Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 10. Februar 2000
Aktenzeichen: 23 W 753/99

(OLG Hamm: Beschluss v. 10.02.2000, Az.: 23 W 753/99)

Tenor

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung hat der Klä-ger an den Beklagten 2.730,90 DM nebst 4 % Zinsen von 94,40 DM seit dem 11. Mai 1998 und von 2.636,50 DM seit dem 18. August 1999 zu erstatten.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger nach einem Gegenstandswert von 864,50 DM.

Gründe

Die Beschwerde hat Erfolg, weil entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin ein Beweisaufnahmeverfahren im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO stattgefunden hat und deshalb auch die von dem Beklagten angemeldete Beweisgebühr in Höhe von 864,50 DM netto gegen den Kläger festzusetzen ist.

Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt der Rechtspflegerin, daß die vorsorgliche Ladung eines Sachverständigen nach §§ 273 Abs. 2 Nr. 4 ZPO noch keine Beweisanordnung darstellt und deshalb den Gebührentatbestand des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO nicht auszulösen vermag. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Zwar stellt schon die erste Ladungsverfügung vom 27. Juli 1998 (Bl. 83 d. A.) auch insoweit ausdrücklich auf § 273 ZPO ab, als sie den Sachverständigen Golder betrifft. Sie erschöpft sich aber nicht in der Aufforderung an den Sachverständigen, im Senatstermin am 06. Januar 1999 zu erscheinen, sondern enthält zugleich die Anordnung, daß der Sachverständige schon vor dem Termin ermittelnd tätig werden soll. Nach dem mitgeteilten Beweisthema hatte der Sachverständige die Aufgabe, den Zustand des streitgegenständlichen Fahrzeugs und die Erkennbarkeit der behaupteten Mängel aufzuklären. Das stand unter keinem Vorbehalt - insbesondere nicht unter der Bedingung eines noch zu erlassenden Beweisbeschlusses - und sollte nicht erst während des Gerichtstermins oder danach, sondern in Vorbereitung desselben geschehen. Der Sachverständige durfte die Ladung mit Angabe des Beweisthemas so verstehen und hat sie ersichtlich auch so aufgefaßt, daß er das Fahrzeug alsbald besichtigen solle, um das Ergebnis seiner Untersuchungen bereits im Termin vorweisen zu können. Ansonsten hätte seine Ladung den Prozeß nicht beschleunigt und wäre ein neuer Termin erforderlich geworden, falls sich die Sache nicht anderweitig erledigt haben würde.

Die von dem Sachverständigen erwartete Untersuchung des Fahrzeugs ist bereits Ausübung der Gutachtertätigkeit und nicht bloße Vorbereitungshandlung (vgl. dazu Beschluß des OLG Stuttgart vom 12. Dezember 1985 in Juristisches Büro 1986, 565 f.). Sie hätte an sich gemäß § 558 a ZPO durch Beweisbeschluß angeordnet werden müssen. Daß ein solcher Beschluß nicht ergangen ist, hindert aber die Entstehung der Beweisgebühr nicht (vgl. Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO, 8. Aufl. 2000, Rdnr. 101 zu § 31). Ebenso ist unerheblich, daß der Sachverständige den Wagen nicht mehr vorgefunden hat; durch seine Nachforschungen nach dessen Verbleib hat er bereits mit der Ausführung der Beweisanordnung begonnen. Die erfolgreiche Durchführung ist für die Entstehung der Gebühr nicht erforderlich (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 14. Aufl. 1999, Rdnr. 98 zu § 31).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Gegenstandswert aus dem Abänderungsbegehren.






OLG Hamm:
Beschluss v. 10.02.2000
Az: 23 W 753/99


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