Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 31. August 2009
Aktenzeichen: L 7 B 261/09 AS

(LSG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 31.08.2009, Az.: L 7 B 261/09 AS)

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13.05.2009 geändert. Der Klägerin wird für die Durchführung des Klageverfahrens ab dem 06.11.2008 (Antragstellung) Rechtsanwalt T aus P beigeordnet. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) vom 13.05.2009 ist zulässig und begründet. Denn das SG hat es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin für die Durchführung des Klageverfahrens Rechtsanwalt T aus P beizuordnen.

1. In sozialgerichtlichen erstinstanzlichen Verfahren ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben. Dort ist gemäß § 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einem Beteiligten auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

Dies ist hier der Fall.

a) Die Vertetung durch einen Rechtsanwalt erscheint erforderlich. Denn im sozialgerichtlichen Klageverfahren ist die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheides vom 06.02.2006 zu klären, der sich auf § 31 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stützt. Zur Herstellung der "Waffengleichheit" zwischen des Beteiligten erscheint es erforderlich, dass die Klägerin sich hierbei sachkundig beraten und vertreten lässt.

b) Die Erforderlichkeit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt entfällt nicht deshalb, weil das SG der Klägerin zuvor bereits einen anderen Rechtsanwalt beigeordnet hatte.

Ein Beteiligter hat dann keinen Anspruch auf Beiordnung eines anderen Anwaltes, wenn er das Vertrauensverhältnis zu dem bisher beigeordneten Anwalt ohne sachlich gerechtfertigten Grund mutwillig zerstört hat (vgl. Philippi in: Zöller, ZPO-Kommentar, 27. Auflage 2009, § 121 Rn. 34 m.w.N.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beteiligte Differenzen mit seinem Anwalt herbeigeführt hat, die ihm ein weiteres Auftreten unmöglich machen (§ 48 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO); vgl. Philippi a.a.O., § 35 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar hat das SG zu Recht ausgeführt, dass der Vortrag der Klägerin bislang nicht hinreichend substantiiert war, wonach sie befürchtet habe, es würde an einer intensiven Begleitung ihres bisherigen Rechtsanwaltes fehlen. Dies ist zur Überzeugung des Senats jedoch für die Entscheidung über die Beiordnung eines neuen Rechtsanwaltes nicht das entscheidende Kriterium. Denn hier ist der zeitliche Ablauf zu berücksichtigen: Die Klägerin hat die Beiordnung eines neuen Rechtsanwaltes erst beantragt, nachdem ihr bisheriger Anwalt das Mandat niedergelegt hatte. Diese Niederlegung beruhte auf dem Umstand, dass die Kontaktaufnahme mit der Klägerin sich als schwierig gestaltete bzw. erst nach mehrmaligen Versuchen gelang.

Da der bisherige Anwalt das Mandat niedergelegt hat und nicht die Klägerin selbst, kann der Klägerin nicht vorgehalten werden, sie habe das Vertrauensverhältnis zerstört. Aber auch die offenbar bestehenden Schwierigkeiten, Kontakt mit der Klägerin aufzunehmen, rechtfertigen nicht die Aussage, die Klägerin habe auf diese Weise das Vertrauensverhältnis zu dem bisher beigeordneten Anwalt ohne sachlich gerechtfertigten Grund mutwillig zerstört bzw. Differenzen mit ihrem Anwalt herbeigeführt, die ihm ein weiteres Auftreten unmöglich machten. Die Schwierigkeit der Kontaktaufnahme der Mandantschaft ist für einen Rechtsanwalt nachvollziehbar ärgerlich und arbeitsaufwändig. Eine mutwillige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses stellt sie jedoch für sich genommen nicht dar, sofern nicht andere Umstände hinzutreten (und hier nicht ersichtlich sind), die dieses Ergebnis rechtfertigen. Im Übrigen hat der bisherige Rechtsanwalt nicht mitgeteilt, dass er die Klägerin vor seiner Niederlegung des Mandats aufgefordert hätte, eine problemlose Kontaktaufnahme zu ermöglichen und sicherzustellen. Eine mutwillige Zerstörung des Vertrausensverhältnisses ist auch aus diesem Grund nicht zu erkennen.

2. Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

3. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).






LSG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 31.08.2009
Az: L 7 B 261/09 AS


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