Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 5. März 2015
Aktenzeichen: 34 AR 35/15

(OLG München: Beschluss v. 05.03.2015, Az.: 34 AR 35/15)

1. Im Fall notarieller Zwangsvollstreckungsunterwerfung ist für die gerichtliche Androhung der Zwangsvollstreckung das Amtsgericht am Sitz des Notars zuständig. Bei einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsverpflichtung gelten die besonderen Zuständigkeitsvorschriften des UWG hierfür nicht (Anschluss an OLG Düsseldorf vom 5.9.2014, 20 W 93/14, bei juris).2. Ausnahmsweise fehlende Bindung eines Verweisungsbeschlusses, der einhellige obergerichtliche Rechtsprechung übergeht.

Tenor

Zuständig ist das Amtsgericht Ingolstadt.

Gründe

Der Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 19.1.2015 entbehrt einer Rechtsgrundlage. Er ist ausnahmsweise (vgl. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO; dazu Reichold in Thomas/Putzo ZPO 35. Aufl. § 281 Rn. 12; Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 281 Rn. 17) nicht bindend. Auf die demnach zulässige Unzuständigerklärung des Landgerichts Berlin gemäß Beschluss vom 28.1.2015 hat das zuständige Oberlandesgericht München (§ 36 Abs. 2 ZPO) im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO die örtliche und sachliche Zuständigkeit des ursprünglich angerufenen Amtsgerichts Ingolstadt auszusprechen.

1. Gegenstand des Verfahrens bildet ein Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld/Ordnungshaft nach § 890 Abs. 2 ZPO auf der Grundlage einer in Ingolstadt notariell am 25.11.2014 abgegebenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Das Amtsgericht Ingolstadt hat sich mit dem bezeichneten Beschluss für örtlich und sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Landgericht Berlin (Kammer für Handelssachen) - Geschäftssitz der Gläubigerin - verwiesen. Es hat, wie seinem vorausgegangenen Hinweis vom 19.12.2014 zu entnehmen ist, die maßgebliche vollstreckungsrechtliche Grundlage in § 890 (Abs. 2) ZPO gesehen und auch die von der Klägerin als zuständigkeitsbegründende Norm angesprochene Bestimmung des § 797 Abs. 3 ZPO problematisiert. Hiernach (Satz 1) wird die Entscheidung über Einwendungen, welche die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel und die Zulässigkeit der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung betreffen, bei notariellen Urkunden von dem Amtsgericht getroffen, in dessen Bezirk der die Urkunde verwahrende Notar den Amtssitz hat. Zutreffend hat das Amtsgericht auch erkannt, dass die Bestimmung die gegenständliche Sache nicht unmittelbar erfasst. Im Zuge der Anhörung hat aber bereits die Schuldnerin ausdrücklich und unter Zitierung von - problemlos auffindbarer - Rechtsprechung (OLG Naumburg vom 21.6. 1999, 7 W 28/99 bei juris, dort Rz. 17) auf die (sachliche) Zuständigkeit des angerufenen Gerichts hingewiesen. Das Amtsgericht hat sich hiermit in keiner irgendwie erkennbaren Form auseinandergesetzt, vielmehr im dann ergangenen formblattmäßigen Beschluss die Verweisung ohne weitere Ausführungen auf die eigene sachliche und örtliche Unzuständigkeit gestützt und dabei, ohne dies aber weiter zu erörtern, die mit dem gestellten Verweisungsantrag geäußerte Gläubigeransicht übernommen, es liege ein Anspruch nach § 8 UWG zugrunde, weshalb die Zuständigkeit auf §§ 13, 14 Abs. 2 Satz 1 UWG beruhe.

2. Indessen hat sich das Amtsgericht damit über - soweit ersichtlich - einhellige obergerichtliche Rechtsprechung wie Literatur hinweggesetzt, welche Anträge nach §§ 887 ff. (§ 890 Abs. 2 ) ZPO bei Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden dem Gericht am Sitz des Notars zuweist und in diesem Stadium die besonderen Vorschriften für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Wettbewerbsverstößen (§§ 13, 14 UWG) nicht anwendet (siehe neben OLG Naumburg a. a. O. auch OLG Köln vom 26.3.2014, 6 W 43/14, OLG Düsseldorf vom 5.9.2014, 20 W 93/14, je bei juris; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 887 Rn. 6; Musielak/Lackmann ZPO 11. Aufl. § 890 Rn. 10 und 17 mit § 887 Rn. 18; MüKo/Gruber ZPO 4. Aufl. § 887 Rn. 25; Schuschke/Walker Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz 5. Aufl. § 887 Rn. 13; a. A. LG Paderborn vom 27.8.2013, 7 O 30/13 BeckRS 2013, 22653). Dies beruht auf der zutreffenden Erwägung, dass der Prozess und die Zwangsvollstreckung des prozessualen Erkenntnisses (Titels) voneinander unabhängige, selbständige Verfahren bilden (vgl. BGH NJW 2002, 754), die Systematik also ersichtlich für eine Zuständigkeit nach vollstreckungsrechtlichen Bestimmungen spricht. Soweit das Landgericht Paderborn für seine vereinzelt gebliebene Ansicht auf die Regelung bei Anwaltsvergleichen verweist (§§ 796a, 796b ZPO), wird nicht bedacht, dass es dort erst um die Schaffung eines Vollstreckungstitels geht, der bei notariellen Urkunden wie der gegenständlichen (siehe § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) aber bereits vorliegt.

Ein derartiges Übergehen einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung macht den Verweisungsbeschluss anfechtbar; er entfaltet keine Bindungswirkung (BayObLG ZIP 2003, 1305; OLG Hamm vom 20.10.2014, 32 SA 72/14 - Leitsatz 2 -, bei juris; Reichold in Thomas/Putzo § 281 Rn. 12).

3. Örtlich wie sachlich ausschließlich (vgl. § 802 ZPO) zuständig ist das Amtsgericht Ingolstadt. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich in entsprechender Anwendung von § 797 Abs. 3 und 6 ZPO, die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts aus § 797 Abs. 3 ZPO (analog; siehe OLG Düsseldorf vom 5.9.2014, Rn. 17).






OLG München:
Beschluss v. 05.03.2015
Az: 34 AR 35/15


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