Amtsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 9. Juli 2009
Aktenzeichen: 54 C 14868/08

(AG Düsseldorf: Urteil v. 09.07.2009, Az.: 54 C 14868/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung geht es um einen Partnerschaftsvertrag zwischen der Klägerin, einem Verbundsystem für Versicherungsmakler, und der Beklagten, einer Versicherungsmaklerin. Gemäß dieses Vertrages hat die Beklagte 25 Aktien der Klägerin erworben und sich zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet. Die Klägerin kündigte den Vertrag, aufgrund dessen sie die Aktien später zurückforderte. Das Gericht entschied, dass die Beklagte die Aktien zurückübertragen muss, jedoch nur gegen Zahlung des Nominalwerts der Aktien. Die Beklagte hatte ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht, da sie noch eine Forderung gegen die Klägerin hatte. Die Regelung im Vertrag, dass die Aktien bei Beendigung des Vertrages unentgeltlich zurückübertragen werden müssen, wurde als unwirksam eingestuft. Das Gericht wies die Klage ab, soweit die Klägerin die Rückübertragung der Aktien ohne Zahlungsverpflichtung forderte. Die Kosten des Verfahrens wurden je zur Hälfte auf die Klägerin und die Beklagte verteilt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert beträgt 1.300,00 Euro.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

AG Düsseldorf: Urteil v. 09.07.2009, Az: 54 C 14868/08


Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, zu erklären, dass sie die Aktien an der Klägerin mit den Nummern 0000 bis 0000 an die Klägerin überträgt und sämtliche Rechte aus diesen Aktien an die Klägerin abtritt, Zug-um-Zug gegen Zahlung von 1.300,00 Euro an die Beklagte.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 50 % und die Beklagte zu 50 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein in Form einer Aktiengesellschaft organisiertes Verbundsystem für Versicherungsmakler. Einige Aktien der Gesellschaft hält die Klägerin selbst; alle anderen Aktien halten Versicherungsmakler, die mit der Klägerin jeweils über einen sog. Partnerschaftsvertrag verbunden sind. Die Klägerin bietet den jeweiligen Versicherungsmaklern, die sie als Partner bezeichnet, Beratung und Betreuung im Bereich der Versicherungsvermittlung und in angrenzenden Tätigkeitsbereichen an. Die Beklagte ist als Versicherungsmaklerin tätig.

Am 29.05.2001 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Partnerschaftsvertrag mit unbestimmter Laufzeit. Nach § 7 Abs. 1 des Vertrages verpflichtete sich die Beklagte zum Erwerb von 25 vinkulierten Namensaktien zu einem Preis von je 52,00 Euro (insgesamt 1.300,00 Euro). Die Beklagte verpflichtete sich in § 8 des Partnerschaftsvertrages im Gegenzug für von der Klägerin zur Verfügung gestellte Leistungen und Rechte eine Bearbeitungsgebühr von 300,00 Euro sowie monatliche Beiträge und weitere Zusatzbeiträge zu zahlen. Nach Beginn der ordentlichen Partnerschaft am 01.03.2002 erwarb die Beklagte die Aktien mit den Nummern 0000 bis 0000 für insgesamt 1.300,00 Euro, die die Klägerin vereinbarungsgemäß für die Beklagte verwahrte. In § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages verpflichtete sich die Beklagte, diese Aktien bei Beendigung des Partnerschaftsvertrages unentgeltlich an die Klägerin zurück zu übertragen. Nach § 11 Abs. 2 des Partnerschaftsvertrages kann der Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf eines Kalenderjahres gekündigt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung (Bl. 6 ff. GA) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 12.09.2007 kündigte die Klägerin den Partnerschaftsvertrag zum 31.12.2007. Im Juli 2008 forderte sie die Beklagte unter Fristsetzung bis 05.08.2008 erfolglos zur Rückübertragung der o.g. Aktien auf.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, zu erklären, dass sie die Aktien an ihr mit den Nummern 0000 bis 0000 an sie (die Klägerin) überträgt und sämtliche Rechte aus diesen Aktien an sie abtritt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages enthaltene Verpflichtung zur unentgeltlichen Rückübertragung der Aktien sei unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten unwirksam.

Hilfsweise macht die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht geltend; dazu macht sie die Rückübertragung der Aktien von der Zahlung einer angemessenen Abfindung abhängig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat zum Teil Erfolg. Sie ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das angerufene Gericht nach § 14 Abs. 3 des Partnerschaftsvertrages in Verbindung mit § 38 Abs. 1 ZPO örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 23, 71 GVG.

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückübertragung der genannten Aktien aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB, jedoch nur Zugum-Zug gegen Zahlung in Höhe des Nominalwertes der Aktien von insgesamt 1.300,00 Euro, §§ 273, 274 Abs. 1 BGB.

Die Voraussetzungen des Anspruchs nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB sind gegeben. Die Beklagte hat durch Leistung der Klägerin etwas erlangt, wobei der Rechtsgrund für die Leistung später weggefallen ist.

Das erlangte Etwas sind die Aktien Nr. 0000 bis 0000 mitsamt den darin verbrieften Rechten. Diese hat die Beklagte erlangt, indem die Klägerin ihr die einzelnen Aktien und die jeweils verbrieften Rechte gegen Zahlung von 52,00 Euro/Aktie übertrug. Eine Herausgabe des Papiers selbst -der einzelnen Aktien- an die Beklagte war insoweit nicht erforderlich.

Die Aktien sowie die darin verbrieften Rechte hat die Beklagte durch Leistung der Klägerin erlangt. Eine Leistung im Sinne der genannten Norm ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens, wobei der Zweck der Leistung in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. So liegt es hier. Die Klägerin hat das Vermögen der Beklagten durch Übertragung der Aktien bewusst gemehrt und zwar zur Erfüllung einer zwischen den Parteien bestehenden Verbindlichkeit aus dem Partnerschaftsvertrag.

Der Partnerschaftsvertrag als Rechtsgrund der Leistung ist durch die Kündigung der Klägerin nachträglich zum 31.12.2007 weggefallen. Bezüglich der Wirksamkeit der Kündigung, die als ordentliche Kündigung in § 11 Abs. 2 des Partnerschaftsvertrages zugelassen ist, bestehen keine Bedenken.

Nach §§ 818 ff. BGB sind die empfangenen Leistungen vollumfänglich zurückzugewähren. Danach hat die Beklagte die Aktien samt der darin verbrieften Rechte an die Klägerin zurück zu übertragen.

Die Beklagte hat sich jedoch mit Erfolg auf ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 BGB berufen. Das hilfsweise geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht war zu berücksichtigen, da die Hauptverteidigung der Beklagten, die im wesentlichen auf nicht durchgreifenden rechtlichen Erwägungen beruht, nicht durchgreift.

Die Voraussetzungen des § 273 BGB liegen vor. Die Beklagte hat aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem ihre Verpflichtung zur Rückübertragung der Aktien beruht, einen fälligen Anspruch gegen die Klägerin. Der Anspruch ist gerichtet auf Zahlung des Nominalwertes der Aktien Nr. 0000 bis 0000. Er ergibt sich aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB.

Die Voraussetzungen der genannten Norm sind gegeben. Die Klägerin hat durch Zahlung der Beklagten insgesamt 1.300,00 Euro erlangt. Die Zahlung stellt eine Leistung dar, da sie zur Erfüllung einer Verbindlichkeit aus dem Partnerschaftsvertrag erfolgte. Mit der Kündigung des Partnerschaftsvertrages ist der Rechtsgrund für die Leistung nachträglich weggefallen.

Die Klägerin hat auch aus dem beendeten Partnerschaftsvertrag kein Recht zum Einbehalt des genannten Betrages. Ein solches Recht ergibt sich insbesondere nicht aus § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages. Die entsprechende Regelung, nach der die von dem jeweiligen Partner erworbenen Aktien bei Beendigung des Partnerschaftsvertrags unentgeltlich zurück zu übertragen sind, ist unwirksam. Sie stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB dar.

Die Voraussetzungen der Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind gegeben. § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages unterliegt der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Die Ausnahmevorschrift des § 310 Abs. 4 BGB ist nicht einschlägig, da es sich bei dem Partnerschaftsvertrag nicht um einen Vertrag auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts handelt; der Partnerschaftsvertrag ist rechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag einzuordnen. § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages ist eine allgemeine Geschäftsbedingung und keine individualvertraglich vereinbarte Regelung. Dafür spricht schon das äußere Erscheinungsbild des Vertrages; im übrigen findet die Klausel in bei dem angerufenen Gericht anhängigen Parallelverfahren inhaltsgleich Verwendung.

Die betreffende Regelung stellt eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, da die Verpflichtung zur unentgeltlichen Rückübertragung der Aktien nach Beendigung des Partnerschaftsvertrages mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht zu vereinbaren ist. Nach dem Aktiengesetz ist eine unentgeltliche bzw. entschädigungslose Übertragung von Aktien nur in eng definierten Ausnahmefällen zulässig. Die Voraussetzungen solcher Ausnahmefälle, z.B. nach §§ 71 Abs. 1 Nr. 4, 237 AktG, sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Eine unentgeltliche Rückübertragung der Aktien, für deren Erwerb die Beklagte insgesamt 1.300,00 Euro an die Klägerin gezahlt hat, verstößt zudem gegen das Äquivalenzprinzip. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der unentgeltlichen Rückübertragung ist indessen nicht ersichtlich. Der pauschale Vortrag der Klägerin, der Entgeltcharakter des Aktienerwerbs sei den jeweiligen Partnern bewusst, ändert daran nichts. Im übrigen ist der Vortrag nicht nachvollziehbar. Warum der für die Aktien gezahlte Betrag eine Art Aufnahmegebühr darstellen sollte, erschließt sich nicht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin von ihren Partnern bei Vertragsbeginn eine einmalige, nicht erstattungsfähige Bearbeitungsgebühr verlangt. Die Klägerin hat auch nicht im einzelnen vorgetragen, dass und aus welchem Grund sie ausgerechnet auf die für den Aktienerwerb gezahlten Beträge angewiesen sein sollte. Sie hat nach § 8 des Partnerschaftsvertrages grundsätzlich die Möglichkeit, von ihren Partnern Jahres- und Zusatzbeiträge zu fordern.

Nach §§ 818 ff. BGB hat die Klägerin der Beklagten den Nominalwert der betroffenen Aktien in Höhe von 1.300,00 Euro zu erstatten. Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts führt nach § 274 Abs. 1 BGB zur Verurteilung Zugum-Zug.

Soweit die Klägerin Rückübertragung der Aktien ohne die Einschränkung der Zugum-Zug - Verurteilung begehrt, war sie mit der Klage abzuweisen. Ein solcher weitergehender Anspruch steht ihr gegen die Beklagte nicht zu. Er ergibt sich insbesondere nicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Partnerschaftsvertrag. Die entsprechende Regelung in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages ist wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen vollumfänglich Bezug genommen.

Ob, wie von der Beklagten vertreten, die Regelung des § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 BGB ist, bzw. ob die von dem Bundesgerichtshof entwickelte Rechtsprechung zur sog. Hinauskündigung auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, muss, da sich die Unwirksamkeit der entsprechenden Regelung bereits aus § 307 Abs. 1 BGB ergibt, hier nicht geklärt werden. Auch die weiteren von der Beklagten angeführten Unwirksamkeitsgründe bedürfen vorliegend keiner weiteren Überprüfung.

Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 15.06.2009 (Bl. 136 ff. GA) bietet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung; er enthält keinen entscheidungserheblichen neuen Tatsachenvortrag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.

Streitwert: 1.300,00 Euro






AG Düsseldorf:
Urteil v. 09.07.2009
Az: 54 C 14868/08


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