Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 5. Februar 1993
Aktenzeichen: 6 U 153/92

(OLG Köln: Urteil v. 05.02.1993, Az.: 6 U 153/92)

Es verstößt gegen die guten Sitten im Wettbewerb, wenn ein Konkurrent Werbekunden von "Franchisenehmern" eines anderen Werbeunternehmens unter Hinweis auf mögliche "Schäden und Doppelzahlungen" und eine angebliche Beendigung der ursprünglichen Vertragsbeziehung über das Recht zur Belegung von Werbeträgern mit dem Inhaber dieses Rechtes auffordert, neue Werbeverträge mit ihm, dem Wettbewerber, oder Dritten abzuschließen.

Tenor

Die Berufung des Antragsstellers gegen das am 6. August 1992 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 249/92 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Antragssteller auferlegt.

Gründe

E n t s c h e i d u n g s g r ü n

d e

Die zulässige Berufung des

Antragsstellers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der mit der Berufung verfolgte Antrag

des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist

zwar zulässig. Insbesondere fehlt es trotz der Umformulierung des

Antrags in der Berufungsinstanz nicht am Verfügungsgrund der

Dringlichkeit. Diese Umformulierung stellt lediglich eine bessere

Anpassung des Antrags an das vom Antragssteller schon in der ersten

Instanz verfolgte Rechtsschutzziel dar; eine Ànderung des

Streitgegenstands im Sinne von § 263 ZPO, die allein zu Zweifeln

an der Dringlichkeit des Begehrens des Antragstellers hätte Anlaß

geben können, liegt damit nicht vor.

Der Verfügungsantrag ist jedoch

unbegründet.

Der Antragssteller hat die

Voraussetzungen eines Anspruchs gegen die Antragsgegnerin aus § 1

UWG i.V.m. § 14 GewO, wonach diese verpflichtet ist, es zu

unterlassen, ein Einzelhandelsgeschäft ohne Anmeldung bei der

zuständigen Gewerbemeldestelle zu betreiben, nicht glaubhaft

gemacht. Andere Anspruchsgrundlagen vermögen aber das Begehren des

Antragsstellers nicht zu rechtfertigen und werden von diesem auch

nicht geltend gemacht.

In Óbereinstimmung mit der einhelligen

Meinung in der Rechtsprechung und Literatur (vgl. BGH GRUR 1963/578

f., 583 "Sammelbesteller"; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht,

17. Auflage, § 1 UWG, Rdn. 631; Marcks in Landmann-Rohmer,

Gewerbeordnung, § 14, Rdn. 9) versteht der Senat § 14 GewO ebenso

wie das Landgericht als sogenannte wertneutrale Vorschrift. Diese

Norm soll aus Gründen ordnender Zweckmäßigkeit

verwaltungspolitische Interessen verwirklichen, nämlich in erster

Linie gewerbepolizeiliche Zwecke; die Gemeinde soll über Zahl und

Art der in ihrem Gebiet bestehenden Gewerbebetriebe unterrichtet

werden, dabei soll eventuell auch eine bequemere steuerliche

Erfassung der Gewerbebetriebe ermöglicht werden (BGH a.a.O.; BVerwG

NJW 1977/771; Marcks a.a.O.). § 14 GewO ist dabei weder

Zulässigkeitsvoraussetzung für die Aufnahme noch für die Ausübung

des Gewerbes. Damit dient diese Vorschrift keinem sittlichen Gebot

oder dem Schutz bestimmter wichtiger Gemeinschaftsgüter bzw.

allgemeiner Interessen, auch nicht dem Schutz des Wettbewerbs als

Institution im Allgemein- und Individualinteresse (BGH a.a.O.;

vgl. hierzu auch Baumbach-Hefermehl a.a.O., § 1 UWG Rn. 613 f.,

626 m.w.N.). Dies schließt nicht aus, daß bei Verstößen gegen § 14

GewO durch Gewerbebetreibende Belange der Allgemeinheit verletzt

werden können; der Charakter der Vorschrift als Ordnungsnorm wird

dadurch jedoch nicht verändert (Baumbach-Hefermehl a.a.O., § 1 UWG,

Rn. 630).

Gehört § 14 GewO somit zu den

sogenannten wertneutralen Normen und kann auch nicht als zwar

wertneutrale, aber zumindest wettbewerbsbezogene Schutzvorschrift

angesehen werden (vgl. hierzu Baumbach-Hefermehl a.a.O., § 1 UWG,

Rn. 665 m.w.N.), wäre eine Mißachtung dieser Norm dennoch unlauter

im Sinne von § 1 UWG, wenn sich der Gewerbetreibende bewußt und

planmäßig über diese Vorschrift hinwegsetzt, sich auf diese Weise

einen Vorsprung im Wettbewerb zu verschaffen (BGH a.a.O.). Von

einem derartigen Verhalten der Antragsgegnerin kann aber nach dem

Sachvortrag des Antragsstellers nicht ausgegangen werden.

Der Antragssteller hat zwar

nachvollziehbar dargelegt, daß das Gewerberegister für die

schnelle und genaue Ermittlung der geschäftlichen Verhältnisse

sowie der Postanschrift eines Gewerbetreibenden bedeutsam sein

kann, selbst wenn das Gewerberegister im Gegensatz zum

Handelsregister keinen öffentlichen Glauben genießt (vgl. hierzu

Marcks a.a.O.). Es mag danach denkbar sein, daß Mitbewerbern und

Verbänden die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen und

möglicherweise - wenn auch nach Ansicht des Senats fernliegend -

ebenfalls Kunden eine anderweite Inanspruchnahme der

Antragsgegnerin objektiv erschwert worden ist, weil die

Antragsgegnerin unstreitig den Geschäftsbetrieb in K., F., erst im

Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens angemeldet hat. Dies

allein rechtfertigt aber noch nicht den Schluß, die Antragsgegnerin

habe die Gewerbeanmeldung tatsächlich u.a. deshalb unterlassen, um

unter dem Schutz der Nichtanmeldung ungestört Wettbewerbsverstöße

begehen zu können oder sich auf diese Weise z.B.

Gewährleistungsansprüche ihrer Kunden zu entziehen. Daß die

Antragsgegnerin die Eintragung in das Gewerbemelderegister

Düsseldorf für den Geschäftsbetrieb in D., F. nicht berichtigt hat,

wie vom Antragsteller im Schriftsatz vom 20. November 1992 geltend

gemacht, führt zu keiner anderen Beurteilung.

Ein bewußter und planmäßiger Verstoß

der Antragsgegnerin gegen § 14 GewO vorgenannten Sinne ist jedoch

auch durch das von dem Antragssteller angeführte Verhalten der

Antragsgegnerin in anderen Verfahren (noch) nicht hinreichend

glaubhaft gemacht. Das Landgericht weist hierzu zu Recht darauf

hin, daß diese Vorgänge die unterlassene Gewerbeanmeldung zunächst

allenfalls am Rande betreffen und sich zudem aus dem Umstand, daß

sich ein Gewerbetreibender durch prozessuales Taktieren im

Nachhinein seiner Verurteilung und bzw. oder seiner Kostenbelastung

zu entziehen sucht, (noch) nicht der Rückschluß ziehen läßt, er

habe von Anfang an derartige Absichten verfolgt oder werde sie

jedenfalls in Zukunft verfolgen. In gleicher Weise ist ebenfalls

die Reaktion der Antragsgegnerin im Schreiben vom 27. April 1992

auf die Abmahnung seitens des Antragsstellers zu sehen, abgesehen

davon, daß nicht ausreichend ersichtlich ist, ob die

Antragsgegnerin in diesem Schreiben bewußt unrichtig zu der

Anmeldung der Firma S. E.-GmbH im Gewerberegister vorgetragen

hat.

Scheitert danach das

Unterlassungsbegehren des Antragsstellers schon daran, daß die

subjektiven Voraussetzungen des § 1 UWG nicht hinreichend glaubhaft

gemacht sind, bedurfte es keiner Erörterung der von den Parteien

kontrovers diskutierten Frage, ob eine Wiederholungsgefahr für das

zur Unterlassung verlangte Verhalten der Antragsgegnerin gegeben

ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97

Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist mit Verkündung

rechtskräftig, § 545 Abs. 2 ZPO.






OLG Köln:
Urteil v. 05.02.1993
Az: 6 U 153/92


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