Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. September 2008
Aktenzeichen: 21 W (pat) 305/05

(BPatG: Beschluss v. 04.09.2008, Az.: 21 W (pat) 305/05)

Tenor

Das Patent DE 199 35 308 wird aufrechterhalten.

Gründe

I.

Gegen das am 28. Juli 1999 angemeldete Patent 199 35 308 (Streitpatent), das eine "Brandlöscheinrichtung" betrifft und dessen Erteilung am 15. April 2004 veröffentlicht worden ist, hat die Fa. M...GmbH & Co. KG mit Schriftsatz vom 13. Juli 2004 (eingegangen mit Fax und im Original jeweils am 14. Juli 2005) Einspruch eingelegt.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet, nach Merkmalen gegliedert:

M1 Brandlöscheinrichtung M2 mit einer Vielzahl von an eine Wasserversorgung angeschlossenen Sprühdüsen (10) und M3 Brandmeldern (6)

M4 in einem zu schützenden Raumvolumen (1) sowie M5 mit einer von wenigstens einem Brandmelder (6) auslösbaren Steuerung (7) für die Wasserzufuhr zu den Sprühdüsen (10), M6 wobei die Brandmelder (6) optische Strahlungsdetektoren umfassen, dadurch gekennzeichnet, M7 dass die Sprühdüsen (10) Wasservernebelungsdüsen sind, M8 deren Sprühkegel ein im Raumvolumen (1) befindliches Objekt (2) sprühschattenfrei überdecken und M9a die Steuerung (7) derart ausgelegt ist, dass pro Branderkennung ein Löschzyklus bestehend aus zwei Sprühsequenzen (24) einer Dauer von etwa 10 bis 40 sec und M9b mit einer zwischenliegenden Pause (25) von etwa 20 sec bis 5 min Dauer ausgelöst wird, M9c wobei bei erneuter Branderkennung innerhalb der Pause (25) ein neuer Löschzyklus in Gang gesetzt wird.

Wegen der Patentansprüche 2 bis 5 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

Die Einsprechende ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig sei. Zur Begründung verweist sie auf die Entgegenhaltungen D1 DE 196 27 353 C1 D2 Anschreiben der Firma Herzog Ingenieur-Betrieb vom 2. September 1996 mit einer Produktinformation "HerzogWassernebel-System" der H.-J. Herzog-Wassernebel-Systeme, umfassend die Kenn-Bl.-Nr. HBN T 19.01, 19.02, 19.03, 19.05, 19.06 (ohne Datumsangabe)

D3 W. Großöhmig/E. Fuchs, "Niederdruck-Wasservernebelungs-Löschanlagen" in brandschutz / Deutsche Feuerwehr-Zeitung 8/1996, Seiten 571 bis 576 und Im Prüfungsverfahren wurden ferner noch die in der Patentschrift aufgeführten D4 EP 0 891 208 B1 und D5 Fachbereichstandard TGL 32 457/04 (DDR), Oktober 1987, Seiten 1 bis 3 "Hochregallager Sprühwasser -Feuerlöschanlage".

Entgegenhaltungen E1 DE 23 44 908 C2 E2 DE 43 43 887 A1 und E3 DE 195 14 939 C2 entgegengehalten. Die Einsprechende erachtet alle Merkmale des Patentanspruchs 1 als durch die D1 vorweggenommen und den Gegenstand des Anspruchs 1 daher als nicht neu;

zumindest sei sein Gegenstand jedoch nahegelegt gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik in der Zusammenschau. Die Einsprechende beantragt, das Patent DE 199 35 308 zu widerrufen. Die Patentinhaberin hat schriftsätzlich beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten. Zu der mündlichen Verhandlung ist sie, wie schriftsätzlich mitgeteilt, nicht erschienen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1.

Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, ist das Bundespatentgerichts für die Entscheidung gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig (vgl. BGH GRUR 2007, 862 ff. -Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG GRUR 2007, 499 f. -Rundsteckverbinder).

2.

Der Einspruch ist zulässig, insbesondere wurde er fristgerecht, nämlich am 14. Juli 2004 erhoben. Die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes der mangelnden Patentfähigkeit maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind von der Einsprechenden innerhalb der gesetzlichen Frist im Einzelnen so dargelegt worden, dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen dieses Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen können.

3. Der Einspruch ist jedoch nicht begründet, denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erweist sich der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 als patentfähig.

3.1. Das Streitpatent betrifft eine Brandlöscheinrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 (vgl. Patentschrift, Abs. [0001]). Zu bekannten Brandlöscheinrichtungen ist dargelegt, dass ein Feuerlöschen mittels einer Sprühwasseroder Sprinkleranlage erst nach einer vorausgegangenen, durch Rauchoder Wärmemelder ausgelösten Flammenmeldung ausgeführt wird und zum Löschen relativ große Tropfen versprüht werden, mit denen die Sauerstoffkonzentration in dem Raumvolumen über dem Feuer praktisch nicht herabgesetzt werde. Zudem verursachten die großen Wassertropfen auf thermisch sensitiven Oberflächen Schäden und, da auch solange gesprüht wird, bis das Feuer gelöscht ist, werde eine relativ große Wassermenge benötigt. Für relativ kleine Gasvolumina werde auch inertes Gas als gasförmiges Löschmittel eingesetzt (Abs. [0004] und [0005]).

Daran orientiert sich die dem Patent zugrunde liegende Aufgabe, eine Brandlöscheinrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 zu schaffen, die eine wirksame Brandbekämpfung auch bei erneut zündenden oder erneut auftretenden Feuern bei möglichst geringer Löschmittelbeaufschlagung eines zu schützenden Objekts ermöglicht (Abs. [0006]).

3.2. Die erteilten Patentansprüche 1 bis 5 sind zulässig. Der erteilte Patentanspruch 1 gründet inhaltlich auf dem ursprünglichen Anspruch 1, wobei lediglich das Merkmal [M6] nunmehr dem Oberbegriff zugeordnet ist. Die Unteransprüche 2 bis 5 entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen 2 bis 5. Die Zulässigkeit der erteilten Patentansprüche ist von der Einsprechenden im Übrigen nicht bestritten worden.

3.3. Der -zweifelsohne gewerblich anwendbare -Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber den zum Stand der Technik genannten Druckschriften neu, da eine Brandlöscheinrichtung mit sämtlichen in diesem Anspruch aufgeführten Merkmalen aus keiner dieser Druckschriften bekannt ist. Er beruht demgegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des hier zuständigen Fachmannes, der als ein mit der Entwicklung von Brandlöscheinrichtungen befasster Hochschulingenieur mit einschlägiger Berufserfahrung bei der Brandbekämpfung zu definieren ist.

Bei dem Verfahren zur dynamischen Löschmittelanwendung und der zugehörigen Vorrichtung aus D1 finden keine derart definierten Löschzyklen statt, wie sie im Anspruch 1 beansprucht werden. Vielmehr wird ein Sprühnebel während der gesamten Dauer eines Brandes in Abhängigkeit der Erfassung während des Brandverlaufs genommener Daten geregelt (vgl. Anspruch 2). So beginnt Figur 1 folgend zu einem Zeitpunkt t2 die Sprühnebelzufuhr; sofern die Flamme zum Zeitpunkt t3 abgelöscht ist, wird bis zum Zeitpunkt t4 zum Glutlöschen auf größere Tropfen umgeschaltet und dann erst die Löschanlage abgestellt (vgl. Spalte 7, Zeilen 30 -52). Somit wird ohne Intervall so lange gelöscht, bis Sensoren das Ende des Brandes feststellen. Die Daten werden gemäß Anspruch 1 (vgl. ab Zeile 50) von den Sensoren geliefert, wobei eine örtlich bestimmte Auswahl der zur Ausbringung von Löschmittel zu öffnenden, räumlich verteilten Löschmittelauswurfvorrichtungen erfolgt. Dazu fließt auch die Konzentration und Zusammensetzung des Löschmittels mit ein. Weiter ist im Anspruch 1 (ab Zeile 61) angegeben, dass die Steuerung mit einer logisch, räumlich und zeitlich richtigen Verteilung des Löschmittels zu einer räumlich gezielten und mengenmäßig gesteuerten Löschmittelbeaufschlagung des Brandherdes und umgebender Bereiche führt.

Ein vorgegebener Löschzyklus mit zwei Sprühsequenzen pro Branderkennung mit dazwischenliegender Pause gemäß den Merkmalen [M9a, 9b] ist damit nicht gegeben.

Ein derartiger Löschzyklus ist aus der Entgegenhaltung auch nicht in naheliegender Weise herleitbar. Auch aus den Ausführungen in Spalte 3, Zeilen 40 bis 47 der Druckschrift D1, denen folgend die räumliche Entwicklung des Brandes sowie seine Wechselwirkung mit dem Löschmittel während des Brandgeschehens periodisch zu erfassen und die Löschmittelauswurfvorrichtung entsprechend anzusteuern ist, sodass die in Relation zu den im Brandraum ermittelten Größen stehenden Parameter zur Löschmittelausbringung zyklisch in Abhängigkeit vom Brandverlauf geregelt werden, lässt sich entgegen der von der Einsprechenden vertretenen Auffassung nicht auf einen derartigen Löschzyklus schließen, bei dem auch dann, wenn innerhalb der Pause kein Brand erkannt wird, in jedem Fall noch eine Sprühsequent erfolgt. Erst Recht enthält die D1 keinen Hinweis darauf, einen derartigen, in jedem Fall aus zwei Sprühsequenzen bestehenden Löschzyklus gemäß dem Merkmal [M9c] bei erneuter Branderkennung innerhalb der Pause erneut in Gang zu setzen, womit beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 im Hinblick auf die Aufgabenstellung eine wirksame Brandbekämpfung auch bei erneut zündenden oder erneut auftretenden Feuern bei möglichst geringer Löschmittelbeaufschlagung eines zu schützenden Objektes ermöglicht wird (vgl. Patentschrift, Abs. [0006]).

Zu der in den Merkmalen [M9a -M9c] beanspruchten speziellen Steuerung für die Wasserzufuhr zu den Sprühdüsen gibt auch der weitere im Verfahren befindliche Stand der Technik keine Anregungen.

Die in D3 beschriebenen Niederdruck-Wasservernebelungsanlagen arbeiten im Hinblick auf eine Löschmittelreduzierung u. a. zwar auch im Intervallbetrieb (vgl. das Diagramm "Intervall-Löschen" auf Seite 574 sowie den ersten Absatz auf Seite 574 ("einminütige Intervallpausen"). Bei den durchgeführten Versuchen folgen jedoch gemäß dem Diagramm fünf Sprühsequenzen aufeinander; ein neuer Löschzyklus bei erneuter Branderkennung innerhalb einer Intervallpause ist jedoch nicht vorgesehen.

Dies trifft auch für die Sprühwasser-Feuerlöschanlage für Hochregallager aus D5 zu, deren Steuereinrichtungen das Löschen in Dauerbetrieb oder Intervallbetreib -bspw. eine Minute Löschen, eine Minute Aussetzen -ermöglichen müssen (vgl. Seite 3, Absatz 2.4.4.). Weitere Details zur Steuerung im Hinblick auf die Merkmale [M9a -M9c] sind nicht angegeben.

E1 beschreibt zwar ein Verfahren und eine zugehörige Anlage, bei dem Löschmittel für eine Zeitdauer t15 bis t16 (vgl. Figur 3 und Spalte 10) zugeführt und nach einer Einwirkzeit, sofern noch Flammen festgestellt werden, nochmals nachgelöscht wird -t17 bis t18 -; ein vorgegebener Löschzyklus mit einem geg. eingeschobenen neuen Löschzyklus in der Pause [M9a-9c] ist dabei jedoch nicht vorgesehen und es finden sich auch keine Hinweise dazu, ebenso wenig auf ein Nachlöschen ohne erneute Branderkennung.

Diesen Druckschriften sind daher weder für sich betrachtet, noch in der Zusammenschau Anregungen entnehmbar, die den Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 führen würden.

Die verbleibenden, eingangs genannten Druckschriften liegen vom Streitpatentgegenstand ebenfalls weiter ab. Sie haben in der mündlichen Verhandlung im Übrigen keine Rolle gespielt.

Dr. Winterfeldt Baumgärtner Bernhart Dr. Müller Pü






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Az: 21 W (pat) 305/05


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