Bundespatentgericht:
Urteil vom 26. April 2007
Aktenzeichen: 10 Ni 8/07

(BPatG: Urteil v. 26.04.2007, Az.: 10 Ni 8/07)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 31. Juli 1998 angemeldeten und u. a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 003 616 (Streitpatent) das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 598 04 736 geführt wird und die Bezeichnung "Vorrichtung und Verfahren zum Verformen, insbesondere zum Kaltverformen, von Werkstücken" trägt. Das Patent nimmt die Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 16. August 1997 in Anspruch. Es umfasst 18 Patentansprüche. Die Patentansprüche 1 und 12 lauten:

"1. Vorrichtung zum Verformen, insbesondere zum Kaltverformen oder Kaltfließpressen, eines Werkstücks, die eine Verformungsmatrize (3) und eine Vorschubeinrichtung (5), durch die eine Relativbewegung zwischen dem Werkstück (2) und der Verformungsmatrize (3) erzeugbar ist, aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung (1; 1') eine mit der Vorschubeinrichtung (5) zusammenwirkende Frequenzerzeugungseinrichtung (10) aufweist, durch die die von der Vorschubeinrichtung (5) erzeugte Relativbewegung zwischen Werkstück (2) und Verformungsmatrize (3) derart modulierbar ist, dass nach einem Vorwärtshub, bei dem das Werkstück (2) und/oder die Verformungsmatrize (3) in Vorschubrichtung (P) einen ersten Hubweg durchläuft, in einem darauffolgenden Rückwärtshub eine Bewegung der Verformungsmatrize (3) und/oder des Werkstücks (2) in einer der Vorschubrichtung (P) entgegengesetzten Richtung um einen zweiten Hubweg durchführbar ist.

12. Verfahren zur Verformung eines Werkstücks, bei dem durch eine Vorschubeinrichtung (5) eine Relativbewegung zwischen einem Werkstück (2) und einer Verformungsmatrize (3) erzeugt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die von der Vorschubeinrichtung (5) erzeugte Relativbewegung zwischen dem Werkstück (2) und der Verformungsmatrize (3) derart moduliert wird, dass nach einem Vorwärtshub, bei dem in Vorschubrichtung (P) das Werkstück (2) und/oder die Verformungsmatrize (3) einen ersten Hubweg durchläuft, in einem darauffolgenden Rückwärtshub eine Bewegung der Verformungsmatrize (3) und/oder des Werkstücks in einer zu der Vorschubrichtung (P) entgegengesetzten Richtung um einen zweiten Hubweg durchführbar ist."

Wegen des Wortlauts der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 11 und der auf den Patentanspruch 12 rückbezogenen Patentansprüche 13 bis 18 wird auf die Patentschrift (EP 1 003 616 B1) verwiesen.

Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nicht neu sei, zumindest aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Sie zitiert in der Klageschrift die auf der Streitpatentschrift genannten Druckschriften, nämlich D1 DE-OS 1 929 558, D2 FR-PS 1 364 019, D3 US-PS 3 550 417, D4 US-PS 3 585 832.

Außerdem nennt sie zum Stand der Technik:

D5 Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, 14. Aufl. 1981, S. 967, 968, 969 und 981, D6 A. Börker, Impulshydraulische Blechumformung, VDI-Berichte Nr. 372, 1980, S. 99 bis 102.

In der mündlichen Verhandlung überreicht sie noch:

D7 H. Sieke, Impulshydraulik - Was sie ist und was sie kann, Ingenieur digest, Heft 1, Januar 1977, S. 41 bis 43.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 1 003 616 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Nichtigkeitsklage abzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents eine patentfähige Erfindung darstelle.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52 bis 57 EPÜ).

I.

1. Gemäß der Streitpatentschrift betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zum Verformen, insbesondere zum Kaltverformen, hierbei insbesondere zum Kaltfließpressen, eines Werkstücks, die eine Verformungsmatrize und eine Vorschubeinrichtung, durch die eine Relativbewegung zwischen dem Werkzeug und der Verformungsmatrize erzeugbar ist, aufweist, sowie ein Verfahren zur Verformung, insbesondere einer Kaltverformung, eines Werkstücks, bei dem durch eine Vorschubeinrichtung eine Relativbewegung zwischen einem Werkstück und einer Verformungsmatrize erzeugt wird (Abs. 0001).

In der Beschreibung ist weiter ausgeführt, dass eine derartige Vorrichtung und ein derartiges Verfahren allgemein bekannt seien und daher nicht näher beschrieben werden müssten. Nachteilig sei bei der bekannten Vorrichtung und dem bekannten Verfahren, dass hohe Vorschubkräfte zur Erzielung der gewünschten Kaltverformung des Werkstücks erforderlich seien (Abs. 0002). Die Patentschrift geht sodann auf den Stand der Technik ein und nennt dazu einige Druckschriften. Außer den auf der Patentschrift aufgeführten Druckschriften D1, D2 und D4 ist hier auch die US-PS 4 197 757 genannt. Demnach war es am Anmeldetag des Streitpatents insbesondere bekannt, einer statischen Presskraft eine pulsierende bzw. vibrierende Kraft zu überlagern (Abs. 0003 bis 0006). Schließlich ist als Aufgabe der Erfindung angegeben, eine Vorrichtung und ein Verfahren der eingangs genannten Art derart weiter zu bilden, dass eine Reduzierung der zur Verformung, insbesondere einer Kaltverformung, eines Werkstücks erforderlichen Vorschubkräfte erreicht wird (Abs. 0007).

2. Die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 zur Lösung dieser Aufgabe hat folgende Merkmale:

1. Vorrichtung zum Verformen eines Werkstücks 2. mit einer Verformungsmatrize (3), 3. mit einer Vorschubeinrichtung (5) zur Erzeugung einer Relativbewegung zwischen dem Werkstück (2) und der Verformungsmatrize (3), 4. mit einer Frequenzerzeugungseinrichtung (10), 4.1 die mit der Vorschubeinrichtung (5) zusammenwirkt, 4.2 durch die die von der Vorschubeinrichtung (5) erzeugte Relativbewegung zwischen Werkstück (2) und Verformungsmatrize (3) derart modulierbar ist, 4.2.1 dass nach einem Vorwärtshub, bei dem das Werkstück (2) und/oder die Verformungsmatrize (3) in Vorschubrichtung (P) einen ersten Hubweg durchläuft, 4.2.2 in einem darauf folgenden Rückwärtshub eine Bewegung der Verformungsmatrize (3) und/oder des Werkstücks (2) in einer der Vorschubrichtung (P) entgegengesetzten Richtung um einen zweiten Hubweg durchführbar ist.

Das Verfahren nach Patentanspruch 12 hat folgende Merkmale:

1. Verfahren zur Verformung eines Werkstücks 2. bei dem durch eine Vorschubeinrichtung (5) eine Relativbewegung zwischen einem Werkstück (2) und einer Verformungsmatrize (3) erzeugt wird, 3. die von der Vorschubeinrichtung (5) erzeugte Relativbewegung zwischen dem Werkstück (2) und der Verformungsmatrize (3) wird derart moduliert, 3.1 dass nach einem Vorwärtshub, bei dem in Vorschubrichtung (P) das Werkstück (2) und/oder die Verformungsmatrize (3) einen ersten Hubweg durchläuft, 3.2 in einem darauf folgenden Rückwärtshub eine Bewegung der Verformungsmatrize (3) und/oder des Werkstücks (2) in einer der Vorschubrichtung (P) entgegengesetzten Richtung um einen zweiten Hubweg durchführbar ist.

II.

1. Als Fachmann ist im vorliegenden Fall ein Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Umformtechnik anzusehen, der auch über Kenntnisse in der Konstruktion der dafür eingesetzten Maschinen verfügt bzw. einen Maschinenbauingenieur mit entsprechenden Kenntnissen zu Rate zieht.

2. Die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 weist eine Frequenzerzeugungseinrichtung auf, die mit der Vorschubeinrichtung zusammenwirkt (Merkmal 4.1 der vorstehenden Merkmalsgliederung für den Patentanspruch 1) und durch die die von der Vorschubeinrichtung erzeugte Relativbewegung zwischen Werkstück und Verformungsmatrize so modulierbar ist, dass sie periodisch abwechselnd in entgegen gesetzte Richtungen verläuft (Merkmale 4.2 bis 4.2.2). Durch die in den Merkmalen 4.2 bis 4.2.2 angegebene Funktionsweise der Vorrichtung wird diese in ihrer gegenständlichen Ausbildung hinreichend konkret beschrieben. Durch die Begriffe "Frequenzerzeugungseinrichtung" und "modulierbar" ist für den Fachmann insbesondere klar, dass der Vorwärtshub und der anschließende Rückwärtshub beim Umformen eines Werkstücks in stetiger Wiederholung bis zur vollständigen Verformung des Werkstücks ausführbar sein müssen, wobei der Vorwärtshub (erster Hubweg) entsprechend der fortschreitenden Verformung des Werkstücks größer sein muss als der Rückwärtshub (zweiter Hubweg).

Das Zusammenwirken zwischen der Frequenzerzeugungseinrichtung und der Vorschubeinrichtung kann, wie es in den Figuren 1 und 2 der Patentschrift dargestellt ist, dadurch verwirklicht werden, dass die Frequenzerzeugungseinrichtung 10 als eigenständiger Mechanismus zwischen der Vorschubeinrichtung und der Verformungsmatrize (Fig. 1) bzw. dem Werkstück (Fig. 2) angeordnet ist. Für den Fachmann liegt auf der Hand, dass in diesem Fall zur Erzeugung eines Rückwärtshubs der Matrize bzw. des Werkstücks die Rückhubgeschwindigkeit der Frequenzerzeugungseinrichtung größer sein muss als die stetige Vorschubgeschwindigkeit der Vorschubeinrichtung. Das Zusammenwirken kann aber auch durch Integration der Frequenzerzeugungseinrichtung in die Vorschubeinrichtung und unmittelbare Modulierung von deren Vorschubbewegung realisiert werden (Patentanspruch 10), indem die Versorgung eines hydraulischen Vorschubzylinders der Vorschubeinrichtung mit Hydraulikfluid durch Ventile und eine Einrichtung zu deren periodischer Umschaltung so gesteuert wird, dass eine oszillierende Bewegung entsteht (PS Abschnitt 0018).

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu.

In Dubbel (D5) a. a. O., ist im Bild 64 das Grundschema des hydraulischen Kreislaufs einer Presse mit Förderstromquelle dargestellt, wie es z. B. bei einer Strangpresse gemäß Bild 66 angewendet werden kann. Der Fachmann entnimmt daher aus Dubbel eine Vorrichtung zum Verformen eines Werkstücks mit einer Verformungsmatrize und mit einer Vorschubeinrichtung zur Erzeugung einer Relativbewegung zwischen dem Werkstück und der Verformungsmatrize. Zur Durchführung eines Arbeitshubes und eines Rückhubes in die Ausgangsstellung sind die Räume im Hydrozylinder 9 (Bild 64) der Vorrichtung oberhalb und unterhalb eines Kolbens über ein Ventil 7 wechselweise mit einer Hydraulikfluid liefernden Pumpe und mit einem Ablauf verbindbar. Das Ventil 7 stellt aber weder für sich noch in Verbindung mit dem Hydrozylinder 9 eine Frequenzerzeugungseinrichtung dar, denn es ermöglicht zwar die Herstellung der verschiedenen erforderlichen Verbindungswege für Hydraulikfluid, bewegt sich aber nicht von selbst, sondern bedarf einer Betätigungsvorrichtung. Weder eine solche Betätigungsvorrichtung noch eine Einrichtung, die diese ansteuert, sind in der Druckschrift offenbart. Somit unterscheidet sich die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents durch die Merkmale 4 bis 4.2.2 von dem aus Dubbel a. a. O. bekannten Stand der Technik.

In der US-PS 3 585 832 (D4) - auf diese Druckschrift hat sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung neben den Druckschriften D5 und D6 gestützt - ist eine Vorrichtung zum Verformen eines Werkstücks 70 beschrieben, die eine Verformungsmatrize 52 und eine Vorschubeinrichtung 16 zur Erzeugung einer Relativbewegung zwischen dem Werkstück und der Verformungsmatrize aufweist (Fig. 1 und 2). Zusätzlich ist eine pneumatische Hammervorrichtung 32, 50 vorgesehen, die während des Verformens betätigt wird, so dass eine pulsierende Verformungskraft entsteht (Sp. 4 Z. 10 - 20). Diese pneumatische Hammervorrichtung mit ihrer Ansteuerung lässt sich zwar als Frequenzerzeugungseinrichtung auffassen, von einer Gestaltung der Vorrichtung derart, dass abwechselnd bei einem Vorwärtshub zwischen der Verformungsmatrize und dem Werkstück eine Relativbewegung in eine Richtung und bei einem Rückwärtshub eine Relativbewegung in der entgegen gesetzten Richtung durchführbar ist, kann aber keine Rede sein. Somit unterscheidet sich die streitpatentgemäße Vorrichtung zumindest durch die Merkmale 4.2 bis 4.2.2 von der aus der D4 bekannten Vorrichtung.

Der Senat hat nicht feststellen können, dass der Fachmann am Anmeldetag des Streitpatents dem Aufsatz "Impulshydraulische Blechumformung" von A. Börker eine Vorrichtung entnommen hat, bei der eine Frequenzerzeugungseinrichtung mit der Vorschubeinrichtung derart zusammen wirkt, dass die Relativbewegung zwischen einem Werkstück und einer Verformungsmatrize abwechselnd einen Vorwärtshub in eine Richtung und einen Rückwärtshub in der dazu entgegen gesetzten Richtung durchläuft.

Der Aufsatz enthält zwar Passagen, die sich auf die Hin- und Herbewegung eines Kolbens in einem Hydraulikzylinder beziehen, z. B. die Angabe von Amplituden in Tafel 1 und die Beschreibung des Aufbaus und der Wirkungsweise eines sogenannten Impulsgenerators im Abschnitt 6. Er beschäftigt sich aber in erster Linie mit Verformungsverfahren, bei denen einem statischen hydraulischen Druck zur Erzeugung einer vibrierenden Kraft eine Druckoszillation überlagert wird (S. 99 li. Sp. Abs. 1 u. 2). Demnach wird nicht die Relativbewegung zwischen Werkstück und Verformungsmatrize moduliert, sondern der Druck bzw. die Kraft, die bei der Umformung aufgewandt wird.

Der Abschnitt 5, der auf durchgeführte Versuche und Entwicklungen eingeht, bestätigt diese Sichtweise. In diesem Abschnitt wird die Umrüstung einer hydraulischen Schmiedepresse auf impulshydraulisches Vibrationspressen beschrieben. Demnach wurde der hydraulische Schwingungserzeuger (Impulsgenerator) eingesetzt, der in Abschnitt 6 näher beschrieben ist. Dieser Impulsgenerator wurde an zwei Führungszylinder der Schmiedepresse angeschlossen, die an dem Plunger der Schmiedepresse angriffen, so dass die Summe der Kräfte des Plungers und der Führungszylinder auf die Proben einwirkten (S. 100 re. Sp. Abs. 2).

Der Schaltplan des Impulsgenerators ist in Bild 6 dargestellt. Zum Impulsgenerator gehört der oben im Bild dargestellte doppelt wirkende Hydraulikzylinder, dessen Arbeitsräume wechselweise mit dem Druckmittelzufluss und -abfluss verbunden werden. Mit dem Impulsgenerator können die Frequenz und Amplitude der Vibrationen bzw. Pulsationen in weiten Bereichen gesteuert werden (Abschnitt 6.1 und 6.2). Wenn dabei von Amplituden die Rede ist (vgl. auch Tafel 1), wird der Fachmann dies so verstehen, dass diese Amplituden bei unbelastetem Arbeitszylinder auftreten bzw. dann wenn die Kraft ausreicht, den Widerstand am Arbeitskolben zu überwinden. Es handelt sich somit um Betriebsparameter des Impulsgenerators.

Wenn der Impulsgenerator, wie es in Abschnitt 5.1 beschrieben ist, an Führungszylinder einer Schmiedepresse angeschlossen ist, deren Umformkraft von einem Plungerzylinder aufgebracht wird, wird der Fachmann nicht annehmen, dass diese Führungszylinder eine so große Rückstellkraft erzeugen können, dass es tatsächlich zu einer Umkehrung der Bewegungsrichtung des Plungerzylinders, d. h. zu einem Rückhub im eigentlichen Sinne kommt. Er wird vielmehr diesen "Rückhub" als vorübergehende Verminderung der Umformkraft (Entlastung) verstehen (S. 100 re. Sp. Abs. 2).

Der Fachmann musste daher am Anmeldetag des Streitpatents die Veröffentlichung Börker so verstehen, dass darin eine Variation der seinerzeit bekannten impulshydraulischen Umformung beschrieben ist, bei der die statische Kraft einer hydraulischen Presse durch Überlagerung einer oszillierenden Kraft moduliert wird, nicht aber die Richtung der Relativbewegung zwischen dem Werkstück und der Verformungsmatrize. Somit unterscheidet sich die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 des Streitpatents auch vom Stand der Technik nach Börker durch die Merkmale 4.2 bis 4.2.2.

Auch die übrigen von der Klägerin zwar zitierten aber nicht aufgegriffenen Druckschriften und der in der mündlichen Verhandlung überreichte Aufsatz (D7) offenbaren keine Vorrichtung mit den in Patenanspruch 1 des Streitpatents angegebenen Merkmalen.

Die Vorrichtung nach Patentanspruch 1, deren gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Presse, deren Kreislaufschema im Bild 64 in Dubbel dargestellt ist, könnte zwar relativ leicht, nämlich durch eine Steuer- und Betätigungseinrichtung zur periodischen Umschaltung des Ventils 7 zwischen seinen Endstellungen zu einer Vorrichtung entsprechend Patentanspruch 1 des Streitpatents umgebaut werden. Die Druckschrift vermittelt dem Fachmann jedoch keinerlei Anregung dafür, so etwas überhaupt in Betracht zu ziehen.

Aus der US-PS 3 585 832 und auch aus dem Aufsatz von Börker entnimmt der Fachmann die Lehre, der statischen Hauptumformkraft eine oszillierende Kraft zu überlagern und so zu einer Umformung durch eine periodisch an- und abschwellende Umformkraft zu kommen. Dabei wirkt die Kraft, wenn auch mit wechselnder Intensität, ständig in die gleiche Richtung. Demgegenüber muss bei der Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents die Wirkungsrichtung der Kraft periodisch umgekehrt werden, damit die Relativbewegung zwischen Verformungsmatrize und Werkstück abwechselnd einen Vorwärtshub und einen Rückwärtshub in entgegen gesetzter Richtung durchläuft. Ein solches Vorgehen wird durch den vorgenannten Stand der Technik dem Fachmann nicht nahe gelegt, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass beim Freiformschmieden mit einem Hammer oder einer Presse das Werkstück zwischen Verformungsvorgängen jeweils in die Ausgangsstellung zurück gefahren wird, um das Werkstück in eine andere Position zu bringen. Hier handelt es sich um eine ganz andere Arbeitsweise, die kein Vorbild für das Verformen eines Werkstücks mit einer Verformungsmatrize abgeben kann.

Die von der Klägerin darüber hinaus noch zitierten aber nicht weiter aufgegriffenen Druckschriften führen ebenfalls nicht weiter.

Somit ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.

Für das Verfahren gemäß Patentanspruch 12 gelten die vorstehenden Ausführungen zur Patentfähigkeit der Vorrichtung nach Patentanspruch 1 in entsprechender Weise. Das Verfahren ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu und es beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Mit den Patentansprüchen 1 und 12 haben auch die hierauf rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 11 sowie 13 bis 18 Bestand.

Bei dieser Sachlage war die Klage abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Erklärung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.






BPatG:
Urteil v. 26.04.2007
Az: 10 Ni 8/07


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