Bundesgerichtshof:
Urteil vom 19. Dezember 1960
Aktenzeichen: I ZR 57/59

(BGH: Urteil v. 19.12.1960, Az.: I ZR 57/59)

1. Die Ingebrauchnahme einer Unternehmenskennzeichnung in der sowjetischen Besatzungszone begründet für das Gebiet der Bundesrepublik keinen Zeitvorrang vor Kennzeichnungen, die in der Folgezeit in diesem Gebiet in Gebrauch genommen werden.

2. Eine von Natur aus schutzfähige Bezeichnung eines Unternehmens mit dem Sitz in der sowjetischen Besatzungszone erlangt jedoch in der Bundesrepublik von dem Zeitpunkt an, in dem sie hier befugter Weise in Gebrauch genommen wird, denselben Kennzeichnungsschutz wie die Bezeichnung eines in der Bundesrepublik ansässigen Unternehmens.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Hamm/Westf. vom 5. Februar 1959 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die im Jahre 1919 gegründete Klägerin betreibt in Horstmar (Westfalen) eine Strumpffabrik. Die Beklagte, deren Sitz sich in Auerbach im Erzgebirge (Sowjetische Besatzungszone = SBZ) befindet, stellt gleichfalls Strümpfe her. Die Strümpfe aus dem Betrieb der Klägerin gelangen unter der Bezeichnung "esde", die aus dem Betrieb der Beklagten unter der Bezeichnung "Esda" in den Verkehr. Die Beklagte bringt ihre Erzeugnisse seit Jahren auch in der Bundesrepublik Deutschland auf den Markt.

Für die Klägerin sind beim Deutschen Patentamt in München eine Reihe von Warenzeichen für Strumpfwaren und verwandte Artikel eingetragen, die das Wort "ESDE" bzw. "esde" in Kombinationen von Wort und Bild oder innerhalb eines Werbespruchs enthalten. Das älteste dieser Zeichen ist am 2. Oktober 1951 angemeldet worden; die weiteren Anmeldungen stammen aus den folgenden Jahren.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei nicht berechtigt, in der Bundesrepublik Strümpfe mit der Bezeichnung "Esda" zu versehen oder sie darunter zu vertreiben. Diese Bezeichnung, so hat sie geltend gemacht, sei mit ihrem Zeichen "esde" verwechslungsfähig. Das Zeichen "esde", das aus den beiden ersten Buchstaben ihrer Firma "S & D" gebildet sei, werde von ihr bereits seit dem Jahre 1931 im geschäftlichen Verkehr, insbesondere auf Preislisten und Etiketten benutzt. Sie habe dafür eine beträchtliche Werbung durchgeführt und seit dem Jahre 1950 auch Ausstattungsschutz erworben. Der Beklagten stehe für ihre Phantasiebezeichnung "Esda" kein besseres Recht zur Seite. Unabhängig davon, ob die SBZ der Bundesrepublik gegenüber bei staats- und völkerrechtlicher Betrachtung als Inland oder als Ausland zu gelten habe, richte der Schutz gewerblicher Kennzeichen im Verhältnis der beiden Gebiete zueinander sich nach den Grundsätzen, die für das Verhältnis der Bundesrepublik zu ausländischen, nicht der Pariser Verbandsübereinkunft angehörenden Staaten maßgebend seien. Dies ergebe sich aus der gegensätzlichen Rechts- und Wirtschaftsordnung beider Gebiete, die sich auch im Bereich der gewerblichen Kennzeichnungen auswirke. Nach jenen Grundsätzen genüge es nicht, daß die Beklagte die Bezeichnung "Esda" in der SBZ oder selbst in der Bundesrepublik in Gebrauch genommen habe; vielmehr müsse sie dafür in der Bundesrepublik wenn nicht Verkehrsgeltung erlangt, so doch zumindest einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht und Verkehrsanerkennung gefunden haben. Hieran habe es jedenfalls im Zeitpunkt der Anmeldung des von ihr, der Klägerin, gebrauchten Warenzeichens "esde", d. h. am 2. Oktober 1951 gefehlt. Ihr, der Klägerin, komme daher in der Bundesrepublik für dieses Zeichen die Priorität zu. Der warenzeichenmäßige Gebrauch des Wortes "Esda", gegen den sie sich mit der Klage wende, sei mithin in der Bundesrepublik auch für den Fall unzulässig, daß der Beklagten die Benutzung ihrer Firma hier nicht verwehrt werden könne. Er sei auch unlauter; denn die Beklagte unterdrücke dadurch die Tatsache, daß ihr Betrieb ein volkseigenes Unternehmen der SBZ sei. Im übrigen handele es sich bei dem Worte "Esda" nicht um eine zulässige Firma, sondern um eine reine Phantasiebezeichnung. Ein Firmenrecht auf Grund staatlicher Verleihung, durch welche die Beklagte ihre Firma erhalten habe, könne ferner in der Bundesrepublik nicht anerkannt werden. Zumindest könne ein solches Recht für die Beklagte nicht vor der Eintragung ihres Unternehmens im Handelsregister des Rates des Kreises Stolberg (SBZ) entstanden sein, die erst am 19. September 1952, also wiederum später als die Anmeldung des Warenzeichens "esde" beim Deutschen Patentamt in München vorgenommen worden sei.

Die Klägerin hat beantragt:

die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung einer vom Gericht festzusetzenden Haft- oder Geldstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, Strumpfwaren oder ihre Umhüllung mit dem Zeichen Esda in der deutschen Bundesrepublik zu versehen, ferner so bezeichnete Strumpfwaren in der deutschen Bundesrepublik in Verkehr zu setzen oder auf Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefen, Empfehlungen, Rechnungen oder dergl., die in der deutschen Bundesrepublik vertrieben werden, das Zeichen Esda anzubringen,

2. ihr, der Klägerin, Auskunft darüber zu erteilen, welche Mengen Strumpfwaren sie unter der genannten Bezeichnung Esda in der Bundesrepublik verkauft habe,

3. ihr, der Klägerin, den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden sei, daß die Beklagte Strumpfwaren unter der Bezeichnung Esda in der Bundesrepublik in Verkehr gebracht habe.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, gegenüber dem Warenzeichenrecht der Klägerin stehe ihr ein älteres Namens- und Firmenrecht zu, das sie auch zum warenzeichenmäßigen Gebrauch des kennzeichnungs- und unterscheidungskräftigen Firmenbestandteils "Esda" berechtige. Dieses Firmenschlagwort, so hat sie vorgetragen, setze sich aus den Anfangsbuchstaben der Worte "E", "S-€", "D", "A" zusammen. Die Worte seien in der Firma "Esda Spezial-€Damenstrumpfwerke A/Erzgebirge" enthalten gewesen, die der Betrieb am 21. Oktober 1948 aufgenommen habe, um die aus der früheren Firma ("A Feinstrumpfwerke") sich ergebenden Anklänge an den Namen des ehemaligen Inhabers des enteigneten Unternehmens (A. R W A) zu vermeiden. Die Firmenbezeichnung sei in die heutige Firma "VEB Vereinigte Strumpfwerke E in A/Erzgebirge" geändert worden, als mit dem Betrieb der Esda Spezial-€Damenstrumpfwerke noch zwei weitere volkseigene Betriebe desselben Geschäftszweiges (U und S) vereinigt worden seien. Durch die Aufnahme des Firmenwortes "Esda" im Oktober 1948 habe sie, die Beklagte, für diese Bezeichnung die Priorität vor der Klägerin erlangt, für deren Bezeichnung "esde" damals noch keinerlei Kennzeichenschutz bestanden habe. Entgegen der Meinung der Klägerin sei nämlich der Schutz gewerblicher Kennzeichen im Verhältnis der SBZ zur Bundesrepublik wegen des insoweit noch übereinstimmenden Rechtszustandes beider Gebiete nach den inländischen Vorschriften zu beurteilen. Nach diesen Vorschriften komme es allein darauf an, wann die in Betracht kommende Bezeichnung in Gebrauch genommen worden sei. Die spätere Eintragung im Handelsregister habe demgegenüber nur deklaratorische Bedeutung. Selbst bei Anwendung der für Ausländer geltenden Grundsätze aber müsse ihr, der Beklagten, für das Wort "Esda" der Vorrang vor der Klägerin zugebilligt werden; denn sie habe die Bezeichnung "Esda" schon seit dem Jahre 1949 auch in der Bundesrepublik verwendet, in die sie vor der Anmeldung des Warenzeichens "esde" der Klägerin bereits mehr als 2 Millionen Paar Strümpfe geliefert habe. Obwohl für den Schutz einer ausländischen Firmenbezeichnung im Inland weder inländische Verkehrsanerkennung noch Verkehrsgeltung verlangt werden könne, habe sie im Gebiet der Bundesrepublik durch diesen erheblichen Absatz Verkehrsgeltung erworben, ehe die Bezeichnung "esde" der Klägerin als Warenzeichen angemeldet worden sei oder dafür ein Ausstattungsschutz habe begründet werden können. Bei dieser Sachlage könne die Klägerin ihr außer der namensmäßigen auch die warenzeichenmäßige Benutzung der Bezeichnung "Esda" in der Bundesrepublik nicht verwehren. Im übrigen trete sie dort keineswegs nur unter dieser Bezeichnung, sondern auch unter ihrer vollen Firma auf.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Ansicht vertreten, daß nach den anzuwendenden Regeln für inländische Wettbewerber die Bezeichnung "Esda" der Beklagten vor dem Warenzeichen "esde" der Klägerin zeitlichen Vorrang genieße, der auch den warenzeichenmäßigen Gebrauch decke.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts wurde vom Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts hat die Klägerin Revision eingelegt, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche in erster Linie unter zeichenrechtlichen Gesichtspunkten (§§ 15, 24, 31 WZG) geprüft. Es ist der Auffassung, daß der Klägerin trotz der Gleichartigkeit der unter den Bezeichnungen "Esda" und "esde" vertriebenen Waren, der Verwechslungsfähigkeit der Bezeichnungen und der Wiederholungsgefahr keine zeichenrechtlichen Ansprüche zuständen, weil die Beklagte sich für die Bezeichnung "Esda" als Bestandteil ihrer Firma gegenüber dem Warenzeichenrecht der Klägerin auf ein älteres Namens- und Firmenrecht berufen könne.

1. Hierzu hat das Berufungsgericht zunächst in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, die früher unter der Firma A. Robert W geführte Strumpffabrik in A sei nach Kriegsende beschlagnahmt und am 30. Juni 1946 enteignet worden. Nach Zuordnung zu der VVB "T" (Vereinigung Volkseigener Betriebe der Wirkerei- und Strickereiindustrie) im Jahre 1948 habe das Unternehmen die anfangs gewählte Bezeichnung "Arwa Feinstrumpfwerke" zur Vermeidung von Anklängen an den Namen des ehemaligen Inhabers Ende Oktober 1948 in "Esda Spezial-€Damenstrumpfwerke VVB T Auerbach/Erzgebirge" umgeändert. Das darin enthaltene, als Phantasiebezeichnung wirkende Wort "Esda" sei aus den Anfangsbuchstaben der Worte "E", "S-€", "D", "A" hergeleitet. Zum 1. Januar 1951 sei das Unternehmen nach den Vorschriften der Verordnung über die Reorganisation der Volkseigenen Industrie vom 22. Dezember 1950 aus der später aufgelösten VVB "T" ausgeschieden. Es habe eigene Rechtspersönlichkeit erlangt und sich von nun an der heutigen Bezeichnung "Vereinigte Strumpfwerke Esda VEB" (oder auch "VEB Vereinigte Strumpfwerke Esda") bedient, die in einem am 3. März 1951 eingeleiteten Eintragungsverfahren am 19. September 1952 im Handelsregister der Volkseigenen Wirtschaft (Handelsregister C) eingetragen worden sei. Der Zusatz "Vereinigte" erkläre sich daraus, daß die Beklagte aus einem Zusammenschluß der früher selbständigen Unternehmen W, U und U entstanden sei. Unter der Bezeichnung "Esda" habe das Unternehmen seine Erzeugnisse nicht nur in der SBZ, sondern auch in der Bundesrepublik vertrieben, in der es in den Jahren 1949/1950 mehr als 2 Millionen Paar Strümpfe umgesetzt habe.

2. Auf Grund dieser Feststellungen, die sich auf die Aussage des Zeugen W und auf urkundliche Unterlagen stützen, hat das Berufungsgericht dargelegt, daß die Beklagte nach den hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften der SBZ, deren Berücksichtigung der ordre public der Bundesrepublik nicht entgegenstehe, als juristische Person mit Kaufmannseigenschaft die ihr verliehene Firma jedenfalls seit dem 1. Januar 1951 zu Recht führe. Soweit es sich um die Ingebrauchnahme des Wortes "Esda" handele, seien der Beklagten aber weiterhin noch die Jahre 1948 bis 1950 anzurechnen; denn das Wort sei damals bereits als selbst gewählte Bezeichnung für denselben Geschäftsbetrieb verwendet worden, den es heute kennzeichne, während der am 1. Januar 1951 eingetretene Wechsel der Rechtsform des Betriebs in diesem Zusammenhang bedeutungslos sei.

Innerhalb der unverkürzten Firma der Beklagten, so hat das Berufungsgericht alsdann ausgeführt, bilde das Wort "Esda" den markanten, im Gedächtnis haftenden Bestandteil, dem gegenüber die Gattungsbezeichnung "VEB Vereinigte Strumpfwerke" als nicht einprägsam völlig verblasse. Das Wort "Esda" sei als Phantasiewort individualisierend und unterscheidungskräftig; es sei ferner in hohem Maße geeignet, eine Namensfunktion auszuüben, wobei unwesentlich sei, ob der Hörer oder Leser damit irgend einen Sinn verbinde. Unter diesen Umständen genieße das Wort als Firmenbestandteil auch ohne Verkehrsgeltung namens- und firmenrechtlichen Schutz. Außerdem habe die Beklagte es als besondere Geschäftsbezeichnung herausgestellt. In dieser Funktion komme ihm gleichfalls eine selbständige Schutzwirkung zu.

Der Schutz des Namensrechts als eines Persönlichkeitsrechts und der des Firmenrechts als eines Rechts mit stark persönlichkeitsrechtlichem Einschlag sei nicht an örtliche Grenzen gebunden. In zeitlicher Hinsicht sei entscheidend, wann die zu schützende Bezeichnung in Gebrauch genommen worden sei. Zwar habe das Reichsgericht in seiner späteren Rechtsprechung für den Schutz von Firmenschlagworten ausländischer Unternehmen eine gewisse Verkehrsdurchsetzung in dem Sinne gefordert, daß das Schlagwort von den beteiligten inländischen Verkehrskreisen als Hinweis auf das damit bezeichnete Unternehmen anerkannt sein müsse (RGZ 132, 347 € Chaussures Manon; RGZ 141, 110 € The White Spot; RGZ 170, 302 € De vergulde Hand; abweichend noch RGZ 117, 215 € Eskimo Pie). Diese Rechtsprechung könne aber auf die Beklagte keine Anwendung finden. Die Beklagte sei für die Bundesrepublik kein ausländisches Unternehmen und müsse sich dort auch nicht als solches behandeln lassen. Die SBZ sei im Verhältnis zur Bundesrepublik grundsätzlich als Inland anzusehen. Es bestehe kein Anlaß, die von diesem Grundsatz bisher gemachten Ausnahmen, die sich auf einige Verfahrensvorschriften beschränkt hätten, auf das Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes im allgemeinen und der Kennzeichnungsrechte im besonderen auszudehnen, auf dem in beiden Teilen Deutschlands noch eine weitgehende Rechtseinheit festzustellen sei. Der zeitliche Rang, den die Beklagte für den Schutz des Firmenbestandteils "Esda" in Anspruch nehmen könne, bestimme sich mithin nach der Aufnahme des Gebrauchs durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Oktober 1948, spätestens durch die am 1. Januar 1951 als juristische Person verselbständigte Beklagte selbst. Da die Klägerin ihr Warenzeichen "esde" erstmals am 2. Oktober 1951 angemeldet habe, sei die Frage der Priorität mithin zugunsten der Beklagten zu entscheiden, die wegen ihres älteren Namens- und Firmenrechts den Firmenbestandteil "Esda" auch warenzeichenmäßig benutzen dürfe.

Abgesehen hiervon sei für den Firmenbestandteil "Esda" als Kennzeichen des heute von der Beklagten geführten Betriebs durch die umfangreichen Lieferungen in den Jahren 1949/1950 auch im Gebiet der Bundesrepublik zumindest dasjenige Maß von Verkehrsbekanntheit erzielt worden, von dem die erwähnte Rechtsprechung der Reichsgerichts den Schutz ausländischer Firmenschlagworte abhängig gemacht habe. Auch nach den Grundsätzen dieser Rechtsprechung komme dem Namens- und Firmenrecht der Beklagten vor dem Warenzeichen der Klägerin also zeitlicher Vorrang zu.

II.

Zutreffend hat das Berufungsgericht die Entscheidung darauf abgestellt, ob die Beklagte dem Warenzeichenrecht der Klägerin ein älteres Firmen- und Namensrecht entgegensetzen kann. Ist dies der Fall, so ist die Beklagte der Klägerin gegenüber auch zum warenzeichenmäßigen Gebrauch ihrer Firma berechtigt; denn gegenüber einem älteren sachlichen Recht kann die Klägerin sich auch insoweit auf ihr Zeichenrecht nicht berufen (BGHZ 15, 107 € Koma; BGH GRUR 1955, 481 € Hamburger Kinderstube; BGH GRUR 1958, 547 € Colonia; Baumbach-€Hefermehl 8. Aufl. § 16 WZG Randzahl 2). Es unterliegt ferner keinen rechtlichen Bedenken, den Firmenschutz auf den Firmenbestandteil "Esda" zu erstrecken. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dieser Firmenbestandteil sei als eigentlich kennzeichnender Teil der Firma geeignet, sich im Verkehr als Name und damit als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen der Beklagten durchzusetzen, ist rechtlich einwandfrei begründet. Die daraus gezogene Folgerung, daß der Bestandteil bei Anwendung der für inländische Firmen geltenden Grundsätze durch die bloße Ingebrauchnahme ohne Verkehrsgeltung Schutz genieße, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGHZ 11, 214 € KfA; BGH GRUR 1954, 331 € Altpa; BGH GRUR 1954, 457 € Irus; BGHZ 24, 239, 240 € Tabu I; BGH GRUR 1959, 484 € Condux; BGH GRUR 1960, 93, 94 € Martinsberg). Dasselbe gilt für die Begründung, mit der das Berufungsgericht der Beklagten für das Wort "Esda" den Schutz einer besonderen Bezeichnung ihres Erwerbsgeschäfts im Sin ne des § 16 Abs. 1 UWG zugebilligt hat. Unbedenklich sind schließlich die Ausführungen, mit denen in dem angefochtenen Urteil die Befugnis der Beklagten zur Firmenführung nach den Vorschriften der SBZ bejaht worden ist, die hierfür nach den Grundsätzen des interlokalen Privatrechts maßgebend sind. In diesen Punkten greift die Revision das Berufungsurteil auch nicht an.

III.

Die Revision wendet sich jedoch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß dem Firmenschlagwort "Esda" der Beklagten vor dem Warenzeichen "esde" der Klägerin der zeitliche Vorrang gebühre. Sie hält dies aus verschiedenen Gesichtspunkten für rechtsirrig.

1. a) In erster Linie beanstandet sie, daß das Berufungsgericht den Zeitvorrang nach den für inländische Wettbewerber maßgebenden Rechtsgrundsätzen und mithin allein danach beurteilt habe, seit wann die Bezeichnung "Esda" für den Betrieb der Beklagten benutzt wird. Sie meint, ungeachtet der staatsrechtlichen Betrachtung, auf die es hier nicht ankommen könne, müsse die SBZ im wirtschaftsrechtlichen Sinne gegenüber der Bundesrepublik als Ausland angesehen werden. Der Grund für die unterschiedliche Behandlung von Kennzeichnungsrechten ausländischer Unternehmen im Inland liege in der Unterschiedlichkeit der Rechtsordnungen, die zu gegensätzlichen Auffassungen über die Gewährung von Firmen- und Zeichenschutz führen könne. Das Recht der SBZ sei nun von dem der Bundesrepublik auch dort, wo es im Wortlaut noch damit übereinstimme, infolge abweichender Anwendung inhaltlich vielfach verschieden. Da in der SBZ fast die gesamte Privatwirtschaft in Staatseigentum überführt worden sei, gelte dies namentlich für das Wirtschaftsrecht und den gewerblichen Rechtsschutz. Ebenso, wie der für Unternehmen in der Bundesrepublik bestehende Firmenschutz sich nicht auf die SBZ ausdehnen lasse, müsse hiernach ein volkseigener Betrieb der SBZ in der Bundesrepublik einem ausländischen Unternehmen gleichgesetzt werden. Dies rechtfertige sich auch aus dem weiteren Grunde, weil die staatlichen Machthaber in der SBZ, denen die volkseigenen Betriebe unterstellt seien, für sich in Anspruch nähmen, einen souveränen Staat zu vertreten. Dieser Betrachtungsweise stehe nicht entgegen, daß nach den Vorschriften der §§ 35 WZG, 28 UWG der Kennzeichenschutz auf die Staatsangehörigkeit der Wettbewerber abgestellt sei, das Recht der Bundesrepublik aber keine auf die Bundesrepublik beschränkte, sondern nur eine für ganz Deutschland geltende einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit kenne. Im Verhältnis zur SBZ trete nämlich nach herrschender Rechtsprechung an die Stelle der Staatsangehörigkeit der Wohnsitz. Für die Anwendung inländischer Vorschriften bedürfe es danach einer Bekanntmachung darüber, daß im Verhältnis der SBZ zur Bundesrepublik für den Warenzeichen- und wettbewerbsrechtlichen Schutz die Gegenseitigkeit verbürgt sei. Eine solche Bekanntmachung sei nicht ergangen. Auch der Pariser Verbandsübereinkunft gehöre die SBZ nicht an; denn ihrer Beitrittserklärung sei von Seiten der Bundesrepublik und einer Reihe anderer Staaten widersprochen worden. Nach alledem müsse der Beklagten in der Bundesrepublik jeder Rechtsschutz versagt bleiben.

Auch wenn man dieser Auffassung nicht beipflichte, habe die Beklagte jedoch auf Grund ihres bloßen Firmengebrauchs keine Priorität in der Bundesrepublik erlangen können, da der Namens- und Firmenschutz in räumlicher Hinsicht durch den wettbewerblichen Wirkungskreis des Unternehmens begrenzt werde, der bei Unternehmen in der SBZ grundsätzlich auf das Gebiet dieser Zone beschränkt sei. Werde ein solches Unternehmen in der Bundesrepublik tätig, so könne die Entscheidung, wer dann die Verwechslungsgefahr zu beseitigen habe, nicht von der Priorität des Firmennamens abhängen, zumal da Firmennamen und Warenzeichen sowjetzonaler Unternehmen den beteiligten Verkehrskreisen in der Bundesrepublik regelmäßig nicht bekannt seien.

b) Diese Angriffe der Revision können im Ergebnis keinen Erfolg haben.

Es begegnet allerdings Bedenken, wenn das Berufungsgericht schon aus allgemeinen staatsrechtlichen Erwägungen und aus der noch weitgehend bestehenden äußeren Übereinstimmung der wettbewerbs- und warenzeichenrechtlichen Vorschriften der Bundesrepublik und der SBZ folgern will, daß die SBZ auf dem Gebiete der gewerblichen Kennzeichnungsrechte uneingeschränkt als Inland zu behandeln und daß für die Firmenpriorität sowjetzonaler Unternehmen in der Bundesrepublik daher bereits der Zeitpunkt des ersten Gebrauchs in der SBZ entscheidend sei. Es ist nicht zu verkennen, daß die Entwicklung der wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse in der SBZ und die dadurch verursachte Spaltung Deutschlands in zwei Gebiete mit gegensätzlichen Wirtschafts- und Rechtssystemen nicht mehr den Voraussetzungen entspricht, die den Vorschriften des inländischen Wettbewerbs- und Kennzeichnungsrechts und ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung zugrundeliegen. Dieser Umstand kann bei der Beurteilung von Kennzeichnungsstreitigkeiten, die von dem einen der beiden deutschen Teilgebiete auf das andere hinübergreifen, nicht außer Betracht bleiben. Entgegen der Meinung der Revision kann daraus jedoch nicht hergeleitet werden, daß die Vorschriften des inländischen Namens- und Firmenschutzes auf Unternehmen mit dem Sitz in der SBZ überhaupt nicht mehr anwendbar seien. Diese Unternehmen würden in der Bundesrepublik für ihre Kennzeichnungsrechte auch auf Grund internationaler Abkommen, hier namentlich der Pariser Verbandsübereinkunft, keinen Schutz erlangen können; denn die SBZ kann, da sie von der Bundesrepublik nicht als ausländischer Staat anerkannt wird, jedenfalls im Verhältnis zur Bundesrepublik nicht Partner dieser Abkommen werden und mithin für die in ihrem Gebiet ansässigen Unternehmen nicht den darin vorgesehenen Schutz erwirken (vgl. dazu BGHZ 31, 374, 375, 383 € Toscanella). Die Ansicht der Revision würde also dazu führen, daß in der Bundesrepublik Firmen oder schutzfähige Firmenbestandteile von Unternehmen mit dem Sitz in der SBZ entweder gar nicht oder € bei entsprechender Anwendung der Grundsätze, welche die spätere Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 170, 302 € De vergulde Hand) für den Schutz ausländischer Unternehmenskennzeichen im Inland entwickelt hatte €, nur bei einer für das Gebiet der Bundesrepublik erreichten gesonderten Verkehrsbekanntheit oder -anerkennung geschützt werden könnten. Dieses Ergebnis ließe sich € worin dem Berufungsgericht beizutreten ist € allerdings nicht damit vereinbaren, daß die SBZ von der Bundesrepublik nach wie vor staatsrechtlich als Teil Deutschlands und damit als Inland betrachtet wird. Den Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, daß ein Teil des Inlands € die SBZ € von anderen Staats- und Wirtschaftsauffassungen beherrscht wird, als die Bundesrepublik sie billigt, kann vielmehr ebenso wie auf anderen Rechtsgebieten nur dadurch Rechnung getragen werden, daß in jedem Einzelfall geprüft wird, ob und inwieweit jene Auffassungen und ihre im Wirtschaftsverkehr erkennbar gewordenen Folgen der grundsätzlich zu bejahenden Anwendung des inländischen Wettbewerbs- und Kennzeichnungsrechts entgegenstehen. Das Berufungsgericht hat diese Prüfung zwar nicht vorgenommen. Die von ihm festgestellten Tatsachen ermöglichen aber gleichwohl eine abschließende Beurteilung.

Die Bedeutung von Kennzeichnungen gewerblicher Unternehmen besteht in ihrer Funktion, das gekennzeichnete Unternehmen zu individualisieren und von anderen Unternehmen zu unterscheiden. Die gewerblichen Bezeichnungen dienen damit außer dem Interesse des Namensträgers auch dem der Abnehmer, zumal der Verbraucher, die zur Vermeidung von Verwechslungen auf ausreichende Unterscheidungsmöglichkeiten angewiesen sind. Aus diesen Erwägungen werden die Bezeichnungen geschützt, wenn durch den unbefugten Gebrauch des gleichen Namens das Interesse des Namensträgers verletzt wird (§ 12 BGB) oder wenn ein anderen den Namen oder die besondere Geschäftsbezeichnung in einer Weise benutzt, die geeignet ist, Verwechslungen hervorzurufen (§ 16 UWG). Für die Frage, ob Firmennamen sowjetzonaler Unternehmen in der Bundesrepublik nach inländischen Grundsätzen zu schützen sind, ist hiernach entscheidend, welchen Einfluß die wirtschaftliche und rechtliche Entwicklung in der SBZ auf die Individualisierungs- und Unterscheidungsfunktion gewerblicher Kennzeichnungen innerhalb Deutschlands und auf die in §§ 12 BGB, 16 UWG geregelten Voraussetzungen des für diese Funktion vorgesehenen Schutzes ausübt. Unter diesem Gesichtspunkt kann es für den Kennzeichnungsschutz nicht darauf ankommen, von wem die gewerblichen Unternehmen betrieben werden, insbesondere, ob sie sich in privater oder in öffentlicher Hand befinden, und auf welche Weise € sei es etwa durch freie Wahl, durch Rechtsgeschäft oder durch staatliche Verleihung € sie im Einzelfalle die Befugnis zur Führung einer bestimmten Firma oder Geschäftsbezeichnung erlangt haben. Von diesen Umständen wird weder die für den Schutz ausschlaggebende Individualisierungs- und Unterscheidungsfunktion noch die Möglichkeit von Interessenverletzungen und von Verwechslungen berührt. Abweichungen von den wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnissen der Bundesrepublik, die sich lediglich aus der allgemeinen Wirtschaftsstruktur innerhalb der SBZ und aus den Tendenzen der dort herrschenden Staatsmacht ergeben, vor allem die weitgehende Überführung von Betrieben der gewerblichen Wirtschaft in Staatseigentum und die staatliche Verleihung von Firmennamen an die volkseigenen Betriebe würden daher nicht hindern, den Unternehmen der SBZ in der Bundesrepublik Kennzeichenschutz nach inländischen Grundsätzen zu gewähren. Die Ausnahme, daß der Gebrauch der zu schützenden Bezeichnungen € wie z. B. der Namen von früheren Inhabern enteigneter Unternehmen € gegen die rechtliche Ordnung der Bundesrepublik verstößt (Art. 30 EGBGB), bedarf hier keiner Erörterung. Sie liegt im Falle der Beklagten nicht vor, da die Firma der Beklagten nach der Feststellung des Berufungsgerichts gerade deshalb in die heutige Bezeichnung umgeändert worden ist, um Anklänge an den Namen des früheren Geschäftsinhabers zu vermeiden.

Dagegen werden die Funktionen der gewerblichen Kennzeichnung und die Erfordernisse ihres Schutzes im Verhältnis der Bundesrepublik zur SBZ dadurch beeinflußt, daß die beiden deutschen Gebietsteile keinen einheitlichen Wirtschaftsbereich mehr darstellen, wie die Vorschriften über den inländischen Namens- und Firmenschutz ihn voraussetzen, sondern in zwei selbständige, streng getrennte Wirtschaftsgebiete auseinanderfallen. Zwischen den beiden Gebietsteilen findet kein ungehinderter Geschäftsverkehr mehr statt, innerhalb dessen der Gebrauch von Unternehmenskennzeichnungen für die beteiligten Verkehrskreise offenkundig oder auch nur mit Sicherheit erkennbar sein könnte. Die Unternehmen in der SBZ sind nicht in der Lage, ihre Tätigkeit auf Grund freier Entschließung über diese Zone hinaus auf die Bundesrepublik auszudehnen; denn die Hindernisse, die sich einer solchen Ausdehnung entgegenstellen, können nach der Zerstörung der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands nicht von den Unternehmen selbst überwunden, sondern nur durch interzonale Handelsabkommen behoben werden, deren Abschluß von im voraus nicht übersehbaren politischen Erwägungen abhängt und deren Umfang sich zudem in verhältnismäßig engen zeitlichen und gegenständlichen Schranken hält. Durch die staatliche Wirtschaftslenkung in der SBZ und die Währungsverschiedenheit werden diese Schwierigkeiten noch vergrößert. Die Möglichkeit einer Erweiterung der Geschäftstätigkeit auf den Wirtschaftsraum der Bundesrepublik kann mithin bei der Beurteilung des Schutzes von Bezeichnungen sowjetzonaler Unternehmen und des ihnen in der Bundesrepublik einzuräumenden Zeitrangs nicht im voraus in Rechnung gestellt werden, auch wenn die betreffenden Unternehmen ihrem Gegenstand und ihrer Bedeutung nach ohne die Teilung Deutschlands in zwei gegensätzliche Wirtschaftsgebiete diese Erweiterung erwarten ließen. Insoweit ist im Verhältnis der beiden Gebiete eine Sachlage entstanden, wie sie sich sonst nur im Verhältnis ausländischer Staaten entwickeln kann. Unter diesen Umständen kann die bloße Aufnahme einer Unternehmenskennzeichnung in der SBZ für das Gebiet der Bundesrepublik noch keinen Zeitvorrang vor Kennzeichnungen begründen, die in der Folgezeit im Gebiet der Bundesrepublik in Gebrauch genommen werden.

Jedoch ist kein Grund ersichtlich, über diese Schutzbeschränkung hinaus, die sich aus der besonderen Lage des sowjetisch besetzten Teiles von Deutschland ergibt, den sowjetzonalen Unternehmen den Kennzeichenschutz in der Bundesrepublik auch dann noch zu versagen oder ihn an erschwerende Voraussetzungen wie etwa die Bekanntheit oder Anerkennung innerhalb beteiligter Verkehrskreise zu knüpfen, wenn diese Unternehmen im Rahmen von Handelsabkommen in der Bundesrepublik tätig werden und sich hier gleichfalls ihrer Bezeichnungen bedienen. Die Trennung der Bundesrepublik und der SBZ in zwei verschiedene Wirtschaftsgebiete mit ihren dargelegten Ursachen und Folgen nötigt nicht dazu, die Unternehmen mit dem Sitz in der SBZ, d. h. in einem staatsrechtlich zum Inland rechnenden Gebiet, gegenüber denjenigen mit dem Sitz in der Bundesrepublik, also gleichfalls im Inland, auch dann noch unterschiedlich zu behandeln, wenn sie in der Bundesrepublik befugterweise ebenso wie die letztgenannten Unternehmen am geschäftlichen Verkehr teilnehmen. Dies gilt gleichermaßen für private wie für volkseigene Betriebe. Es kommt ferner nicht darauf an, ob Unternehmensbezeichnungen in der SBZ innerhalb des dortigen Wirtschaftssystems, wie die Revision meint, etwa keine Wettbewerbsfunktion erfüllen, sondern nur verwaltungsmäßige Kennzeichnungen darstellen; denn im Gebiet der Bundesrepublik beteiligen die Unternehmen aus der SBZ sich mit ihren Bezeichnungen zumindest im Verhältnis zu den in der Bundesrepublik ansässigen Wettbewerbern am freien Wettbewerb, der es in diesem Gebiet unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen in der SBZ schon im Interesse der Abnehmer erforderlich macht, die Bezeichnungen vor Verwechslung zu schützen. Alsdann besteht aber weiterhin kein Anlaß, den Beginn dieses Schutzes nicht nach den Grundsätzen zu bestimmen, die für den Schutz von Bezeichnungen inländischer Wettbewerber allgemein maßgebend sind, d. h., nicht die Priorität des Gebrauchs in der Bundesrepublik entscheiden zu lassen. Dies bedeutet, daß eine von Natur schutzfähige Bezeichnung eines Unternehmens aus der SBZ, sei es Name, Firma, schutzfähiger Firmenbestandteil oder besondere Geschäftsbezeichnung, von dem Zeitpunkt an, in dem sie im Gebiet der Bundesrepublik in Gebrauch genommen wird, hier ebenso wie die Bezeichnung eines Unternehmens mit dem Sitz in der Bundesrepublik Kennzeichenschutz nach §§ 12 BGB, 16 UWG erlangt, ohne daß dafür eine gesonderte Bekanntheit, Verkehrsanerkennung oder gar Verkehrsgeltung innerhalb der Bundesrepublik notwendig ist.

Dieses Ergebnis entspricht einer gerechten Interessenabwägung der in den beiden Wirtschaftsgebieten ansässigen Gewerbetreibenden. Angesichts der Erschwerungen, denen der Geschäftsverkehr von dem einen Gebiet zum anderen ausgesetzt ist, wäre es für einen Gewerbetreibenden in der Bundesrepublik nicht zumutbar, daß er eine Bezeichnung nur deshalb aufgeben muß, weil in der SBZ ein Unternehmen besteht, das sich nach der Zonentrennung dieselbe oder eine ähnliche Bezeichnung bereits früher zugelegt hatte, mit seiner Bezeichnung innerhalb Deutschlands jedoch bislang nur in dem für Gewerbetreibende der Bundesrepublik nicht ohne weiteres zugänglichen Wirtschaftsgebiet der SBZ hervorgetreten ist. Umgekehrt erscheint es nicht tragbar, einem sowjetzonalen Unternehmen die Benutzung einer von ihm in der Bundesrepublik bereits verwendeten, von Hause aus ohne Verkehrsgeltung schutzfähigen Bezeichnung zu untersagen, wenn dieselbe oder eine verwechslungsfähige Bezeichnung nachträglich von einem hier ansässigen Gewerbetreibenden in Gebrauch genommen wird. Die Billigkeit erfordert, daß den Gewerbetreibenden in der Bundesrepublik aus der Trennung der beiden Wirtschaftsgebiete hinsichtlich des Kennzeichenschutzes zwar keine Nachteile entstehen, aber auch keine Vorteile erwachsen. Daraus folgt, daß ihnen zwar eine Priorität, die lediglich aus einem Kennzeichengebrauch in der SBZ hergeleitet wird, nicht entgegengehalten werden kann, daß sie aber die Gebrauchspriorität eines sowjetzonalen Unternehmens innerhalb der Bundesrepublik ebenso gegen sich gelten lassen müssen, wie dies im Verhältnis zu ihren hiesigen Wettbewerbern der Fall ist.

2. Nach dem Vorhergehenden kommt es darauf an, seit wann die Bezeichnung "Esda" als Firmenschlagwort für das Unternehmen der Beklagten in der Bundesrepublik benutzt wird. Die Beklagte besteht als selbständige juristische Person seit dem 1. Januar 1951. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die insoweit von der Revision mit einer Verfahrensrüge nicht angegriffen werden, ist die Bezeichnung "Esda" in der Bundesrepublik aber schon im Jahre 1949 als Unternehmensbezeichnung und warenzeichenmäßig für Erzeugnisse aus der heute von der Beklagten betriebenen Strumpffabrik verwendet worden. Wenn die Revision geltend macht, Ware aus der SBZ werde in der Bundesrepublik oft ohne Bezeichnung weiterverkauft, so steht dem die weitere ausdrückliche Feststellung des Berufungsgerichts entgegen, daß jene Strumpffabrik in den Jahren 1949 und 1950 über 2 Millionen Paar Strümpfe im Gebiet der Bundesrepublik "unter der Bezeichnung Esda" umgesetzt habe. Demgegenüber hat die Klägerin ihr Warenzeichen "esde", auf das sie ihre Ansprüche stützt, erst am 2. Oktober 1951 angemeldet.

a) Die Revision meint, der Beklagten komme gleichwohl keine Priorität zu. Es sei rechtsirrig, daß das Berufungsgericht der Beklagten den Gebrauch der Bezeichnung durch ihre Rechtsvorgängerin angerechnet habe. Der Betrieb "Esda" sei bis zur Errichtung der Beklagten am 1. Januar 1951 nur eine unselbständige Betriebsabteilung oder ein unselbständiger Zweigbetrieb ohne eigene Rechtsträgerschaft gewesen; seine damalige Rechtsträgerin, die VVB "T" habe den Namen "Esda" nicht geführt; die Beklagte habe daher eine auf diesen Namen sich beziehende Firmentradition nicht fortsetzen können. Auch der 1. Januar 1951 komme aber als hier maßgebender Zeitpunkt nicht in Betracht. Die Neuordnung der volkseigenen Industrie in der SBZ sei zwar mit dem 1. Januar 1951 wirksam geworden. Zugleich sei aber bestimmt worden, daß die Leitung und Verwaltung der einzelnen Betriebe auf die neuen Verwaltungsorgane und die neue Rechtsträgerschaft erst übergehen sollten, nachdem die Betriebe im Besitz ihrer Pläne waren. Das Berufungsgericht habe nicht geprüft, wann diese Voraussetzung bei der Beklagten erfüllt gewesen sei. Der für die Firmenpriorität maßgebende Zeitpunkt, zu dem die Beklagte die Rechtsfähigkeit erlangt habe, sei daher ungewiß. Abgesehen hiervon bittet die Revision um Nachprüfung, ob das Firmenrecht der Beklagten nicht überhaupt erst mit der Eintragung der Firma im Handelsregister C der SBZ, d. h. am 19. September 1952 entstanden sei, so daß die Warenzeichenanmeldung der Klägerin ihm in jedem Falle vorgehe.

b) Diesen Ausführungen der Revision kann schon insoweit nicht gefolgt werden, als sie sich gegen die Berücksichtigung des Kennzeichengebrauchs durch die frühere Betriebsinhaberin der "Esda"-€Werke richten. Das Berufungsgericht hat die Beurteilung zutreffend auf die Tatsache abgestellt, daß unter der Bezeichnung "Esda" als dem für die Unterscheidungskraft und Namensfunktion maßgebenden Firmenbestandteil ungeachtet des Wechsels der Rechtsträgerschaft im Verkehr ein stets gleichbleibender Geschäftsbetrieb in Erscheinung getreten ist. Diese Tatsache ist für den Zeitrang des Bezeichnungsrechts entscheidend. Daß die frühere Rechtsträgerin, die VVB "T", außerhalb des Geschäftsbereichs der Strumpffabrik einen anderen Namen trug, ist demgegenüber unerheblich. Der Name des Betriebsinhabers braucht mit der Bezeichnung des Unternehmens nicht übereinzustimmen. Ebenso ist es nicht ungewöhnlich, daß derselbe Inhaber mehrere Unternehmen unter verschiedenen Firmen betreibt (Würdinger in RGRK zum HGB § 17 Anm. 5; vgl. auch RG MuW 1925, 154). Diese Unternehmen sind alsdann keine selbständigen juristischen Personen, sondern abhängige Betriebe in der Hand des Inhabers. Das hindert aber nicht, daß für die Bezeichnung eines jeden von ihnen eine selbständige Priorität begründet wird, die auch demjenigen zugutekommt, der als Rechtsnachfolger des bisherigen Inhabers eines der Unternehmen übernimmt und unter der bisherigen Firma weiterbetreibt. Nicht anders liegt unter dem Gesichtspunkt des Kennzeichenschutzes der hier gegebene Fall, daß einer Vereinigung Volkseigener Betriebe der SBZ € wie der VVB "T" € als Rechtsträgerin eine Reihe verschiedener Unternehmen € wie die aus den Arwa Feinstrumpfwerken hervorgegangenen "Esda"-€Werke € zugeordnet waren. Die Revision irrt, wenn sie unter Hinweis auf §§ 3, 6 der Sowjetzonalen Verordnung über die Reorganisation der Volkseigenen Industrie vom 22. Dezember 1950 (GBl S. 1233) ausführt, die einer VVB zugeordneten Betriebe seien lediglich unselbständige Betriebsabteilungen oder unselbständige Zweigbetriebe der VVB gewesen, für die eine eigene Firmentradition nicht habe aufrechterhalten werden können. Die VO vom 22. Dezember 1950 regelt die Rechtsverhältnisse der volkseigenen Betriebe erst für die Zeit nach ihrem Inkrafttreten. Sie hat die Zuordnung der "Esda"-€Werke zu der VVB "T" nicht herbeigeführt, sondern beendet; denn sie bildete die Grundlage dafür, daß der Betrieb der "Esda"-€Werke aus der VVB "T" herausgelöst und mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet wurde (§ 2 der VO). Für die Jahre 1948 bis 1950, auf die es im vorliegenden Zusammenhang ankommt, bestimmte die Organisation der volkseigenen Betriebe sich demgegenüber nach den durch die VO vom 22. Dezember 1950 aufgehobenen Bestimmungen der Anlagen A und B zum SMAD-€Befehl Nr. 76 und den zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnungen der Deutschen Wirtschaftskommission (ZVOBl 1948 S. 142 ff). Danach blieben die damals einer VVB zugeordneten volkseigenen Unternehmen wirtschaftlich und kaufmännisch selbständige Geschäftsbetriebe unter der verantwortlichen Leitung eines Direktors. Sie führten eine eigene Fabrikmarke, errichteten eine eigene Betriebsbilanz, stellten eigene Selbstkosten- und Gewinnplanungen auf, arbeiteten mit einem ihnen gesondert zugeteilten Eigenkapital und hatten auch einen Teil des Gewinns für eigene betriebliche Zwecke zu verwenden (Verordnung der Deutschen Wirtschaftskommission vom 12. Mai 1948 € ZVOBl 1948 S. 148 ff). Durch die Zuordnung zu einer VVB wurde mithin in den Jahren 1948 bis 1950 die geschlossene Geschäftsorganisation des Einzelbetriebs, welche die Führung einer eigenen, vom Namen des Rechtsträgers unabhängigen Firma und die Bildung einer entsprechenden Firmentradition gestattete, nicht berührt. Selbst wenn daher die Auslegung, welche die Revision der Verordnung vom 22. Dezember 1950 gibt, zuträfe, konnte für das in der Firma der "Esda"-€Werke kennzeichnende Firmenschlagwort "Esda" entgegen der Meinung der Revision bereits zur Zeit der Inhaberschaft der VVB "T" ein zeitlicher Rang entstehen, auf den sich auch die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der VVB "T" berufen kann. In diesem für die Entscheidung ausschlaggebenden Punkt ist der Sachverhalt dem der Entscheidung des Senats in BGHZ 21, 66, 69 (Hausbücherei) gleichgelagert, auf die das Berufungsgericht daher mit Recht Bezug genommen hat.

Da für die Priorität der Bezeichnung "Esda" in der Bundesrepublik mithin der Gebrauch durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu berücksichtigen ist, mit dem in der Bundesrepublik spätestens im Jahre 1949 begonnen wurde, kann es auf sich beruhen, wann die Beklagte selbst entstanden ist und wann sie die Bezeichnung "Esda" zu eigenem Recht übernommen hat. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Revisionsrügen bedürfen daher keiner Prüfung. Die unbedeutende Änderung in dem nicht kennzeichnenden Teil der Firma, die mit dem Übergang des Unternehmens auf die Beklagte verbunden und durch die damalige Vereinigung zweier weiterer volkseigener Betriebe mit diesem Unternehmen veranlaßt war, hat auf den Zeitrang der Bezeichnung "Esda" keinen Einfluß, zumal da die Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben, daß diese Bezeichnung für das Unternehmen vor wie nach dem Inhaberwechsel ohne Unterbrechung als Schlagwort und besondere Geschäftsbezeichnung auch in Alleinstellung, insbesondere warenzeichenmäßig benutzt worden ist.

IV.

Die Beklagte kann hiernach dem seit dem 2. Oktober 1951 begründeten Warenzeichenrecht der Klägerin ein im Jahre 1949 entstandenes älteres sachliches Recht entgegenstellen. Daß die Klägerin für ihre Bezeichnung "esde" außer dem Warenzeichenrecht noch andere Rechte in Anspruch nehmen kann, die auf einen früheren Zeitpunkt als das Jahr 1949 zurückgehen, macht die Revision nicht geltend. Die Revision greift namentlich die Ausführungen nicht an, mit denen das Berufungsgericht sowohl ein dahin gehendes Ausstattungsrecht (§ 25 WZG) als auch sonstige Bezeichnungsrechte (§§ 12 BGB, 16 UWG, 37 Abs. 2 HGB) der Klägerin verneint hat. Die Klage ist nach alledem mit Recht in den Vorinstanzen wegen der Gebrauchspriorität für die Bezeichnung "Esda" abgewiesen worden. Auf die Hilfsbegründung des angefochtenen Urteils, wonach diese Bezeichnung im Gebiet der Bundesrepublik die in der Rechtsprechung des Reichsgerichts für ausländische Firmenschlagworte geforderte Verkehrsanerkennung tatsächlich gefunden hat, und auf die hiergegen von der Revision erhobenen Verfahrensrügen (§ 286 ZPO) braucht bei dieser Rechtslage nicht eingegangen zu werden. Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht jene Verkehrsanerkennung, die sich übrigens auch nach der erwähnten Rechtsprechung keineswegs zu einer völlig abgeschlossenen Verkehrsgeltung entwickelt zu haben braucht, ohne Verfahrensverstoß bereits aus den ihm vorliegenden Unterlagen und aus der Aussage des Zeugen Wieland entnehmen konnte, oder ob dieser Punkt durch Überprüfung der für die Bezeichnung "Esda" aufgewendeten Werbung und durch die von der Klägerin beantragte Befragung der Industrie- und Handelskammern des Bundesgebiets noch eingehender hätte aufgeklärt werden müssen.

V.

Die Revision der Klägerin war hiernach zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.






BGH:
Urteil v. 19.12.1960
Az: I ZR 57/59


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/08b9a3f95a1c/BGH_Urteil_vom_19-Dezember-1960_Az_I-ZR-57-59




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