Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2006
Aktenzeichen: 15 W (pat) 337/03

(BPatG: Beschluss v. 06.04.2006, Az.: 15 W (pat) 337/03)

Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 6. Mai 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent mit der Bezeichnung "Verfahren zum Aufkaschieren" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 13. Februar 2003 erfolgt.

Gegen das Patent sind zwei Einsprüche erhoben worden.

Dem Einspruchsverfahren liegt das Patent in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen zugrunde.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zum Herstellen einer Dachunterlage in Form eines Schichtpressstoffes (60) mit sichtbarem Prägemuster, wobei ein erstes Material mit einem darauf ausgebildeten Prägemuster auf ein zweites Material unter Verwendung eines Punktkaschiermusters in einem Kaschierprozess aufkaschiert wird, wobei das erste Material als ungewebtes Polymerspinnvlies (40) ausgebildet ist, das eine Vielzahl von durch Hitze und Druck ausgebildete Prägepunkte (42) aufweist, die ein Prägemuster (41) bilden, wobei das zweite Material als nichtgeprägtes Polymermaterial (43) in Form eines Polypropylenfilms ausgebildet ist, wobei das mit dem Prägemuster (41) versehene Polymerspinnvlies (40) und das nichtgeprägte Polymermaterial (43) unter Verwendung einer Kalanderwalze (50) , die mit einem Kaschiermuster (56) mit einer Vielzahl von Kaschierpunkten (55) versehen ist, zusammengebracht und aufeinander kaschiert werden, wobei - die Wechselwirkung zwischen dem Prägemuster (41) des nicht gewebten Polymerspinnvlieses (40) und dem Kaschiermuster (56) auf der Kalanderwalze (50) durch Auswahl und Abänderung mindestens eines Charakteristikums der Muster (41, 56) kontrolliert wird, so dass eine gezielte Überlagerung des Prägemusters (41) mit dem Kaschiermuster (56) im Kaschierprozess nach Auswahl und Abänderung mindestens eines Charakteristikums der Muster (41, 56) stattfindet dergestalt,

- dass das Ausmaß der Punktlageungenauigkeit zwischen dem Prägemuster (41) beim ungewebten Polymerspinnvlies (40) und dem Kaschiermuster (56) auf der Kalanderwalze (50) im sichtbaren Überlagerungsmuster (70) kontrolliert und dass das ausgewählte und abgeänderte Charakteristikum mindestens eines der folgenden umfasst:

- Zwischenraum bzw. Abstand zwischen den Prägepunkten (42) des Prägemusters (41) des ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder Zwischenraum bzw. Abstand zwischen den Prägepunkten

(55) des Kaschiermusters (56) der Kalanderwalze (50),

- die Ausrichtungsachsen (X, Y) der Prägepunkte (42) des Prägemusters (41) des ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder die Ausrichtungsachsen (x, y) der Prägepunkte (55) des Kaschiermusters (56) auf der Kalanderwalze (50),

- den prozentualen Anteil der gebundenen Bereiche (41) des Prägemusters auf dem ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder den prozentualen Anteil der Kontaktbereiche des Kaschiermusters

(56) auf der Kalanderwalze (50),

- die Form jedes Prägepunktes (42) des Prägemusters (41) auf dem ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder die Form jedes Kaschierpunktes (55) des Kaschiermusters (56) der Kalanderwalze (50),

- die Größe jedes Prägepunktes (42) des Prägemusters (41) auf dem ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder von jedem Kaschierpunkt (55) des Kaschiermusters (56) auf der Kalanderwalze (50), wobei das mit dem Prägemuster (41) versehene Polymerspinnvlies (40) und das nichtgeprägte Polymermaterial geglättet werden, um die Tendenz des Polymerspinnvlies (40) und des nichtgeprägten Polymermaterials (43) sich zu raffen, zu verringern, wobei das geglättete Polymerspinnvlies (40) und das nicht geprägte Polymermaterial (43) der Kalanderrolle (50) zugeführt werden, wobei das resultierende Material einem Endbearbeitungsdom (62) zugeführt wird, um den der resultierende Schichtpressstoff (60) gewickelt wird, und wobei die Rotation des Endbearbeitungsdorns (62) automatisch variiert wird, um sicherzustellen, dass die Aufwickelgeschwindigkeit des Schichtpressstoffes auf den Endbearbeitungsdom mit der Kaschiergeschwindigkeit der textilen Materialien (40, 43) übereinstimmt, wobei das Verfahren weiterhin den Schritt umfasst, ein drittes Material in Form eines Spinnvlieses auf die dem ersten Material gegenüberliegende zweite Seite des Polypropylenfilms (43) aufzulaminieren, derart, dass der Polypropylenfilm zwischen zwei Polypropylenspinnvliesen kaschiert wird."

Im Verfahren sind u. a. folgende Entgegenhaltungen:

US 5 763 041 (D1)

DE 195 34 812 A1 (D6)

EP 0 570 215 A2 (D11).

Die Einsprechenden machen geltend, der Gegenstand des Patents sei nicht patentfähig, weil gegenüber dem Stand der Technik sowohl die Neuheit als auch die erfinderische Tätigkeit fehle. Insbesondere unterscheide sich das patentierte Verfahren nicht von dem in der D1 beschriebenen Kaschierprozess.

Die Einsprechenden beantragen, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß Antrag mit den Patentansprüchen 1 bis 25, überreicht in der mündlichen Verhandlung und ggf. anzupassender Beschreibung, sowie 20 Seiten Zeichnungen mit Figuren 1 bis 17 gemäß DE 199 20 804 C2.

Außerdem erklärt sie die Teilung des Patents.

Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei patentfähig und führt dazu aus, das patentierte Verfahren unterscheide sich u. a. dadurch vom Stand der Technik, dass die Wechselwirkung zwischen dem Prägemuster des nicht gewebten Polymerspinnvlieses und dem Kaschiermuster auf der Kalanderwalze so gesteuert werde, dass sich eine optimale Kaschierung ergebe. Nach dem Patent müsse zuerst das Prägemuster analysiert werden, danach werde so kaschiert, dass möglichst keine Deckung zwischen den Mustern auftrete. Insgesamt sei im Stand der Technik nirgends die Rede davon, dass die Wechselwirkung zwischen Präge- und Kaschiermuster kontrolliert werde.

Wegen der rückbezogenen Ansprüche und weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren (§ 147 Abs. 3 PatG) auf Grund mündlicher Verhandlung in entsprechender Anwendung von § 78 PatG (BPatG Mitt 2002, 417, 418 - Etikettierverfahren).

2. Der rechtzeitig und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind innerhalb der Einspruchsfrist die den Einspruch nach § 21 PatG rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt worden, so dass der Patentinhaber und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen des geltend gemachten Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG).

3. Der Einspruch hat auch Erfolg, denn der Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 ist nicht patentfähig, weil er gegenüber dem in der D1 i. V. m. D6 und D11 beschriebenen Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Das Patent war deshalb zu widerrufen (§ 61 PatG).

a. Der mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 1 lautet:

M1 Verfahren zum Herstellen einer Dachunterlage in Form eines Schichtpressstoffes (60) mit sichtbarem Prägemuster, wobei ein erstes Material mit einem darauf ausgebildeten Prägemuster M2 auf ein zweites Material M3 unter Verwendung eines Punktkaschiermusters in einem Kaschierprozess aufkaschiert wird, M4 wobei das erste Material als ungewebtes Polymerspinnvlies (40) ausgebildet ist, M5 das eine Vielzahl von durch Hitze und Druck ausgebildete Prägepunkte (42) aufweist, M6 die ein Prägemuster (41) bilden, M7 wobei das zweite Material als nichtgeprägtes Polymermaterial (43) in Form eines Polypropylenfilms ausgebildet ist, M8 wobei das mit dem Prägemuster (41) versehene Polymerspinnvlies (40) und das nichtgeprägte Polymermaterial (43) unter Verwendung einer Kalanderwalze (50), die mit einem Kaschiermuster (56) mit einer Vielzahl von Prägepunkten (55) versehen ist, zusammengebracht und aufeinander kaschiert werden, wobei M9 die Wechselwirkung zwischen dem Prägemuster (41) des nicht gewebten Polymerspinnvlieses (40) und dem Kaschiermuster (56) auf der Kalanderwalze (50) durch Auswahl und Abänderung mindestens eines Charakteristikums der Muster (41, 56) kontrolliert wird, M10 so dass eine gezielte Überlagerung des Prägemusters (41) mit dem Kaschiermuster (56) im Kaschierprozess nach Auswahl und Abänderung mindestens eines Charakteristikums der Muster (41, 56) stattfindet dergestalt, M11 dass das Ausmaß der Punktlageungenauigkeit zwischen dem Prägemuster (41) beim ungewebten Polymerspinnvlies (40) und dem Kaschiermuster (56) auf der Kalanderwalze (50) im sichtbaren Überlagerungsmuster (70) kontrolliert wird und dass das ausgewählte und abgeänderte Charakteristikum mindestens eines der folgenden umfasst:

M11a Zwischenraum bzw. Abstand zwischen den Prägepunkten (42) des Prägemusters (41) des ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder Zwischenraum bzw. Abstand zwischen den Prägepunkten (55) des Kaschiermusters (56) der Kalanderwalze (50), M11b die Ausrichtungsachsen (X, Y) der Prägepunkte (42) des Prägemusters (41) des ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder die Ausrichtungsachsen (x, y) der Prägepunkte (55) des Kaschiermusters (56) auf der Kalanderwalze (50), M11c den prozentualen Anteil der gebundenen Bereiche (41) des Prägemusters auf dem ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder den prozentualen Anteil der Kontaktbereiche des Kaschiermusters (56) auf der Kalanderwalze (50), M11d die Form jedes Prägepunktes (42) des Prägemusters (41) auf dem ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder die Form jedes Kaschierpunktes (55) des Kaschiermusters (56) der Kalanderwalze (50), M11e die Größe jedes Prägepunktes (42) des Prägemusters (41) auf dem ungewebten Polymerspinnvlies (40) oder von jedem Kaschierpunkt (55) des Kaschiermusters (56) auf der Kalanderwalze (50), M12 wobei das mit dem Prägemuster (41) versehene Polymerspinnvlies (40) und das nichtgeprägte Polymermaterial geglättet werden, um die Tendenz des Polymerspinnvlies (40) und des nichtgeprägten Polymermaterials (43) sich zu raffen, zu verringern, M13 wobei das geglättete Polymerspinnvlies (40) und das nicht geprägte Polymermaterial (43) der Kalanderrolle (50) zugeführt werden, M14 wobei das resultierende Material einem Endbearbeitungsdorn (62) zugeführt wird, um den der resultierende Schichtpressstoff (60) gewickelt wird, M15 und wobei die Rotation des Endbearbeitungsdorns (62) automatisch variiert wird, um sicherzustellen, dass die Aufwickelgeschwindigkeit des Schichtpressstoffes auf den Endbearbeitungsdorn mit der Kaschiergeschwindigkeit der textilen Materialien (40, 43) übereinstimmt, M16 wobei das Verfahren weiterhin den Schritt umfasst, ein drittes Material in Form eines Spinnvlieses auf die dem ersten Material gegenüberliegende zweite Seite des Polypropylenfilms (43) aufzulaminieren, derart, dass der Polypropylenfilm zwischen zwei Polypropylenspinnvliesen kaschiert wird.

b. Als zuständiger Fachmann ist hier ein im Bereich der Vliesstofftechnologie tätiger Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Verfahrenstechnik anzusehen.

c. Dem Patent liegt objektiv die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Kaschieren bereit zu stellen, bei dem Probleme beim Offline-Kaschieren vermieden oder zumindest eingeschränkt werden, so dass die Kaschierqualität verbessert wird. Diese Probleme treten auf, wenn ein geprägtes Material, beispielsweise ein punktweise verbundener, ungewebter Stoff, punktweise kaschiert wird. Dabei treten Bereiche auf, an denen das Material völlig unkaschiert ist, was das Auftreten von Blasen im Schichtpressstoff zur Folge hat (Patentschrift Sp. 3 Z. 54 bis 57 i. V. m. Sp. 2 Z. 50 bis Sp. 3 Z. 17).

d. Der Patentanspruch 1 ist formal zulässig, denn er findet seine Stütze sowohl in der Patentschrift als auch in den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen. Die Erfindung ist im Patent außerdem so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Dies kann im Einzelnen jedoch genauso unerörtert bleiben, wie die Frage nach der Neuheit, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (BGH GRUR 1991, 120-122 - Elastische Bandage).

Aus der D1 (Sp. 4 Z. 4 bis 15, Sp. 5 Z. 12 bis 14, Sp. 6 Z. 4 bis 12, Figur 3 i. V. m. Sp. 6 Z. 18 bis 25 und Figur 5 i. V. m. Sp. 6 Z. 62 bis Sp. 7 Z. 35) ist ein Verfahren zum Herstellen eines Laminats ("process of forming the laminate 10") bekannt, bei dem eine - dort als zweite Schicht genannte - Lage aus einem nicht gewebten Material ("nonwoven material") mit einer Vielzahl von ersten voneinander beabstandeten Bondstellen ("first bond sites") an einer - dort ersten - Schicht aus einem im Wesentlichen nichtelastischen Material ("nonelastic layer 12") mittels einer Vielzahl zweiter voneinander beabstandeter Bondstellen ("second bond sites") durch Bondwalzen ("bonding rolls") befestigt wird, von denen eine ein Bondmuster trägt, so dass ein Laminat mit einem Bondmuster ("bonding pattern") einer Punktgröße von etwa 1 mm2 entsteht. Das bedeutet nichts anderes, als dass sich aus der D1 ein Verfahren zum Herstellen eines Schichtpressstoffes ("laminate") mit sichtbarem Prägemuster ("bonding pattern"), wobei ein - i. S. d. Patents erstes - Material mit einem darauf ausgebildeten Prägemuster ("layer 14 ... of nonwoven spunbonded material") auf ein - i. S. d. Patents zweites - Material ("layer 12") unter Verwendung eines Punktkaschiermusters ("bonding pattern") in einem Kaschierprozess auflaminiert wird, erschließt, wie es in den Merkmalen M1 bis M3 angegeben ist.

Das somit erste Material (14) mit einem darauf ausgebildeten Prägemuster ist ein ungewebtes Material, das beispielsweise durch Lösungsspinnen hergestellt wird (Sp. 3 Z. 55 bis 65), ist also ein ungewebtes Polymerspinnvlies (M4). Es kann einem Prägemuster auf geheizten Rollen ausgesetzt werden, um die Fasern des ungewebten Materials miteinander zu verschmelzen (Sp. 4 Z. 16 bis 20). so dass es eine Vielzahl von durch Hitze und Druck ausgebildete Prägepunkte ("bonded areas 20") neben nicht gebondeten Flächen ("unbonded areas 22") aufweist, die ein Prägemuster bilden (Figur 2 i. V. m. Sp. 4 Z. 53 bis 61) (M5 und M6).

Das andere - zweite - Material (12) ist beispielsweise ein Polypropylenfilm (Sp. 10, Z. 45 bis 50), der offensichtlich nichtgeprägt ist, so dass M7 erfüllt ist.

Wie aus der Figur 5 i. V. m. Sp. 6 Z. 62 bis Sp. 7 Z. 35 und Sp. 5 Z. 38 bis Sp. 6 Z. 17 hervorgeht, werden das mit dem Prägemuster (20,22) versehene Polymerspinnvlies (14) und das nichtgeprägte Polymermaterial (12) unter Verwendung einer aus einer glatten Ambosswalze ("anvil roll") und einer Musterwalze ("pattern roll") bestehenden Bondeinrichtung (34) zusammengebracht und aufeinander kaschiert, so dass die Musterwalze nichts anderes ist als eine Kalanderwalze, die mit einem Kaschiermuster ("bond pattern") versehen ist, das zum Erzeugen der beispielsweise in Figur 3 dargestellten Kaschierpunkte (26) notwendigerweise eine Vielzahl von Prägepunkten ("bonding points") aufweist (M8).

Zu dem Prägemuster des nicht gewebten Polymerspinnvlieses ist in Sp. 4 Z. 30 bis 61 i. V. m. Figur 2 ausgeführt, dass die Prägepunkte (20) jeweils 0,3 bis 2,0 mm2 groß sind und von etwa 3 bis etwa 35 % der ebenen Fläche des ungewebten Materials einnehmen. In dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 haben die Prägepunkte (20) eine Größe von 0,68 mm2 und die Punktflächendichte auf dem ungewebten Polymerspinnvlies beträgt etwa 15,5 Prägepunkte pro cm2. Die Kaschierpunkte haben eine Größe kleiner als 4 mm2, die Punktflächendichte beträgt mehr als 2 Punkte pro cm2 (Sp. 5 Z. 38 bis 56). In dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3 sind die Kaschierpunkte (26) etwa 1 mm2 groß und bilden auf dem Schichtpressstoff (24) eine Punktflächendichte von 8 Kaschierpunkte pro cm2 (Sp. 6 zu 18 bis 25). Dabei erfolgt beim Kaschieren eine Auswahl des Kaschiermusters auf der Kalanderwalze (Sp. 7, Z. 30 bis 35). Ausgehend von einem Polymerspinnvlies (14) mit einem durch die Prägepunkte (20) definierten Prägemuster bedeutet dies nichts anderes, als dass die Wechselwirkung zwischen Prägemuster (20, 22) des nicht gewebten Polymerspinnflieses (14) und dem Kaschiermuster auf der Kalanderwalze durch Auswahl und Abänderung zumindest eines Charakteristikums des Kaschiermusters kontrolliert wird und infolgedessen in dem in Figuren 4 und 5 gezeigten Kaschierprozess eine gezielte Überlagerung des Prägemusters (20, 22) mit dem Kaschiermuster stattfindet. Somit sind M9 und M10 gegeben.

Infolge der unterschiedlichen Parameter des Prägemusters (20, 22) und dem Kaschiermuster kommt es zwangsläufig zu einer Verschiebung zwischen den Punktmustern, somit einer Punktlageungenauigkeit i. S. d. Patents (vgl. Patentschrift Sp. 4 Z. 34 bis 41 und Anspruch 2), deren Ausmaß durch die i. V. m. den Ausführungen zu M9 und M10 erläuterte Auswahl und Abänderung eines Charakteristikums des Kaschiermusters - im einfachsten Fall visuell, also im sichtbaren Überlagerungsmuster - kontrolliert wird (M11), wobei die Größe der Prägepunkte (26) und die Punktflächendichte des Kaschiermusters verändert werden kann. Letzteres bedeutet nichts anderes, als dass das ausgewählte und abgeänderte Charakteristikum mindestens eines der folgenden umfasst: Zwischenraum bzw. Abstand zwischen den Prägepunkten des Kaschiermusters (M11a), prozentualen Anteil der Kontaktbereiche des Kaschiermusters (M11c) und Größe von jedem Kaschierpunkt (M11e), so dass i.V.m. M11 insgesamt auch M11a bis M11e in der D1 erfüllt sind.

Aus Figuren 4 und 5 i. V. m. Sp. 7 Z. 42 bis 49 geht hervor, dass das resultierende Material (10) einer Aufnahmewalze ("takeup roll 36") zugeführt und darauf aufgewickelt wird, so dass selbstverständlich ein Endbearbeitungsdorn vorhanden ist, wonach M14 gegeben ist.

Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 dadurch, dass das Verfahren auf die Herstellung einer Dachunterlage gerichtet ist (M1), dass das Polymerspinnvlies und das nichtgeprägte Polymermaterial geglättet und dann der Kalanderrolle zugeführt werden (M12, M13), dass die Rotation des Endbearbeitungsdorns automatisch variiert wird, so dass die Aufwickelgeschwindigkeit mit der Kaschiergeschwindigkeit übereinstimmt (M15) und dass ein weiterer Schritt durchgeführt wird, bei dem ein drittes Material in Form eines Polypropylenspinnvlieses auf die dem ersten Material gegenüberliegende zweite Seite des Polypropylenfilms auflaminiert wird (M16).

Diese Unterschiede können die Patentfähigkeit nicht begründen.

So liegt es im Bereich des Wissens und Könnens des Fachmannes, in einem Kaschierprozess die einem Kalander zugeführten einzelnen Materialbahnen zu glätten, um ein optimales Kaschierergebnis zu erzielen, wobei er eine solche Glättung von Materialbahnen bei der Herstellung mehrlagiger Stoffe beispielsweise aus D6 (Sp. 6 Z. 25 bis 50) kennt. Somit ergeben sich die Merkmale M12 und M13 in nahe liegender Weise. Hinsichtlich der Aufwickelgeschwindigkeit ist in der D1 zwar nur gesagt, dass die Aufnahmewalze (36) beispielsweise mit der gleichen Geschwindigkeit angetrieben werden kann wie der Kalander (34) (Sp. 7 Z. 56 bis 58). Um eine gleichmäßige Aufwicklung des resultierenden Schichtpressstoffes zu erzielen, bleibt dem Fachmann im Hinblick auf den im Verlauf des Herstellungsprozesses zunehmenden Aufwickelradius bei gleich bleibender Kaschiergeschwindigkeit nichts anderes übrig, als die Rotation des Endbearbeitungsdorns - üblicherweise automatisch - anzupassen und somit zu variieren, um sicherzustellen, dass die Aufwickelgeschwindigkeit des Schichtpressstoffes auf den Endbearbeitungsdorn mit der Kaschiergeschwindigkeit übereinstimmt. Somit ergibt sich M15, ohne dass der Fachmann erfinderisch tätig zu werden braucht.

Schließlich ergeben sich auch die übrigen Merkmale, ohne dass ein erfinderisches Zutun des Fachmannes nötig wäre.

So ist aus der D11, Figur i. V. m. Sp. 2 Z. 43 bis 57, Sp. 3 Z. 38 bis Sp. 4 Z. 28, ein Herstellungsverfahren eines Schichtpressstoffes bekannt ("laminate 10"), bei dem ein erstes, ungewebtes Material mit einem darauf ausgebildeten Prägemuster ("spunbonded nonwoven fabric 14") unter Verwendung eines Punktkaschiermusters ("intermittend bond pattern") durch Hitze und Druck in einem Kaschierprozess auf ein zweites Material ("microporous membrane 12") aufkaschiert wird. Als wichtiger Anwendungsbereich dieses Schichtpressstoffes ist ihr Einsatz als Dachunterlage angegeben (Sp. 3 Z. 53 bis Sp. 4 Z. 11). Da der in der D11 beschriebene Schichtpressstoff insoweit mit dem aus der D1 bekannten Schichtpressstoff übereinstimmt, erhält der Fachmann, der sich nicht nur auf die Entwicklung und Herstellung von Schichtpressstoffen konzentriert, sondern auch nach möglichen neuen Anwendungs- bzw. Absatzfeldern für sein Produkt Ausschau hält, den wertvollen Hinweis, dass sich derartige Schichtpressstoffe auch in dem breiten Feld der Bauabdichtung, nämlich als Dachunterlage, verwenden lassen. Somit liegt das Merkmal M1 insgesamt nahe. Darüber hinaus erfährt der Fachmann aus der D11, Figur i. V. m. Sp. 4 Z. 17 bis 28 und Ansprüche 1 und 2, dass er zur Erhöhung der Festigkeit des Materials ein drittes Material auf die dem ersten Material gegenüberliegenden zweiten Seite des zweiten Materials (12) auflaminieren kann, ohne die Dampfdurchlässigkeit wesentlich einzuschränken (Sp. 3 Z. 38 bis 52). Beispielsweise ist das dritte Material ein gewebtes Material ("woven fabric layer 18") (Sp. 4 Z. 17 bis 35 und Anspruch 3) oder ein ungewebtes Material mit einem Prägemuster ("spunbonded nonwoven fabric layer") (Sp. 3 Z. 38 bis 52 und Anspruch 6). Aufgrund dieses Vorteils wird der Fachmann, ausgehend von dem Verfahren gemäß D1, einen Schritt vorsehen, um ein drittes, je nach Anwendungsziel geeignetes Material aufzulaminieren, und kommt somit ohne Weiteres zum Merkmal M16.

Damit ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 insgesamt in nahe liegender Weise.

Der geltende Patentanspruch 1 hat deshalb wegen fehlender Patentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand.

e. Da nur über den Antrag insgesamt entschieden werden kann, teilen die rückbezogenen Ansprüche das Schicksal des Patentanspruchs 1 (BGH GRUR 1997, 120, Elektrisches Speicherheizgerät).






BPatG:
Beschluss v. 06.04.2006
Az: 15 W (pat) 337/03


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