Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Januar 2011
Aktenzeichen: 27 W (pat) 239/09

(BPatG: Beschluss v. 25.01.2011, Az.: 27 W (pat) 239/09)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 25. Januar 2011 geht es um eine Beschwerde gegen die Löschung einer Wortmarke. Die Wortmarke "ColorTraining" wurde ursprünglich im Jahr 2000 für Ausbildungs- und Schulungsdienstleistungen im Bereich von Farbeingabe- und -ausgabegeräten wie Kopierern und Druckern eingetragen. Die Antragstellerin stellte jedoch einen Löschungsantrag, da sie der Meinung war, dass die Marke keine Unterscheidungskraft besitzt. Das Deutsche Patent- und Markenamt ordnete daraufhin die Löschung der Marke an, da sie bereits zum Zeitpunkt der Eintragung keine Unterscheidungskraft hatte und dies immer noch der Fall sei.

Das Bundespatentgericht bestätigte diese Entscheidung und wies die Beschwerde des Markeninhabers zurück. Es wurde festgestellt, dass die Marke bereits zum Zeitpunkt der Eintragung einen beschreibenden Sinngehalt hatte, da sie das Training im Bereich der Farbanwendung bei den genannten Geräten beschreibt. Die Marke wurde von den betroffenen Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinne von "Farbtraining" verstanden. Zudem wurde in der Entscheidung darauf hingewiesen, dass auch die Schreibweise der Marke keine betriebskennzeichnende Hinweiskraft hat.

Der Markeninhaber argumentierte, dass die Marke aufgrund ihrer angeblichen Wortneuschöpfung Unterscheidungskraft besitzt und dass zum Eintragungszeitpunkt eine andere Rechtsprechung galt. Das Gericht wies diese Argumente jedoch ab und erklärte, dass der geänderten Rechtsprechung auch rückwirkende Wirkung zukommt, wenn ein Schutzhindernis fälschlicherweise nicht angewendet wurde. Zudem wurde festgestellt, dass die Marke auch nach geltender Rechtsprechung keine Unterscheidungskraft besitzt.

Insgesamt wurde die Beschwerde des Markeninhabers abgelehnt und die Löschung der Marke aufrechterhalten. Es wurde keine Verfahrenskosten auferlegt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 25.01.2011, Az: 27 W (pat) 239/09


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 22. Januar 2000 angemeldete und am 13. September 2000 für die Dienstleistungen

"Ausbildung und Schulung, nämlich im Bereich der Anwendung und des Vertriebs von Farbeingabeund -ausgabegeräten, nämlich Kopierern, Druckern und Druckmaschinen"

eingetragene Wortmarke 300 04 425 ColorTraininghat die Antragstellerin am 19. Mai 2008 einen Löschungsantrag gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft und einem Freihaltungsbedürfnis gestellt.

Die Markeninhaberin hat dem ihr am 17. Juni 2008 zugestellten Löschungsantrag mit am 25. Juni 2008 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangenen Schriftsatz vom 19. Juni 2008 widersprochen. Im weiteren Amtsverfahren hat sie die Auffassung vertreten, die Marke sei schon zum Eintragungszeitpunkt schutzfähig gewesen; dies gelte noch immer.

Mit Beschluss vom 7. August 2009 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft angeordnet. Das ist damit begründet, das Schutzhindernis habe bereits im Eintragungszeitpunkt vorgelegen und bestehe auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag.

Die angegriffene Wortmarke bestehe aus einer Kombination der aus dem Englischen stammenden Wörter "Color" und "Training". Beide Wörter hätten Eingang in die deutsche Sprache gefunden, nämlich mit den Bedeutungen "Farb"-, in Zusammensetzungen z. B. Colorfilm bzw. "planmäßige Durchführung eines Programms von vielfältigen Übungen zur Ausbildung von Können" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch). Beide Wörter seien bereits im Zeitpunkt der Eintragung in vielfältiger Weise in Zusammensetzung mit anderen Wörtern gebraucht worden. Gerade in dem hier angesprochenen Bereich des Kopierens und Druckens fänden sich Fachbegriffe aus Wortkombinationen wie "color printer", "colorscanner" oder "color screen". Im Bereich computerbasierter elektronischer Geräte würden heute beispielsweise Wortkombinationen wie "Video-Training", "Online-Training", "Datasport-Training" oder "Photoshop-Training" beschreibend gebraucht. Bereits im Eintragungszeitpunkt sei der Markenbestandteil "Training" ohne weiteres eine für sich gesehen ersichtlich schutzunfähige Sachangabe gewesen.

Sowohl die hier angesprochenen allgemeinen Verbraucher, die sich mit dem Kopieren oder Drucken farbiger Vorlagen beschäftigten und ihre Kenntnisse erweitern wollten, als auch die Fachkreise, wie Anbieter von Kopierund Druckleistungen, würden die hier vorliegende Wortkombination "ColorTraining" daher nicht als ungewöhnlich oder sprachregelwidrig ansehen und ihr ohne weiteres Nachdenken die Bedeutung "Farbtraining" oder "Farbschulung/Farbausbildung" für die Anwendung von Farbkopierern und Farbdruckern entnehmen. In Bezug auf die hier allein beanspruchten Dienstleistungen stelle sich das angegriffene Zeichen als rein beschreibend dar. Da Farben nicht geschult werden könnten, ergebe sich vor dem Hintergrund der angebotenen Dienstleistungen allein ein Verständnis der Bezeichnung in dem Sinn, dass Ausbildung und Schulung die Farbeingabe und -ausgabe an entsprechenden Geräten beträfen, um eine optimale Farbwirkung zu erreichen und entsprechende Kenntnisse beim (eventuellen) Vertrieb der Geräte weiterzuvermitteln.

Gegen diesen am 17. August 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 16. September 2009 eingegangene Beschwerde des Markeninhabers. Er hält unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Amtsverfahren die angegriffene Marke für schutzfähig. Der Löschungsbeschluss sei bereits aus formalen Gründen aufzuheben, da die Markenabteilung nicht auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Eintragung, sondern auf die Rechtsprechung nach der Eintragung abgestellt habe. Diese Rechtsprechung sei für den vorliegenden Fall ohne Belang.

Die Marke sei bereits deshalb unterscheidungskräftig, weil es sich um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung handle. Der Begriff "ColorTraining" vermittle den beteiligten Verkehrskreisen auch keine unmittelbar beschreibende Bedeutung. Die beanspruchten Dienstleistungen richteten sich an Fachleute und besonders interessierte Privatleute. Die Dienstleistungen beträfen ausschließlich Training für die Anwendung und den Vertrieb von Geräten, das eine Farbeingabe oder -ausgabe umfasse. Dazu gehöre zugegebenermaßen die Einstellung von Farbdruckern und Farbkopierern, so dass sie tatsächlich originalgetreu die gewünschten Farbtöne ausgäben. Was die Farben angehe, beträfen die Trainings konkret die Vornahme der korrekten Geräteeinstellungen, um die Steuerungssoftware dieser Geräte entsprechend zu beeinflussen.

Diese Dienstleistungen seien den angesprochenen Verkehrskreisen aber unter dem Begriff "Farbmanagement" oder auch im Englischen "image colour management" bekannt. Damit sei belegt, dass es für die korrekte Hardund Softwareeinstellung von Farbausgabegeräten wie Farbdruckern und Farbkopierern mit "Farbmanagement" einen terminus technicus gebe, der den beteiligten Kreisen bekannt sei und auch zum Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke bereits bekannt gewesen sei. Konsequenterweise sei der unmittelbar beschreibende Ausdruck für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen der Begriff "Farbmanagement-Training" oder der korrespondierende englischsprachige Ausdruck "image colour management training" und nicht etwa der Begriff "ColorTraining".

Der Markeninhaber beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts vom 7. August 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss. Der Marke fehlte und fehle jegliche Unterscheidungskraft, und es bestehe auch ein Freihaltungsbedürfnis.

Das Wort "ColorTraining" weise darauf hin, dass es sich um Ausbildungsund Schulungsdienstleistungen handle, die im Bereich der Anwendung und des Betriebs von Farbeingabeund -ausgabegeräten regelmäßig angeboten würden. Der Antragsgegner habe selbst darauf hingewiesen, dass ein Teil solcher Trainings darin bestehe, Farbdrucker und Farbkopierer so einzustellen, dass sie tatsächlich originalgetreu die gewünschten Farbtöne druckten. Vor dem Hintergrund dieser Dienstleistungen könne das Zeichen "ColorTraining" nur so verstanden werden, dass trainiert werde, die optimale Farbwirkung zu erreichen. Zum Eintragungszeitpunkt, aber auch heute, befasse sich eine komplette Branche, so auch Beschwerdeführer und -gegnerin, ausschließlich mit dem Abgleich von Farben, der Messung der Farben, der Kalibrierung der Geräte, alles zum Ziel der farbgetreuen Wiedergabe, insbesondere beim Drucken und Kopieren.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. Die vom Senat angeregte vergleichsweise Regelung ist nicht zustande gekommen.

II.

Die Beschwerde des Markeninhabers ist zulässig; er hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen (§ 54 Abs. 2 MarkenG) und fristgerecht Beschwerde erhoben. Die Beschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Löschung der angegriffenen Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG angeordnet.

Der Löschungsantrag war zulässig. Den Antrag kann jedermann stellen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).

Der Löschungsantrag ist auch innerhalb der 10 Jahresfrist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt worden.

Eine eingetragene Marke ist auf Antrag wieder zu löschen, wenn ihr zum Eintragungszeitpunkt die erforderliche Unterscheidungskraft fehlte und dieses Schutzhindernis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht.

Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 -marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 -Cityservice; GRUR 2001, 162, 163 -RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59, Rz. 21 -Companyline; MarkenR 2003, 450, 453, Rz. 32 -DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109, Rz. 97 -Postkantoor; MarkenR 2004, 111, 115, Rz. 38 -BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung -etwa syntaktischer oder semantischer Art hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 109, Rz. 98 -Postkantoor; MarkenR 2004, 111, 115, Rz. 39 f. -BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944, Rz. 28 -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230, Rz. 29 -BioID; MarkenR 2007, 204, 209, Rz. 77 f. -CELLTECH).

Entgegen der Auffassung des Markeninhabers vermag die angebliche Wortneuschöpfung der Marke demnach keine Unterscheidungskraft zu begründen.

Der Markeninhaber kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, die Marke sei zum Eintragungszeitpunkt aufgrund der damals geltenden Rechtslage unterscheidungskräftig gewesen. Ändert sich nämlich eine zum Zeitpunkt der Eintragung bestehende Spruchpraxis bzw. Rechtsprechung nachträglich aufgrund übergeordneter gerichtlicher Entscheidungen, weil ein absolutes Schutzhindernis -rechtsirrig -auf einen Sachverhalt nicht angewendet wurde, der von der Norm eindeutig erfasst wird, wirkt die geänderte -richtige -Rechtsprechung auf den Eintragungszeitpunkt zurück (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 50 Rn. 6).

Abgesehen von dieser Rechtsfrage fehlte der Marke bereits zum Eintragungszeitpunkt die erforderliche Unterscheidungskraft, da sie bereits damals in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt hatte. Das von den Dienstleistungen angesprochene Publikum hat die Marke ohne weiteres im Sinn von "Farbtraining" bzw. "Farbausbildung" verstanden. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen ergibt sich aus der Bezeichnung lediglich eine Aussage über die Art der Dienstleistungen, nämlich dass eine Ausbildung im Bereich der Anwendung von Farbeingabe und -ausgabegeräten wie Kopierern, Druckern und Druckmaschinen angeboten wird. Dies hat der Markeninhaber im Amtsverfahren bereits selbst eingeräumt, indem er vorgetragen hat, die beanspruchten Dienstleistungen für die Anwendung und den Betrieb von Geräten, die eine Farbeingabe oder -ausgabe umfassen, bestünden darin

"Farbdrucker und Farbkopierer so einzustellen, dass sie tatsächlich originalgetreu die gewünschten Farbtöne druckten".

Diesen im Vordergrund des Verständnisses stehenden Sinngehalt hatte die angegriffene Marke sowohl im Eintragungszeitpunkt und hat ihn auch derzeit.

Für eine Schutzunfähigkeit der Marke spricht auch die Entscheidung des EuGH vom 25. Februar 2010 (GRUR 2010, 931), wonach die Marke "COLOR EDITION" für Mittel zur Körperund Schönheitspflege schutzunfähig ist, da sie aus Bestandteilen zusammengesetzt ist, die jeweils für Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend sind und die auch in ihrer Summe nicht hinreichend von dem Gesamteindruck abweichen, der durch die den Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht. Bei der vorliegend zu beurteilenden Bezeichnung gilt nichts anderes.

Der Hinweis des Markeninhabers im Amtsverfahren auf die Vorschrift des § 23 MarkenG vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist abschließend geklärt, dass diese Bestimmung keinen Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der absoluten Schutzhindernisse hat (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 726 -Chiemsee; GRUR 2004, 946, 947 -Nichols).

Die Schreibweise von "ColorTraining" ist ebenfalls nicht geeignet, ein Mindestmaß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft zu bewirken. Dass die beiden Wortbestandteile zusammengeschrieben und der zweite Bestandteil mit dem Großbuchstaben T beginnt, stellt ein in der Werbung gebräuchliches Mittel dar, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erregen (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 965 -AntiVir/AntiVirus).

Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.

Dr. Albrecht Kruppa Wernerbr/Pr






BPatG:
Beschluss v. 25.01.2011
Az: 27 W (pat) 239/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/55222d3666a1/BPatG_Beschluss_vom_25-Januar-2011_Az_27-W-pat-239-09




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