Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Mai 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 248/00

(BPatG: Beschluss v. 23.05.2001, Az.: 26 W (pat) 248/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 23. Mai 2001 (Aktenzeichen 26 W (pat) 248/00) die Beschwerde der Anmelderin gegen die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Februar und 12. Juli 2000 aufgehoben.

Die Markenstelle hatte die angemeldete Wortmarke "Office Ergogemäß" für Möbel und Möbelteile, Polstermöbel, Sitzmöbel, Büromöbel, Drehstühle, Drehsessel, Arbeitsstühle und Bürotische wegen eines Freihaltebedürfnisses und fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das Markenwort setze sich aus dem englischen Wort "Office" (Büro, Dienststelle) und der allgemein bekannten, für Ergonomie stehenden Kurzform "Ergo" zusammen. Es handele sich um eine unmittelbar beschreibende Angabe, dass die gekennzeichneten Waren für Büros bestimmt seien und ergonomischen Ansprüchen genügten bzw. es sich um ergonomisch gestaltete Büromöbel handele. Die Markenstelle sah daher keine Eignung, als Herkunftshinweis zu dienen, und erkannte ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber.

Die Anmelderin legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und das Bundespatentgericht hob die Beschlüsse der Markenstelle auf. Es stellte fest, dass die angemeldete Bezeichnung "Office Ergo" nicht als beschreibende Angabe für die beanspruchten Möbel diente und auch kein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber vorliege. Es konnte keine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe für ergonomische Büromöbel in Internetseiten oder Katalogen von Möbelfirmen festgestellt werden. Das Markenwort "Office Ergo" könne zudem auch als Hinweis auf ein ergonomisch gestaltetes Büro verstanden werden. Daher könne von einem gegenwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber an der angemeldeten Bezeichnung nicht ausgegangen werden.

Des Weiteren konnte dem Markenwort "Office Ergo" die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Eine warenbeschreibende Sachangabe, die auf bestimmte Eigenschaften der Möbel Bezug nimmt, lag nicht vor. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr die Bezeichnung nicht als Marke wahrnehmen würde. Im Gegenteil, der Verkehr nimmt Warenbezeichnungen in der Regel so auf, wie sie ihm bei ihrer markenmäßigen Verwendung entgegentreten. Daher wurde die Beschwerde der Anmelderin für begründet erklärt.

Rechtsanwalt Schülke Reker Kraftpröß




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 23.05.2001, Az: 26 W (pat) 248/00


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Februar und 12. Juli 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Mit den beiden vorgenannten Beschlüssen hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts die für

"Möbel und Möbelteile; Polstermöbel; Sitzmöbel; Büromöbel, Drehstühle, Drehsessel; Arbeitsstühle; Bürotische"

angemeldete Wortmarke Office Ergogemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG wegen des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses und des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß sich das Markenwort "Office Ergo" erkennbar aus dem englischen Wort "Office" (= Büro, Dienststelle) und der allgemein bekannten, für Ergonomie, ergonomische stehenden Kurzform "Ergo" zusammensetze. Es stelle für die beanspruchten Waren eine unmittelbar beschreibende Angabe dar, da es lediglich darauf hinweise, daß die so gekennzeichneten Waren für Büros bestimmt seien und ergonomischen Ansprüchen genügten bzw es sich um Büromöbel handele, die ergonomisch gestaltet seien. Als ohne weiteres verständliche, die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibende Angabe sei "Office Ergo" nicht geeignet, als Herkunftshinweis zu dienen. Ihm fehle daher jegliche Unterscheidungskraft. An einer derartigen unmittelbar beschreibenden Angabe bestehe auch ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber.

Hiergegen richtet sich die von ihr nicht begründete Beschwerde der Anmelderin mit dem sinngemäßen Antrag, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung der Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl dazu BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE; BGH BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Bezeichnung "Office Ergo" jedoch nicht.

Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung auf dem Sektor der hier in Rede stehenden Möbelwaren als beschreibende Angabe hat die Markenstelle nicht belegt. Auch der Senat hat keine entsprechenden Nachweise ermitteln können. Weder im Internet, noch in einschlägigen Katalogen von Möbelfirmen war eine Verwendung von "Office Ergo" als beschreibende Angabe etwa für (Büro-)Möbel feststellbar, die aufgrund bestimmter konstruktiver Merkmale ergonomisches Arbeiten ermöglichen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen könnte. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß die schutzsuchende, aus den beiden Bestandteilen "Office" und "Ergo" gebildete Bezeichnung "Office Ergo" vom angesprochenen inländischen Verkehr überwiegend mit "ergonomisch gestaltete Büromöbel" übersetzt werden sollte, sagt dieser mögliche Sinngehalt nichts Konkretes darüber aus, durch welche besonderen konstruktiven oder gestalterischen Maßnahmen die so gekennzeichneten Möbelergonomischen Erkenntnissen oder Ansprüchen genügen könnten. Gegen eine Eignung der angemeldeten Marke als unmittelbar beschreibende Angabe für die beanspruchten Möbel spricht im übrigen auch, daß die angemeldete Kennzeichnung "Office Ergo" aufgrund des weiteren geläufigen Sinngehalts des englischen Worts "Office" (= Büro, Amt) auch als Hinweis auf ein ergonomisch gestaltetes oder ausgestattetes Büro gedeutet werden kann. Von einem gegenwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber an der angemeldeten Bezeichnung "Office Ergo" kann deshalb nicht ausgegangen werden.

2. Ebenso wenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrunde liegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keine tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES).

Hiervon ausgehend kann der Wortfolge "Office Ergo" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden: Eine warenbeschreibende Sachausgabe, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Möbel selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung - wie dargelegt - nicht dar.

Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Verkehr etwa durch eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwortartige Aussage daran gewöhnt sein könnte, in ihr keine Marke zu sehen. Für ein Verständnis als Herkunftshinweis spricht vielmehr, daß der Verkehr erfahrungsgemäß ohnehin wenig geneigt ist, eine Warenbezeichnung zu analysieren, er sie vielmehr in der Regel so annimmt, wie sie ihm bei ihrer markenmäßigen Verwendung entgegentritt (vgl BGH BlPMZ 2000, 53 - FÜNFER).

Schülke Reker Kraftprö






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