.a. - 31 Js 468/97 - (vormals - 2 UJs 7251/97 -) zu erteilen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach den neu gefassten erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil und führt ergänzend an: Die Namen der Vertrauenspersonen seien weder in irgendeiner Datei gespeichert noch aktenkundig gemacht worden. Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich auch bei der Korruptionsbekämpfung innerhalb der Kreisverwaltung um eine öffentliche Aufgabe i.S.d. § 65 LBG. Auch würde die Erteilung der begehrten Aussagegenehmigung die Aufgabenerfüllung im Sinne der vorgenannten Vorschrift erheblich erschweren. Entgegen der Auffassung des Klägers sei bei der Entscheidung über die Erteilung einer Aussagegenehmigung nicht die Fürsorgepflicht aus § 85 LBG einzubeziehen. § 65 LBG räume für diese Entscheidung kein Ermessen ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (ein Band) Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige, insbesondere auch den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Sätze 1 und 4 VwGO genügend begründete Berufung hat Erfolg.

Der zulässige Antrag zu 1. ist begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Mitteilung der Namen und der Anschriften der Informanten, die ihn im Jahr 1994/95 gegenüber dem Beklagten bezichtigt haben, während der Tätigkeit in der Führerscheinstelle rechtswidrig Fahrerlaubnisse gegen Zahlung von Bestechungsgeldern ausgestellt zu haben. Der Bescheid des Oberkreisdirektors vom 13. März 1997 in der Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1998 ist insoweit rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der begehrte Auskunftsanspruch ergibt sich zwar nicht aus den §§ 29 Abs. 1 Satz 1, 25 Satz 2 VwVfG NRW. Denn abgesehen davon, dass die in diesen Vorschriften geregelte Verpflichtung der Behörde, unter bestimmten Voraussetzungen Akteneinsicht zu gestatten bzw. Auskunft über bestehende Rechte und Pflichten zu erteilen, sich nicht ohne weiteres mit dem hier geltend gemachten Anspruch auf Auskunft über Name und Anschrift einer Gewährsperson deckt, gewähren diese Bestimmungen lediglich formelle Rechte im Rahmen eines - hier nicht vorliegenden - Verwaltungsverfahrens, jedoch keine materiellen Ansprüche außerhalb eines solchen. Denn die dort genannten Rechte stehen nur den "Beteiligten" im "Verwaltungsverfahren" zu.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 42.83 -, BVerwGE 84, 375, = Buchholz 403.1, allgemeines Datenschutzrecht Nr. 8 = DSG 1990, 700 = DVBl. 1990, 707 = NJW 1990, 2761, m.w.N.

Als Grundlage für den begehrten Anspruch des Klägers greift jedoch § 18 Abs. 1 Nr. 3 DSG NRW ein, dessen Anwendung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 DSG NRW eröffnet ist, weil - wie darzulegen sein wird - die Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der Vorschriften des Gesetzes inmitten des Streits der Parteien liegt.

Nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 DSG NRW ist der betroffenen Person von der verantwortlichen Stelle auf Antrag Auskunft zu erteilen u. a. über die Herkunft der zu ihrer Person verarbeiteten Daten (Nr. 3). Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Bei den von den Gewährspersonen an die Kreisdirektorin S. gelieferten Informationen handelt es sich um personenbezogene Daten des Klägers im Sinne dieser Bestimmung, da diese Einzelangaben über die persönlichen und sachlichen Verhältnisse des Klägers darstellen (vgl. § 3 Abs. 1 DSG NRW). Insoweit ist dem Akteninhalt, insbesondere den Untersuchungen durch das Rechnungsprüfungsamt des Beklagten, dem Abschlussbericht zu den Vorermittlungen sowie den Angaben der Kreisdirektorin S. eindeutig zu entnehmen, dass der Kläger sowohl Geld zur Vermeidung der an sich erforderlichen Einholung von MPU-Gutachten als auch Geld für den Fall genommen haben soll, in welchem die Fahrerlaubnis ohne weiteres (erneut) hätte erteilt werden müssen. Damit liegen Informationen vor, die über den Kläger eine Aussage treffen; das sind mithin personenbezogene Daten im Sinne des Gesetzes.

Diese Daten sind verarbeitet worden. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 DSG NRW fällt unter Datenverarbeitung auch das Erheben personenbezogener Daten. Unter Erheben ist nach Satz 2 Nr. 1 dieser Bestimmung das Beschaffen von Daten über die betreffende Person ungeachtet der dabei angewendeten Verfahren zu verstehen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Dem steht nicht entgegen, dass die erhobenen Daten weder schriftlich in einer Akte noch elektronisch in einer Datei festgehalten worden sind. Denn im Rahmen des Begriffs der Datenverarbeitung ist der Tatbestand des Erhebens von demjenigen des Speicherns zu unterscheiden. Ein Erheben personenbezogener Daten setzt nicht zwingend voraus, dass die Daten nach dem Beschaffen auch gespeichert werden. Der umfassende Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch das Datenschutzgesetz (vgl. § 1 DSG NRW) erfasst auch Lebenssachverhalte, bei denen personenbezogene Daten lediglich isoliert erhoben werden.

Dem Vorliegen des Begriffsmerkmals "Erheben" kann auch nicht entgegengehalten werden, der Kreisdirektorin S. seien die Daten bloß zugefallen. Denn durch die Terminsvereinbarung mit den Gewährspersonen und deren Befragung im Rahmen des Gesprächstermins hat diese sich aktiv darum bemüht, die Daten zu erhalten; sie sind deswegen beschafft und damit im Sinne des Gesetzes erhoben worden.

Der Oberkreisdirektor stellt auch die verantwortliche Stelle im Sinne der genannten Anspruchsgrundlage dar. Denn die Kreisdirektorin S. handelte im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit und damit für den Oberkreisdirektor. Der Oberkreisdirektor kann gegen den Anspruch des Klägers auch nicht mit Erfolg einwenden, die begehrte Auskunft könne nur von der Kreisdirektorin S. erteilt werden. Denn dem Oberkreisdirektor obliegt es, sich die zur Erfüllung des klägerischen Begehrens notwendigen Angaben von der Kreisdirektorin S. zu verschaffen. Dies ist ihm auch möglich, da die Kreisdirektorin S. ihrerseits verpflichtet ist, die im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit erhaltenen Informationen dem Oberkreisdirektor als ihrem Vorgesetzten auf entsprechende Anforderung mitzuteilen, § 18 Abs. 2 Satz 1 DSG NRW.

Schließlich bezieht sich die begehrte Auskunft auch auf die Herkunft der Daten. Denn unter diesen Begriff fallen auch Name und Anschrift der Person, durch die die datenverarbeitende Stelle über die personenbezogenen Daten informiert worden ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. September 1991 - 1 C 48/88 -, BVerwGE 89, 14 = Buchholz 403.11 § 19 BDSG Nr. 1 = DÖV 1992, 116 = DVBl. 1992, 298 = NJW 1992, 451, m.w.N.

Der hiernach begründete Anspruch auf Auskunftserteilung scheitert nicht an § 18 Abs. 3 DSG NRW. Diese Vorschrift enthält Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung entfällt. Soweit sie überhaupt einschlägig sind, greifen diese Tatbestände hier nicht.

Nach Buchst. a) dieser Bestimmung entfällt die Verpflichtung zur Auskunftserteilung, soweit dies die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der verantwortlichen Stelle erheblich gefährden würde. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Zur Kompetenz des Beklagten gehört es sicherzustellen, dass die ihm obliegenden Aufgaben durch die bei ihm tätigen Beschäftigten ordnungsgemäß erfüllt werden. Dies umfasst insbesondere die Gewährleistung, dass die Aufgabenerfüllung nicht unrechtmäßiger Weise dadurch beeinträchtigt wird, dass Geldzahlungen an die Bediensteten für die Erbringung behördlicher Leistungen gezahlt werden. Mit Blick darauf gehört es - gerade auch zur Gewährleistung des nach außen gerichteten ordnungsgemäßen Amtsbetriebs - zu den Aufgaben des Beklagten, gegen Korruption in der Kreisverwaltung vorzugehen. Dem Kläger, der diesen Gesichtspunkt der Aufgabenerfüllung bereits in Frage stellt, ist zwar zuzugestehen, dass es sich bei einer Kreisverwaltung nicht um eine Strafverfolgungsbehörde handelt. Er verkennt jedoch, dass die Korruptionsbekämpfung nicht nur eine allein den Strafverfolgungsbehörden obliegende Aufgabe ist, sondern auch die einzelnen Behörden für sich selbst Maßnahmen ergreifen müssen, um der Korruption Einhalt zu gebieten. Im Zusammenhang damit obliegt es - schon mit Blick auf die größere Sachnähe - auch ihnen und mithin auch dem Beklagten, u. a. Aufklärungsmaßnahmen zur Korruptionsbekämpfung zu ergreifen.

Die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgabe ist im Grundsatz gefährdet, wenn der Beklagte Namen und Anschrift einer Gewährsperson offenbaren würde. Denn der Beklagte ist zur Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen der Korruptionsbekämpfung darauf angewiesen, vertrauliche Hinweise zu erhalten. Gerade mit Blick auf die Schwierigkeiten bei der Aufklärung derartiger Taten bedarf der Beklagte solcher Informationen. Ohne das Vertrauen darauf, dass ihre Person nicht publik gemacht wird, bereitet es Schwierigkeiten, Informanten zur Aufklärung der Umstände zu finden. Das Vertrauen der Gewährsperson auf die Geheimhaltung ihrer Personalien wäre jedoch erschüttert, wenn sie trotz der gegebenen Zusage einer vertraulichen Behandlung damit rechnen müsste, dass ihre Identität aufgedeckt wird. Für den Wegfall dieser Vertrauensgrundlage reicht es aus, wenn derartiges in einem einzelnen Fall erfolgt.

Dies gilt grundsätzlich unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Information. Es trifft zwar zu, dass unrichtige Informationen für die Aufgabenerfüllung im Rahmen der Korruptionsbekämpfung letztlich ohne oder von nur geringem Wert sind. Dessen ungeachtet müssen die Verwaltungsbehörden allen Hinweisen auf einen Korruptionsverdacht nachgehen und die Vertraulichkeit der Informationsquellen auch dann wahren, wenn die Hinweise sich schließlich als unzutreffend erweisen. Selbst bei einem auf leichter Fahrlässigkeit beruhenden Irrtum des Informanten ist dessen Preisgabe unter Hintanstellung öffentlicher Belange und zugesagter Vertraulichkeit nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Denn die für die Korruptionsbekämpfung unentbehrlichen Informationen Dritter können nur erwartet werden, wenn nicht schon jede Nachlässigkeit des Informanten bei seinen Ermittlungen zu seiner Preisgabe führt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. September 1991 - 1 C 48/88 -, a.a.O.

Eine andere Beurteilung kommt allerdings dann in Betracht, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Informant wider besseres Wissen oder leichtfertig, d. h. infolge eines aus seinen persönlichen Fähigkeiten zu beurteilenden erhöhten Grads an Fahrlässigkeit, falsche Informationen gegeben hat. Das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung des Informanten verliert ausnahmsweise bei einer wider besseres Wissen oder leichtfertig aufgestellten Behauptung unwahrer Tatsachen seine gegenüber dem Offenbarungsinteresse des Betroffenen regelmäßig durchschlagende Bedeutung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. September 1991 - 1 C 48/88 -, a.a.O.

Im gegebenen Zusammenhang beruht das auf der Erwägung, dass von einer schützenswerten Korruptionsbekämpfung durch u. a. Sammlung und Bewahrung vertraulicher Informationen nicht mehr die Rede sein kann, wo die Behauptungen (Informationen) den Charakter von Denunziationen haben. Das ist aber der Fall bei Verbreitung von ehrenrührigen etc. Behauptungen wider besseres Wissen und leichtfertig verbreiteten unwahren Informationen.

Mit Blick auf diesen Gesichtspunkt hat vorliegend das Geheimhaltungsinteressse des Beklagten zurückzutreten, da die Gewährspersonen bei ihren Äußerungen gegenüber der Kreisdirektorin S. leichtfertig gehandelt haben.

Der mit den Äußerungen verbundene Vorwurf der Gewährspersonen gegenüber dem Kläger ist von erheblichem Gewicht. Denn für den Fall, dass die Tatsachen zutreffen würden, hätte sich der Kläger möglicherweise wegen Bestechlichkeit nach § 332 StGB, zumindest aber wegen Vorteilsannahme nach § 331 StGB strafbar gemacht. Vor allem mit Blick auf die Gewichtigkeit des Vorwurfs stellt es ein leichtfertiges Handeln dar, wenn Informationen offenbart werden, deren Wahrheitsgehalt nicht im Ansatz an objektiven Fakten festgemacht werden kann. Wer derart ehr- und existenzgefährdende Behauptungen über einen anderen aufstellt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er eine solche Vorgehensweise nur verantworten kann, wenn er selbst subjektiv davon ausgehen darf, auch den Wahrheitsbeweis erbringen zu können. Gerade die Strafandrohung durch § 186 StGB für den Fall, dass ehrenrührige, ruf- und existenzschädigende Umstände verbreitet werden, für die der Wahrheitsbeweis nicht erbracht werden kann, zeigt, dass ein verantwortlich Handelnder derartige Informationen nur dann weitergeben darf, wenn er sich in der Lage sieht, sich auf objektive Fakten zu berufen.

Daran fehlt es den in Rede stehenden Gewährspersonen aber. Es mangelt ihnen an jeglichen Fakten, die auch nur einen nachprüfbaren Hinweis auf die Täterschaft des Klägers belegen könnten. Sie haben sich ihrerseits lediglich darauf berufen, die Informationen von einem Dritten erhalten zu haben, der im Übrigen seinerseits nicht etwa Selbsterlebtes, sondern ihm Zugetragenes weitergab. Den Ansatz eines Beweises oder auch nur eines Indizes für die Richtigkeit ihrer Behauptung haben sie indes nicht geliefert. Der Vorwurf der Leichtfertigkeit gründet zudem gerade in dem Umstand, dass die als seriös eingeschätzten Endinformanten des Beklagten, die ihrerseits ihren Informanten - für den Beklagten schon nicht mehr nachprüfbar - als seriös einstuften, ganz offensichtlich zu der Verlässlichkeit des - unbekannten - Anfangsinformanten nichts wussten, so dass die Weitergabe der den Kläger schwer treffenden Vorwürfe von Anfang an bei nur geringer Anspannung gewöhnlichen Verantwortungsbewusstseins für jedermann leicht ersichtlich auf "Hörensagen" beruhte; die verbreitende Darstellung darauf beruhender Anschuldigungen der in Rede stehenden Art als Tatsachen ist leichtfertig.

Der Leichtfertigkeit des Handelns kann auch nicht entgegen gehalten werden, die Gewährspersonen hätten sich auf die Wiedergabe eines Gerüchts beschränkt. Denn mit ihrem Hinweis darauf, dass der Dritte, von dem sie ihre Informationen erhalten haben wollen, zuverlässig und seriös sei, haben sie sich nicht auf eine bloße Meinungsäußerung beschränkt, sondern ihre Angaben als tatsächlich zutreffend und damit als Tatsachen dargestellt. Zur gleichen Schlussfolgerung führt der Umstand, dass die Gewährspersonen darüber hinaus auch noch nähere Einzelheiten geschildert haben, an welchem Ort und in welcher Form die Geldübergabe angeblich erfolgt sein soll.

Gegen das auf der Leichtfertigkeit des Handelns beruhende Zurücktreten seines Geheimhaltungsinteresses kann der Beklagte sich nicht mit Erfolg auf die vermeintliche Seriösität der Gewährspersonen stützen. Bei der Seriösität einer Gewährsperson handelt es sich im jeweils konkreten Fall nicht um ein objektives Faktum, sondern lediglich um das Ergebnis einer subjektiven Einschätzung und Schlussfolgerung aus Umständen, die gegebenenfalls - wie hier - nur dem Empfänger der Information bekannt sind. Eine derartige subjektive Einschätzung vermag aber den für das Zurücktreten des Geheimhaltungsinteresses maßgeblichen Gesichtspunkt der Leichtfertigkeit des Handelns nicht zu verdrängen, wenn der Vorwurf der Leichtfertigkeit wie hier in dem Fehlen jeglichen objektiven Anhalts für eine Täterschaft des Betroffenen begründet ist. Denn auch eine ansonsten seriöse Gewährsperson bedarf keines Schutzes, wenn sie in einem Einzelfall ehr- und existenzgefährdende Umstände, die dem Wahrheitsbeweis durch sie nicht auch nur im Ansatz zugänglich sind, verbreitet, und damit - wie oben näher dargelegt - leichtfertig offenbart.

Nach Buchst. c) des § 18 Abs. 3 DSG NRW entfällt die Verpflichtung zur Auskunftserteilung, soweit die personenbezogenen Daten wegen der berechtigten Interessen einer dritten Person geheim gehalten werden müssen. Auch dieser Ausnahmetatbestand greift vorliegend nicht ein.

Zwar stellt grundsätzlich das auf die Geheimhaltung ihrer Personalien gerichtete Interesse einer Gewährsperson, der Vertraulichkeit zugesichert worden ist, ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse im Sinne dieser Regelung dar. Dies findet jedoch - ähnlich wie bei § 18 Abs. 3 Buchst. a) DSG NRW - seine Grenze, wenn wider besseres Wissen oder - wie hier - leichtfertig unwahre Tatsachen behauptet worden sind. In einem derartigen Fall ist die Gewährsperson nicht schutzwürdig. Ihr Interesse an der Geheimhaltung der Personalien kann nicht als berechtigt i.S.d. § 18 Abs. 3 Buchst. c) DSG NRW angesehen werden. Mit Blick darauf führt die Leichtfertigkeit des Handelns der Gewährspersonen vorliegend auch dazu, dass der Ausnahmetatbestand des § 18 Abs. 3 Buchst. c) DSG NRW den Auskunftsanspruch des Klägers nicht entfallen lässt.

Als weitere Grundlage für den begehrten Anspruch des Klägers kommt auch die sich aus § 85 LBG ergebende und zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG zählende Fürsorgepflicht des Beklagten zum Tragen.

Nach § 85 Satz 1 LBG hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie zu sorgen. Als besondere Ausprägung dieser Fürsorgepflicht obliegt es ihm gemäß § 85 Satz 2 LBG den Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter zu schützen.

Die Schutzpflicht als Ausprägung der Fürsorgepflicht erfordert insbesondere, dass der Beamte gegen Angriffe, Beleidigungen und Beschädigungen durch Dritte gesichert wird.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1976 - 2 BvR 841/73 -, BVerfGE 43, 154 = DÖV 1977, 558 = DVBl 1977, 562 = NJW 1977, 1189.

So kann der Dienstherr zum gebotenen Schutz der pflichtgemäßen Amtsführung sowie des Persönlichkeitsschutzes des Beamten gehalten sein, ein Recht auf Gegendarstellung oder auf Berichtigung geltend zu machen sowie bei beleidigenden Angriffen vom Strafantragsrecht des Dienstvorgesetzten (vgl. § 194 Abs. 3 StGB) Gebrauch zu machen.

Vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer, BBG/ BeamtVG, § 79 BBG Rn. 19; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 85 Rn. 36 f.

Ebenso kann es zum gebotenen Schutz gehören, dass der Dienstherr Unterstützung in gerichtlichen Verfahren durch volle oder teilweise Übernahme der Kosten einer angemessenen Rechtsverteidigung gewährt.

Vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer, a.a.O., § 79 BBG Rn. 20; Urteil des Senats vom 1. Februar 1988 - 1 A 2475/86 -, DVBl. 1988, 1074 = NWVBl. 1988, 372 = NVwZ 1989, 578; Hess. VGH, Urteil vom 27. April 1994 - 1 UE 2110/90 -, NVwZ-RR 1994, 596 = RiA 1995, 194 = Schütz/Maiwald, a.a.O., ES/B III 1 Nr. 20 = ZBR 1995, 214.

Welche Maßnahmen der Dienstherr im Einzelfall trifft, liegt grundsätzlich in dessen Ermessen und hängt von den Umständen der jeweiligen Fallkonstellation ab.

Vgl. Schütz/Maiwald, a.a.O., § 85 Rn. 36.

Ausgehend von diesen Erwägungen kann für den vorliegenden Fall dahinstehen, ob für den Beklagten die Pflicht bestand, einen Strafantrag gegen die Gewährspersonen zu stellen. Jedenfalls hat sich das ihm zustehende Ermessen für ein Tätigwerden im Rahmen der Fürsorgepflicht angesichts der besonderen Fallkonstellation auf die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung verdichtet, dem Kläger die Namen und die Anschriften der Gewährspersonen mitzuteilen.

Dabei ist zunächst von Bedeutung, dass einerseits die von den Gewährspersonen gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe - wie bereits dargestellt - von erheblichem Gewicht sind und andererseits jegliche tatsächliche Grundlage für deren Richtigkeit fehlt. Dies hat zur Folge, dass der Kläger ein erhebliches Interesse daran hat, seine Unschuld uneingeschränkt zu belegen.

Mit den dazu im Rahmen seines dienstlichen Verhältnisses ergriffenen Maßnahmen hat er dieses Ziel jedoch bislang noch nicht vollumfänglich erreichen können.

Zwar ist das von ihm gegen sich selbst eingeleitete Disziplinarverfahren eingestellt worden. Einen uneingeschränkten Beweis für die Haltlosigkeit der erhobenen Vorwürfe hat es jedoch nicht erbracht. Dies belegt schon die abschließende Feststellung in dem Vermerk des Vorermittlungsführers vom 15. November 1995, wo es heißt, dass trotz der sich aus der Sonderprüfung des Rechnungsprüfungsamts ergebenden Korrektheit der Aktenführung die Möglichkeit der Strafbarkeit des Klägers und damit der Richtigkeit der Aussagen des Mittelsmanns bestehen bleibe, weil ein strafbares Verhalten darin gelegen haben könne, dass der Kläger trotz Vorliegens der Voraussetzungen die Fahrerlaubnisse nur gegen Zahlung von Geld erteilt habe. Obwohl das Disziplinarverfahren unter dem 22. März 1996 eingestellt, in der Folgezeit wieder aufgenommen und dann wiederum eingestellt worden ist, ist der in der genannte Feststellung liegende Verdacht gegenüber dem Kläger nicht ausgeräumt. So erfolgte die zweite Einstellung lediglich unter Hinweis darauf, dass sich weitere Erkenntnisse nicht ergeben hätten. Eine ausdrückliche Erklärung dahingehend, dass an der Möglichkeit eines strafbaren Verhaltens des Klägers nicht mehr festgehalten werden, ist hingegen nicht festzustellen.

Auch außerhalb des Disziplinarverfahrens ist der Verdacht weder durch eine ausdrückliche (Ehr-)Erklärung des Beklagten noch auf andere Weise ausgeräumt worden. Allein der Umstand, dass der Kläger in der Folgezeit befördert worden ist, reicht dazu nicht aus. So ist es zum einen nicht ausschließen, dass der Kläger ohnehin für eine Beförderung vorgesehen war. Zum anderen war mit der Beförderung eine Umsetzung verbunden, die nach außen den Eindruck vermitteln könnte, der Kläger habe von seinen bis dahin wahrgenommenen Aufgaben im Straßenverkehrsamt entbunden werden sollen.

Angesichts der Ausschöpfung der innerdienstlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur uneingeschränkten Ausräumung ihm gegenüber bestehender Verdachtsmomente verbleibt dem Kläger daher nur noch die Möglichkeit, auf straf- oder zivilrechtlichem Wege unmittelbar gegen die Gewährspersonen vorzugehen und diese dadurch zu zwingen, die Unhaltbarkeit ihrer Vorwürfe zu offenbaren. Insoweit ist von Bedeutung, dass der Vertreter des Beklagten im Rahmen der Erörterung der Sache vor dem Senat direkt und unwidersprochen auf die Annahme des Senats angesprochen worden ist, dass die Informanten des Beklagten wiederholt auf die Bekundungen von nachprüfbaren, den Vorwurf gegen den Kläger erhärtenden, wenigstens eine "heiße Spur" begründenden Fakten angesprochen worden sind und dass offenbar nicht nachgebessert werden konnte, so dass der Kläger völlig zu Recht den Erfolg seiner endgültigen Rehabilitation von der Benennung der Informanten des Beklagten abhängig sehen darf. Dazu bedarf er aber der Hilfe des Beklagten, da nur dieser in der Lage ist, ihm Namen und Anschrift der Gewährspersonen mitzuteilen. Mit Blick auf das dargestellte gesteigerte Interesse des Klägers an der vollumfänglichen Aufklärung in Verbindung mit den Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls ist der Beklagte im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verpflichtet, dem Kläger die begehrte Hilfestellung zur Durchsetzung seiner Interessen zu gewähren. Denn die in Rede stehende Fallgestaltung ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der bestehende Verdacht erst durch die gegenüber dem Kläger erfolgten Äußerungen der Kreisdirektorin S. publik geworden ist. Mit ihrem Verhalten hat die Kreisdirektorin S. entscheidend dazu beigetragen, dass der jegliche Tatsachenbasis vermissen lassende Verdacht der Gewährspersonen weiter verbreitet worden ist. Angesichts dessen besteht eine gesteigerte Verpflichtung des Beklagten, alles zu tun, damit der Kläger in die Lage versetzt wird, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vollends aus der Welt zu schaffen.

Der Durchführung eines sog. "in camera-Verfahrens" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

vgl. Beschluss vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 = NJW 2000, 1175,

bedarf es hier nicht. Ein derartiges Verfahren kommt nur dann zur Anwendung, wenn im Tatsächlichen liegende Umstände streitig sind, die im Zusammenhang mit den von der Behörde geltend gemachten Gründen für die Geheimhaltungsbedürftigkeit stehen und deswegen der Aufklärung bedürfen. Daran fehlt es hier aber. Zur Entscheidung darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, Name und Anschrift der Gewährspersonen nicht zu offenbaren, stehen keine geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen im Streit. Vielmehr sind die für die Entscheidungsfindung erforderlichen Tatsachen in ausreichendem Umfang aufgeklärt.

Der Antrag zu 2. ist ebenfalls begründet.

Der Kläger hat auch einen Anspruch darauf, dass der Kreisdirektorin S. eine umfassende Aussagegenehmigung in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft B. gegen Unbekannt wegen falscher Verdächtigung u.a. - 31 Js 468/97 - (vormals - 2 UJs 7251/97 -) erteilt wird. Der Bescheid des Oberkreisdirektors vom 29. Januar 1998 in der Fassung dessen Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 1998 ist insoweit rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Als Rechtsgrundlage kommt für das klägerische Begehren allein § 65 Abs. 1 LBG in Betracht. Nach dieser Bestimmung darf die Genehmigung, als Zeuge auszusagen, nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde.

In formeller Hinsicht steht dem Kläger das Recht zu, auch für die Kreisdirektorin S. als Dritte eine Aussagegenehmigung zu beantragen. Die Bestimmung des § 65 Abs. 1 LBG ist u. a. im Interesse derjenigen Bürger geschaffen worden, die zur Wahrnehmung ihrer Rechte der Aussagegenehmigung bedürfen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend in der Person des Klägers erfüllt. Er gehört zum Kreis derjenigen Personen, zu deren Gunsten durch § 65 Abs. 1 LBG eine Pflicht der Behörde zur Erteilung der Aussagegenehmigung normiert worden ist. Ihm steht zwar kein materieller Anspruch auf Verfolgung und Bestrafung eines Informanten zu, der ihn nach seiner Behauptung verleumdet hat. Durch die Stellung der Strafanzeige hat er ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, in dem ihm die Stellung eines Verletzten zukommt. Damit hat er für den Fall, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Fehlens eines genügenden Anlasses zur Erhebung der öffentlichen Klage einstellt, einen formellen Anspruch auf Durchführung des Klageerzwingungsverfahrens gemäß § 172 StPO. Die Durchführung des durch die Strafanzeige eingeleiteten Ermittlungsverfahrens und eines sich eventuell daran anschließenden Klageerzwingungsverfahrens sind nach den vorliegenden Umständen nur dann erfolgversprechend, wenn der Beklagte die Genehmigung zur Aussage der Kreisdirektorin S. uneingeschränkt erteilt. Die Versagung dieser Genehmigung führte deshalb zu einer Rechtsbeeinträchtigung des Klägers.

Vgl. dazu allgemein OVG NRW, Bescheid vom 26. Januar 1960 - VII A 458/59 -, ZBR 1960, 115.

Auch in der Sache kann der Kläger die Erteilung der Aussagegenehmigung mit Erfolg begehren, da der allein in Betracht kommende Versagungstatbestand einer ernstlichen Gefährdung oder erheblichen Erschwerung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht eingreift. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Ausnahmetatbestand des § 18 Abs. 3 Buchst. a DSG NRW verwiesen werden. Die dazu gemachten Ausführungen gelten gleichermaßen für den hier in Rede stehenden Tatbestand für die Versagung der Aussagegenehmigung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe i.S.v. § 132 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht gegeben sind.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 22.11.2001
Az: 1 A 4855/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0cf537870e2f/OVG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_22-November-2001_Az_1-A-4855-99




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