Finanzgericht Köln:
Beschluss vom 8. Dezember 2008
Aktenzeichen: 10 Ko 3591/08

(FG Köln: Beschluss v. 08.12.2008, Az.: 10 Ko 3591/08)

Tenor

Die der Erinnerungsgegnerin für das Gerichtsverfahren 13 K 3303/01 zu erstattenden Kosten werden auf 2.882,00 € festgesetzt.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Erinnerungsgegnerin zu tragen.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Gebührenbemessung im Verfahren 13 K 3303/01 im Anschluss an einen Wechsel des Bevollmächtigten.

Die Beteiligten stritten im Verfahren 13 K 3303/01 über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Mantelkaufs im Jahr 1997. Die Erinnerungsgegnerin wurde dabei durch die Kanzlei C aus der Stadt I vertreten. Wegen der Entfernung und arbeitsmäßiger Überlastung kam es häufig zu Fristverlängerungsanträgen. In einem umfangreichen Erörterungsschreiben vom 16. Januar 2008 wies der Berichterstatter auf gute Erfolgsaussichten der Klage hin.

Nachdem der Bevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin mit Erörterungsschreiben vom 29. Februar 2008 unter Ausschlussfristsetzung gemäß § 79 b Abs. 2 FGO zur Erläuterung des bisherigen Vortrags und zur Vorlage eines Jahresabschlusses aufgefordert worden war, beauftragte die Erinnerungsgegnerin ihren jetzigen Bevollmächtigten aus der Stadt L mit der weiteren Wahrnehmung des Mandats. In der mündlichen Verhandlung vom 2. April 2008 verpflichtete sich der Erinnerungsführer zur Rückgängigmachung der Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG in dem zu erlassenden Änderungsbescheiden. Mit Beschluss vom gleichen Tag wurden die Kosten des Verfahrens dem Erinnerungsführer auferlegt. Zwar habe die Erinnerungsgegnerin im Verfahren lange Zeit nicht in der erforderlichen Weise mitgewirkt, gleichwohl seien die Voraussetzungen des § 137 FGO nicht erfüllt, weil die maßgeblichen Lebenssachverhalte dem Erinnerungsführer bereits aus den Bilanzen der Jahre 1994 bis 1996 bekannt gewesen seien; die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wurde für erforderlich erklärt.

Mit Beschluss vom 1. Oktober 2008 wurden die der Erinnerungsgegnerin zu erstattenden Kosten - abweichend von der inzwischen unstreitig nicht zu erstattenden Umsatzsteuer - antragsgemäß auf 3.597,50 € festgesetzt. Dabei wurde entsprechend dem Antrag des jetzigen Bevollmächtigten vom 8. Juli 2008 das nach dem 1. Juli 2004 gültige Vergütungsrecht angewandt, weil die Sache zwar seit dem Jahr 2001 anhängig gewesen, der Auftrag dem jetzigen Bevollmächtigten aber erst nach dem 30. Juni 2007 erteilt worden sei.

Der Erinnerungsführer macht geltend, die Erinnerungsgegnerin habe nach 7 Jahren der Anhängigkeit des Verfahrens einen Wechsel ihres Bevollmächtigten vorgenommen, ohne dass Gründe vorgelegen hätten, aus denen sich die Notwendigkeit eines Beraterwechsels ergeben hätten. Dies widerspräche dem Gebot der sparsamen Prozessführung. Für die Notwendigkeit eines Beraterwechsels reiche nicht die Annahme des Prozessbeteiligten, dass der neue Bevollmächtigte besser für die Interessenvertretung geeignet sei. Daher könnten nur die Kosten angesetzt werden, die nach Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung erstattungsfähig gewesen wären, also nur 2.882 € (GA Bl. 308, 290).

Der jetzige Bevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin erwidert, der Beraterwechsel sei vorgenommen worden, weil Herr Rechtsanwalt K gleichzeitig Dipl.-Wirtschaftsingenieur für Seeverkehr sei und die Erinnerungsgegnerin hauptsächlich in Fragen betreffend das Speditionsgeschäft betreue. Die große Entfernung zwischen der Stadt I und der Stadt L habe die Betreuung durch Rechtsanwalt K erschwert. Mit steuerlichen Fragen sei ohnehin der derzeitige Bevollmächtigte befasst gewesen.

II. Die Erinnerung ist begründet. Obwohl dem jetzigen Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin gegen diese ein Gebührenanspruch nach dem seit dem 1. Juli 2004 geltenden RVG zusteht, kann die Erinnerungsgegnerin vom Erinnerungsführer nur die Erstattung bis zur Obergrenze der nach BRAGO berechneten Gebühren verlangen.

1. Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören nach § 139 Abs. 1 FGO auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Gemäß Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift sind gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, stets erstattungsfähig.

2. Die Vorschriften über die Kostenerstattung gehören zu den Bestimmungen über das Verfahren im Sinne des § 155 FGO, die u. a. durch die sinngemäße Anwendung der Regelung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu ergänzen sind (BFH-Beschluss vom 11. Mai 1976 VII B 79/74, BFHE 119, 14, BStBl II 1976, 574). Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste.

3. Bereits aus dem Tatbestandsmerkmal "musste" folgt das Gebot, Anwaltswechsel nach Möglichkeit zu vermeiden. Dieses Gebot lässt sich zudem aus dem Grundsatz der Verpflichtung zur Kosten sparenden Prozessführung herleiten, nach dem jeder Beteiligte die Kosten der Prozessführung so niedrig zu halten hat, wie sich dies mit der vollen Wahrung seiner berechtigten prozessualen Belange vereinbaren lässt. Als notwendig sind regelmäßig nur die Gebühren und Auslagen eines mit der Prozessvertretung beauftragten Rechtsanwalts anzusehen (KG Berlin Beschluss vom 3. November 2006 1 W 312/06, RVGreport 2007, 193; zum alten Recht bereits OLG Hamm, Beschluss vom 12. April 2002 23 W 113/02, OLGR Hamm 2002, 412).

Der Erstattungsberechtigte kann daher nur dann die durch einen Anwaltswechsel bedingten zusätzlichen Kosten erstattet verlangen, wenn der Anwaltswechsel nicht auf Umständen beruht, die für den ersten Bevollmächtigten oder für den Erstattungsberechtigten selbst in irgendeiner Weise vorhersehbar oder zurechenbar verschuldet waren. Ein hinreichender Anlass zu dem Anwaltswechsel liegt nicht vor, wenn die Gründe hierfür lediglich in dem Verhältnis zwischen der Partei und dem Prozessbevollmächtigten zu suchen sind (OLG München, Beschluss vom 22. Februar 1991 11 W 855/91, JurBüro 1991, 964). Ebenso wenig hinreichend für die Notwendigkeit eines Beraterwechsels ist die Annahme des Prozessbeteiligten, dass der neue Bevollmächtigte besser für die Interessenvertretung geeignet sei.

4. Danach kommt eine Erstattung der (vollen) Kosten des späteren Prozessbevollmächtigten nicht in Betracht, wenn diesem aufgrund der Berechnung nach dem RVG höhere Gebühren zustehen, als dies der Fall gewesen wäre, wenn die Partei von ihrem bisherigen Rechtsanwalt weiter vertreten worden wäre, dem wegen seiner Beauftragung vor dem 1. Juli 2004 nur Gebühren nach der BRAGO zugestanden hätten (KG Berlin Beschluss vom 3. November 2006 1 W 312/06, RVGreport 2007, 193 unter Hinweis auf Müller/Rabe, NJW 2005, 1609, 1617; Mayer/Kroiß, RVG, 2. Aufl., § 60 Rn. 20; Hartung/Römermann, RVG, 2006, § 60 Rn. 54; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 60 RVG Rn. 27; zum alten Recht bereits OLG Hamm, Beschluss vom 12. April 2002 23 W 113/02, OLGR Hamm 2002, 412).

5. Deshalb steht im Streitfall dem Anfang 2008 beauftragten jetzigen Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin gegen diese zwar ein Gebührenanspruch nach dem seit dem 1. Juli 2004 geltenden RVG zu; gleichwohl kann die Erinnerungsgegnerin vom Erinnerungsführer nur eine Kostenerstattung bis zur Obergrenze der nach BRAGO berechneten Gebühren verlangen. Die Richtigkeit dieser Auffassung wird bestätigt durch die Regelung in § 6 RVG. Danach erhält jeder von mehreren beauftragten Rechtsanwälten für seine Tätigkeit zwar die volle Vergütung, was allerdings nichts daran ändert, dass der unterlegene Prozessbeteiligten nur die erforderlichen Kosten und damit nur die Gebühr für einen Bevollmächtigten erstatten muss.

Offen bleiben kann im Streitfall, ob eine andere Entscheidung erfolgen müsste, wenn für den früher beauftragten Bevollmächtigten höhere Gebühren entstanden wären. Denn eine solche Fallkonstellation ist vorliegend nicht gegeben.

6. Die zu erstattenden Kosten berechnen sich demnach wie folgt:

Klageverfahren (Streitwert: 111.608 €)

1,0 Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) 1.431,00 €

1,0 Verhandlungsgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) 1.431,00 €

Pauschale für Post- und Telekommunikation 20,00 €

Summe 2.882,00 €

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der FGO. Die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ergeht gerichtsgebührenfrei, weil das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) eine Gebühr für diesen Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung beschränkt sich demgemäß auf die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Kosten.






FG Köln:
Beschluss v. 08.12.2008
Az: 10 Ko 3591/08


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