Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 12. Juli 2005
Aktenzeichen: 6 U 108/04

(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 12.07.2005, Az.: 6 U 108/04)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.Juli 2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus - 11 O 86/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Es wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit dem am 20. Juli 2004 verkündeten Urteil hat das Landgericht Cottbus unter Androhung von Ordnungsmitteln der Beklagten aufgegeben, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Buchführung anzubieten und zu erbringen, sowie damit zu werben, insbesondere das Gewerbe unter "Buchführungsbüro" zu führen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin sei gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG (a.F.) klagebefugt. Der gegen die Beklagte geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei nach §§ 1, 3 UWG (a.F.) gerechtfertigt. Die Beklagte habe mit ihrer Eintragung in die Gelben Seiten und in das Gewerberegister über den Inhalt ihres Leistungsangebotes getäuscht und dabei zu Zwecken des Wettbewerbes gehandelt. Dies gelte insbesondere auch bezüglich der Eintragung in das Gewerberegister. Der Begriff des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbes sei weit auszulegen. Das Anbieten der Leistung der Beklagten unter dem Begriff "Buchführung" sei irreführend. Die Werbung mit diesem Begriff sei geeignet, die angesprochenen Gewerbetreibenden über den Umfang der Tätigkeiten, die die Beklagte in zulässiger Weise erbringen dürfe, zu täuschen. Die Beklagte biete damit im geschäftlichen Verkehr uneingeschränkt die Übernahme von Buchhaltungsaufgaben an, obwohl sie hierzu - unstreitig - nicht berechtigt sei. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, von ihrer Eintragung in die Gelben Seiten keine Kenntnis gehabt zu haben, sei dies rechtlich unerheblich. Zwar müsse der Handelnde grundsätzlich alle Tatumstände kennen, die bei objektiver Würdigung die Sittenwidrigkeit seiner Wettbewerbshandlung begründeten. Wer sich jedoch der Kenntnis einer erheblichen Tatsache bewusst verschließe oder entziehe, stehe dem Kennenden gleich. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass der die Gelben Seiten herausbringende Verlag die Daten der einzutragenden Unternehmen aus Telefonbüchern abschreibe und die Überschriften ohne Wissen und Genehmigung der betreffenden Personen übernehme. Wenn Gewerbetreibende ihre Eintragung in den Gelben Seiten nicht überprüften, würden sie sich der Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes bewusst entziehen. Der Klägerin steht neben dem Anspruch auf Unterlassung der Werbung auch ein solcher auf Unterlassung des Anbietens und Erbringens von Buchführungsleistung zu. Hinsichtlich der Werbung bestehe Wiederholungsgefahr, ein Wettbewerbsverstoß liege bereits vor. Hinsichtlich des Anbietens bzw. des Erbringens der streitgegenständlichen Leistungen sei zwar ein Fall der unbefugten Tätigkeit nicht vorgetragen. Angesichts der Werbung bestehe jedoch Erstbegehungsgefahr.

Die Wiederholungsgefahr sei nicht durch die im Termin der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2003 im Verfügungsverfahren abgegebene Unterlassungserklärung, auch nicht mit deren weiteren modifizierten Fassungen, beseitigt worden. Die Klägerin habe die Unterlassungserklärung nicht angenommen und sei zur Annahme derselben auch nicht verpflichtet. Auch in ihrer letzten Fassung - gemeint ist diejenige vom 15. Juni 2004 (Bl. 296 d.A.) - bleibe die Unterlassungserklärung gegenüber dem Antrag der Klägerin zurück. Die Beklagte habe sich nur zur Unterlassung der Werbung verpflichtet, nicht jedoch auch dazu, derartige Leistungen nicht anzubieten oder zu erbringen.

Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Es liege eine Dauerhandlung vor, bei welcher die Verjährungsfrist erst mit der Beendigung des ununterbrochen verletzenden Zustandes zu Laufen beginne. Dass eine derartige Beendigung eingetreten sei, sei nicht ersichtlich.

Gegen dieses ihr am 11. August 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 23. August 2004 bei Gericht eingegangene Berufung der Beklagten, welche sie rechtzeitig innerhalb verlängerter Frist mit dem am 11. November 2004 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte beruft sich auf ihr Vorbringen in erster Instanz, insbesondere darauf, dass die Wiederholungsgefahr ausgeräumt worden sei durch die Unterlassungsverpflichtungserklärungen vom 15. Mai 2003 (Verfügungsverfahren 11 O 129/02) sowie diejenigen vom 6. April 2004 (Bl. 228 d.A.) und vom 15. Juli 2004 (Bl. 308 d.A.).

Die Beklagte erhebt weiter die Einrede der Verjährung. Die Verjährungsfrist habe bereits im Herbst 2001 zu Laufen begonnen. Nach ihrem eigenen Vortrag sei der Klägerin der Eintrag in den Gelben Seiten im Herbst 2001 bekannt geworden. Die Verjährung sei spätestens im Frühjahr 2002 eingetreten. Gleiches gelte für die Eintragung im Gewerberegister. Eine Dauerhandlung liege nicht vor, zudem habe das Landgericht es unterlassen diesen Begriff zu definieren. Mit der Eintragung in die Gelben Seiten vor Veröffentlichung jeweils sei jede einzeln zu betrachtende Eintragungshandlung abgeschlossen gewesen. Die Eintragung im Gewerberegister sei ebenfalls nicht als Dauerhandlung anzusehen. Die Eintragung selbst sei eine einmalige Handlung und sei am 1. September 1998 erfolgt.

Für den Tatbestand des Erbringens von Hilfeleistungen in Steuersachen fehle die sogenannte Erstbegehungsgefahr. Es bestehe kein Erfahrungssatz dahin, dass derjenige der z.B. mit übertriebener Werbung auf dem Markt auftrete, diese in jedem Falle auch ausführe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Sie erachtet weiterhin die Werbung unter dem Begriff "Buchführung" oder "Buchführungsbüro" mit den wörtlichen zugesetzten Beschränkungen nach § 6 Nr. 4 StBerG als unzulässig. Eine solche Werbung ziele auf den Effekt, dass die Chance zum Geschäftsabschluss größer werde, wenn der beworbene Kunde dazu veranlasst worden sei, sich überhaupt mit dem Angebot der Beklagten zu befassen. Ein Gewerbetreibender bzw. Kaufmann benötige in der Regel Buchführung i.S.d. §§ 238 ff HG bis hin zum Jahresabschluss einschließlich Bilanzgewinn- und Verlustrechnung und nicht nur eine kleine Teilleistung aus diesem Tätigkeitsbereich, wie das Kontieren und die Lohnabrechnung.

Demzufolge seien alle Unterlassungsverpflichtungserklärungen der Beklagten für die Klägerin nicht annehmbar gewesen.

Was die Erstbegehungsgefahr hinsichtlich des Erbringens von Hilfeleistungen anbelange, so sei nicht nachvollziehbar, warum sich die Beklagte mit den angegriffenen Dienstleistungsangeboten in kostenpflichtiger Weise in die Gelben Seiten oder in das Gewerberegister habe eingetragen lassen, wenn sie nicht vorhabe, auch in dieser Weise tätig zu werden.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.

Auf den vorliegenden Fall sind die Vorschriften des neuen, seit dem 3. Juli 2004 geltenden UWG anzuwenden (§ 22 UWG a. F.), da an diesem Tage die Vorschriften des UWG alter Fassung außer Kraft gesetzt worden sind. Eine Übergangsregelung enthält das Gesetz nicht. Da das Unterlassungsverlangen auf eine Regelung für die Zukunft zielt, ist das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht heranzuziehen (BGH, GRUR 2002,976).

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Die materielle Rechtslage ist nach neuem wie altem Recht einheitlich zu beurteilen.

1. Die Klägerin ist entgegen der Ansicht der Beklagten klagebefugt nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 (a. F.) und § 8 Abs. 3 Nr. 2 (n. F.) als Kammer der freien Berufe der Steuerberater (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, so Urteil vom 12. Juli 2001, NJW-RR 2002, 108).

2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein auf Unterlassung der im Tenor der angefochtenen Entscheidung genannten Handlung gerichteter Anspruch zu (§§ 1, 3 UWG a. F.; §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG n. F.).

Danach handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG (n. F.), wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (§ 4 Nr. 11 UWG n. F.). Dies gilt für berufsbezogene Regelungen, so für diejenigen im Steuerberatergesetz, die die zulässige Hilfeleistung in Steuersachen festlegen. Das Verbot der Hilfeleistung in Steuersachen für nichtbefugte Personen soll die Unabhängigkeit des Steuerberaters schützen und stellt eine Marktverhaltensregelung zum Schutze der Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer dar (Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Aufl., § 4 Rn. 11.72).

Die Beklagte erfüllt mit ihrem Verhalten die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 11 UWG.

a. Sie wirbt in den Gelben Seiten mit einer Leistung - und bietet diese auch an -, die ihr nach dem Steuerberatergesetz verboten ist. Sie bietet uneingeschränkt mit dem Begriff "Buchführung" die Übernahme von Buchführungsaufgaben an, obwohl ihr dazu mangels Qualifikation die Berechtigung fehlt. Buchführung zu leisten und dafür zu werben ist der Beklagten nicht - jedenfalls nicht uneingeschränkt - gestattet. Das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen (§ 5 StBerG) gilt für diejenigen Personen, die nicht zu denen in §§ 3 und 4 StBerG bezeichneten gehören. Die Beklagte gehört nicht zu den durch §§ 3, 4 umrissenen Personenkreis.

Mit der Eintragung in die Gelben Seiten hat die Beklagte über den zulässigen Inhalt ihres Leistungsangebotes getäuscht. Es liegt dabei unzweifelhaft ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbes vor.

Die Werbung der Beklagten unter Verwendung des Begriffes "Buchführung" ist irreführend.

Unter Buchführung verstehen die angesprochenen Gewerbetreibenden zum einen die handelsrechtliche Buchführung nach § 238 ff. HGB, zum anderen die steuerrechtliche Buchführung nach § 140 AO. Die Verwendung des zitierten Begriffes stellt sich entsprechend seinem Sprachsinn als Angebot einer umfassenden Übernahme der unter die zitierten Vorschriften fallenden Tätigkeiten dar, also auch als Angebot zur Erfüllung aller sich aus der Buchführung nach den zitierten Vorschriften ergebenden Pflichten, z. B. Erstellung eines Inventars nach § 240 HGB, einer Eröffnungs- und Jahresabschlussbilanz (§ 242 HGB) etc. Die Erfüllung dieser Pflichten ist den in § 3 und 4 StBerG genannten Personen vorbehalten. Andere als die dort genannten Personen dürfen im Rahmen der Buchführung nur eingeschränkte Tätigkeiten erbringen, nämlich sogenannte mechanische Arbeitsgänge im Sinne von § 6 Nr. 3 StBerG oder aber das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen der Lohnsteueranmeldungen, vorausgesetzt diese Tätigkeiten werden durch Personen erbracht, die nach Bestehen der Abschlussprüfung in Steuer- und Wirtschaftsberatendem oder einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder nach Erwerb einer gleichwertigen Ausbildung mindestens drei Jahre auf dem Gebiet des Buchhaltungswesens hauptberuflich tätig gewesen sind (sogenannte Kontierer). Nach dem Willen des Gesetzgebers kann das Verbuchen laufender Geschäftsvorfälle damit weniger qualifizierten Personen überlassen werden.

Mit der Werbung und dem Anbieten von Leistungen unter dem Begriff "Buchführung" suggeriert die Beklagte jedoch, dass sie die komplette Palette an Pflichten der Buchführung in handels- und steuerrechtlicher Hinsicht abdecken kann.

Selbst wenn die Beklagte die zur Vornahme der in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Tätigkeiten erforderliche Qualifikation besitzen sollte, wirbt sie unberechtigt hinsichtlich von Tätigkeiten, die über die in § 6 Nr. 4 genannten hinausgehen. Es liegt in jedem Falle eine unzulässige Überschusswerbung vor. Personen, die zu Dienstleistungen nach § 6 Nr. 4 StBerG befugt sind, dürfen sich als Buchhalter bezeichnen, müssen dabei aber die in der Werbung von ihnen angebotenen Tätigkeiten nach § 6 Nr. 3 und 4 im Einzelnen aufführen. Diese Personen dürften nicht mit dem Begriff "Buchführung" werben, §§ 8 Abs. 4, 6 Nr. 3 und 4 StBerG (BGH, NJW-RR 2001, 108).

b. Gleiches gilt hinsichtlich der Eintragung der Beklagten in das Gewerberegister unter der Unternehmensbezeichnung "Buchführungsbüro".

Auch der Inhalt der Registereintragung kann sich als Wettbewerbshandlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG n. F.) darstellen, die geeignet ist, den Wettbewerb nicht unerheblich zu beeinträchtigen.

Zwar kommt der Gewerbetreibende mit seiner Anmeldung in erster Linie einer öffentlich-rechtlichen Pflicht nach. Daneben ist in der Eintragung jedoch auch ein "Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs" zu sehen. Der Inhalt der Gewerberegistereintragung ist geeignet, sich auf gegenwärtige oder mögliche (potentielle) Mitwerber auszuwirken. Die Einsichtnahme in das Gewerberegister steht jedermann frei. Es stellt damit eine Informationsquelle dar, vergleichbar den Gelben Seiten, auch wenn sich Kunden des Gewerbetreibenden nicht regelmäßig durch Einsichtnahme in das Register über das Angebot eines Gewerbetreibenden informieren.

c. Die Eintragung mit der Unternehmensbezeichnung "Buchführungsbüro" in das Gewerberegister war der Beklagten bekannt.

Dass sie von der Eintragung in die Gelben Seiten nichts gewusst habe, kann die Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen. Auf die zutreffenden Ausführungen des landgerichtlichen Urteils kann insoweit Bezug genommen werden.

d. Der Anspruch der Klägerin ist rechtmäßigerweise auf das Unterlassen der Werbung und auch auf das Anbieten und Erbringen von Buchführungsleistungen gestützt.

Hinsichtlich der unzulässigen Werbung besteht Wiederholungsgefahr, die Verfügungsbeklagte hat bereits einen Wettbewerbsverstoß begangen. Hinsichtlich des Anbietens bzw. Erbringens der Leistung besteht jedenfalls Erstbegehungsgefahr. Es ist davon auszugehen, dass Werbung kein Selbstzweck ist. Die Ausführungen des Landgerichtes in diesem Punkte sind zutreffend, auf diese wird Bezug genommen.

Die Wiederholungsgefahr bzw. Erstbegehungsgefahr ist nicht etwa entfallen durch die zahlreichen Unterlassungsverpflichtungserklärungen, die die Beklagte angeboten hat. Die Verpflichtungserklärungen der Beklagten waren ihrem Wortlaut nach ungenügend, da, wie oben ausgeführt, die Beklagte zur Verwendung des Begriffs "Buchführung" im Geschäftsverkehr nicht berechtigt ist.

3. Der Klageanspruch ist nicht verjährt.

Der Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG verjährt in sechs Monaten (§ 11 UWG n. F., § 21 UWG a. F.). Die Verjährungsfrist beginnt zu laufen, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder diese ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Die Klägerin hat nach ihrem Vortrag von der Eintragung in die Gelben Seiten Kenntnis im Oktober 2002 erlangt, unmittelbar danach auch von der Eintragung der Beklagten im Gewerberegister. Soweit die Beklagte - wie bereits im Verfügungsverfahren - nunmehr auch in der Hauptsache vorträgt, die Kenntniserlangung der Klägerin sei bereits im Oktober 2001 erfolgt, ist dieser Vortrag gänzlich unsubstantiiert. Die Beklagte legt nicht dar, welche Umstände auf eine Kenntniserlangung der Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich im Oktober 2001 hindeuten. Zu einem derartig substantiierten Vortrag wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, da die Klägerin keiner Marktbeobachtungsverpflichtung unterliegt, also nicht die diversen Medien auf unzulässige Werbung zu durchforsten verpflichtet ist.

Ausgehend von den allgemeinen Verjährungsvorschriften nebst den Vorschriften betreffend Hemmung ist Verjährung nicht eingetreten.

Es sind die seit dem 1.1.2002 geltenden Verjährungsvorschriften des BGB anzuwenden, da die Kenntniserlangung der Klägerin erst im Oktober 2002 erfolgt ist, mithin zu diesem Zeitpunkt die Verjährung zu laufen begonnen hat (Art. 229 § 6 EGBGB). Nach dem Beginn der Verjährungsfrist am 14. Oktober 2002 - dem Datum der Gewerberegisterauskunft - ist Hemmung der Verjährung eingetreten durch die Zustellung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 13. Dezember 2002 im Verfahren des Landgerichts Cottbus (AZ 11 O 129/02 bzw. 6 U 118/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht), § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB. Im Zeitpunkt dieser Zustellung war der Anspruch noch nicht verjährt. Die Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 9 endet sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Beendigung des eingeleiteten Verfahrens (§ 204 Abs. 2 BGB). Damit endete die Hemmung sechs Monate nach Verkündung des mit einem Rechtsmittel nicht anfechtbaren Urteils des Oberlandesgerichts vom 24. Februar 2004 (6 U 118/03). Zu diesem Zeitpunkt war bereits die Hauptsacheklage im vorliegenden Falle erhoben worden.

Dabei kann es dahinstehen, ob die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 30. Juni 2003 erhobene, wegen gesetzeswiederholendem Unterlassungsantrag unzulässige Klage zu einer Hemmung der Verjährung führen konnte. Jedenfalls hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. März 2004, der Beklagten spätestens zugegangen am 15.Juni 2004, einen zulässigen Klageantrag formuliert, so dass spätestens am 15.Juni 2004 eine erneute Hemmung der Verjährung eingetreten ist (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

Mit dem im Schriftsatz vom 1.März 2004 formulierten Klageantrag wird seitens der Klägerin der gleiche Klageanspruch geltend gemacht, wie bereits mit der Klageschrift vom 30.Juni 2003. Der Klageanspruch hat lediglich eine Einschränkung erfahren.

4. Von einer Verwirkung des Klageanspruches kann keinesfalls ausgegangen werden. Die Verwirkung kann nicht in einer kürzeren Frist eintreten als der in § 11 Abs. 4 UWG (n. F.) genannten.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, da der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO).

Die im vorliegenden Fall klärungsbedürftige Frage, in welcher Weise eine nach § 6 Nr. 3 und 4 StBerG handlungsberechtigte Person werben darf, insbesondere in welcher Weise sie werbeeinleitend sogenannte Oberbegriffe verwenden darf, tritt in einer Vielzahl von Fällen auf. Auch die Frage, ob die Eintragung im Gewerberegister als marktrelevante Wettbewerbshandlung zu qualifizieren ist, hat grundsätzliche Bedeutung. Den entscheidungsrelevanten Rechtsfragen kommt auch besonderes Gewicht für die beteiligten Verkehrskreise - hier Steuerberater - zu.






Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 12.07.2005
Az: 6 U 108/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/068e6d3684fd/Brandenburgisches-OLG_Urteil_vom_12-Juli-2005_Az_6-U-108-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share