Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 3. März 2008
Aktenzeichen: 11 K 1607/06

(VG Köln: Urteil v. 03.03.2008, Az.: 11 K 1607/06)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Klägerin wurden auf entsprechenden Antrag mit Bescheid vom 13.09.2002 mit Wirkung zum 01.01.2003 zwei Rufnummern für Auskunftsdienste (ooooo und ooooo) zugeteilt. Diese Zuteilung erfolgte auf der Grundlage von § 43 des Telekommunikationsgesetzes v. 25.07.1996, BGBl. I S. 1120 - TKG a.F. - in Verbindung mit den „Vorläufigen Regeln für die Zuteilung von Rufnummern für Auskunftsdienste" (Amtsbl. des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation Nr. 8/97 Vfg. 61- im folgenden: Vorläufige Zuteilungsregeln). In dem Zuteilungsbescheid heißt es: „Die Zuteilung dieser Rufnummern begründet ein durch das TKG und die o.g. Zuteilungsregeln beschränktes Nutzungsrecht. Die sich aus den Zuteilungsregeln...ergebenden Auflagen und Verpflichtungen sind Bestandteil dieses Bescheides." Unter „6. Auflagen" heisst es in den Zuteilungsregeln: „Der Antragsteller muss die Rufnummer innerhalb einer Frist von 90 Kalendertagen nach Wirksamwerden der Zuteilung nutzen" (6.1 c)."

Nach „8. Widerruf" der Zuteilungsregeln kann die Zuteilung einer Rufnummer widerrufen werden, wenn gegen die Auflagen nach Punkt 6 verstoßen wird. Dementsprechend hatte die Klägerin im Antragsverfahren am 21.06.2002 darum gebeten, die Zuteilung zum 01.10.2002 wirksam werden zu lassen, die Aufnahme des Geschäftsbetriebs werde dann bis spätestens 01.01.2003 erfolgen. Zeitgleich zur Absendung der Rufnummernzuteilung war eine Beschwerde der Klägerin über die lange Bearbeitungsdauer eingegangen, in der sie u.a. darum bat, die Zuteilung erst zum 01.01.2003 wirksam werden zu lassen. Diese Beschwerde wurde durch die erfolgte Zuteilung als erledigt angesehen, zumal darin - wie beantragt - als Wirksamwerden für die Zuteilung der 01.01.2003 fetsgelegt war. Unter dem 30.04.2003 beantragte die Klägerin weitere drei Auskunftsrufnummern, um ihre „differenzierten Dienste...individuell vergebühren zu können". Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass die beiden bereits zugeteilten Auskunftsrufnummern noch nicht geschaltet seien. Hierfür seien Schwierigkeiten mit der E. U. AG sowie Flutschäden in E1. - wo das operative Geschäft betrieben werde - verantwortlich. Die notwendigen Reinigungs- und Trocknungsarbeiten würden kurzfristig abgeschlossen und der Freischaltungsauftrag für alle Auskunftsrufnummern unverzüglich nach Zuteilung der nunmehr beantragten weiteren Nummern erteilt. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.05.2003 ab und führte zur Begründung aus: Weitere Auskunftsrufnummern könnten nur bei unterschiedlicher Ausgestaltung der einzelnen Dienste zugeteilt werden; das Realisierungskonzept der Klägerin für die neuen Nummern unterscheide sich aber nicht ausreichend von dem der bereits zugeteilten Nummern. Außerdem würden letztere noch nicht genutzt, obwohl die Frist nach 6.1c der Zuteilungsregeln bereits abgelaufen sei. Einstweiliger Rechtsschutz der Klägerin blieb in zwei Instanzen erfolglos (u.a. 11 L 1312/03 VG Köln und 13 B 2225/03 OVG NRW). In beiden Instanzen wurde u.a. darauf hingewiesen, dass die Nutzungsfrist nach 6.1c der Zuteilungsregeln bereits abgelaufen sei. Auf eine Anhörung der Beklagten zur Nutzung der zugeteilten Auskunftsrufnummern vom 19.08.2003 teilte die Klägerin am 05.09.2003 u.a. mit, eine Freischaltung von zunächst zwei Rufnummern würde zu einem doppelten Anfall der Schaltungsgebühren (137.753 EUR bei der U. bzw. 84.600 EUR bei B. ) führen. Sie sichere zu, dass sie die beiden Rufnummern unverzüglich, spätestens 90 Tage nach Rechtssicherheit über die Frage der Zuteilung weiterer Rufnummern und Abschluss der entsprechenden Verträge in Auftrag geben werde. Hierzu erwiderte die Beklagte unter dem 15.01.2004, dass sie sich einen Widerruf der beiden Nummern ausdrücklich vorbehalte, wenn nicht bis zum 20.02.2004 ein Auskunftsdienst im Sinne der Zuteilungsregeln erreichbar sei. Am 20.02.2004 verwies die Klägerin auf von ihr angestellte Bemühungen zur Schaltung bzw. Zusammenschaltung, die schnellstmöglich vorangetrieben würden. Eine Entziehung der Nummern zum jetzigen Zeitpunkt sei unverhältnismäßig. Mit Schreiben vom 28.09.2004 teilte die Beklagte mit, dass die beiden Auskunftsrufnummern immer noch nicht erreichbar seien und behielt sich einen Widerruf vor, wenn dies bis zum 20.10.2004 nicht der Fall sei. Am 20.10.2004 schilderte die Klägerin erneut ihre nach wie vor angestellten Bemühungen, die leider nicht zeitgerecht zum Erfolg geführt hätten; mit der Zuteilung eines Testfensters durch die U. werde jedoch kurzfristig gerechnet. Daraufhin widerrief die Beklagte die Zuteilung der beiden Auskunftsrufnummern mit Bescheid vom 24.11.2004. Die Nummern würden fast zwei Jahre nach Zuteilung noch nicht genutzt, wobei besonders Auskunftsrufnummern eine knappe Ressource seien. Hiergegegen erhob die Klägerin unter dem 02.12.2004 Widerspruch. Sie wies insbesondere darauf hin, dass die Kompatibilitätstests Anfang Februar 2005 abgeschlossen sein würden und die Tests im Wirkbetrieb - und damit die Erreichbarkeit der Nummern aus dem Netz der U. - für den 07.03.2005 geplant seien. Aufgrund dessen sowie nach einem Gespräch am 14.01.2005 hob die Beklagte wegen veränderter Sachlage den Widerrufsbescheid am 01.02.2005 auf. Sie verlängerte die Frist nach 6.1c der Zuteilungsregeln für Auskunftsdienste letztmalig bis zum 20.04.2005 und kündigte bei Verstreichen dieser Frist den endgültigen Widerruf der Rufnummernzuteilung an. Im April und Mai 2005 berichtete die Klägerin über weitere Fortschritte auf dem Weg zur Schaltung der Nummern und äußerte Dank für die Geduld der Beklagten sowie die Hoffnung, dass die Angelegenheit „nun hoffentlich bald in ihrer Implementierungsphase abgeschlossen" sei. Auf die Aufforderung der Beklagten, bis zum 15.09.2005 zum Sachstand zu berichten, teilte die Klägerin unter diesem Datum mit, dass nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen mit einer Bekanntgabe der endgültigen Freischaltungstermine zu rechnen sei. Daraufhin widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 19.09.2005 (ermeut) die Zuteilung der Auskunftsrufnummern. Eine Nutzung sei nach fast drei Jahren immer noch nicht erfolgt. Die Rufnummerngasse 118xy stelle die einzig zuteilbare Rufnummerngasse mit kurzstelligen Sonderrufnummern dar. Ihre effiziente Verwaltung sei deshalb besonders wichtig. Da derzeit alle Nummern dieser Gasse zugeteilt seien und weitere Nachfrage bestehe, müsse die fast drei Jahre nicht genutzte Zuteilung der Klägerin widerrufen werden. Im hiergegen eingelegten Widerspruch vom 20.09.2005 führte die Klägerin aus, die Schaltung der Nummern stehe unmittelbar bevor. Im Dezember 2005 führte sie aus, die Tests im Wirkbetrieb auf zwei von 16 bestellten Leitungen begännen spätestens Mitte Januar 2006. Den Widerspruchsbescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2006 zurück und führte ergänzend im wesentlichen aus: Testanrufe am 31.01., 10.02., 16.02.und 21.02.2006 hätten unter beiden Rufnummern keine Erreichbarkeit eines Auskunftsdienstes ergeben (Rufzeichen, aber keine Verbindung mit einem Auskunftsdienst). Der Klägerin sei ausreichend Zeit eingeräumt worden, die Nutzung zu erreichen. Im Rahmen der ihr obliegenden Nachfragelenkung müsse die Beklagte die Nummern endlich Interessenten zur Verfügung stellen, die diese Nummern tatsächlich und zeitnah zu Auskunftsdiensten nutzten. Nachdem die Klägerin die Aufnahme des Auskunftsbetriebes angezeigt hatte, wurde zur Durchführung von Testanrufen die sofortige Vollziehung zunächst ausgesetzt. Mit email vom 04.05.2006 teilte die Bedienstete N. der Klägerin mit, dass bei positivem Ergebnis der Testanrufe die Aufhebung des Widerrufs beabsichtigt sei. Diese Aussetzung beendete die Beklagte mit Schreiben vom 31.05.2006 und teilte mit, dass bei Anruftests vom 04. - 17.05.2006 eine Erreichbarkeit nur in 2/3 der Anrufe festgestellt werden konnte. Auskunftsrufnummern müssten aber jederzeit erreichbar sein. Daher müsse auch der Widerruf bestehen bleiben. Bereits am 22.03.2006 hatte die Klägerin Klage erhoben und am 23.05.2006 auch um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (11 L 827/06). Sie vertritt die Auffassung, dass sie die Nummern jedenfalls seit April 2006 nutze. Sie könne daher auf die Zusage der Aufhebung des Widerrufs vertrauen. Die Testergebnisse seien nicht überprüfbar, sie müssten bestritten werden. Jedenfalls habe ihr Gelegenheit zur Abhilfe gegeben werden müssen. Es sei auch bereits fraglich, ob die Zuteilungsregeln wirksam seien; jedenfalls sei die Frist von 90 Tagen unwirksam. In der mündlichen Verhandlung vom 06.09.2006 wurde dem Gericht ein Schreiben der Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur an einen Bundestagsabgeordneten vom 26.06.2006 in der Angelegenheit der Klägerin bekannt. Darin wird ausgeführt, dass bei Vortrag entsprechender Umstände ein möglicher Widerruf des Widerrufs sorgfältig geprüft werde. Das Gericht äußerte sein Befremden über derartige Schreiben während eines laufenden Gerichtsverfahrens und vertagte die Sache bis zum Abschluss der Prüfung eines solchen Widerrufs des Widerrufs. Die Beklagte setzte zugleich die sofortige Vollziehung aus. Die Klägerin teilte der Beklagten sodann mit Schreiben vom 13.10.2006 mit, dass sie seit Mai 2006 tatsächlich einen 24stündigen Auskunftsdienst anbiete. Mit Verfügung vom 05.03.2007 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheides wieder an. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sie im Dezember 2006 1.706 Testanrufe getätigt habe, bei denen in 1.628 Fällen keine Auskunft zu erhalten gewesen sei (in der Regel habe ein Besetztzeichen ertönt). Im Januar 2007 sei dies bei 945 Anrufen in 910 Fällen der Fall gewesen. Es seien also nur ca. 5 % der Anrufe entgegengenommen worden, wobei zudem z.T falsche Auskünfte erteilt worden seien. Hierzu trägt die Klägerin vor, dass sie Anrufe während der Testzeit ordnungsgemäß bis zur Kapazitätsgrenze im Rahmen des zu erwartenden statistischen Mittels entgegen genommen habe. Die überschießende Zahl der Testanrufe erkläre das Besetztzeichen. Die Zahl der Anrufe hätte selbst die U. nicht bewältigen können. Im übrigen fehle es den Auflagen in den Zuteilungsregeln an einer Ermächtigungsgrundlage, sie seien inhaltlich unbestimmt und stünden im Widerspruch zu den Regulierungszielen des TKG. Jedenfalls sei das Ermessen der Beklagten unrichtig betätigt. Es bestehe ein Anspruch auf Widerruf des Widerrufs.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 19.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Bescheide für rechtmäßig, beruft sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und verweist auf die Ergebnisse der zuletzt durchgeführten Tests. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden sowie des Verfahrens 11 L 827/06 und der dazu beigezogenen bzw. eingereichten Vorgänge.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

I. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Sie beruhen auf § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG i.V.m. §§ 43 Abs. 3 Satz 2 TKG a.F., 67 Abs. 1 Satz 2 TKG i.d.F. v. 22.06.2004, BGBl. I S. 1190 - TKG n.F. - und Abschnitt 6.1c und 8 der Vorläufigen Zuteilungsregeln. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit mit Wirkung ex nunc widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist erfüllt hat (§ 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG). Insbesondere kann die Beklagte bei Nichterfüllung von behördlich auferlegten Verpflichtungen die rechtswidrig genutzte Nummer entziehen (§ 67 Abs. 1 Satz 2 TKG). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beklagte konnte den Zuteilungsbescheid hinsichtlich der streitigen Nummern mit einer Auflage versehen (§ 43 Abs. 3 Satz 2 TKG a.F.). Diese Befugnis ist zwar in § 66 TKG n.F. nicht mehr erwähnt; ihr Fortbestehen folgt aber aus der allgemeinen Regelung des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG und findet Niederschlag in der Erwähnung „behördlich auferlegter Verpflichtungen" in § 67 Abs. 1 Satz 2 TKG n.F. Unabhängig hiervon erfolgte aber die Zuteilung unter der Geltung des § 43 Abs. 3 Satz 2 TKG, der - wie erwähnt - die Beifügung von Auflagen ausdrücklich gestattete. Eine solche Auflage im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ist Abschnitt 6.1c der vorläufigen Zuteilungsregeln. Die darin normierte Pflicht zur Nutzung der Rufnummer binnen 90 Tagen nach Wirksamwerden der Zuteilung ist auf ein bestimmtes Tun gerichtet und stellt sich als selbständig erzwingbare hoheitliche Anordnung dar. Die Vollstreckung dieser Nebenbestimmung ist ohne zusätzliche Konkretisierung möglich, da ein Nutzen der Rufnummer ihre Schaltung im Netz bedeutet, wobei im Falle einer Auskunftsrufnummer noch die jederzeitige Erreichbarkeit hinzukommen muss.

Vgl. Abschnitt 1 2. Absatz der Vorläufigen Zuteilungsregeln und VG Köln, Beschluss vom 05.02.2002 , NVwZ-RR 2002, 605 ff.

Abschnitt 6.1c der vorläufigen Zuteilungsregeln ist auch Bestandteil des Zuteilungsbescheides geworden. Die Beklagte hat mit der Formulierung: „die Zuteilung der Rufnummer begründet ein durch das TKG und diese Zuteilungsregeln beschränktes Nutzungsrecht" und dem Hinweis auf die sich aus den Zuteilungsregeln ergebenden Verpflichtungen und Auflagen im Zuteilungsbescheid hinreichend deutlich gemacht, dass die im Bescheid ausgesprochene Begünstigung durch die vorläufigen Zuteilungsregeln, insbesondere aber durch die darin aufgeführten Auflagen beschränkt sein sollte.

Eine Bezugnahme auf Unterlagen außerhalb des Bescheides ist grundsätzlich zulässig, soweit dem Betroffenen die Unterlagen bekannt sind. Die Maßstäbe im Einzelnen können sich dabei aus dem jeweiligen Fachrecht ergeben.

BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335 (338); VG Köln, Beschluss vom 05.02.2002 a.a.O.

Das betreffende Fachrecht sieht hier - wie ausgeführt - vor, dass die Zuteilung von Nummern mit Auflagen und sonstigen Nebenbestimmungen verbunden werden kann (§ 43 Abs. 3 Satz 2 TKG). Vor diesem Hintergrund ist es zulässig, die entsprechenden Verpflichtungen und Auflagen durch den Hinweis auf die Beschränkungen des Nutzungsrechts in den Bescheid zu integrieren, ohne von der Behörde die jeweilige Auflistung der zu erfüllenden Verpflichtungen zu verlangen. Die mit dem Zuteilungsbescheid verknüpfte Regelung des Abschnitts 6.1c der vorläufigen Zuteilungsregeln ist auch als der Klägerin bekannt gegeben anzusehen, da diese Regeln im Amtsblatt des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation veröffentlicht worden sind.

Vgl. insgesamt VG Köln, Beschluss vom 05.02.2002 a.a.O.

Die Vorläufigen Zuteilungsregeln sind auch der Zuteilung zugrunde zu legen. Ihnen kommt zwar als solche keine Außenwirkung zu, jedoch sind sie Ausdruck von Sinn und Zweck der Nummernverwaltung, die der Beklagten obliegt.

OVG NRW, Beschluss vom 08.01.2004 - 13 B 2225/03 -.

Sie bewirken dabei in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG als normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften eine Selbstbindung der Verwaltung bei der Rufnummernzuteilung und - verwaltung und gewinnen auf diese Weise Bedeutung im Einzelfall.

VG Köln, Beschluss vom 17.12.2003 - 11 L 2782/03 -.

Die Voraussetzung der Auflage in Abschnitt 6.1c war im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung - Zugang des Widerspruchsbescheides am 23.02.2006 - nicht erfüllt. Nach den eigenen Ausführungen der Klägerin lief zu dieser Zeit (lediglich) der Test im Wirkbetrieb; wegen der laufenden Tests sind Anrufern im Januar und Februar 2006 keine inhaltlichen Auskünfte erteilt, sondern diese auf den Testbetrieb hingewiesen worden (Schriftsatz vom 23.05.2006, Bl. 31 der Gerichtsakte - GA -). Dies reicht aber nicht. Gerade im eng bemessenen Rufnummernbereich muss von den Anbietern von Auskunftsdienstleistungen erwartet werden, dass diese ihre Dienstleistungen bereits vor Beantragung einer Rufnummer getestet haben und dann mit dem fertigen Projekt auf den Markt treten. Eine Zuteilung für Testzwecke gibt die Rufnummerngasse 118xy nicht her.

VG Köln, Beschluss vom 24.09.2003 - 11 L 1312/03 -.

Nach ihrer eigenen Einschätzung nutzte die Klägerin die Rufnummern vielmehr (erst) seit dem 30.04.2006 in der Weise, dass 24 Stunden am Tag/ 7 Tage die Woche Auskunftsanrufe beantwortet wurden (Schriftsatz vom 23.05.2006, Bl. 38 GA). Eine solche Nutzung ist für die Nutzung einer Auskunftsrufnummer im Sinne der vorläufigen Zuteilungsregeln als „jederzeit telefonisch errreichbarer Informationsdienst" (Abschnitt 1 2. Absatz) auch erforderlich. Sie kam jedoch - ihr Vorliegen unterstellt - zu spät, da im April 2006 die Frist von 90 Tagen zur Aufnahme einer solchen Nutzung (längst) verstrichen war.

So ausdrücklich für die hier streitigen Nummern bereits OVG NRW, Beschluss vom 08.01.2004 a.a.O.

Die Beklagte war angesichts dessen wegen Nichterfüllung dieser Auflage zum Widerruf der Nummern berechtigt (§ 67 Abs. 1 Satz 2 TKG n.F. i.V.m. Abschnitt 8 der vorläufigen Zuteilungsregeln).

Sie hat dabei das ihr zustehende Ermessen auch zutreffend ausgeübt. Dieses Ermessen war spätestens im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung auf Null in Richtung auf den Widerruf reduziert.

Die Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als drei Jahre Zeit, die Nummern in ordnungsgemäßen Betrieb zu nehmen. Sie hat aber alle ihr eingeräumten Fristverlängerungen bis hin zur Aufhebung einer bereits ergangenen Widerrufsentscheidung nicht genutzt, um den Vorläufigen Zuteilungsregeln nachzukommen. Im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbes war spätestens zu diesem Zeitpunkt der Widerruf unumgänglich. Dies folgt für die Rufnummernverwaltung insbesondere auch aus dem Charakter einer knappen Ressource, der Rufnummern im allgemeinen und Auskunftsrufnummern der Gasse 118xy im besonderen zukommt. Sie bedürfen in besonderem Maße der Regulierung.

OVG NRW, Urteil vom 06.12.2001 - 9 A 673/01 - S. 12 ff.; Beschluss vom 08.01.2004 a.a.O.

Von einer solchen knappen Ressource muss zurückhaltend, den Vorrat schonend Gebrauch gemacht werden und kann deshalb die Vergabe einer Rufnummer nur bei alsbald funktionsgerechter Verwendung der Nummer vorgenommen werden. Sie soll deshalb ohne einen Einsatz innerhalb der Frist von 90 Tagen nach Abschnitt 6.1c dem Inhaber auch nicht verbleiben.

OVG NRW, Beschluss vom 08.01.2004 a.a.O.

Ob die Klägerin hinsichtlich des Verstoßes ein Verschulden trifft, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Sie ist verpflichtet sicherzustellen, dass die Zuteilungsregeln und die Auflagen zum Zuteilungsbescheid effektiv eingehalten werden; bloße "Bemühungen" genügen nicht.

VG Köln, Beschluss vom 19.09.2005 - 11 L 1269/05 -.

Auf die von ihr angeführten technischen, vertraglichen und wirtschaftlichen Hinderungsgründe kommt es daher nicht an; dies gilt erst recht, wenn nicht nur 90 Tage, sondern drei Jahre (!) verstrichen sind, ohne dass die Auflage 6.1c erfüllt ist. Im Anbetracht der besonders knappen Ressource der fünfstelligen Auskunftsrufnummern und des gegenüber der Frist von 90 Tagen extrem langen Zeitraums der Nichtnutzung der Rufnummern durch die Klägerin - der andererseits zahllose Chancen zur Abwendung des Widerrufs eingeräumt worden sind - war das Widerrufsermessen auf Null in Richtung Widerruf geschrumpft. Dass die Beklagte während dieses langen Zeitraums immer wieder zugewartet hat, führt jedoch nicht zu einem anzuerkennenden Vertrauensschutz der Klägerin: zum einen sind Gesichtspunkte eines etwaigen Vertrauensschutzes im Rahmen der hier einschlägigen §§ 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG, 67 Abs. 1 Satz 2 TKG n.F. nicht zu berücksichtigen, wie § 49 Abs. 6 Satz 1 VwVfG zeigt; zum anderen ist der Klägerin stets verdeutlicht worden, dass bei Nichtnutzung der Nummern letztlich der Widerruf folgen muss. Angesichts der von der Klägerin fortlaufend vorgetragenen neuen Tatsachen, die die Beklagte stets zum Anlass einer neuerlichen Prüfung genommen hat, war im Zeitpunkt des endgültigen Widerrufs auch die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG nicht verstrichen.

II. Die angefochten Bescheide sind auch nicht deshalb aufzuheben, weil die Beklagte zu ihrem Widerruf verpflichtet wäre.

Eine solche Verpflichtung ergibt sich nicht daraus, dass die Beklagte eine entsprechende wirksame Zusage gemacht hätte. Eine solche Zusage zum Widerruf des Widerrufsbescheides ist schon nicht ersichtlich; auch im Schreiben der Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur vom 20.06.2006 ist nur von einer entsprechenden Prüfung die Rede. Eine solche hat aber stattgefunden (wenn auch nicht mit dem von der Klägerin gewünschten Ergebnis). Die emails der Bediensteten N. vom 20.03. und 04.05.2006 (Bl. 39 bzw. 34 der Beiakte Heft 3 zu 11 L 827/06) erfüllen demgegenüber nicht das Schriftformerfordernis des § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG für eine Zusage, da es hier an der dafür erforderlichen qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz fehlt (§ 3a Abs. 2 VwVfG).

Vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 21.04.2006, NVwZ-RR 2006, 519; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 38 Rz. 20.

Ein Widerruf der angefochtenen Bescheide unabhängig von einer Zusage kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil auch nach den zuletzt durchgeführten Testanrufen im Dezember 2006 und Januar 2007 jedenfalls nicht feststeht, dass die Voraussetzungen von Abschnitt 1 2. Absatz der vorläufigen Zuteilungsregeln („jederzeit ... erreichbarer Informationsdienst) zwischenzeitlich vorgelegen hätten. Auch die Einwendungen der Klägerin gegen die Validität dieser Testanrufe ersetzen diesen der Klägerin obliegenden Nachweis der Erfüllung dieser Voraussetzungen nicht. Unabhängig davon wäre aber selbst bei Gelingen dieses Nachweises im Dezember 2006/Januar 2007 die weitere und hiervon unabhängige Auflage einer derartigen Nutzung innerhalb von 90 Tagen nach Wirksamwerden der Zuteilung nicht (rückwirkend) erfüllt. Die angefochtenen Bescheide müssten vielmehr (aufgrund der nach wie vor gegebenen Ermessensschrumpfung auf Null) erneut erlassen werden, was jedenfalls einen Widerruf ausschließt (§ 49 Abs. 1 VwVfG).

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.






VG Köln:
Urteil v. 03.03.2008
Az: 11 K 1607/06


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