Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Juli 2003
Aktenzeichen: 5 W (pat) 442/02

(BPatG: Beschluss v. 16.07.2003, Az.: 5 W (pat) 442/02)

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung I - vom 18. März 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe

I Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des Gebrauchsmusters 296 23 715 (Streitgebrauchsmuster), das einen Luftabscheider für eine Milchsammelanlage betrifft. Es ist durch Abzweigung aus der am 22. Mai 1996 angemeldeten deutschen Patentanmeldung 196 20 510.7-23 hervorgegangen. Das Streitgebrauchsmuster ist am 6. Mai 1999 mit den mit der Abzweigungserklärung am 20. Februar 1999 eingegangenen Unterlagen in die Rolle eingetragen worden. Seine Schutzdauer ist auf 8 Jahre verlängert.

Die Antragstellerin hat am 18. Oktober 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt.

Die der Eintragung zugrundeliegenden Schutzansprüche 1 bis 4 lauten:

1. Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende Milchsammelanlage; bestehend aus einem über eine Leitung (2a, 2b) von einer Vakuumpumpe (3) mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter (1), in dessen oberem Bereich eine Saugleitung (4) für die von einem Lieferanten anzunehmende Milch einmündet und von dessen unterem Bereich eine eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe (3) arbeitende Förderpumpe aufweisende Förderleitung (6) ausgeht, die in den Sammeltank mündet, dadurch gekennzeichnet, daß in der Leitung (2a, 2b) zwischen dem Luftabscheidebehälter (1) und der Vakuumpumpe (3) ein Schaumsammelbehälter (7) angeordnet ist, von dessen unterem Bereich eine zum Luftabscheidebehälter (1) führende, absperrbare Rücklaufleitung (8) ausgeht, und daß die vom Luftabscheidebehälter (1) ausgehende und zur Vakuumpumpe (3) führende Leitung (2a, 2b) mit ihrem ersten Leitungsabschnitt (2a) in den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters (7) einmündet, wobei an dem Schaumsammelbehälter (7) eine Belüftung (12) zum Abbau des im Schaumsammelbehälter (7) herrschenden Unterdruckes angeschlossen ist.

2. Luftabscheider nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der erste Leitungsabschnitt (2a) absperrbar ist.

3. Luftabscheider nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß zum Absperren der Rücklaufleitung (8) und dem ersten Abschnitt (2a) der Leitung (2a, 2b) zwischen dem Luftabscheider (1) und der Vakuumpumpe (3) Rückschlagventile (9, 10) vorgesehen sind.

4. Luftabscheider nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß dem Schaumsammelbehälter (7) ein Füllstandsmesser (14) mit Signalgeber für die Ansteuerung der Belüftung (12) zugeordnet ist.

Die Antragstellerin hat sich auf den druckschriftlichen Stand der Technik nach der DE 20 14 438 A (K2), des DE 19 12 722 U (K3) und der DE 38 03 572 C2 (K12) bezogen. Hauptsächlich beruft sie sich jedoch auf offenkundige Vorbenutzung des Schutzgegenstandes, wobei sie auf folgende Unterlagen verwiesen hat:

K5: Messanlage für Milchsammelfahrzeuge; innerstaatliche Bauartzulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt am 18. Juni 1990 K6: Durch ein Reinigungssystem ergänzte Messanlage K7: Foto eines Details einer Messanlage (Rückschlagventil)

K8: Angebot an die Molkerei Breisgau-Milch GmbH K9: Installationsplan der Messanlage HLW Turbo K10: Pneumatik Installationsplan der Messanlage HLW Turbo K11: Foto eines Details einer Messanlage K13: Angebot an die Milch-Union Hocheitle eG K14: Angebot an die Milch-Union Hocheitel eG K15: Foto von Tankfahrzeug No. 762 K16: Foto von Tankfahrzeug No. 763 K17: Foto von Tankfahrzeug No. 771 K18: Prinzipskizze der HLW Turbo vom 15. Dezember 2000 K19: Foto eines Details der Messanlage (Ausbaustufe 03, Vakuumabbruch)

K20: Angebot an die Milch-Union Hocheitel eG K21: Nachrüstungsangebot an die Fa. Paul Heinzen - Milchtransporte -

K22: Messeabrechungen der DLG-Foodtec und der Anuga Foodtec Die Antragstellerin hat insbesondere vorgetragen, die Messanlage für Milchsammelfahrzeuge nach der Bauartzulassung vom 18. Juni 1990 durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (Anlage K5) sei zu einer Anlage entsprechend dem Angebot vom 7. Mai 1996 an die Molkerei Breisgau-Milch GmbH (Anlage K8) weiterentwickelt worden. Zusätzliche Weiterbildungen ergäben sich aus den Anlagen K5 bis 17.

Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag widersprochen. Sie hat das Gebrauchsmuster mit einem Hauptanspruch in der Fassung vom 18. März 2002 und den eingetragenen Unteransprüchen 2 bis 4, hilfsweise im Umfang der Schutzansprüche nach zwei Hilfsanträgen vom 18. März 2002 verteidigt.

Eine offenkundige Vorbenutzung von Milchsammelanlagen nach K5, K8 und K15 bis 17 wurde nicht bestritten. Die Antragsgegnerin hat jedoch geltend gemacht, dass damit der Gebrauchsmustergegenstand weder in seiner Neuheit noch in seiner erfinderischen Qualität getroffen sei.

Der in erster Linie verteidigte Hauptanspruch hat folgenden Wortlaut:

Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende Milchsammelanlage, bestehend aus einem über eine Leitung (2a, 2b) von einer Vakuumpumpe (3) mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter (1), in dessen oberem Bereich eine Saugleitung (4) für die von einem Lieferanten anzunehmende Milch einmündet und von dessen unterem Bereich eine eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe (3) arbeitende Förderpumpe aufweisende Förderleitung (6) ausgeht, die in den Sammeltank mündet, dadurch gekennzeichnet, dass in der Leitung (2a, 2b) zwischen dem Luftabscheidebehälter (1) und der Vakuumpumpe (3) ein einziger Schaumsammelbehälter (7) angeordnet ist, von dessen unterem Bereich eine zum Luftabscheidebehälter (1) führende, absperrbare Rücklaufleitung (8) ausgeht, und dass die vom Luftabscheidebehälter (1) ausgehende und zur Vakuumpumpe (3) führende Leitung (2a, 2b) mit ihrem ersten Leitungsabschnitt (2a) in den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters (7) einmündet, wobei an dem Schaumsammelbehälter (7) eine Belüftung (12) zum Abbau des im Schaumsammelbehälter (7) herrschenden Unterdrucks angeschlossen ist.

Nach mündlicher Verhandlung hat die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 18. März 2002 das Streitgebrauchsmusters gelöscht, soweit es über den Hauptanspruch nach Hauptantrag vom 18. März 2002 der Antragsgegnerin und die nunmehr darauf zurückbezogenen eingetragenen Schutzansprüche 2 bis 4 hinausgeht, und den weitergehenden Löschungsantrag zurückgewiesen. In den Gründen des Beschlusses ist ausgeführt, dass die Lehre nach dem verteidigten Schutzanspruch gegenüber dem vor dem Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters gegebenen Stand der Technik eine erfinderische Leistung darstelle, da der Fachmann aus keiner der entgegengehaltenen Anlagen eine Anregung erhalte, die Milchsammelanlage dergestalt weiter zu entwickeln, dass ein einziger Schaumsammelbehälter zum Abscheiden des Milchschaums ausreiche.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde erhoben. Sie macht geltend, dass der Schutzanspruch 1 in seiner bislang verteidigten Fassung hinsichtlich der Formulierung "ein einziger Schaumsammelbehälter" gegenüber der ursprünglichen Fassung "ein Schaumsammelbehälter" zu einer unzulässigen Erweiterung des Schutzgegenstandes führe. Ferner verweist die Antragstellerin noch auf eine Milchsammelanlage gemäß Anlage K5a - dort ist in die Konstruktionszeichnung gemäß Anlage K 5 von Hand eine absperrbare Rücklaufleitung zwischen dem zweiten Schaumsammelbehälter und dem Luftabscheider, eine Belüftung am zweiten Schaumsammelbehälter sowie ein Datenerfassungsgerät eingetragen - und macht hierzu offenkundige Vorbenutzung geltend, die spätestens seit April 1986 durch ihr eigenes Haus stattgefunden habe.

Die Antragsgegnerin widerspricht dem Vorbringen der Antragstellerin und hält an dem Schutzanspruch 1 aus dem patentamtlichen Löschungsverfahren fest. Ferner legt sie neue Schutzansprüche gemäß drei Hilfsanträgen vor. Die Antragsgegnerin trägt vor, dass das erfindungsgemäße Prinzip durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht vorweggenommen oder nahegelegt werden könne. Denn das Prinzip der Belüftung eines einzigen Schaumsammelbehälters mit Rücklaufleitung, über die aufgrund eines aufgebauten Druckgefälles zum Luftabscheidebehälter Milch zurückfließen kann, werde dort nicht behandelt.

Die Antragstellerin hat daraufhin ihren früheren Vortrag bezüglich ihrer Anlage "HLW Turbo", welche der Konstruktionszeichnung gemäß Anlage K5 entspreche und bereits seit dem Jahre 1995 auf dem Milchsammelwagen der Fa. Paul Heinzen installiert gewesen sei, ergänzt. Hierzu legt sie zur Vervollständigung noch die folgenden Firmenschreiben aus ihrem Hause als Anlagen K21a bis c vor:

K 21a: Angebot zu Umbauarbeiten an einem vorhandenen Milchsammelwagen an die Fa. Paul Heinzen - Milchtransporte -

K 21b: Angebot zu Umsetzarbeiten an einem vorhandenen Milchsammelwagen an die Fa. Paul Heinzen - Milchtransporte -

K 21c: Rechnung über Ausrüstung eines Fahrzeuges mit der Messanlage Typ HLW Turbo an die Fa. Paul Heinzen - Milchtransporte -.

Die Antragstellerin macht im Beschwerdeverfahren eine weitere, bislang noch nicht vorgetragene offenkundige Vorbenutzung betreffend ein Vakuumaufnahmesystem vom Typ "Ökonom" der Firma Tuchenhagen/Schwarte geltend. Sie legt hierzu ein Informationsblatt der Fa. Otto Tuchenhagen GmbH u. Co. KG, Büchen aus dem Jahre 1986 als Anlage K24 vor, welche den Aufbau dieser Milchsammelanlage erkennen lasse. Ein Schreiben des Eichamts L..., welches als Anlage K25 vorgelegt wird, belegt nach Auffassung der Antragstellerin, dass sich die in Rede stehende Anlage vom Typ "Ökonom" bereits spätestens am 24. November 1986 - dies ist das Datum des amtlichen Schreibens - im Verkehr befunden habe. Ein mit der Milchsammelanlage vom Typ Ökonom ausgerüstetes Fahrzeug sei nach dem Vortrag der Anmelderin ferner auf der Messe "DLG-FOODTEC'88" in Frankfurt/M. vom 8. bis 12. November 1988 der Öffentlichkeit vorgestellt worden.

In der mündlichen Verhandlung ist die Antragstellerin nur noch auf den Stand der Technik gemäß dem Informationsblatt der Fa. Otto Tuchenhagen (Anlage K24) bzw eine aus diesem Informationsblatt stammende, von der Antragstellerin mit erläuternden Bezugsziffern versehenen Zeichnung gemäß Anlage K24a, sowie auf die Zeichnung gemäß Anlage K5a eingegangen. Sie trägt hierzu vor, die dort dokumentierten Benutzungsgegenstände böten einem Fachmann ausreichend Anregung, die Lehre nach dem Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag aufzufinden. Bei der Milchsammelanlage gemäß Anlage K24 (bzw. K24a) sei nach dem Vortrag der Antragstellerin eine Belüftung bereits dadurch möglich, dass die Vakuumpumpe stillgesetzt werde - wenngleich eine Belüftung, wie im Streitgebrauchsmuster beschrieben, nicht vorhanden sei - wodurch der Belüftungsvorgang am Schaumsammelbehälter dann selbsttätig einsetze. Zumindest sei aber die Belüftung am zweiten Schaumsammelbehälter gemäß Anlage K5a auf einen Gegenstand nach Anlage K24 vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters von einem Fachmann ohne weiteres auf eine Milchsammelanlage gemäß Anlage K24 zu übertragen gewesen, was ohne weiteres zum Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag geführt hätte. Im übrigen gebe das letzte kennzeichnende Merkmal des hauptsächlich verteidigten Schutzanspruchs 1, nämlich der Anschluss einer Belüftung am Schaumsammelbehälter, keinerlei Auskunft darüber, zu welchem technischen Zweck dieser erfolge, in welchem Zeitraum sich der Unterdruck aufbaue und wohin er sich ausdehne. Die Schutzansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 enthielten überdies Merkmale, welche nicht auf der ursprünglichen Offenbarung beruhten. Daher seien diese Ansprüche für eine zulässige Beschränkung des Gebrauchsmusters nicht geeignet.

Die Antragsgegnerin tritt diesem Vorbringen entgegen. Sie trägt vor, das Merkmal bezüglich des Anschlusses einer Belüftung am Schaumsammelbehälter lasse für einen Fachmann deren Zweck vor dem Hintergrund der Beschreibung gemäß Streitgebrauchsmuster ohne weiteres erkennen. Eine Übertragung der Lehre gemäß Anlage K15a auf einen Gegenstand nach Anlage K24 führe nicht zu einem Gegenstand nach Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Gebrauchsmuster zu löschen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise den Löschungsantrag im Umfang des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 und der darauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4 zurückzuweisen, hilfsweise den Löschungsantrag im Umfang des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 und der darauf rückbezogenen Ansprüche 2 und 3 zurückzuweisen, hilfsweise den Löschungsantrag im Umfang des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 und des ursprünglichen Anspruchs 4 als darauf rückbezogenen Anspruch 2 zurückzuweisen.

II Die zulässige Beschwerde ist sachlich nicht gerechtfertigt. Denn der Löschungsantrag ist nicht in weitergehendem Umfang, als dies im angefochtenen Beschluss ausgesprochen ist, begründet.

Der geltend gemachte Löschungsanspruch wegen mangelnder Schutzfähigkeit (§ 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG) sowie wegen unzulässiger Erweiterung (§ 15 Abs 1 Nr 3 GebrMG) ist nicht gegeben.

1. Die Beschreibung des Streitgebrauchsmusters schildert einen Luftabscheider für eine Milchsammelanlage als bekannt, welcher einen Luftabscheidebehälter mit einer in dessen oberen Bereich einmündenden Saugleitung und einer von dessen unterem Bereich ausgehenden Förderleitung in den Sammeltank aufweist, wobei der Luftabscheidebehälter von einer Vakuumpumpe mit Unterdruck beaufschlagt wird. Bei derartigen Milchsammelanlagen habe sich aber in der Praxis gezeigt, dass Milchschaum in die Vakuumpumpe gelangen kann, was einerseits für diese selbst schädlich ist und andererseits dazu führt, dass die von der Vakuumpumpe angesaugten Milchreste für die volumetrische Messung verloren gehen. Solche Wirkungen gelte es zu verhindern, indem die bekannten Luftabscheider bezüglich der Behandlung des Milchschaums verbessert werden sollen. Mit einem Luftabscheider nach dem hauptsächlich verteidigten Schutzanspruch 1 wird diese Aufgabe gelöst.

Gegenstand des Schutzanspruchs 1 in der hauptsächlich verteidigten Fassung ist ein Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende Milchsammelanlage mit folgenden Merkmalen:

1. Der Luftabscheider besteht aus einem über eine Leitung von einer Vakuumpumpe mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter.

1.1 Im oberen Bereich des Luftabscheidebehälters mündet eine Saugleitung für die von einem Lieferanten aufzunehmende Milch ein.

1.2 Von dem unteren Bereich des Luftabscheidebehälters geht eine Förderleitung aus, die eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe arbeitende Förderpumpe aufweist.

1.2.1 Die Förderleitung mündet in den Sammeltank.

2. In der Leitung zwischen dem Luftabscheidebehälter und der Vakuumpumpe ist ein einziger Schaumsammelbehälter angeordnet.

2.1 Vom unteren Bereich des Schaumsammelbehälters geht eine zum Luftabscheidebehälter führende absperrbare Rücklaufleitung aus.

2.2 Die vom Luftabscheidebehälter ausgehende und zur Vakuumpumpe führende Leitung mündet mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters ein.

2.3 An dem Schaumsammelbehälter ist eine Belüftung zum Abbau des im Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdrucks angeschlossen.

Die technische Bedeutung der Merkmale 2.1 und 2.3 erschließt sich bereits aus der Beschreibungseinleitung des Streitgebrauchsmusters, wo auf Seite 2 im 2. Absatz ab der 6. Zeile ausgeführt wird, dass unter Ausnutzung des Unterdrucks im Luftabscheidebehälter entsprechend der Belüftung des Schaumsammelbehälters die gesammelte flüssige Milch über die geöffnete Rücklaufleitung in den Luftabscheider gelangt. Bereits aus dieser einleitend angegebenen allgemeinen Beschreibung des Funktionsprinzips ist ersichtlich, dass bei der in Rede stehenden Anlage die Rückführung der verflüssigten Milch aus dem Schaumsammelbehälter in den Luftabscheidebehälter nicht durch Schwerkraftwirkung auf die Milch in einem gegenüber dem Luftabscheidebehälter etwas höher gesetzten Schaumsammelbehälter erfolgt, sondern durch Zurücksaugen dieser Milch in den Luftabscheidebehälter, hervorgerufen durch die Unterdruckdifferenz zwischen dem zunächst weiterhin unter Unterdruck stehenden Luftabscheidebehälter und dem zum Vakuumabbau belüfteten Schaumsammelbehälter. Zu diesem Zweck bedarf es gemäß Merkmal 2.3 einer Belüftung zum Abbau des Unterdrucks im Schaumsammelbehälter und (zunächst) nur dort und nicht etwa im gesamten System (Luftabscheidebehälter, Leitungen usw). Mit welchen technischen Mitteln der Abbau des Unterdrucks zunächst nur im Schaumsammelbehälter erreicht werden kann, ist dem Fachmann bekannt und bleibt diesem hinsichtlich der technischen Einzelheiten überlassen. Eine konkrete Ausführungsform dieser Lehre ist zudem in der Beschreibung (S 3, 2. Abs bis S 6, 1. Abs) erläutert und in der Zeichnung dargestellt. Demnach wird durch entgegengesetzt wirkende Ventile in Vakuumleitung und Rücklaufleitung sichergestellt, dass sich der Unterdruck-Abbau durch Belüftung nur im Schaumsammelbehälter einstellt.

2. Der Gegenstand des Gebrauchsmusters in der eingetragenen Fassung geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie ursprünglich eingereicht worden ist (§ 15 Abs 1 Nr 3 GebrMG). Aber auch die später bei seiner Verteidigung erfolgte Anspruchsänderung stellt keine unzulässige Erweiterung dar, die rückgängig zu machen wäre.

Der verteidigte Schutzanspruch 1 unterscheidet sich von dem Hauptanspruch gemäß ursprünglicher und eingetragener Fassung lediglich in der Einfügung von "einziger" vor "Schaumsammelbehälter" im ersten kennzeichnenden Merkmal. Damit geht er nicht über den Inhalt der Gebrauchsmusteranmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus. In den ursprünglichen Unterlagen des Streitgebrauchsmusters findet sich an vielen Stellen die Formulierung "ein Schaumsammelbehälter" (zB S 2, 1. Abs; S 4, 2. Abs). Diese Formulierung kann als unbestimmter Artikel im Sinne von "irgend ein", "einer von mehreren" o.ä. gelesen werden. Jedoch geben weitere Formulierungen wie "des Schaumsammelbehälters" bzw. "in dem Schaumsammelbehälter (vgl hierzu zB S 2, 1. und 2. Abs; S 4, 2. Abs) oder "dieses Schaumsammelbehälters" (vgl S 4, 2. Abs) in denselben Textpassagen dem Fachmann bereits den sprachlichen Hinweis. dass die Variante mit nur einem solchen Bauteil im Vordergrund steht. Hinzu kommt, dass aus der Zeichnung, welche in Figuren 1 und 2 lediglich zwei unterschiedliche Betriebszustände eines einzigen Gegenstandes darstellt, im Einklang insoweit mit der Beschreibung auch nur ein einziger Schaumsammelbehälter (jeweils Ziff 7) ersichtlich ist. Demgemäß handelt es sich bei der vorliegenden Einfügung um einen Begriff mit zulässigerweise beschränkender Wirkung, welcher sich aus Beschreibung und Zeichnung des Streitgebrauchsmusters ohne weiteres als alternativ, und zwar bevorzugt offenbarte Maßnahme zur Ausgestaltung des beanspruchten Luftabscheiders ergibt.

3. Der Gegenstand des verteidigten Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag ist gegenüber dem berücksichtigten Stand der Technik neu (§ 3 GebrMG).

Von dem als vorbenutzt behaupteten Vakuumannahmesystem der Fa. Tuchenhagen gemäß Anlage K24 (bzw. K24a) unterscheidet sich der Schutzgegenstand in seiner an den Schaumsammelbehälter angeschlossenen Belüftung (Merkmal 2.3 der Merkmalsgliederung).

Die Messanlage "Turbo" zur Annahme von Milch (Fa. HLW) gemäß Anlage K5 bzw. in einer Weiterentwicklung mit Belüftung nahe des zweiten Schaumsammelbehälters und absperrbarer Rücklaufleitung zwischen diesem und dem Luftabscheidebehälter gemäß Anlage K5a weisen anders als der Schutzgegenstand nach Anspruch 1 zwei hintereinandergeschaltete Schaumabscheidebehälter auf. Anderes ist auch in den weiteren, zur Dokumentation dieser Meßanlage vorgelegten Unterlagen und Zeichnungen (also die eine Reinigungsanlage für die entsprechende Messanlage darstellende Zeichnung gemäß Anlage K6, die einen Elektroinstallationsplan für eine Messanlage "Turbo" betreffende Zeichnung gemäß Anlage K9 bzw die einen Pneumatik-Installationsplan darstellende Zeichnung gemäß Anlage K10 sowie den weiteren hierzu vorgelegten Fotos und Angebotsunterlagen) nicht ersichtlich.

Bei dem Luftabscheider nach der deutschen Auslegeschrift 20 14 438 (Anlage K2) ist ein dem Luftabscheidebehälter nachgeschalteter Schaumabscheidebehälter nicht vorgesehen, so dass sich der Schutzgegenstand von diesem Stand der Technik in allen, den Schaumabscheidebehälter betreffenden Merkmalen (Merkmalsgruppe 2.) unterscheidet.

Die Unterlagen des deutschen Gebrauchsmusters 19 12 722 (Anlage K3) lassen zwar einen Luftabscheidebehälter und einen diesem nachgeschalteten Schaumabscheidebehälter erkennen. Eine Rückführung der im Schaumabscheidebehälter gewonnen Milch in den Luftabscheidebehälter erfolgt jedoch nicht. Somit unterscheidet sich der Schutzgegenstand nach Anspruch 1 von diesem Stand der Technik in der absperrbaren Rücklaufleitung zwischen Luftabscheidebehälter und Schaumsammelbehälter (Merkmal 2.1) sowie einer hierzu am Schaumsammelbehälter vorgesehenen Belüftung (Merkmal 2.3).

Die DE 38 03 572 C2 (Anlage K12) - diese Druckschrift ist zwar in ihrer Ausgabe als Patentschrift nachveröffentlicht, jedoch erfolgte die Offenlegung ihrer Unterlagen bereits vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters - lässt zwar einen Luftabscheider erkennen, bei dem der Luftabscheidebehälter über eine Vakuumleitung und eine Rücklaufleitung mit einem Schaumsammelbehälter verbunden ist. Anders als beim Schutzgegenstand ist jedoch die Rücklaufleitung nicht absperrbar (Merkmal 2.1), und eine Belüftung am Schaumsammelbehälter ist nicht vorgesehen (Merkmal 2.3).

4. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht, sondern lediglich der Routineleistung eines Fachmanns entspricht (§ 1 GebrMG).

Als Fachmann ist hier ein Fachhochschulingenieur der allgemeinen Verfahrenstechnik oder Lebensmitteltechnologie mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von Milchsammelanlagen für Milchsammelwagen anzusehen.

Zutreffend hat die Antragstellerin vorgetragen, der Luftabscheider der Firma Tuchenhagen gemäß Anlage K24 weise alle Merkmale des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag auf, ausgenommen eine Belüftung im Sinne des Streitgebrauchsmusters. In der zeichnerischen Darstellung zum Informationsblatt der Fa. Tuchenhagen ist in der Tat ein Luftabscheidebehälter erkennbar, dem lediglich ein einziger Schaumsammelbehälter nachgeordnet ist. Eine Saugleitung führt vom Luftabscheidebehälter weiter in den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters und von dort über ein Absperrventil und ein gegen den Saugstrom gerichtetes Rückschlagventil zu der Vakuumpumpe. Vom Boden des Schaumsammelbehälters führt eine absperrbare Rücklaufleitung in den oberen Bereich des Luftabscheidebehälters zurück. Die Milch gelangt über eine Förderleitung mit Hilfe einer Förderpumpe in den Sammeltank.

Zu dieser Anlage trägt die Antragstellerin vor, eine Belüftung im Schaumsammeltank sei hier ebenfalls möglich, wenn auch nicht mit Hilfe eigens hierfür vorgesehener Bauteile. Vielmehr müsse lediglich die Vakuumpumpe stillgesetzt werden, dann stelle sich über die Luft-Ausstoßöffnung der Vakuumpumpe durch diese hindurch bis zum Schaumsammelbehälter die Belüftung an diesem in gleicher Weise wie beim Schutzgegenstand ein. Dieser Sichtweise kann der Senat nicht folgen. Denn einerseits würde das im Saugstrom vor der Vakuumpumpe angeordnete und gegen diesen Saugstrom gerichtete Rückschlagventil bei Stillsetzung der Vakuumpumpe und deren Belüftung sofort schließen und das Vakuum in allen Anlageteilen bis zu diesem Ventil entgegen dem Saugstrom erhalten. Andererseits könnte die Milch auch dann nicht durch Saugwirkung über die Rücklaufleitung vom Schaumsammelbehälter in den Luftabscheidebehälter geführt werden. Denn das Sperrventil in der Rücklaufleitung bliebe weiterhin geschlossen. Die Öffnung dieses Ventils wiederum hängt zusammen mit der Schließung des Ventils in der Vakuumleitung, welches kurz vor dem Rückschlagventil bezogen auf die Saugrichtung angeordnet ist. Zu diesem Ventil - es wird in dem Informationsblatt mit "V3" bezeichnet - ist (auf S 4 unter Punkt "3.1 Schaumabscheider", dort im letzten Abs) ausgeführt: "Wenn V3 geschlossen wird, öffnet die gleiche Steuerluft das Ablaufventil am Boden des Schaumabscheiders. Die dort angesammelte Milch kann nun in den Luftabscheider laufen." Diese Textstelle läßt einerseits erkennen, dass eine Belüftung am Schaumabscheider über die stillgesetzte Vakuumpumpe zusätzlich zu der Sperrwirkung des Rückschlagventils auch durch die besondere Verschaltung der Ventile in Rücklaufleitung und Saugleitung nicht möglich wäre. Denn das Umsteuern des zunächst geschlossenen Ventils der Rücklaufleitung in Öffnungsstellung zum Zwecke der Milchrückführung zieht automatisch das Verschließen des Ventils V3 in der Saugleitung nach sich und umgekehrt. Ferner läßt die oben zitierte Textstelle zweifelsfrei erkennen, das weder eine Belüftung des Schaumsammelbehälters an sich noch zum Zwecke des Zurücksaugens von Milch aus dem Schaumsammelbehälter in den Luftabscheidebehälter bei der in Rede stehenden Anlage erreicht werden sollte. Vielmehr bleibt das Restvakuum im Gesamtsystem (Luftabscheidebehälter, Schaumsammelbehälter, Leitungen usw) bei Schließung des Ventils V3 erhalten, und die Milch läuft bei gleichzeitiger Öffnung des Ventils in der Rücklaufleitung unter der Wirkung der Schwerkraft vom Schaumsammelbehälter in den Luftabscheidebehälter zurück. Die Milchrückführung beruht daher bei dem entgegengehaltenen Gegenstand auf einem anderen Prinzip als beim Schutzgegenstand. Somit konnte ein Gegenstand nach der Informationsschrift der Fa. Tuchenhagen dem Fachmann keinerlei Hinweise zum Auffinden der Lehre nach Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag vermitteln.

Der Gegenstand der weiteren behaupteten offenkundigen Vorbenutzung basiert auf einer Vorrichtung (sog Messanlage HLW-Turbo), wie sie in dem Zulassungsschein der Physikalisch Technischen Bundesanstalt vom 18. Juni 1990 beschrieben und in den zugehörigen Zeichnungen dargestellt ist (vgl Anlage K5). Der Grundaufbau gemäß Anlage K5 sei dann - wie die Antragstellerin vorträgt - bis zum Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters ständig weiterentwickelt und mit ergänzenden Bauteilen (zB Reinigungsanlage gemäß Anlage K6, sog Sicherheitsventile usw) im Rahmen weiterer Benutzungshandlungen für unterschiedliche Kunden (Molkereien, Milch-Transportunternehmen) in zum Teil unterschiedlicher Weise, je nach Kundenwunsch, versehen worden.

Der Zulassungsschein Nr 1.32.2.-3265.131-HLW 90.01 der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig und Berlin vom 18. Juni 1990 gemäß Anlage K5 lässt in einer angehefteten Übersichtsdarstellung mit der Bezeichnung "Schaltschema Messanlage Turbo" in Verbindung mit einer zugehörigen Stückliste einen Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende Milchsammelanlage erkennen (vgl auch S 1, Punkt 1.2), bestehend aus einem über eine Leitung (15) von einer Vakuumpumpe (14) mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter (3), in dessen oberem Bereich eine Saugleitung (7, 79) für die von einem Lieferanten anzunehmende Milch einmündet und von dessen unteren Bereich eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe (14) arbeitende Förderpumpe (19) aufweisende Förderleitung (10, 78) ausgeht, die in den Sammeltank mündet (Merkmale 1. bis 1.2.1 gemäß Merkmalsgliederung). Des weiteren sind in der Leitung (15) zwischen dem Luftabscheidebehälter (3) und der Vakuumpumpe (14) zwei Schaumsammelbehälter (11 und 16) angeordnet, wobei vom unteren Bereich des ersten dieser Schaumsammelbehälter (11) eine zum Luftabscheidebehälter (3) führende Rücklaufleitung (Leitung mit Füllstandsanzeiger 12) ausgeht, die den Leitungsabschnitt zwischen dem Luftabscheidebehälter (3) und dem ersten Schaumabscheidebehälter (11) überbrückt; die vom Luftabscheidebehälter ausgehende und zur Vakuumpumpe führende Leitung mündet mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich des ersten Schaumsammelbehälters (11) und in ihrer Weiterführung (Leitung 15) in den oberen Bereich des zweiten Schaumsammelbehälters (16). Somit vermag die Messanlage gemäß PTB Zulassungsschein (Anlage K5) den Fachmann weder anzuregen, lediglich einen einzigen Schaumsammelbehälter vorzusehen (Merkmal 2.), denn sie arbeitet mit zwei solchen Behältern. Noch vermag sie den Fachmann zu veranlassen, die Rücklaufleitung zwischen dem Schaumsammelbehälter und dem Luftabscheidebehälter absperrbar zu gestalten (Merkmal 2.1), denn die Rücklaufleitung zwischen dem ersten Schaumsammelbehälter und dem Luftabscheidebehälter ist nicht absperrbar und eine vom zweiten Schaumabscheidebehälter wegführende Rücklaufleitung ist nicht vorgesehen. Sie gibt ihm auch keinen Anlass, eine Belüftung an der Schaumsammelbehälter anzuschließen (Merkmal 2.3), denn keiner der beiden Schaumsammelbehälter ist mit einer solchen ausgestattet.

Zum Merkmal der Belüftung am Schaumsammelbehälter hat sich die Antragstellerin bereits im patentamtlichen Löschungsverfahren zunächst auf die Zeichnung gemäß Anlage K6 ("Entleerung der Messanlage mit Luft bei Reinigung", Nr A 300 37 150) berufen. Diese Zeichnung der Antragstellerin zeigt eine Milchsammelanlage nach einem Prinzip, wie es in Anlage K5 beschrieben ist, also einem Luftabscheider und zwei nachgeschalteten Schaumabscheidebehältern. Allerdings sind einige Details, welche in Anlage K5 aufgeführt sind, wie zB die Rücklaufleitung zwischen erstem Schaumsammelbehälter (hier 7 (1)) und Luftabscheidebehälter (hier 1), nicht erkennbar. Dafür ist die Anlage mit zusätzlichen Rohrsystemen ausgestattet, die aber einer Reinigungsvorrichtung angehören bzw. der Entleerung der Anlage von Reinigungs- und Desinfektionsflüssigkeit mittels LuftÜberdruck dienen. Zu diesem Zweck findet sich in der Zeichnung ganz oben an der quer verlaufenden Leitung am rechten Ende eine Belüftungsöffnung (hier 12), welche durch ein Ventil (hier 13) absperrbar ist. Die besagte Leitung steht mit dem zweiten Schaumsammelbehälter zumindest in Verbindung. Im Unterschied zum Schutzgegenstand dient aber diese Belüftung offensichtlich nicht dem aufgabengemäßen Zweck gemäß Streitgebrauchsmuster, nämlich den Luftabscheider bezüglich der Behandlung des Milchschaumes zu verbessern (also Rückführung des Milchschaumes zur Messeinrichtung), sondern steht ausschließlich im Zusammenhang mit dem Reinigungsvorgang. Hinzu kommt, dass diese Belüftung (zunächst) mit dem zweiten Schaumsammelbehälter zusammenwirkt, welcher aber seinerseits gemäß Anlage K5 gerade nicht die technischen Einzelheiten des einzigen Schaumsammelbehälters gemäß Streitgebrauchsmuster (zB Rücklaufleitung) aufweist.

Die Installationspläne bezüglich Elektronik (Anlage K9) und Pneumatik (Anlage K10) der in Rede stehenden Messanlage HLW-Turbo gehen über den zu den vorherigen Unterlagen festgestellten Offenbarungsgehalt nicht hinaus.

Zur Frage der Belüftung am Schaumsammelbehälter trägt die Antragstellerin ergänzend vor, die Messanlage HLW-Turbo sei mit einem Sicherheitsventil zum Vakuumabbruch, zB als Not-Stop bei fehlender oder unklarer Identifikation des Kunden (fehlende Kundennummer) usw. aus - bzw. nachgerüstet worden. Dazu werden die sogenannte Anlagenkonvolute K13 und K14 genannt, zu denen auch Fotos (zB K15 ff) sowie eine Prinzipskizze gemäß Anlage K18 gehören. Bei den genannten Anlagenkonvoluten (K13, K14) - es sind vor dem Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters datierte Angebotsunterlagen an eine Interessentin für solche Milchsammelfahrzeuge, die Milch-Union Hocheifel eG - kommt es nach dem Vortrag der Antragstellerin in diesem Zusammenhang hauptsächlich auf die jeweilige Position 28, mit dem Text "1 Vakuumkessel mit Sicherheitsventil, ..." an. Jedenfalls lassen die hierzu genannten Unterlagen insgesamt erkennen, dass die Not-Belüftung lediglich den Zweck verfolgt, die gesamte Anlage unterdruckfrei zu machen, um diese stillzusetzen. Zu einer Belüftung zum Zwecke der Rückführung der Milch aus dem zweiten Schaumsammelbehälter kann durch diese Anlage - ihre Offenkundigkeit vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters einmal angenommen - der Fachmann schon deshalb nicht angeregt werden, weil eine Rücklaufleitung zwischen dem zweiten Schaumsammelbehälter, in dessen Nähe die Belüftung angeordnet sein soll, und dem Luftabscheidebehälter nicht vorgesehen ist, wie die hierzu ua vorgelegte Skizze gemäß Anlage K18 erkennen lässt.

Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat kurz vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters noch eine zusätzliche Weiterentwicklung ihrer Messanlage Turbo stattgefunden, welche mit einer Werkszeichnung, die zusätzliche Handeinträge aufweist, gemäß Anlage K5a dokumentiert werden soll. Die in der Zeichnung gemäß Anlage K5a insgesamt dargestellte Vorrichtung beruht hinsichtlich ihres Grundaufbaus auf der Messanlage HLW-Turbo gemäß Anlage K5, dh sie weist einen Luftabscheidebehälter und zwei diesem nachgeschaltete Schaumabscheidebehälter auf. Im Unterschied zu dem in der entsprechenden Zeichnung zu Anlage K5 dargestellten Gegenstand weist die hier vorgelegte Einrichtung gemäß Handeintragung eine Belüftung in der Nähe des zweiten oberen Schaumsammelbehälters auf. Vom Boden des zweiten (oberen) Schaumsammelbehälters führt ferner eine Rücklaufleitung weg, welche gemäß Handeintrag in die Verbindungsleitung zur Milchrückführung zwischen dem ersten (unteren) Schaumabscheidebehälter und dem Luftabscheidebehälter mündet und ein in Gegenrichtung zum Milchrückfluss schließendes Rückschlagventil aufweist. Ferner ist ein Datenerfassungsgerät von Hand eingezeichnet, welches mit einem Temperaturfühler an der Ansaugleitung des Luftabscheidebehälters in Verbindung steht.

Bei einer derartigen Messanlage hat sich das Zusammenspiel zwischen dem Luftabscheidebehälter und dem ersten Schaumabscheidebehälter hinsichtlich einer nicht absperrbaren Rücklaufleitung, durch die die Milch der Schwerkraft folgend zurückläuft, gegenüber früheren Bauformen und Entwicklungsstadien für den Fachmann nicht geändert. Lediglich der zweite Schaumsammelbehälter verfügt nun über eine absperrbare Rücklaufleitung zum Luftabscheidebehälter. Das Belüftungsventil, welches in der Nähe des zweiten Luftabscheidebehälters angeordnet ist, war bislang immer als "Sicherheitsventil" deklariert und diente bei den bisher vorgestellten HLW-Messanlagen dem totalen Vakuumabbruch im gesamten System. Das Datenerfassungsgerät, das mit einem Temperaturfühler im Ansaugsystem in Verbindung steht, gibt hinsichtlich des Gegenstandes gemäß Anlage K5a einem Fachmann den zusätzlichen Hinweis, dass die Belüftung auch hier einem Not-Stop im Wege der Totalbelüftung des Systems dient, denn durch das Datenerfassungsgerät erfolgt gemäß früherem Vortrag der Antragstellerin auch die Auslösung der Not-Stop-Funktion. Im Zuge dieser plötzlichen Belüftung des Gesamtsystems zum Zwecke der Stillsetzung des Ansaugvorganges mag die restliche gesammelte Milch aus dem zweiten (oberen) Schaumsammelbehälter über die Rücklaufleitung, deren Rückschlagventil bei Vakuumabbruch geöffnet ist, in den Luftabscheidebehälter zurücklaufen. Dieses Zurücklaufen geschieht jedoch überwiegend durch die Wirkung der Schwerkraft. Denn die Saugleitung zwischen Luftabscheidebehälter, erstem und zweitem Schaumabscheidebehälter wird weiterhin offen gehalten, um eben das Gesamtsystem für einen Not-Stop drucklos machen zu können, so dass bei Öffnung des Belüftungsventils nicht allein der im Schaumabscheidebehälter herrschende Unterdruck abgebaut wird, sondern der Unterdruck im gesamten System. Selbst bei isolierter Betrachtung des zweiten Schaumsammelbehälters und seiner Leitungsverbindungen vermag der Fachmann daher nicht die Lehre zu entnehmen, eine Belüftung zum Abbau des in diesem Schaumsammelbehälter (und zunächst nur dort) herrschenden Unterdrucks anzuschließen, um mit Hilfe des im Luftabscheidebehälter noch herrschenden Unterdrucks die restliche Milch abzusaugen. Der Rücklauf der Milch aus dem ersten Schaumsammelbehälter erfolgt indes, wie bei der diesem Konstruktionsprinzip zugrunde liegenden Messanlage HLW-Turbo gemäß Anlage K5, nach wie vor vermittels Schwerkraft über eine nicht absperrbare Rücklaufleitung. Nach alledem konnte auch die Messanlage HLW Turbo weder in ihrer Grundform gemäß Anlage K5 noch in ihrer weiterentwickelten Form gemäß Anlage K5a den Fachmann zur Lehre nach Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag anregen, denn auch diese entgegengehaltenen Luftabscheider arbeiten nach einem anderen Prinzip der Milchrückführung, nämlich über Schwerkraftwirkung.

Auch eine Übertragung der Belüftung aus der Vorrichtung gemäß Anlage K5a auf eine Vorrichtung nach Anlage K24 - wie sie die Antragstellering darlegt - bietet sich für den Fachmann nicht an. Denn die Luftabscheidevorrichtung gemäß Anlage K24 ist hinsichtlich ihrer konstruktiven Mittel "fertig", dh sie bedarf keiner Belüftung zB zum Schutz der Vakuumpumpe, weil diese Funktion das Sperrventil "V3" übernehmen kann. Außerdem beruhen beide Luftabscheidevorrichtungen, also sowohl diejenige gemäß Anlage K5a als auch diejenige gemäß Anlage K24, auf dem Prinzip der Milchrückführung aus dem Schaumabscheidebehälter vermittels Schwerkraftwirkung. Demgemäß kann auch eine Übertragung von Maßnahmen aus der einen Anlage auf die andere nicht zu einem anderen als dem Schwerkraft-Prinzip führen. Eine Belüftungseinrichtung am Schaumsammelbehälter im Luftabscheider gemäß Anlage K24 würde vielmehr zu einem ähnlichen Gegenstand führen, wie er sich aus der isolierten Betrachtung der konstruktiven Verhältnisse an und um den zweiten Schaumabscheidebehälter in der Messanlage HLW Turbo gemäß Anlage K5a ergibt, dh die gesamte Milchannahme-Anlage würde unterdrucklos werden durch die Wirkung der stark dimensionierten Saugleitung, welche beim Gegenstand nach Anlage K24 ebenfalls nicht absperrbar ist, und die Milch würde bei geöffneter Rücklaufleitung durch die Wirkung der Schwerkraft in den Luftabscheidebehälter zurücklaufen. Auch in einer Zusammenschau betrachtet könnten die Gegenstände gemäß Anlage K5a und K24 den Fachmann daher nicht zur Lehre des Schutzgegenstandes führen.

Das Prinzip der Milchrückführung aus dem Luftabscheidebehälter, wie es im Streitgebrauchsmuster offenbart und beansprucht ist, konnte auch nach dem verbleibenden druckschriftlichen Stand der Technik vom Fachmann nicht ohne Bemühung, die über sein routinemäßiges Vorgehen bei der Lösung ihm vorgegebener technischer Probleme hinausgeht, aufgefunden werden. Denn dort ist entweder ein Schaumabscheidebehälter nicht vorgesehen (DE 20 14 438 A; Anlage K2) oder eine Rückführung der Milch von diesem zum Luftabscheidebehälter findet nicht statt (DE-GM 19 12 722; Anlage K3) oder die Milchrückführung erfolgt vermittels Schwerkraft über eine nicht absperrbare Rücklaufleitung (DE 38 03 572 C2, offengelegte Form, Anlage K12).

5. Die auf diesen verteidigten Hauptanspruch rückbezogenen Unteransprüche 1 bis 4 sind mit diesem rechtsbeständig.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs 2 Satz 2 GebrMG iVm § 84 Abs 2 Satz 1 und 2 PatG, § 97 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

Goebel Dr. Huber Kuhn Cl/Be






BPatG:
Beschluss v. 16.07.2003
Az: 5 W (pat) 442/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0b809822fd96/BPatG_Beschluss_vom_16-Juli-2003_Az_5-W-pat-442-02




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