Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Juni 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 115/03

(BPatG: Beschluss v. 22.06.2005, Az.: 26 W (pat) 115/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen

"Alkoholfreie Milchmischgetränke mit überwiegendem Milchanteil; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, mit und ohne Kohlensäure; Limonaden; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Moste und Mostextrakte, diätetische und diabetische Fruchtnektare und Fruchtsaftgetränke für nichtmedizinische Zwecke; Gemüsesäfte und Gemüsetrunk, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholhaltige und alkoholfreie Biere aller Art; vorgenannte Waren in Behältnissen aus Holz, Glas, Keramik, Porzellan oder Kunststoff, auch als Geschenk- oder Party-Artikel; alkoholische Milchmischgetränke; Spirituosen und Liköre; Wein, Perlwein, Schaumwein, weinähnliche Getränke, weinhaltige Getränke; alkoholische Mischgetränke auf Spirituosengrundlage, alkoholische Obstmoste und Obstmostextrakte; vorgenannte Waren in Behältnissen aus Holz, Glas, Keramik, Porzellan oder Kunststoff, auch als Geschenk- oder Party-Artikel; Werbung; Unternehmensberatung; Verkaufsförderung, Marktforschung und Marktanalysen; Marketing; kaufmännische Geschäftsplanung und - einrichtung sowie betriebswirtschaftliche Beratung Dritter bei dem Erwerb und der Veräußerung von Beteiligungen an Unternehmen; Abwicklung von Einzelhandelsgesellschaften im Auftrag von Dritten, soweit in Klasse 35 enthalten; Franchising von Groß- und Einzelhandelsunternehmen sowie Verpflegungsunternehmen, nämlich Vermittlung von wirtschaftlichem Knowhow bei Planung, Gründung, Übernahme, Betrieb, Kontrolle und der Überwachung von Groß- und Einzelhandelsunternehmen; wirtschaftliche und technische Beratung über die Lagerung, Zubereitung, Mischung und Verzehr von Getränken; Beteiligungen finanzieller Art; Beratung von Unternehmen des Groß- und Einzelhandels und von Verpflegungsunternehmen sowie Unternehmens- und Organisationsberatung, insbesondere im Einkauf, der Warenpräsentation, der Verkaufs- und Bewirtungsraumgestaltung; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Finanz- und Geldgeschäfte, einschließlich der Verwaltung und Vermittlung von Finanzbeteiligungen an Unternehmen; Dienstleistungen auf dem Gebiet des Immobilienwesens, einschließlich der Dienstleistungen eines Maklers bei Vermittlung von Immobilien und Unternehmen des Groß- und Einzelhandels zum Verkauf; Ausbildung bei Verkaufsförderungs- und Werbemaßnahmen; Filmvermietung; Franchising von Groß- und Einzelhandelsunternehmen sowie Verpflegungsunternehmen, nämlich Vermittlung und Vergabe von Lizenzen und Vermittlung von technischem Knowhow bei Planung, Gründung, Übernahme, Betrieb, Kontrolle und der Überwachung von Groß- und Einzelhandelsunternehmen; Dienstleistungen eines Architekten, nämlich architektonische Geschäftseinrichtung und architektonische Geschäfttsplanung, einschließlich der Dienstleistungen eines Innenarchitekten, Designers, Stilisten oder Dekorateurs; Dienstleistungen eines Gutachters bei Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen, nämlich auf dem Gebiet des Brauereiwesens; Vermietung und Verpachtung von Partyartikeln, Partymobiliar, Zelten, Bänken, Stühlen, Schirmen, Anrichten, Küchen-, Bar- und Serviergeräten, Misch- und Mixgeräten, Grillgeräten, Picknickgeräten; Ausschank von Getränken; Bewirtung und Verpflegung von Gästen; Party-Service; Catering-Service; Vergabe von Lizenzen zur Erbringung dieser Leistungen; Zusammenstellung von Waren in einem Getränkefachmarkt für Dritte, um Waren aus einer Vielzahl von Waren begutachten und erwerben zu können."

bestimmten Wortmarke Bei unszurückgewiesen, weil ihr jegliche Unterscheidungskraft fehle. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei der angemeldeten Marke handele es sich um eine gebräuchliche Wortfolge der deutschen Sprache, die vom Verkehr nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde. Die Wortfolge "Bei uns" sei sowohl im Alltagsgebrauch als auch in der Werbung so stark vertreten, dass sie - auch in Alleinstellung außerhalb eines Satzzusammenhangs - nur als alltagssprachliche Bezeichnung, nicht aber als Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen wirke. Soweit sich die Anmelderin auf die Eintragung anderer Marken berufe, handele es sich um nicht vergleichbare Sachverhalte. Zudem könne selbst aus einer identischen Voreintragung kein Anspruch auf Gleichbehandlung hergeleitet werden.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, der Umstand, dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine häufig gebrauchte Wortfolge der deutschen Alltagssprache handele, könne für sich gesehen die Schutzunfähigkeit nicht begründen. Notwendig sei vielmehr, dass die Marke einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt habe. Dies sei nicht der Fall, weil die Wortfolge "Bei uns" mehrdeutig sei und zum Nachdenken anrege. "Bei uns" könne zunächst, wie es der BGH bezüglich der Bezeichnung "Unter uns" festgestellt habe, in einem sozialen Sinn gemeint sein, wonach der Kunde das Produkt einer bestimmten Gemeinschaft erwerbe, wobei die Gruppe selbst unklar bleibe. Gleichzeitig sei es aber auch möglich, die angemeldete Marke dahingehend zu verstehen dass es "bei uns" dieses und jenes gebe. Die angemeldete Wortfolge stelle insoweit keinen vollständigen Satz dar und bedürfe der gedanklichen Ergänzung. Schon deshalb sei sie nicht freihaltungsbedürftig und entbehre auch nicht jeglicher Unterscheidungskraft, zumal sie kein Merkmal der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibe. Ebenso wie die vom BGH für schutzfähig erachtete Bezeichnung "Unter uns" oder die vom EuG zur Eintragung zugelassene Bezeichnung "Europremium" stelle die angemeldete Marke aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise keinen beschreibenden Hinweis dar, der ohne weiteres Nachdenken einen konkreten Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufweise. Die Anmelderin beantragt deshalb, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich als unbegründet, weil der angemeldeten Marke zumindest jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden und damit die betriebliche Zuordnung dieser Waren zu ermöglichen (BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; BlPMZ 2004, 30 f - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 805 und 809 - Philips; MarkenR 2003, 227, 231 d - Orange). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO). Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Cityservice).

Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke "Bei uns" die Fähigkeit, die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Es handelt sich insoweit, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, einerseits um eine in der deutschen Alltagssprache übliche und häufig verwendete Wortfolge, jedoch andererseits nicht nur um irgendeine beliebige Wortfolge, die keinerlei Sachbezug zu den Waren und Dienstleistungen aufweist, sondern um eine solche, die von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher im Zusammenhang mit dem Angebot eigentlich aller Waren und Dienstleistungen regelmäßig nur als Sachhinweis dahingehend verstanden wird, dass Produkte oder Leistungen in irgendeinem Unternehmen, das von sich selbst als "Bei uns" spricht, angeboten werden. Einen anderen Begriffsgehalt oder einen darüber hinausgehenden, auf ein bestimmtes Unternehmen hinweisenden Aussagegehalt weist die angemeldete Marke dagegen nicht auf, weshalb die von den Waren und Dienstleistungen der Anmeldung angesprochenen potentiellen Verbraucher ihr auch keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem einzelnen Unternehmen, namentlich dem der Anmelderin, entnehmen können. Bei dieser Sachlage fehlt der angemeldeten Bezeichnung "Bei uns" jegliche Unterscheidungskraft.

Die von der Anmelderin zur Stützung ihrer Auffassung zitierten Beschlüsse des BGH (GRUR 2000, 720, 721 - Unter uns) und des EuG (HABM-ABl 2005, 518 ff - Europremium) sind nicht geeignet, die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke zu begründen, weil die Bezeichnung "Unter uns" eine andere, mit der Bezeichnung "Bei uns" nicht vergleichbare Bedeutung aufweist und die vom EuG beurteilte Bezeichnung "Europremium", unabhängig von einem etwaigen beschreibenden Begriffsgehalt, jedenfalls kein Wort der Alltagssprache mit einer sofort erfassbaren Bedeutung darstellt. Im übrigen hat bereits die Markenstelle insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Eintragung einer identischen oder vergleichbaren Marke weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz einen Anspruch der Anmelderin auf Eintragung ihrer Marke zu begründen vermag (BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today).

Da der angemeldeten Marke bereits jegliche Unterscheidungskraft fehlt, kann die Frage, ob sie darüber hinaus auch i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zur Bezeichnung von Eigenschaften der fraglichen Waren und Dienstleistungen dienen könnte, dahingestellt bleiben.

Albert Kraft Reker Ju






BPatG:
Beschluss v. 22.06.2005
Az: 26 W (pat) 115/03


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