Oberlandesgericht Schleswig:
Beschluss vom 26. März 2007
Aktenzeichen: 5 W 8/07

(OLG Schleswig: Beschluss v. 26.03.2007, Az.: 5 W 8/07)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Flensburg vom 16.8.2006 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 22.1.2007 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller beabsichtigt, den Antragsgegner als externen Gründungsprüfer (§ 33 AktG) gem. § 49 AktG i. V. mit § 323 HGB auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, weil ihm bei Erstellung des Wertgutachtens und des Gründungsgutachtens der Insolvenzschuldnerin erhebliche Fehler unterlaufen seien. Mit seinem Teilklage-Entwurf als Anlage zum Prozesskostenhilfeantrag zum 29.5.2006 hat er angekündigt, den Beklagten zunächst auf Zahlung von 1.250.000 € in Anspruch zu nehmen. Mit Schriftsatz vom 5.12.2006 hat er darüber hinaus angekündigt, den Antragsgegner nunmehr auf Zahlung von 2,5 Mio. € nebst Zinsen in Anspruch nehmen zu wollen und dafür Prozesskostenhilfe beantragt.

Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 29.5.2006 trotz Massearmut zurückgewiesen, weil es den wirtschaftlich beteiligten Gläubigern der Insolvenzschuldnerin zuzumuten sei, die Kosten aufzubringen (§ 116 Ziff. 1 ZPO).

Der Antragsteller macht mit der von ihm eingelegten sofortigen Beschwerde geltend, dass es den von ihm aufgelisteten 77 Insolvenzgläubigern nicht zuzumuten sei, die Kosten des Rechtsstreits vorzuschießen.

Das Landgericht hat in dem Nichtabhilfebeschluss dargelegt, dass es 11 Gläubigern mit einer zu berücksichtigten Forderung von insgesamt 938.487,60 € zuzumuten sei, die Kosten der beabsichtigten Prozessführung im ersten Rechtszug in Höhe von 40.808,61 € - ein Streitwert von 2.500.000 € zugrunde gelegt - aufzubringen. Zu dem Nichtabhilfebeschluss hat der Antragsteller nicht Stellung genommen.

II.

Die zulässig sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg, weil das Landgericht im Rahmen seiner ausführlichen Begründung des Nichtabhilfebeschlusses vom 22. Januar 2007 fehlerfrei dargelegt hat, warum es einzelnen dort konkret bezeichneten am Rechtsstreit wirtschaftlich beteiligten Insolvenzgläubigern zuzumuten ist, die Kosten des Rechtsstreits vorzuschießen, so dass gem. § 116 Ziff. 1 ZPO kein Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter besteht. In dem Nichtabhilfebeschluss sind die Rügen der sofortigen Beschwerde bereits berücksichtigt und wird zutreffend dargelegt, dass die Beschwerde dennoch ohne Erfolg bleiben muss.

Das Landgericht ist mit der überwiegend vertretenen Meinung zu Recht davon ausgegangen, dass am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich beteiligt nicht nur die Gläubiger sind, deren Forderungen der Insolvenzverwalter bereits festgestellt hat, sondern auch Gläubiger solcher Forderungen, die er zwar vorläufig mangels abschließender Prüfung noch bestreitet, ohne aber aufzuzeigen, dass durchgreifende Bedenken gegen die betreffenden Forderungen bestehen (etwa OLG Celle NZI 2004, 268 und Stein/Jonas/Bork ZPO, 22. Aufl. 2004, § 116 RdNr. 10). Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller auf Nachfrage des Landgerichts ausdrücklich erklärt, (nur) die Positionen Nr. 28, 45, 62 und 63 seiner vorgelegten Tabelle der Insolvenzgläubiger könnten wahrscheinlich nicht anerkannt werden, während die Feststellung bei den übrigen Gläubigern - soweit noch nicht erfolgt - davon abhinge, ob diese noch die erforderlichen Unterlagen einreichen würden.

Das Landgericht ist weiterhin fehlerfrei davon ausgegangen, dass Gläubigern von Minimalforderungen eine Beteiligung an den Prozesskosten nicht zuzumuten ist und hat deswegen diejenigen Gläubiger von der Kostentragungspflicht ausgenommen, deren Anteil an den noch zu berücksichtigenden Anmeldungen in Höhe von rund 1,7 Mio. € weniger als 1 % beträgt (mit OLG Koblenz OLGR 2006, 316). Es hat darüber hinaus fehlerfrei die früheren Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin wegen ihrer Lohnforderungen herausgenommen, allerdings mit Ausnahme der Gläubiger Nr. 30 und 64, weil es sich bei den letzteren um frühere Vorstandsmitglieder handelt und weil bei ihnen nicht pauschal wegen der Unterstellung fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit angenommen werden kann, dass die Beteiligung an den Kosten nicht zumutbar erscheint. Zutreffend ist in dem Nichtabhilfebeschluss des weiteren zu den Gläubigern Nr. 13, 38 und 74 ausgeführt worden, dass der Antragsteller insoweit nicht weiter dargelegt hat, in welchem Umfang diese Gläubiger etwa durch zusätzliche Sicherungsrechte abgesichert sein sollen, so dass auch keine Ausnahme von der Zumutbarkeit ihrer Beteiligung an den Prozesskosten gemacht werden kann. Das gilt auch für den Gläubiger Nr. 30, der seinen Sitz im Ausland (USA) hat, weil ohne nähere Darlegungen nicht pauschal angenommen werden kann, dass ausländischen Gläubigern die - jeweils nur anteilige -Beteiligung an den Prozesskosten nicht zuzumuten sei.

Das Landgericht hat schließlich zutreffend 11 Gläubiger benannt, die mit ihren Forderungen nach diesen Kriterien zu berücksichtigen sind, dabei allerdings den zuvor ausdrücklich aufgeführten Gläubiger Nr. 64 vergessen, so dass insgesamt 12 Gläubiger zu berücksichtigen sind, die Forderungen in Höhe von 960.051,71 € vertreten und mithin rund 56 % der gesamten - nach Abzug der Positionen Nr. 28, 45, 62 und 63 - sich ergebenden Forderungen von 1.704.352,70 €. Die von diesen 12 Gläubigern aufzubringenden Kosten der beabsichtigten Prozessführung - die das Landgericht zutreffend mit 40.808,68 € ermittelt hat - würden rund 2,4 % der von ihnen angemeldeten Forderungen ausmachen. Ein Missverhältnis zu dem wirtschaftlichen Nutzen der Prozessführung liegt ersichtlich nicht vor, weil diese Gläubiger bei einem Erfolg der Klage in Höhe von 2.500.000 € in vollem Umfang befriedigt werden könnten, auch wenn man den von dem Antragsteller angegebenen Massebestand von 92.502,00 €, die voraussichtlichen weiteren Kosten des Insolvenzverfahrens von 160.000,- € und die Masseschulden von 142.436,- € berücksichtigt. Selbst bei einer Teilklagforderung von 1.250.000 € betrüge die Quote noch immer mehr als 60 %, wobei zu bedenken ist, dass der Antragsteller nicht dargelegt hat, in welchem Umfang einzelnen Gläubigern Absonderungsrechte zustehen.

Der Einbezug des Finanzamtes (Gläubiger Nr. 15) in den Kreis der wirtschaftlich Beteiligten, denen eine Beteiligung an den Prozesskosten zuzumuten ist, unterliegt keinen Bedenken (vgl. Senat MDR 1998, 1306 mwN).

Auch der Einwand des Antragstellers, bei der Vielzahl der Gläubiger werde die Prozesskostenaufbringung äußerst unübersichtlich und schwierig durchzusetzen sein, greift angesichts der hier nur zu berücksichtigenden 12 Gläubiger nicht durch. Die Einziehung der für die Prozessführung erforderlichen Kosten von diesen - anteilig - zu beteiligenden Gläubigern ist Sache des Insolvenzverwalters und hierbei auftretende Schwierigkeiten wegen der Vielzahl der Beteiligten ändern an der Vorschusspflicht nichts. Dies ist jedenfalls dann nicht streitig, wenn es sich um weniger als 20 zu beteiligende Gläubiger - wie hier - handelt (vgl. nur Münchener Kommentar zur ZPO/Wax, 2. Aufl. 2000, § 116 RdNr. 21 und Musielak/Fischer, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 116 RdNr. 9 mwN).

Das Landgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall ein besonderes Vollstreckungsrisiko nicht erkennbar ist und auch insoweit die Prozesskostenaufbringung für die genannten 12 wirtschaftlich Beteiligten nicht unzumutbar erscheint.






OLG Schleswig:
Beschluss v. 26.03.2007
Az: 5 W 8/07


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