Verwaltungsgericht Darmstadt:
Beschluss vom 21. Mai 2013
Aktenzeichen: 5 L 304/13.DA

(VG Darmstadt: Beschluss v. 21.05.2013, Az.: 5 L 304/13.DA)

1. Besteht über personenbezogene, bei einer Auskunftei gespeicherte Daten Streit und müssen diese bis zur Klärung gesperrt werden, darf über die Tatsache der Sperrung Dritten gegenüber weder direkt noch indirekt Mitteilung gemacht werden. In solchen Fällen ist die dem Dritten gegebene Auskunft, eine Auskunft über den Betroffenen sei nicht möglich, unzulässig, da sie als versteckte Mitteilung einer Datensperrung verstanden werden kann.

2. Die grundsätzlich bestehende Freiheit einer Auskunftei zu entscheiden, mit wem sie eine Geschäftsbeziehung eingehen und Auskünfte über Dritte, auch im Einzelfall, erteilen will, entbindet sie nicht davon, deutlich zu machen, dass eine etwaige Auskunftsverweigerung auf Umständen beruht, die nicht in der Sphäre der angefragten Person liegen.

3. Schriftliche Benachrichtigungen des Betroffenen über erteilte Auskünfte nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BDSG können, wenn die Auskunftei Kaufmann i. S. d. HGB ist, Handelsbriefe i. S. von § 257 Abs. HGB sein, von denen die Auskunftei bereits nach dem HGB Kopien zu erstellen und aufzubewahren hat. Durch eine entsprechende Verpflichtung des Datenschutzbeauftragten zur Aufbewahrung solcher Benachrichtigungen wird sie nicht zusätzlich beschwert.

4. Ob der Benachrichtigungspflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BDSG durch telefonische Hinweise genügt wird, bleibt im Eilverfahren ausdrücklich offen. Im Eilverfahren bestehen jedenfalls keine Bedenken, die Auskunftei zu verpflichten, Aktenvermerke über Uhrzeit und Gesprächspartner der telefonischen Benachrichtigung für Prüfzwecke anzufertigen und aufzubewahren.

Tenor

1. Der Eilantrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EURfestgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin ist ein im Handelsregister eingetragenes Kreditschutzunternehmen, das eine Wirtschaftsdatenbank unterhält,in der die Daten von Gewerbetreibenden unter anderem zu ihren Vermögensverhältnissen und ihrem Zahlungsverhalten gespeichert sind. Anhand der gespeicherten Unternehmensinformationen werden Bonitätsprüfungen vorgenommen. Entsprechende Auskünfte werden anfragenden Kunden gegen Entgelt erteilt.

Am 26.02.2012 beschwerte sich die Beschwerdeführerin €eine im Transportgewerbe tätige Kauffrau € beim Antragsgegner über die Praxis der Antragstellerin. Die Beschwerdeführerin trug vor, die Antragstellerin erteile anfragenden Kunden gegenwärtig die Auskunft, dass eine Auskunft über sie € die Beschwerdeführerin € nicht möglich sei. Dadurch sei sie in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt, weil sich ihre Geschäftspartner unter Berufung auf diese Auskunft weigerten, an sie Kraftfahrzeuge zu vermieten. Dem Vorfall vorangegangen seien Lösch- und Berichtigungsbegehren zu gespeicherten Daten, der die Antragstellerin schließlich entsprochen habe. Auf die gespeicherten unzutreffenden Daten sei die Beschwerdeführerin aufmerksam geworden, nachdem ihre Geschäftspartner sich seit September 2011mit der Begründung, die Auskünfte der Antragstellerin über die Beschwerdeführerin seien zu schlecht, geweigert hätten, mit der Beschwerdeführerin neue Leasingverträge über Kraftfahrzeuge abzuschließen. Wegen des ihr hieraus entstandenen Schadens sei gegenwärtig ein Gerichtsverfahren zwischen der Beschwerdeführerin und der Antragstellerin vor dem Amtsgericht A. anhängig. Die jetzige Auskunft, derzeit keine Auskünfte zu erteilen, schrecke Geschäftspartner ab. Solche Auskünfte seien zweideutig und könnten negativ aufgefasst werden. Außerdem setze die Antragstellerin ihr Verhalten als Druckmittel im anhängigen Schadensersatzprozess ein.

Die Antragstellerin bestätigte mit Schreiben vom 30.10.2012 die Sperrung der Daten der Beschwerdeführerin für die Dauer des anhängigen Rechtsstreits; ein solches Verhalten sei bei ihr auch in vergleichbaren Fällen üblich. Es bestehe kein Anspruch auf Auskunftserteilung. Gegen den Vorwurf, die Antragstellerin setze die Sperrung als Druckmittel ein, verwahre sie sich; der Vorwurf sei aus der Luft gegriffen und erfülle Straftatbestände der Verleumdung und der falschen Verdächtigung.

Mit Schreiben vom 09.11.2012 forderte die Behörde die Antragstellerin auf,

€ die bei ihr gespeicherten Daten über die Beschwerdeführerin vollständig darzustellen,

€ anzugeben, welche Daten gesperrt seien,

€ eine Darlegung der Gründe für die Sperrung unter Beifügung von Nachweisen (z. B. Widersprüchen) und

€ eine Aufstellung der seit Sperrung eingegangenen Auskunftsbegehren und der hierauf erteilten Auskünfte vorzulegen.

Hierauf legte die Antragstellerin vier Auszüge über die Beschwerdeführerin und von ihr geführter Unternehmen vor. Es seien alle Daten über die Beschwerdeführerin gesperrt, solange der bereits erwähnte Rechtsstreit anhängig sei. Seit der Sperrung seien keine Auskünfte erteilt worden. Soweit keine Auskünfte erteilt werden, bedürfe es dazu keiner Begründung, da es kein Recht auf Auskunft gäbe. Auskunftsanfragen würden nicht registriert.

Mit weiterem Schreiben der Behörde vom 27.11.2012 wurde die Antragstellerin aufgefordert,

€ die Benachrichtigung der Betroffenen über gespeicherte Datensätze gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 BDSG vorzulegen,

€ zu erläutern, auf welche Weise die Sperrung gewährleistet werde, da die übermittelten Datenauszüge keine Hinweise auf die Sperrung der Daten enthielten,

€ mitzuteilen, über welche gespeicherten Daten gegenwärtig noch Streit mit der Beschwerdeführerin bestehe,

€ mitzuteilen, wie sichergestellt werde, dass gesperrte Daten nicht von anderen Auskunfteien des Unternehmens genutzt werden könnten,

€ mitzuteilen, wem im Jahre 2012 mitgeteilt worden sei,dass über die Beschwerdeführerin keine Auskunft erteilt werde.

Mit Antwortschreiben vom 03.12.2012 teilte die Antragstellerin mit, dass sie lediglich aus den Datensätzen der Beschwerdeführerin mitteilen könne, dass die Benachrichtigungen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 BDSG an im Einzelnen genannten Tagen der Jahre 1993, 2003, 2009und 2010 teilweise mündlich, teilweise schriftlich, teilweise aus Anlass einer konkreten Anfrage und Recherche, erfolgt seien. Über die Benachrichtigungen selbst, die gleichartig aufgebaut seien und die dem als Muster beigefügten Text folgten, seien keine Kopien aufbewahrt worden. Es sei zutreffend, dass die Datenauszüge keine Angaben über die Sperrung enthielten. Die Sperrung ergäbe sich aufgrund des Setzens eines Kennzeichens im IT-System; dadurch werde €prozesstechnisch verhindert€, dass gesperrte Daten übermittelt würden. Derzeit seien keine Daten zwischen der Antragstellerin und der Beschwerdeführerin streitig. Dass die Antragstellerin derzeit keine Auskunft erteile, sei keine Auskunft.Eine Aufbewahrungspflicht von Anfragen, auf die geantwortet worden sei, dass keine Auskunft erteilt werde, bestehe nicht. An wen Auskünfte nicht erteilt worden seien, könne deswegen nicht gesagt werden. Es sei allerdings davon auszugehen, dass im Laufe des Jahres 2012 Anfragende die Mitteilung erhalten hätten, eine Auskunftserteilung sei nicht möglich.

Hingewiesen auf die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Handelsbriefen entgegnete die Antragstellerin, die Benachrichtigung nach § 33 BDSG sei kein Handelsbrief; Schriftform sei hierfür ohnehin nicht vorgesehen. Die Tatsache der Benachrichtigung lasse sich durch die Einträge im Datensatz € wie geschehen €nachweisen. Schon aus Gründen der Höflichkeit sei die Antragstellerin gezwungen, eingehende Anfragen zu beantworten. Es könne von ihr nicht verlangt werden, anzugeben, dass keine Daten gespeichert seien; eine solche Aussage wäre unwahr. Das Vorgehen der Antragstellerin beruhe auf einer vor Jahren getroffenen Absprache des €Düsseldorfer Kreises€, im Falle von gesperrten Daten anzugeben, eine Auskunftserteilung sei zurzeit nicht möglich.

Hierauf erwiderte die Behörde, die Benachrichtigungen seien zwar keine Handelsbriefe, jedoch Geschäftsbriefe i. S. d.Abgabenordnung, die sechs Jahre aufzubewahren seien. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, keine Benachrichtigungen erhalten zu haben. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, den Versand nachzuweisen. Die Stellungnahme zu den technischen Vorkehrungen sei unzureichend, weil sich daraus nicht ergäbe,inwiefern die gesperrten Daten für Mitarbeiter und andere Auskunfteien trotz Kennzeichnung nicht doch abrufbar seien.Hinsichtlich ihrer Behauptungen zu Absprachen im €Düsseldorfer Kreis€ möge die Antragstellerin Nachweise vorlegen. Die hier in Frage kommende Regelung sei erst am 01.04.2010 in Kraft getreten.

Die Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 18.12.2012aufgefordert zu bestätigen, dass sie bezüglich gesperrter Daten keine Auskunft erteile, indem entweder überhaupt keine Auskunft gegeben werde oder mitgeteilt werde, dass zu der betroffenen Person keine Daten gespeichert seien.

Am 18.12.2012 meldete sich die Beschwerdeführerin bei der Behörde und bestätigte, dass ihre Daten schon im Oktober/November 2011 berichtigt worden seien und die aktuell gespeicherten Daten nicht Gegenstand des Klageverfahrens vor dem AG A. seien. Auf Wunsch der Beschwerdeführerin dürften die Daten seitdem von der Antragstellerin verwendet werden. Dies geschehe aber nicht. In der 21./22. Kalenderwoche des Jahres 2011 (richtig vermutlich: 2012)habe ein Mitarbeiter der Beschwerdeführerin versucht, ein Fahrzeug zu leasen. Er habe die Auskunft erhalten, die Daten der Beschwerdeführerin bei der Antragstellerin seien €gesperrt€. Auf telefonische Anfrage bei der Antragstellerin habe der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin die Antwort erhalten, man könne sich aussuchen, wen man beauskunfte.Anfang Dezember 2012 habe die Beschwerdeführerin erneut versucht,ein Fahrzeug zu leasen. Drei weitere Leasinggesellschaften hätten eine Geschäftsverbindung mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerin habe mitgeteilt, dass die Daten der Beschwerdeführerin gesperrt seien.

Mit weiterem Schreiben vom 09.01.2013 widersprach die Antragstellerin der Behauptung der Behörde, sie habe keine Benachrichtigungen versandt, und legte zu einem Vorgang aus dem August 2010 die schriftliche Bestätigung ihres Sachbearbeiters vom 09.01.2013 vor. Die Benachrichtigungen seien auch keine Geschäftsbriefe.

Mit Bescheid vom 12.02.2013 ordnete die Behörde gegenüber der Antragstellerin an,

1. bei teilweiser Sperrung von Daten Betroffener Dritten keine Auskünfte zu den gesperrten Daten zu erteilen, die einen Hinweis auf die Speicherung der gesperrten Daten enthielten (z. B.€über gespeicherte Datenarten wird derzeit/generell keine Auskunft erteilt€, €... ist nicht möglich ...€,€... ist nicht gestattet ...€); stattdessen sei Dritten zu diesen Daten keine Auskunft oder ausschließlich die Auskunft,dass zu den betroffenen Datenarten keine Daten gespeichert seien,zu geben;

2. bei vollständiger Sperrung von Daten Betroffener Dritten keine Auskünfte zu den Betroffenen zu erteilen, die einen Hinweis auf die Speicherung von Daten enthielten (z. B. €über den Betroffenen wird derzeit/generell keine Auskunft erteilt€,€... ist nicht möglich ...€, €... ist nicht gestattet ...€; stattdessen sei Dritten zu dem Betroffenen keine Auskunft oder die Auskunft, dass keine Daten zu dem Betroffenen gespeichert seien, zu geben;

3. die Vorschrift des § 33 BDSG einzuhalten (Satz 1) und Benachrichtigungen in Schriftform, elektronischer Form oder Textform in jedem Einzelfall für die Dauer von sechs Jahren für Prüfungszwecke aufzubewahren (Satz 2). Bei telefonischer Benachrichtigung sei die Uhrzeit und der Gesprächspartner zu erfassen und dieser Vermerk für die Dauer von sechs Jahren aufzubewahren (Satz 3).

Zugleich wurde die sofortige Vollziehung der unter Nummern 1 bis 3 getroffenen Regelungen angeordnet (Nr. 4) und für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Nummern 1 und 2 ein Zwangsgeld von 5.000,00 EUR, für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Nummer 3ein Zwangsgeld von 500,00 EUR angedroht. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 35 Nr. 4 a BDSG dürften zu gesperrten Daten keine Auskünfte erteilt werden. Dies schließe die Auskunft, eine Auskunftserteilung sei nicht möglich, ein, weil eine solche Auskunft in der Wahrnehmung einer negativen Auskunft gleichkomme.Um dies zu verhindern, sei § 35 Abs. 4 a BDSG geschaffen worden.Trotz entsprechender Aufforderung habe sich die Antragstellerin geweigert, die bestehende Auskunftspraxis zu beenden. Die Mitteilungen nach § 33 BDSG seien Geschäftsbriefe. Trotz bestehender Aufbewahrungspflicht von Geschäftsbriefen, die nach §147 Abs. 1 Nr. 3 AO sechs Jahre aufzubewahren seien, könnte die Antragstellerin keine Kopien der Mitteilungen nach § 33 BDSGvorlegen. Hierdurch werde die Wahrnehmung der Prüftätigkeit der Behörde behindert, weil Erstellung und Versand nicht überprüft werden könnten. Hinsichtlich der gegebenen Bestätigung des Sachbearbeiters zur Versendung von Mitteilungen nach § 33 BDSGbestünden aufgrund der Umstände des Einzelfalls Zweifel an deren Richtigkeit. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertige sich aus den drohenden wirtschaftlichen Nachteilen für Betroffene und aus der fortdauernden Beeinträchtigung der durch mangelnde Transparenz fehlenden Möglichkeit der Betroffenen, gegen falsche Eintragungen vorzugehen. Der Bescheid wurde der Antragstellerin am 13.02.2013 durch Zustellungsurkunde zugestellt.

Am 07.03.2013 hat die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erhoben. Über die Klage, die unter dem Aktenzeichen 5 K 303/13.DAregistriert worden ist, ist noch nicht entschieden worden.Zeitgleich hat die Antragstellerin vorliegenden Eilantrag gestellt.

Sie trägt vor, der Bescheid sei rechtswidrig. Daten, deren Richtigkeit bestritten worden seien, werden gesperrt. Anfragenden Kunden werden keine Auskünfte erteilt. Dass durch eine solche Verfahrensweise der Betroffene behindert werde, werde bestritten.Dass eine Nichtauskunftserteilung nachteilig sei, werde durchaus eingeräumt; dies sei aber nicht der Antragstellerin anzulasten. Die Antragstellerin könne frei entscheiden, wem sie Auskunft erteile.Eine €teilweise€ und €vollständige€Sperrung gäbe es nicht. Die getroffene Anordnung über eine teilweise Sperrung gehe daher ins Leere. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sei es nur verboten, dem Kunden mitzuteilen, dass die angefragte Auskunft gesperrt sei. Eine Reaktion auf die Anfrage des Kunden sei gleichwohl nötig. Die Antragstellerin könne bei einer telefonischen Anfrage nicht einfach auflegen. Die vom Antragsgegner geforderte Mitteilung, es seien keine Daten gespeichert, wäre ein Belügen des Kunden. Die Angabe, eine €Auskunftserteilung ist zurzeit nicht möglich€ sei demgegenüber ein fairer Kompromiss zwischen allen Interessen. Die Formulierung sei unter 130Auskunfteien üblich und im Düsseldorfer Kreis vereinbart worden.Die Benachrichtigungsform zu § 33 BDSG sei gesetzlich nicht geregelt worden. Der Antragsgegner habe kein Recht, ihr € der Antragstellerin € hier Vorgaben zu machen. Für telefonische Benachrichtigungen existiere keine Dokumentationspflicht.Benachrichtigungen seien weder Handelsbriefe noch Geschäftsbriefe,weil die Tätigkeit der Antragstellerin kein Handelsgeschäft sei.Zur Anordnung einer sofortigen Vollziehung bestehe keine Eilbedürftigkeit; die Verfahrensweise der Antragstellerin entspräche vielmehr jahrelanger Praxis.

Der Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 07.03.2013 gegen den Bescheid des Hessischen Datenschutzbeauftragten vom 12.02.2013hinsichtlich der getroffenen Regelungen (Nrn. 1 bis 3)wiederherzustellen und bezüglich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor, den Betroffenen entstünden erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Die Beschwerdeführerin sei nur eine von vielen Betroffenen. Ein Zuwarten bis zur Rechtskraft einer Entscheidung im Klageverfahren könne zur Existenzvernichtung der Betroffenen führen. Die Beeinträchtigung der Antragstellerin sei dagegen nur marginal.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch der beigezogenen Klageakte,und der vorgelegten Behördenakte des Antragsgegners, die sämtlich Gegenstand der Beratung waren, Bezug genommen.

II. Der Antrag ist in der sinngemäß wiedergegebenen Fassung, die das Gericht von Amts wegen zugrunde legt (§ 88 i. V. mit § 122 Abs.1 VwGO), zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung erweist sich die ergangene Verfügung als offensichtlich rechtmäßig mit der Folge, dass dem öffentlichen Vollzugsinteresse Vorrang gegenüber den entgegenstehenden privaten Belangen der Antragstellerin gebührt.

Die getroffenen Maßnahmen beruhen auf § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG.Nach dieser Vorschrift kann die Aufsichtsbehörde zur Gewährleistung der Einhaltung des BDSG und anderer Vorschriften über den Datenschutz Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten oder technischer oder organisatorischer Mängel anordnen.

Der Hessische Datenschutzbeauftragte nimmt in Hessen die Funktion der Aufsichtsbehörde i. S. von § 38 BDSG wahr (§ 24 Abs. 4Nr. 1 HDSG).

Das Auskunftsverhalten der Antragstellerin bietet dem Antragsgegner Anlass, gegen sie einzuschreiten; ihr Verhalten ist unvereinbar mit § 35 Abs. 4 a BDSG.

Nach dieser Vorschrift darf die Tatsache der Sperrung von Daten nicht übermittelt werden. Hintergrund dieser mit Wirkung vom 01.04.2010 eingefügten Vorschrift ist es, dass die bloße Mitteilung einer Datensperrung vom Empfänger leicht dahingehend missverstanden werden könne, der Betroffene zahle nicht nur nicht, sondern sei auch sonst €ein schwieriger Kunde€. Eine solche Mitteilung könne somit einen negativen Eindruck über den Betroffenen hinterlassen und deshalb zu einer für ihn negativen Entscheidung führen (vgl. die amtl. Begründung der Bundesregierung,BT-Drs. 16/10529 zu Art. 1 Nr. 9 [§ 35], S. 19). Es versteht sich von selbst, dass auch jede andere Formulierung oder Verfahrensweise, die auf eine Nichtpreisgabe von vorhandenen Daten aus Gründen, die nicht offenkundig in den Betriebsabläufen der Auskunft gebenden Stelle liegen (wie etwa technisch bedingte Computerausfälle, fehlende Bearbeitungskapazitäten aufgrund Mitarbeitererkrankungen, hohem Geschäftsanfall oder ähnlichen Gründen), breiten Raum für Spekulationen über die Kreditwürdigkeit der angefragten Person bieten, die sich für sie im sensiblen Kreditgeschäft leicht nachteilig auswirken können. Aus diesem Grund weist die amtliche Begründung (BT-Drs. 16/10529, a. a. O.) darauf hin, dass...

€... die Vorschrift ... auch nicht dadurch umgangen werden [dürfe], dass eine Formulierung gewählt wird, aus der auf die Tatsache der Sperre bzw. das Vorliegen einer Unregelmäßigkeit geschlossen werden kann.€

Genau diese Vorstellung erweckt aber das Verhalten der Antragstellerin. Auch die Auskunft, eine Auskunft über den Betroffenen sei nicht möglich, weckt Zweifel an der Integrität des Betroffenen, weil dem Anfragenden suggeriert wird, es seien Informationen über den Betroffenen vorhanden, die aber € aus Gründen, über die man zu schweigen habe € gegenwärtig nicht preisgegeben werden könnten. Vom Empfängerhorizont eines verständigen Dritten, auf den es bei solchen Äußerungen ankommt (§§133, 157, 242 BGB analog), kann eine derart unkommentierte Auskunftserteilung nicht anders verstanden werden, als gäbe es €Ärger€ mit der angefragten Person und den über sie gespeicherten Daten € Ärger deshalb, weil eine rasche und unkomplizierte Datenberichtigung nicht möglich war, die eine Datensperrung entbehrlich gemacht hätte.

Überhaupt ist auch in solchen Fällen kaum ein Fall für die Notwendigkeit einer komplettenAuskunftsverweigerung vorstellbar. Hieran wäre nur zu denken, wenn der nicht gesperrte Datenbestand so rudimentär wäre, dass er als solcher sinnentstellend wäre und wiederum die Tatsache einer Datensperrung durchscheinen ließe. Deutlich häufiger dürfte der Fall vorkommen, dass Streit über einzelne wenige Daten besteht. Im Streitfalle sind diese ohne jede Kommentierung gegenüber dem anfragenden Kunden aus der Auskunft herauszunehmen (§ 35 Abs. 4BDSG); irgendein Hinweis auf die Herausnahme wäre eine unzulässige Mitteilung über eine Datensperre i. S. von § 35 Abs. 4 a BDSG.

Die Behauptung der Antragstellerin, sie könne sich aussuchen,wem sie Auskünfte erteile, trifft grundsätzlich zu; teilweise muss sie die Erteilung von Auskünften sogar verweigern, wenn ein berechtigtes Interesse nicht glaubhaft gemacht worden ist (§ 29Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BDSG). Um aber den Anforderungen des § 35 Abs.4 a BDSG gerecht zu werden, ist in diesen Fällen deutlich zu machen, dass die Auskunftsverweigerung auf Umständen beruht, die in der Sphäre des Anfragenden und nicht in der der angefragten Person liegen. Die schlichte Antwort auf eine Kundenanfrage €womöglich in einer ständigen Geschäftsbeziehung, in der sonst routinemäßig und in großer Zahl Auskünfte erteilt werden €,im angefragten Einzelfall sei eine Auskunft nicht möglich, hat diesen Erklärungswert nicht. Wer stets Auskunft erhält und lediglich in einem Falle nicht, wird die Gründe dafür kaum in der eigenen Person suchen. Verweigerungen nur in Einzelfällen weisen regelmäßig auf Umstände hin, die in der Sphäre des Betroffenen liegen und diesen damit stigmatisieren. Das aber soll durch § 35Abs. 4 a BDSG gerade verhindert werden.

Die Verfügungen Nr. 1 und 2 erscheinen erforderlich und auch geeignet. Gegen sie bestehen aus diesem Grunde im Eilverfahren keine durchgreifenden Bedenken.

Sie sind erforderlich, um die drohenden und im konkreten Fall bereits eingetretenen Nachteile zu beseitigen. Das festgestellte Auskunftsverhalten der Antragstellerin ist nicht hinnehmbar und daher durch Beachtung der verfügten Maßnahmen abzustellen.

Die verfügten Maßnahmen sind auch geeignet. Die Kammer übersieht nicht, dass die der Antragstellerin auferlegte Handhabung, in Fällen einer Datenvollsperrung mitzuteilen, es lägen keine Daten über den Betroffenen vor (Verfügung Nr. 2), nicht unproblematisch ist. Denn mit der Geschäftstätigkeit der Antragstellerin beim anfragenden Kunden verbindet sich in der Regel die Erwartung,solche Daten ggf. durch Recherche, insbesondere durch die Anforderung von Selbstauskünften bei dem Betroffenen sowie Recherchen bei Dritten (z. B. Bilanzveröffentlichungen im Bundesanzeiger, Einblicknahme ins Schuldnerverzeichnis und ins Handelsregister) zu beschaffen. Die knappe Mitteilung, es lägen keine Daten über den Betroffenen vor, könnte deshalb genauso Anlass zu Spekulationen über die Integrität der angefragten Person liefern und als versteckte Mitteilung einer Datensperrung verstanden werden.

Indes ist die vom Antragsgegner vorgegebene Antwort für den Betroffenen die ihn am wenigsten beeinträchtigende. Denn warum Auskünfte nicht beschafft werden können, kann auch in den betrieblichen Verhältnissen im Bereich der Antragstellerin liegen (z. B. in fehlenden Arbeitskapazitäten) und jedenfalls nicht notwendigerweise die angefragte Person in ein ungünstiges Licht rücken. Eine mögliche Alternativformulierung dergestalt, die Weigerung der Erteilung von Auskünften zu untersagen und der Antragstellerin aufzuerlegen, dem anfragenden Kunden die gewünschten Auskünfte mit Ausnahme der gesperrten zu erteilen, käme einer Verpflichtung der Antragstellerin zu einem Tätigwerden gleich, die von der Antragstellerin nicht verlangt werden kann.

Die verfügten Maßnahmen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Das der Antragstellerin auferlegte Verhalten beeinträchtigt sie kaum. Sind Daten streitig und werden sie nicht berichtigt oder gelöscht, so sind sie zu sperren, bis eine Klärung herbeigeführt worden ist (§ 35 Abs. 4 BDSG). Über diese Daten ist nichts mitzuteilen. Über die übrigen Daten kann und muss im Regelfall Auskunft erteilt werden. Mit einer solchen Vorgehensweise entspricht die Antragstellerin der Erwartungshaltung des anfragenden Kunden in nicht zu beanstandender Weise. Kein Kunde geht nämlich davon aus, dass über jeden für das Kreditgeschäft erheblichen Vorgang Erkenntnisse bekannt und gespeichert sind. Das Auskunftsbild eines Betroffenen ist stets ein relatives, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und aus Sicht des anfragenden Kunden ggf. Anlass bietet, bei Wettbewerbern der Antragstellerin weitere Auskünfte einzuholen. Insofern liegt in der Zurückhaltung einzelner streitiger Daten keine Nicht- oder Schlechterfüllung des mit dem Kunden bestehenden Vertragsverhältnisses.

Es bestehen auch keine Bedenken, bei den Verfügungstexten in Teil- und Vollsperrungen zu unterscheiden. Gegenwärtig finden Teilsperrungen bei der Antragstellerin € ihrem eigenen Bekunden zufolge € nicht statt. Vollsperrungen und entsprechende Auskunftstotalablehnungen sind € wie dargelegt € grundsätzlich zu unterlassen, da sie nicht der Erwartungshaltung des anfragenden Kunden entsprechen und ein solch auffälliges Antwortverhalten den Betroffenen in ein schlechtes Licht rückt. Sie sind nur ausnahmsweise zulässig und bedürfen ggf.einer entsprechenden Kommentierung, die deutlich macht, dass die Auskunftsverweigerung nicht auf streitigen Daten beruht. Da die Antragstellerin somit ihr Auskunftsverhalten grundlegend zu verändern hat, wird sich für sie künftig verstärkt die Frage stellen, wie im Falle einzelner gesperrter Daten zu verfahren ist.Die Verfügung Nr. 1 geht auf diese Frage in gebotener Weise ein.

Ob und welche Verhaltensempfehlungen zu gesperrten Daten im €Düsseldorfer Kreis€ gegeben wurden, kann auf sich beruhen. An solche Empfehlungen sind Gerichte nicht gebunden.Selbst wenn es in früheren Jahren entsprechend einer Vereinbarung im Düsseldorfer Kreis üblich gewesen sein sollte, wie von der Antragstellerin praktiziert zu verfahren, wäre dies keine Rechtfertigung, diese Praxis unverändert fortzusetzen. Denn mittlerweile könnte es sich schlicht herumgesprochen haben, dass mit dem Hinweis, eine Auskunft sei nicht möglich, eine Datensperrung umschrieben wird.

Auch gegen die Verfügung Nr. 3 bestehen nach summarischer Prüfung keine durchgreifenden Bedenken. Zunächst folgt die Kammer dem Antragsgegner in seiner Auffassung, der Eintrag des Datums einer angeblichen Benachrichtigung in einem Datensatz sei kein Nachweis für die tatsächlich erfolgte gesetzliche Benachrichtigung.Nicht nur der Zeitpunkt und die Urheberschaft einer Eintragung in einen Datensatz entziehen sich jeglicher Nachvollziehbarkeit und Plausibilität. Überdies stellt sich die Frage, woher die Antragstellerin diese Daten hat, nachdem sie im mitgeteilten Datensatz (4 Anlagen des Schreibens der Antragstellerin an den Antragsgegner vom 21.11.2012, Bl. 19 bis 36 d. Beh.-Akte) an keiner Stelle dokumentiert sind. Vor allem aber sind sie kein Nachweis für die Absendung und den Inhalt der Benachrichtigung. Gleiches gilt für Versicherungen von Sachbearbeitern, die sich auf Vorgänge beziehen, die mehrere Jahre zurückliegen. Hier ist in der Tat zu fragen, weshalb sich der Sachbearbeiter gerade an diesen Vorgang erinnern kann. Diese Frage wird ggf. im Klageverfahren durch Einvernahme des Sachbearbeiters als Zeuge zu klären sein. Die geschilderten Betriebsabläufe sind daher lediglich ein Indiz für die Beachtung der datenschutzrechtlichen Benachrichtigungsvorschriften, jedoch kein Nachweis. Nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast (sog. Feststellungslast)trägt die Antragstellerin das Risiko der Nichterweislichkeit der Benachrichtigung. Da der Nachweis über die Benachrichtigung nicht erbracht ist, ist die Antragstellerin so zu behandeln, als habe sie ihre Benachrichtigungspflicht nicht erfüllt. Somit liegt ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften vor, gegen die der Antragsgegner mit geeigneten Maßnahmen vorgehen darf.

Die verfügte Verpflichtung zur Aufbewahrung von Kopien der Benachrichtigungen für sechs Jahre ist geeignet und erforderlich i.S. von § 38 Abs. 5 BDSG. Sie ermöglicht eine Überprüfung und beeinträchtigt die Antragstellerin in keiner Weise. Denn zur Aufbewahrung von Kopien der Benachrichtigungen ist die Antragstellerin bereits kraft der Bilanzierungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) verpflichtet.

Die Benachrichtigungen sind € entgegen der Auffassung der Beteiligten € Handelsbriefe, von denen die Antragstellerin Kopien zu erstellen und aufzubewahren hat. Handelsbriefe sind Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen (§ 257 Abs. 2HGB). Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören (§ 343 HGB). Die Antragstellerin ist Kaufmann i. S. von § 343 HGB, denn ihr Gewerbe ist ins Handelsregister eingetragen; deswegen erfüllt sie €ungeachtet des Begriffs des Handelsgewerbes in § 1 Abs. 2 HGB€ das Merkmal des sog. €Formkaufmanns€ (§ 6 Abs.1 und 2 HGB).

Ob ein Schriftstück als Handelsbrief zu qualifizieren ist, hängt nicht € wovon die Beteiligten offenbar ausgehen € davon ab, ob es die Abwicklung eines Handelsgeschäftes im klassischen Sinne, also etwa eine Warenlieferung, betrifft. Handelsbriefe sind sämtliche mit dem Handelsgeschäft des Kaufmanns im Zusammenhang stehenden Schriftstücke, mithin alle Unterlagen zu Geschäften, die dem Interesse des Handelsgewerbes, der Erhaltung seiner Substanz und Erzielung von Gewinn dienen sollen (BGH, Urt. v. 05.05.1960€ II ZR 128/58 €, NJW 1960, 1852 [1853]). Zum Betrieb eines Handelsgewerbes gehören nicht nur die für dieses Handelsgewerbe üblichen, dafür typischen Geschäfte, sondern auch alle Geschäfte, die sich mittelbar auf das Handelsgewerbe beziehen,d. h. mit ihm noch in einem entfernten, lockeren Zusammenhang stehen (BGH, Urt. v. 10.06.1974 € VII ZR 44/73 €, NJW1974, 1462 [1463]; Urt. v. 20.03.1997 € IX ZR 83/96 €,NJW 1997, 1779 [1780]; vgl. auch Baumbach/ Hopt, Handelsgesetzbuch,Kommentar, 34. Auflage 2010, § 343 Rdnr. 3). Auch Hilfs- und Nebengeschäfte betreffend das Personal, die Einrichtung und Ausstattung des Betriebs, den Bau von Gebäuden, die Finanzierung,die Geldanlage, den Rechtsschutz, die Beteiligung an anderen Unternehmen und die Aufnahme von Teilhabern, ja selbst ungewöhnliche Geschäfte (z. B. Spekulationen des Kaufmanns an der Börse) gehören dazu (vgl. Baumbach/Hopt, a. a. O.). Die Erteilung von Auskünften an Kunden der Antragstellerin gehört zum Kerngeschäft des Handelsgewerbes der Antragstellerin; entsprechende schriftliche Kundenauskünfte sind zweifelsohne Handelsbriefe i. S.d. § 257 Abs. 2 HGB. Die auf der Auskunftserteilung ruhenden öffentlich-rechtlichen Pflichten wie etwa die Benachrichtigung nach § 33 Abs. 1 BDSG sind Neben- oder Annexpflichten aus dem Hauptgeschäft; hier besteht nicht nur ein entfernter Zusammenhang mit dem Handelsgewerbe, denn ohne eine entsprechende Benachrichtigung wäre der Betrieb des Hauptgeschäfts unzulässig.Die Kammer hat deswegen keine Bedenken, die Benachrichtigungen ebenso wie die eigentlichen Auskunftsschreiben als Handelsbriefe i.S. d. § 257 Abs. 2 HGB anzusehen. Von ihnen sind Kopien herzustellen (§ 238 Abs. 2 HGB) und sechs Jahre geordnet aufzubewahren (§ 257 Abs. 4 i. V. mit Abs. 1 Nr. 3 HGB). Soweit die Antragstellerin verpflichtet wird, diese Vorschrift zu beachten,liegt darin keine der Verfügung innewohnende selbstständige Belastung; die Verfügung nimmt lediglich auf Vorschriften Bezug,die die Antragstellerin ohnehin zu beachten und zu erfüllen hat.

Die vom Antragsgegner zuletzt herangezogene Vorschrift des § 147Abs. 1 Nr. 3 AO ist nur in Bezug auf Handels- und Geschäftsbriefe anwendbar, für die Aufzeichnungspflichten nach § 146 AO bestehen (vgl. hierzu Rätke in Klein, Abgabenordnung, Kommentar, 11. Aufl.2012, § 147 Rdnr. 1). Aufzeichnungspflichten nach § 146 Abs. 1 AObestehen nur in Bezug auf €Buchungen und sonst erforderliche Aufzeichnungen€. Mangels spezieller Anforderungen in der Abgabenordnung (vgl. hierzu §§ 143, 144 AO zur Aufzeichnung des Warenein- und -ausgangs) würde sich eine steuerrechtliche Aufzeichnungspflicht lediglich auf § 140 AO stützen können, der insoweit auf die Aufzeichnungspflicht nach anderen Gesetzen Bezug nimmt. Als anderes Gesetz kommt wiederum § 238 Abs. 2 HGB in Betracht (vgl. Rätke, a. a. O., § 140 Rdnr. 4).

Bedenken bestehen gegen die der Antragstellerin auferlegte Verpflichtung, über telefonische Benachrichtigungen Vermerke über die Uhrzeit und den Gesprächspartner anzufertigen und für sechs Jahre aufzubewahren (Verfügung Nr. 3 Satz 3). Die Bedenken der Kammer richten sich dabei weniger gegen die Dokumentation mündlich erteilter Benachrichtigungen als solche, sondern bereits gegen die Annahme, mit einem Telefonanruf könne eine Benachrichtigungspflicht wirksam erfüllt werden. Telefonisch erteilte Benachrichtigungen werden in der Literatur, obwohl das Gesetz keine Aussage zur Form der Benachrichtigung trifft, als nicht ausreichend angesehen (vgl.Dix in Simitis, BDSG, Kommentar, 7. Aufl. 2011, § 33 Rdnr. 35). Die Mitteilung hat vielmehr in einer Form zu erfolgen, die sicherstellt, dass der Betroffene sie zur Kenntnis nimmt und verstehen kann; andernfalls liege keine Benachrichtigung vor (Dix,a. a. O., § 33 Rdnr. 36). Ein flüchtiger Hinweis in einem Telefonat kann € das ist auch die Auffassung der Kammer € diese Unterrichtungsfunktion nicht erfüllen, und zwar selbst dann nicht,wenn die Unterrichtung der einzige Gesprächsgegenstand sein sollte.Denn der Betroffene wird in der Regel weder die Bedeutung des Anrufs, noch Namen und Adresse der Auskunftei einschätzen und registrieren können, insbesondere dann nicht, wenn der Anruf völlig überraschend kommt (zutreffend Dix, a. a. O., § 33 Rdnr. 34). Ob und unter welchen Voraussetzungen telefonische Benachrichtigungen im Einzelfall gleichwohl ausreichend sein können, wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Dort wird dann auch zu klären sein, ob neben der Dokumentation der Uhrzeit und des Gesprächspartners auch das Tagesdatum und der wesentliche Gesprächsinhalt in dem Vermerk festzuhalten sind. Ungeachtet der Frage, ob dieser Teil der Verfügung noch zu ergänzen ist, bestehen jedenfalls keine Bedenken, von der Antragstellerin die derzeit angeordnete Minimaldokumentation zu verlangen.

Nr. 4 der Verfügung € die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nummern 1 bis 3 € beruht auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO ist,wenn die ausführliche Vorkorrespondenz mit den dort erörterten Umständen einbezogen wird, ausreichend Rechnung getragen worden.Der Antragstellerin wurde verdeutlicht, dass ihr Auskunftsverhalten schädigende Wirkungen für Dritte hat, die nicht zu rechtfertigen und deshalb zu unterlassen sind. Dies gilt vor allem für die fortdauernde Auskunftsverweigerung, die € da keine der gespeicherten Daten streitig sind € nicht dem Selbstschutz der Antragstellerin dient, sondern offenkundig bezwecken soll, die Beschwerdeführerin in ihrer gewerblichen Tätigkeit zu behindern.

Soweit sich der Eilantrag gegen die Androhung von Zwangsgeldern richtet, ist er zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. mit §16 HessAGVwGO), aber unbegründet. Die ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen beruhen auf § 76 i. V. mit § 69 HessVwVG. Sie sind insbesondere von der angedrohten Höhe her nicht zu beanstanden. Der festgesetzte Betrag erscheint angemessen und verhältnismäßig, um die Antragstellerin zur Beachtung der Verfügung zu veranlassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs.2 GKG, wobei das Gericht wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung von der Hälfte zweier Auffangstreitwerte (einen für das Verhalten bei Sperrungen, einen für die Dokumentation der Benachrichtigungen)ausgeht. Zwangsgeldandrohungen fallen daneben nicht ins Gewicht.






VG Darmstadt:
Beschluss v. 21.05.2013
Az: 5 L 304/13.DA


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