Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 23. September 2015
Aktenzeichen: I - 3 Wx 167/15

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 23.09.2015, Az.: I - 3 Wx 167/15)

Tenor

Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 5.000,00 €

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat einen Eintragungsantrag des Beteiligten vom 12.06.2015 in das Vereinsregister - nach vorheriger Rücknahme eines gleichlautenden Antrages vom 06.05.2015 - mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Angemeldet worden sind das Ausscheiden des alten und der Eintritt des neuen 1. Vorsitzenden.

Der neue 1. Vorsitzende war auf der Mitgliederversammlung vom 20.03.2015 (erneut) in den Vorstand und in daran anschließender interner Versammlung des neu gewählten Vorstandes einstimmig zu dessen 1. Vorsitzenden gewählt worden. Die Satzung des Beteiligten sieht vor, dass die Mitgliederversammlung nur beschlussfähig ist, wenn mindestens 25 % der stimmberechtigten Mitglieder anwesend sind.

Zur jährlich stattfindenden Mitgliederversammlung hatte der Beteiligte mit Rundschreiben vom 18.02.2015 eingeladen, und zwar auf 17.00 Uhr. Hiermit verbunden war eine so genannte "Ersatzeinladung gemäß § 9 Abs. 8 NWO-Satzung" zu einer Mitgliederversammlung mit identischer Tagesordnung am selben Tag und am selben Tagungsort auf 17.15 Uhr, und zwar mit folgendem Wortlaut:

"Für den Fall, dass die Mitgliederversammlung am 20. März 2015 bei ihrer Eröffnung um 17.00 Uhr mangels Anwesenheit der erforderlichen Mindestzahl stimmberechtigter Mitglieder nicht beschlussfähig sein sollte, wird schon jetzt hiermit zu einer neuen Mitgliederversammlung, ebenfalls am 20. März 2015, Beginn 17.15 Uhr, eingeladen. Diese Mitgliederversammlung ist unabhängig von der Zahl der anwesenden Mitglieder beschlussfähig."

§ 9 der Satzung enthält unter der Überschrift "Die Generalversammlung und außerordentliche Mitgliederversammlungen" unter anderem die folgenden Regelungen:

"Abs. 3Die Einladung zur Generalversammlung hat unter Wahrung einer Frist von 3 Wochen schriftlich an alle Mitglieder zu erfolgen. ...

Abs. 8Jede Mitgliederversammlung ist beschlussfähig, wenn 25 % der stimmberechtigten Mitglieder anwesend sind. Ist die Beschlussfähigkeit nicht gegeben, so kann der Versammlungsleiter die Versammlung auflösen und sofort als neue Mitgliederversammlung wieder einberufen; in diesem Fall ist die Versammlung ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder beschlussfähig.

Abs. 9

Die Mitgliederversammlungen werden von einem Vorstandsmitglied geleitet."

Weil zu Beginn der Versammlung vom 20.03.2015 um 17.00 Uhr weniger als 25 % der stimmberechtigten Mitglieder anwesend waren, wurde sie vom Versammlungsleiter geschlossen, der zugleich unter Bezugnahme auf die Einladung vom 18.02.2015 eine neue Mitgliederversammlung, auf 17.15 Uhr am selben Tagungsort mit gleicher Tagesordnung einberief.

Im Zuge dieser um 17.15 Uhr beginnenden Mitgliederversammlung wurden zwei neue Vorstandsmitglieder von den nunmehr 56 anwesenden Mitgliedern gewählt. Bei einem dieser Kandidaten handelt es sich um den in anschließender vorstandsinterner Sitzung einstimmig zum neuen 1. Vorsitzenden gewählten Kandidaten für den Landesteil Rheinland. Der Beteiligte meldete mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 06.05.2015 gegenüber dem Vereinsregister zur Eintragung an, der bisherige 1. Vorsitzende sei ausgeschieden und der Neugewählte an seine Stelle getreten. Die Anmeldung war vom Geschäftsführer und dem neuen 1. Vorsitzenden unterzeichnet. Der anmeldende Notar hat diesen Antrag auf Hinweis des Amtsgerichts zunächst zurückgenommen und schließlich mit notariellem Schreiben vom 12.06.2015 erneut gestellt.

Das Amtsgericht hat den Eintragungsantrag mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.06.2015 mit der Begründung zurückgewiesen, die in der Versammlung vom 20.03.2015 gefassten Beschlüsse seien offensichtlich nichtig. Eine Einberufung im unmittelbaren Anschluss an eine nicht beschlussfähige Versammlung sei von der Satzung nicht vorgesehen, der Begriff "sofort" meine, dass nach dem Schluss der ersten Versammlung eine weitere unter Einhaltung aller Förmlichkeiten einberufen werden müsse, es stehe dem Verein allerdings frei, eine Regelung zu treffen, wonach die Abhaltung einer Versammlung im unmittelbaren Anschluss möglich sei, dies sei bislang nicht erfolgt.

Dagegen wendet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde, indem er geltend macht, die Satzung enthalte die Regelung, wonach in unmittelbarem Anschluss an eine nicht beschlussfähige Mitgliederversammlung diese identisch als neue Mitgliederversammlung wieder einberufen werden könne. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1.

Die vom Beteiligten eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 10 Abs. 1, 58, 59, 61 Abs. 1, 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG zulässig und gemäß § 68 Abs. 2 FamFG, § 119 Ab. 1 Nr.1b) GVG bei dem Senat zur Entscheidung angefallen.

Die Einlegung durch den neu gewählten 1. Vorsitzenden und den Geschäftsführer ist - unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des auf der "Anschlussversammlung" -gefassten Beschlusses wirksam. Steht die gesetzliche Vertretung einer Partei in Streit, gilt sie bis zur rechtskräftigen Feststellung des Mangels als gesetzlich vertreten, sie kann ein Rechtsmittel unter Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung mit dem Ziel einer anderen Beurteilung einlegen. Dadurch soll ein anders nicht lösbarer Konflikt vermieden werden, der durch unterschiedliche Rechtsansichten zur Vertretungsbefugnis entsteht (vgl. Keidel/Zimmermann FamFG, 18. Aufl., § 9, 6; BGHZ 111, 219 [8]; Zöller-Vollkommer, Zivilprozessordnung, 30. Aufl., 2015, § 56 Rdz. 13). Für den Beteiligten besteht im Hinblick auf die Vertretungsregelung in § 11 Nr. 3 der Satzung keine andere Möglichkeit, die Anmeldung und eine Klärung der Streitfrage in seinem Sinne herbeizuführen.

2.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Registergericht hat die Eintragung der formgerecht angemeldeten Änderung in das Vereinsregister zu Recht abgelehnt.

Die Rücknahme des ursprünglichen Antrages steht allerdings nicht entgegen, dem Beteiligten ist nicht verwehrt, die einmal zurückgenommene Anmeldung bei unveränderter Sachlage zu wiederholen.

Gemäß § 67 Abs. 1 BGB ist jede Änderung des Vorstands von dem Vorstand zur Eintragung anzumelden. Im Rahmen der Eintragung hat das Registergericht das gesetz- und satzungsmäßige (§ 40 BGB) Zustandekommen des Änderungsbeschlusses wie auch seine inhaltliche Zulässigkeit zu prüfen. Die Beachtung von Ordnungsvorschriften - zum Beispiel bezüglich der Einberufung der Mitgliederversammlung - hat es nur dann einer Prüfung zu unterziehen, wenn im Einzelfall begründete Zweifel am wirksamen Zustandekommen des Änderungsbeschlusses bestehen (OLG Düsseldorf, FGPrax 2010, 43 [17]).

Der in der um 17.15 Uhr beginnenden "Anschlussversammlung" vom 20.03.2015 gefasste Beschluss, mit dem der nunmehrige 1. Vorsitzende in den Vorstand gewählt wurde, ist nichtig.

Ein Vereinsbeschluss ist grundsätzlich ungültig - eine entsprechende Anwendung der §§ 241 ff. AktG kommt nicht in Betracht -, wenn nicht alle Mitglieder in der durch die Satzung bestimmten Weise (§ 58 Nr. 4 BGB) zur Mitgliederversammlung eingeladen worden sind (BGH, NJW 1973, 253; NJW 2008, 69 ff.; OLG Düsseldorf, FGPrax 2010, 43 [18]). Eine der Satzung entsprechende Einladung zu der "Anschlussversammlung", die um 17.15 Uhr begann, lag nicht vor. § 9 Nr. 3 der Satzung bestimmt, dass zu Generalversammlungen schriftlich unter Wahrung einer Frist von drei Wochen eingeladen werden muss. Diese Maßgabe ist lediglich in Bezug auf die Mitgliederversammlung erfüllt, die um 17.00 Uhr beginnen sollte.

Zwar enthielt die unter dem 18.02.2015 per Rundschreiben an die Mitglieder gerichtete Einladung eine so genannte Ersatzeinladung nach § 9 Abs. 8 der Satzung; diese genügt jedoch nicht den an sie zu stellenden Anforderungen.

Nach § 9 Abs. 8 Satz 2 der Satzung kann (nur) der jeweilige "Versammlungsleiter" die (1.) Versammlung auflösen und sofort als neue Mitgliederversammlung wieder einberufen. In der Ersatzeinladung wurde indes der Eindruck erweckt, die Einberufung einer neuen Mitgliederversammlung stehe bereits fest. Die Entscheidung darüber, ob für den Fall mangelnder Beschlussfähigkeit im Anschluss eine neue Mitgliederversammlung einberufen werde, stand dem zur Generalversammlung einladenden Gremium - dem Vorstand - nach der Satzung überdies nicht zu, sie oblag vielmehr dem jeweiligen Versammlungsleiter.

Anders als in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (NJW-RR 1987, 376) zugrunde liegenden Fall, ist zudem in § 9 Abs. 8 S. 2 der Satzung des Beteiligten nicht geregelt, in welcher Form zu einer derartigen "Anschlussversammlung" einzuladen sei. Dies ist indes erforderlich, denn gemäß § 58 Nr. 4, 2. Halbsatz BGB soll die Satzung Bestimmungen dazu enthalten, in welcher Form Mitgliederversammlungen einzuberufen sind.

Die "vorsorgliche" Einberufung in Verbindung mit der Einberufung der ersten Mitgliederversammlung ist ohne satzungsmäßige Grundlage nicht ordnungsgemäß (vgl. Bay ObLG, NJW-RR 2002, 1612[1613]; Reuter in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Aufl., 2012, § 36, Rdz. 7). Entgegen steht das schutzwürdige Bedürfnis der Mitglieder, vor Überraschungen gesichert zu sein. Die Mitglieder müssen über die Notwendigkeit ihrer Teilnahme entscheiden, terminlich disponieren und sich in angemessener Weise auf die zur Beratung stehenden Themen vorbereiten können (BGH NJW-RR 1989, 376 [377]). Daran fehlt es wenn die Satzung zur Form der Einladung zu einer solchen "Anschlussversammlung" keine Regelung enthält.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Wertfestsetzung fußt auf §§ 61 Abs. 1, Satz 1, 67 Abs. 1 Nr. 3 GNotKG.






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 23.09.2015
Az: I - 3 Wx 167/15


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/02619b38512d/OLG-Duesseldorf_Beschluss_vom_23-September-2015_Az_I---3-Wx-167-15




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share