Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. August 2006
Aktenzeichen: 25 W (pat) 73/04

(BPatG: Beschluss v. 04.08.2006, Az.: 25 W (pat) 73/04)

Tenor

Der Antrag, der Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

1) Mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. März 2003 wurde der Widerspruch aus der für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 37 und 38 geschützten Gemeinschaftsmarke 30 429 "ONE2ONE" gegen die für Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 41 und 42 geschützten angegriffenen Wortbildmarke 301 11 543 Grafik der Marke 30111543.5 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Die Widersprechende hat dagegen mit Eingabe vom 21. April 2004 Beschwerde eingelegt. Am 3. November 2005 fand eine mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerin hat ihren Widerspruch mit Eingabe vom 24. November 2005 vor Erlass einer Beschwerdeentscheidung zurückgenommen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt:

Der Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten insgesamt aufzuerlegen.

Im vorliegenden Falle entspreche es der Billigkeit nach § 71 MarkenG, der Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Bereits aus dem Beschluss des Patent- und Markenamts vom 3. März 2004, mit dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde, sei für die Beschwerdeführerin erkenntlich gewesen, dass ihre Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Die mündliche Verhandlung, an der die Beschwerdegegnerin nicht teilgenommen habe, habe ganz offensichtlich ergeben, dass die Beschwerde keine Erfolgsaussichten habe. Aus diesem Grunde sei die Beschwerde zurückgenommen worden. In diesem Falle entspreche es regelmäßig der Billigkeit, ihr die Kosten der Beschwerdeinstanz aufzuerlegen.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den Kostenantrag zurückzuweisen.

Nach § 71 MarkenG trage jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst. Es seien keine Gründe ersichtlich, davon im konkreten Fall abzuweichen. So sei weder die eingelegte Beschwerde angesichts der vollständigen Übernahme der Widerspruchsmarke in der angegriffenen Marke und des weiteren beschreibenden Bestandteils "IT" von vorneherein erkennbar aussichtslos gewesen, noch habe die Widersprechende und Beschwerdeführerin prozessuale Sorgfaltspflichten verletzt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

2) Der Kostenantrag der Beschwerdegegnerin ist auch nach der Rücknahme des Widerspruchs zulässig (MarkenG § 71 Abs. 4). Jedoch ist der Kostenantrag nicht begründet.

Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens ist MarkenG § 71 Abs. 1 Satz 1, wonach das Bundespatentgericht die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann, wenn dies der Billigkeit entspricht. Das Gesetz geht, was auch durch MarkenG § 71 Abs. 1 Satz 2 deutlich wird, im Grundsatz davon aus, dass im markenrechtlichen Verfahren, einschließlich des Beschwerdeverfahrens, jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt und dass es für eine Abweichung hiervon stets besonderer Umstände bedarf ((Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 71 Rdn. 11; vgl. zum - inhaltlich übereinstimmenden - früheren Recht BGH BlPMZ 1973, 23 "Lewapur"). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist.

Derartige besondere Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Eine Kostenauferlegung entspricht nach der gesetzlichen Regelung (MarkenG § 71 Abs. 4) noch nicht allein deshalb der Billigkeit, weil der Widerspruch zurückgenommen worden ist und die Beschwerdeführerin sich gleichsam freiwillig in die Lage der Unterliegenden begeben hat. Auch der Verfahrensausgang bzw. der (inzwischen durch Rücknahme des Widerspruchs wirkungslos gewordene) Beschluss der Markenstelle, in dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde, stellt noch keine Vermutung für die Billigkeit einer Kostenauferlegung dar (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 71 Rdn. 11). Vielmehr müsste ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht haben (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 71 Rdn. 11). Da die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen teilweise sehr ähnlich sind und die Widerspruchsmarke fast identisch in der angegriffenen Marke enthalten ist, besteht kein Anlass, vom Grundssatz der eigenen Kostentragung abzuweichen.

Der Kostenantrag der Beschwerdegegnerin konnte somit keinen Erfolg haben.






BPatG:
Beschluss v. 04.08.2006
Az: 25 W (pat) 73/04


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