Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. August 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 330/03

(BPatG: Beschluss v. 11.08.2004, Az.: 26 W (pat) 330/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die ua für die Waren

"Tabak, Zigaretten, Zigarillos, Zigarren, Pfeifen und Schnupftabake, Raucherartikel; Streichhölzer und Feuerzeuge"

eingetragene Marke 399 08 477 ist ursprünglich Widerspruch erhoben worden aus der Gemeinschaftsmarke 176 586, die mit dem eingeschränkten Warenverzeichnis "Zigarren, Zigaretten, Kautabak" in die nationale Registrierung 300 32 890 umgewandelt wurde:

Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zwar seien die sich gegenüberstehenden Marken teilweise zur Kennzeichnung identischer Waren bestimmt, was einen erheblichen Abstand der Zeichen erfordere. Selbst bei Zugrundelegung normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand jedoch ein. Die Gefahr klanglicher Verwechslungen bestehe nicht. Die Vergleichswörter unterschieden sich sowohl am Markenanfang als auch am Zeichenende markant, denn die angegriffene Marke enthalte den zusätzlichen Bestandteil "La" und die abweichende Endsilbe "ra", wodurch sie um zwei Silben erweitert werde und damit merklich länger klinge. Gerade Markenanfänge seien für das Gesamtklangbild von großer Bedeutung. Da es sich bei dem Bestandteil "La" um einen eigenständigen Begriff handele, entstehe zwischen den Worten eine deutlich wahrnehmbare klangliche Zäsur. Zudem werde der Begriff "La" als selbständiges Wort betont gesprochen. Im übrigen komme es für den klanglichen Charakter einer Marke insbesondere auf die Vokalfolge an, die in den Vergleichsmarken divergiere. Der Konsonant "r" in der angegriffenen Marke erzeuge einen merklich härteren Abklang. Zur Unterscheidbarkeit trügen auch die zumindest teilweise bekanten Sinngehalte der Kennzeichnungen bei. Der amerikanische Bundesstaat "Montana" sei aufgrund der berühmten Nationalparks auch dem deutschen Verkehr ein Begriff. Auch die angegriffene Marke dürfte als der Titel einer alten südtiroler Volksweise zumindest einem Teil des inländischen Verkehrs bekannt sein. Im übrigen bestehe auch kein Erfahrungssatz, dass ein erheblicher Teil des inländischen Verkehrs den italienischen Artikel "La" weglassen werde, denn durch die grammatikalische Verknüpfung dieses Artikels mit dem weiteren Bestandteil verschmelze die angegriffene Marke "La Montanara" zu einem einheitlichen italienischen, lautmalerischen Gesamtausdruck. Soweit zumindest einen Teil des Verkehrs "La Montanara" als Titel einer südtiroler Volksweise bekannt sei, habe er auch deshalb keine Veranlassung, diesen feststehenden Begriff in seine Bestandteile zu zergliedern und einen Teil des Gesamtausdrucks zu vernachlässigen. Schließlich bilde die Bezeichnung "La Montanara" auch durch den auffälligen Schriftzug eine Einheit, so daß auch aus diesem Grund eine allein kennzeichnende Stellung des Bestandteils "Montanara" nicht anzunehmen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie vertritt die Ansicht, dass der Artikel "La" für den deutschen Verkehr völlig nichtssagend sei und keinerlei Herkunftsvorstellungen auslöse. Die Silbe "La" sei wie der deutsche Artikel "Die" zu behandeln und deshalb bei einem Vergleich der Marken nicht zu berücksichtigen. Auch aufgrund der Häufigkeit, in der er verwendet werde, entbehre er jeglicher Kennzeichnungskraft. Damit seien bei einem Vergleich "Montanara" und "Montana" gegenüberzustellen. Es seien nicht nur die Anfänge dieser beiden Worte identisch, sondern die sieben Buchstaben der Widerspruchsmarke seien komplett in der angegriffenen Marke enthalten. Lediglich durch die Hinzufügung des am Wortende häufig verschluckten "ra" unterschieden sich die beiden Bezeichnungen. Die Sinngehalte der beiden Begriffe seien dem inländischen Verkehrskreisen viel zu wenig bekannt, um zur Unterscheidbarkeit der Zeichen beizutragen.

Demgemäß beantragt die Widersprechende, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Der Inhaber der angegriffenen Marke stellt den Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er tritt vor allem der Ansicht der Widersprechenden entgegen, daß bei einem Zeichenvergleich die Silbe "La" nicht zu berücksichtigen sei. Ebenso wenig könne der Endsilbe "ra" eine entscheidende Bedeutung gegen eine klangliche Verwechslungsgefahr abgesprochen werden.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922 - Canon).

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist im vorliegenden Fall von Warenidentität auszugehen, denn beide Kennzeichnungen sind (ua) für Rauchwaren der Klasse 34 bestimmt. Obwohl die Widerspruchsmarke "Montana" einen Bundesstaat der USA bezeichnet und damit möglicherweise als geographische Herkunftsangabe für die hier in Rede stehenden Waren in Betracht kommt, wird die ihre Kennzeichnungskraft zugunsten der Widersprechenden als durchschnittlich angenommen. Selbst wenn danach an den Abstand der Marken erhebliche Anforderungen zu stellen sind, ist dieser gewahrt.

Bei der Prüfung der klanglichen oder schriftbildlichen Ähnlichkeit der Vergleichszeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND mwNachw). Da der Verkehr ein aus Wort- und Bildbestandteilen kombiniertes Zeichen in der Regel mit dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform benennt, stehen sich in klanglicher Hinsicht die Marken "La Montanara" und "Montana" gegenüber. Zwischen diesen beiden Kennzeichnungen besteht nicht die Gefahr von klanglichen oder schriftbildlichen Verwechslungen. Wie bereits die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, unterscheiden sich die beiden Kennzeichnungen "La Montanara" und "Montana" aufgrund des zusätzlichen Artikels "La" und wegen der zusätzlichen Endsilbe "ra" der jüngeren Marke in ihrer Gesamtheit deutlich, zumal die angegriffene Marke hierdurch um zwei Silben erweitert ist und auch die Vokalfolgen "aoaaa" gegenüber "oaa" und die Betonungen differieren. Insoweit kann auf die eingehenden Ausführungen der Markenstelle verwiesen werden, denen die Widersprechende nicht entgegengetreten ist.

Entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Auffassung kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesamteindruck der jüngeren Marke allein von dem Wortbestanteil "Montanara" geprägt wird. Zwar kann eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG auch dann bestehen, wenn einzelne Bestandteile der Marken Ähnlichkeiten aufweisen und diese ähnlichen Bestandteile den Gesamteindruck der Marken prägen. So kann eine das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft einem einzelnen Markenbestandteil ausnahmsweise dann zugemessen werden, wenn ihm in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Die Feststellung der Prägung des Gesamteindrucks eines mehrteiligen Zeichens durch einen Bestandteil setzt aber voraus, daß die weiteren Bestandteile so in den Hintergrund treten, daß sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beitragen (vgl BGH GRUR 2000, 233 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Bei dieser Beurteilung ist von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren auszugehen (vgl BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND).

Hiernach kann nicht von einer Prägung der angegriffenen Marke (allein) durch das Wort "Montanara" ausgegangen werden: Bereits aufgrund der einheitlich graphisch gestalteten Buchstaben wirkt die jüngere Marke als Einheit. Mit einer Verkürzung dieser Marke allein auf "Montanara" ist im rechtserheblichen Umfang nicht zu rechnen. Der vorangestellte italienische Artikel "La" bildet vielmehr mit dem nachfolgenden italienischen Wort "Montanara" einen Gesamtbegriff, wobei der Artikel und das nachfolgende Substantiv nicht nur grammatikalisch, sondern auch lautmalerisch aufeinander bezogen sind. Es besteht kein Erfahrungssatz, daß der inländische Verkehr fremdsprachige Bezeichnungen in der Regel ohne Artikel benennt. Gegen ein Weglassen des Artikels "La" spricht auch, daß einem nicht unwesentlichen Teil des inländischen Verkehrs "La Montanara" als Titel einer südtiroler Volksweise bekannt ist. Da demnach eine allein kennzeichnende Stellung des Bestandteils "Montanara" nicht anzunehmen ist, war eine markenrechtlich erhebliche Verwechslungsgefahr zu verneinen und der Beschwerde deshalb der Erfolg zu versagen.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß. Für ein Abweichen von dem Grundsatz, daß jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt, bedarf es besonderer Umstände. Dies würde voraussetzen, daß ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht. Hierfür liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor.

Albert Richter Reker isterkrankt und kanndeshalb nicht unter-

schreiben.

Albert Kraftbr/Pü






BPatG:
Beschluss v. 11.08.2004
Az: 26 W (pat) 330/03


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