Oberlandesgericht Karlsruhe:
Urteil vom 23. Juli 2003
Aktenzeichen: 6 U 89/03

(OLG Karlsruhe: Urteil v. 23.07.2003, Az.: 6 U 89/03)

Tenor

1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 28.3.2003 - 7 O 65/03 - wird zurückgewiesen.2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Verfügungsklägerin zur Last.

Gründe

I. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist eine Internet-Werbung der Verfügungsbekl. (künftig: Beklagte) für den von ihr angebotenen DSL-Internetzugang, welche die Verfügungskl. (Klägerin) als wettbewerbswidrig beanstandet, weil die Beklagte den Verbraucher nicht auch über die Kosten für den erforderlichen T-DSL-Anschluss der Deutschen Telekom informiere und ihn somit über den Gesamtpreis des gekoppelten Angebotes im Unklaren lasse.

Das LG hat das Unterlassungsbegehren abgewiesen. Ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung liege nicht vor, im Übrigen sei eine Gefahr der Irreführung des Publikums durch den Internetauftritt der Beklagten nicht verbunden.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Das LG habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte den DSL-Anschluss der Telekom über das Online-Bestellformular zusammen mit ihrer Dienstleistung (DSL-Internetzugang) als einheitliches Paket anbiete. Der Verbraucher werde jedoch beim Online-Bestellformular nicht über den Gesamtpreis des Koppelungsangebotes informiert, weil die Angaben über zusätzliche Kosten durch den T-DSL-Anschluss nicht bei der Preiswerbung für den DSL-Zugang dargestellt würden. Der bloße Sternchenhinweis, dass zusätzliche Kosten und Gebühren für den T-DSL-Anschluss anfielen, vermittle den Interessenten nicht die gesetzlich gebotene Preisorientierung. In jedem Falle verstoße die mit Anlage ASt. 5 vorgelegte Seite gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG (Hilfsantrag), weil dort die T-DSL Kosten ganz unterschlagen würden und die Blickfangwerbung den falschen Eindruck erwecke, als kämen zu den 19,99 Euro weitere Gebühren nicht hinzu.

Die Klägerin wiederholt ihre erstinstanzlichen Anträge (Haupt- und Hilfsantrag). Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Das LG hat die Klägerin mit zutreffenden Ausführungen zu Recht abgewiesen. Eine Rechtsverletzung i.S.d. §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO ist nicht gegeben. Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt daher ohne Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung der Berufung verstößt die Internet-Werbung der Beklagten nicht gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG i.V.m. § 1 Abs. 5 S. 2 Preisangabenverordnung.

Die beanstandete Werbung umfasst neben den primär angebotenen Dienstleistungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von DSL-Internetzugängen (Volumen- und Flat-Tarife) zwar auch den hierfür benötigten T-DSL-Anschluss der Deutschen Telekom, der bei der Online-Bestellung über die Beklagte mitbestellt werden kann. Diese Bestellung ist jedoch nicht obligatorisch, vielmehr erkennt der Interessierte ohne weiteres, dass die Angebotsvariante lediglich fakultativ, gleichsam als besonderes Serviceleistung des Anbieters gedacht ist, die ihm einen zusätzlichen Bestellvorgang bei der Deutschen Telekom abnehmen soll.

Aus der Sicht des Letztverbrauchers handelt es sich daher um zwei Leistungen verschiedener Anbieter, also um zwei Leistungsgegenstände, die nur aufgrund des Abschlusses zweier Verträge mit den jeweiligen Anbietern zu erhalten sind. Eine Kombinationsangebot, bei dem der Verbraucher Klarheit über den Gesamtpreis und über die einzelnen Preisbestandteile beanspruchen kann, liegt hier nicht vor. Darin unterscheidet sich der Streitfall von anderen Konstellationen, in denen der Wettbewerber mit der besonderen Preiswürdigkeit des einen Angebotsteils wirbt, aber den Preis für das obligatorische Komplementärangebot in der Darstellung untergehen lässt, sodass ein unzutreffender Eindruck über die Preiswürdigkeit des gekoppelten Angebotes entsteht (BGH WRP 1999, 90 [93] - Handy für 0 DM; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2003, 168 [169] - Zwei Knaller). Nach Sachlage reicht es im Streitfall vielmehr aus, dass die Beklagte die Verbraucher über die zusätzlich anfallenden Gebühren für das Zusatzangebot (T-DSL-Anschluss) mit dem Sternchenhinweis informiert und die hierfür geltende Tarifverordnung der Deutschen Telekom in der Preisübersicht (Anlage Ast. 6) und auch beim Bestellvorgang (Anlage ASt. 9, dort S. 17, 19) anzeigt. Damit ist eine dem § 1 Abs. 5 S. 2 Preisangabenverordnung entsprechende eindeutige Zuordnung von Angebot und Preis gegeben.

2. Die Berufung ist auch unbegründet, soweit sich die Klägerin zur Begründung des Hilfsantrags auf die Gefahr der Irreführung durch die Preisangabe auf die konkret beanstandete Internetseite Anlage Ast. 5 stützt.

Der dort angegebene Festpreis bezieht sich nach dem maßgeblichen Verständnis der angesprochenen Verkehrsteilnehmer, zu denen auch die Mitglieder des erkennenden Senats gehören, auf den Flat-Tarif der Beklagten. Der durchschnittlich informierte und interessierte Verbraucher, auf den nach der neueren Rechtsprechung des BGH maßgeblich abzustellen ist, versteht den Aussagegehalt der beanstandeten Preiswerbung allein im Zusammenhang mit dem Dienstleistungsangebot der Beklagten. Die Gefahr, dass er die Preisangaben pauschal versteht und auch auf die technische Voraussetzung für den Internetzugriff (T-DSL) bezieht, wird durch den Sternchenhinweis nahezu ausgeräumt. Der angegebene Fixpreis (Flatrate) hat vielmehr, für den Leser der Internetseite der Beklagten erkennbar, nur den Internetzugang als solchen ohne Begrenzung von Zeit oder Volumen (der empfangenen oder gesendeten Datenmenge) zum Gegenstand. Eine Irreführung relevanter Verkehrskreise durch die beanstandete Werbung liegt nach allgemeiner Lebenserfahrung somit nicht vor (im Unterschied zum anders gelagerten Fall OLG Köln GRUR-RR 2001, 17 - Internet zum Festpreis). Diese Feststellung kann der Senat aus eigener Sachkunde treffen (vgl. BGH WRP 2002, 527 - Elternbriefe; v. 26.9.2002 - I ZR 89/00, BGHReport 2003, 243 = WRP 2003, 275 - Thermalbad).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Lippok Dr. Kircher Dr. Schnauder

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Urteil v. 23.07.2003
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