Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 16. März 2001
Aktenzeichen: 6 U 191/00

(OLG Köln: Urteil v. 16.03.2001, Az.: 6 U 191/00)

Tenor

1.) Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 29.9.2000 verkündete Urteil der ersten Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 135/00 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:Die am 19.6.2000 im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung der ersten Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 135/00 - wird unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufgehoben. 2.) Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, weil der geltendgemachte Verfügungsanspruch nicht besteht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin stellt die beanstandete Werbeaussage eine Irreführung des Verkehrs im Sinne des § 3 UWG nicht dar.

Die Aussage "Nur SensorExcel hat federnd gelagerte Klingen, die sich Deinen Konturen anpassen, um so gründlich zu rasieren" wendet sich ausschließlich an (potentielle) Verwender des Produktes G. for Women "Sensor Excel", also an Frauen. Es trifft demgegenüber nicht zu, dass die Antragsgegnerin mit der Werbung nur das Klingensystem "Sensor Excel" als solches und damit auch die - baugleichen - Rasierer unter dieser Bezeichnung bewirbt, die für Männer vorgesehen sind. Bezogen auf die mithin allein angesprochenen Damenrasierer ist die Aussage indes zutreffend, sodass eine Irreführung des Verkehrs ausscheidet.

Dass es sich bei dem Rasierer um einen Damenrasierer zum Rasieren der Beine handelt, bedarf schon mit Blick auf die Bezeichnung "G. for Women" keiner näheren Begründung. Es kommt hinzu, dass die Aufmachung des Produktes sich an Frauen wendet und in der Produktbeschreibung Frauen als Nutzer und ihre Beinrasur durch die Formulierung: "Der sichere und einfache Weg zu superglatten Beinen. Für Frauen entwickelt, passt der Griff bequem in Deine Hand" ausdrücklich angesprochen werden. Außerdem ist der verwendete Sprachstil in der distanzlosen und vertraulichen "Du"-Form für die Ansprache von Männern in der Werbung für Körperpflegemittel eher ungewöhnlich.

Handelt es sich aus diesen Gründen um ein ausschließlich für Frauen bestimmtes Produkt, so wendet sich die Produktbeschreibung und damit auch die verfahrensgegenständliche Aussage ebenfalls nur an Frauen. Vor diesem Hintergrund wird die Aussage "Nur SensorExcel hat federnd gelagerte Klingen, die ..." ausschließlich dahin verstanden, dass es auf dem Markt für Damen-Rasierer keine System-Rasierer mit derartigen Klingen gebe. Denn die Verwenderin eines gerade für Frauen bestimmten Rasierers erwartet im Rahmen der Produktbeschreibung keine Aussage zu Rasierern für Männer. Es trifft allerdings zu, dass auch Produktbeschreibungen denkbar sind, die abweichend von dieser Erwartung auch weitergehende Bezugnahmen auf für Männer vorgesehene Rasierer enthalten. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die verfahrensgegenständliche Werbung, und zwar auch unter der gebotenen Einbeziehung ihres Kontextes, einen derartigen Inhalt aber nicht.

Die angesprochene Kundin wird die Aussage zunächst nicht deswegen auch auf Rasierer für Männer beziehen, weil das Produkt in ihr nicht als "G. for Women SensorExcel", sondern nur als "SensorExcel" bezeichnet ist und unter dieser Bezeichnung die Rasierer und baugleichen Systemklingen für Männer vertrieben werden. Angesichts des Umstandes, dass sich der gesamte Text der Produktbeschreibung ausschließlich an Frauen wendet, wird auch die Kundin, die weiß, dass es baugleiche Klingen "SensorExcel" für Männer gibt, die Werbung dahin verstehen, dass ausschließlich Rasierer für Frauen gemeint sind, und annehmen, der Bestandteil "G. For Women" sei allein zur Abkürzung und Vermeidung einer unschönen Wiederholung der langen ausführlichen Bezeichnung "G. for Women SensorExcel" verwendet worden.

Auch die Aussage "Alle Sensor(r)/SensorExcel Klingen passen in diesen Apparat" am Rand des Textfelds bezieht Klingen für Männerrasierer nicht in die beanstandete Aussage ein. Die angesprochene Kundin wird sie vielmehr dahin verstehen, dass alle für Damenrasierer vorgesehenen Klingen, seien es solche des Systems "Sensor", seien es solche des Systems "SensorExcel", in den Rasierer passen. Dass mit dem Satz trotz ihrer Baugleichheit nicht auch die für Herrenrasierer bestimmten Klingen in die beanstandete Aussage einbezogen werden, wird auch durch die bildliche Wiedergabe einer Klingenpackung in unmittelbarer Nähe der Aussage bestätigt, die wiederum die Bezeichnung "G. for Women SensorExcel" aufweist.

Ist die beanstandete Aussage damit dahin zu verstehen, dass das Produkt der Antragsgegnerin der einzige für Damen bestimmte Rasierer mit federnd gelagerten Klingen sei, so muss der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfolglos bleiben, weil - was unstreitig ist - keine anderen Rasierer für Damen auf dem Markt sind, die federnd gelagerte Klingen aufweisen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Aussage auch nicht deswegen irreführend, weil auf dem US-amerikanischen Markt ein Damenrasierer mit federnden Klingen vertrieben wird. Denn die angesprochenen Verkehrskreise werden die Aussage nicht als auch auf den US-amerikanischen Markt bezogen auffassen. Die angesprochene Kundin wird die Aussage dahin verstehen, dass auf dem für sie und die übrigen beworbenen Verbraucherinnen erreichbaren Markt ein gleichartiger Rasierer nicht vorhanden sei. Denn die Aussage steht nicht absolut da und reklamiert eine technische weltweite Überlegenheit, sondern es soll ersichtlich (nur) zum Ausdruck gebracht werden, dass für die angesprochene Kundin auf dem für sie erreichbaren Markt nur der beworbene Rasierer federnde Klingen aufweise. Damit ist angesichts der drei Sprachen, in denen die Produktbeschreibung auf der Rückseite der Verpackung abgedruckt ist, neben dem deutschen noch der Markt in Frankreich und den Niederlanden erfasst. Es kann offen bleiben, ob die durchschnittlich aufmerksame Kundin wegen der Aufzählung von Städten in anderen Ländern (z.B. London, Wien und Zürich) am unteren Bereich der Verpackung auch die Märkte jener Länder als einbezogen ansehen wird. Denn jedenfalls ist der US-amerikanische Markt auch bei Berücksichtigung aller aufgrund des Textes in Betracht kommenden Länder in die Beurteilung nicht mit einzubeziehen.

Aus dem vorstehenden Gründen vermag der Senat nicht als dargelegt und glaubhaft gemacht anzusehen, dass die angesprochenen Verbraucherinnen die Werbeaussage entsprechend der Behauptung der Antragstellerin auch auf Rasierer für Männer beziehen und auf diese Weise irregeführt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 545 Abs.2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 250.000 DM






OLG Köln:
Urteil v. 16.03.2001
Az: 6 U 191/00


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