Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. März 2009
Aktenzeichen: 8 W (pat) 8/05

(BPatG: Beschluss v. 24.03.2009, Az.: 8 W (pat) 8/05)

Tenor

Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Patent 199 62 759 mit der Bezeichnung "Zwei-Platten-Spritzgießmaschine" ist am 23. Dezember 1999 beim Patentamt angemeldet und dessen Patenterteilung am 19. April 2001 veröffentlicht worden.

Auf einen Einspruch hat die Patentabteilung 16 des Patentamts das Patent mit Beschluss vom 17. Januar 2005 in vollem Umfang aufrechterhalten. Sie hat zur Begründung ausgeführt, dass die Zwei-Platten-Spritzgießmaschine nach Patentanspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der DE 298 05 427 U1 und der von der Einsprechenden geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung sowie auch gegenüber den weiteren nur im Prüfungsverfahren genannten Druckschriften neu sei und auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, weil keine der im Stand der Technik aufgezeigten Spritzgießmaschinen dem Patentgegenstand entsprechende starre Verbindungselemente als Abstandshalter für die Druckmittelzylinder aufzeigten, die auch durch den angeblich offenkundig vorbenutzten Spritzgießautomaten "Boy 30 D" nicht nahe gelegt werden könnten, weil dort die Formaufspannplatte aus einem einzigen Teil bestehe, in das die Zylinder für die Hydraulikeinheiten eingearbeitet seien und die dem Formaufnahmeraum abgewandten Enden der Hydraulikzylinder mittels einstückig angeformter Streben miteinander verbunden seien. Durch die völlig anders geartete, absolut steife Konstruktion stelle sich die Frage nach der Erhaltung der Plattenparallelität nicht, so dass daraus keinerlei Anregung entnommen werden könne, zumindest paarweise vertikal übereinander liegende Hydraulikzylinder mittels starrer Verbindungselemente als Abstandhalter zu verbinden. Deshalb ist die Patentabteilung der Frage der behaupteten Vorbenutzung nicht weiter nachgegangen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 16. Februar 2005 eingegangene Beschwerde der Einsprechenden.

Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Die Beschwerdeführerin hat schriftsätzlich ausgeführt, dass die Druckschrift DE 298 05 427 U1 unstreitig den nächstkommenden Stand der Technik darstelle, von dem die Erfindung ausgehe und dass, wenn sich dem Fachmann, einem Diplom-Ingenieur auf dem Gebiet des Maschinenbaus, der Erfahrungen auf dem Gebiet der Konstruktion von Spritzgießmaschinen besitzt, davon ausgehend die Aufgabe stelle, die Deformation des aus Platte und starr mit der Platte verbundenen Körpers zu mindern, einem solchen Fachmann ohne weiteres klar sei, dass eine größere Deformationssteifigkeit durch versteifende, starre Querverbindungen erreicht werden könne. Dem Fachmann sei auch klar, dass die beste Versteifung dort zu erzielen sei, wo der größte Hebel ansetzt, nämlich an den freien Enden der starr mit der Platte verbundenen Druckmittelzylinder nach der DE 298 05 427 U1.

Welcher Art die starren Verbindungselemente zwischen den freien Enden der Druckmittelzylinder sind, sei im Anspruch 1 nicht klar definiert. Insbesondere würde auch das starre, kompakte Eingießen der Druckmittelzylinder, wie es aus dem offenkundig vorbenutzten Gegenstand bekannt sei, unter den Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 fallen. Der Gegenstand des Streitpatents liege deshalb nahe, weil eine dem Fachmann ohnehin bekannte Lehre, die eine konkrete Ausprägung in der offenkundig vorbenutzten Maschine gefunden habe, auf die aus der nächstkommenden Druckschrift DE 298 05 427 U1 bekannte Vorrichtung übertragen werde. Es gehe nicht darum, die beiden Maschinen zu kombinieren, sondern darum, die Lehre der starren Fixierung der Drucksmittelzylinder nach dem offenkundig vorbenutzten Stand der Technik auf die aus der Druckschrift bekannte Anordnung zu übertragen. Zudem hat sie noch dargelegt, dass für sie nicht nachvollziehbar sei, weshalb sich aus der Formulierung "als Abstandhalter" im erteilten Anspruch 1 ergeben solle, dass die Verbindungsteile separate Bauteile seien, wie die Patentinhaberin in der Beschwerdeerwiderung ausgeführt habe.

Auch der Gegenstand nach dem Hilfsantrag beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da die dort angegebene Gestaltung eines Verbindungssteges eine dem Fachmann geläufige naheliegende Lösung zur Materialeinsparung und des Gewinnens von Bauraum darstelle.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin hält ihren Antrag aufrecht, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und sinngemäß das Patent in der erteilten Fassung aufrecht zu erhalten, hilfsweise es mit den Ansprüchen 1 -8 gemäß Hilfsantrag 2 vom 18. Dezember 2001, eingegangen am 19. Dezember 2001, beschränkt aufrecht zu erhalten.

Sie hat schriftsätzlich ausgeführt, dass weder dem in der Patentschrift diskutierten Stand der Technik noch der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung ein Hinweis darauf zu entnehmen sei, die Plattenparallelität auf derart einfache Art und Weise zu gewährleisten, wobei sich die erfindungsgemäße Lösung vor allem zum Nachrüsten bereits vorhandener Maschinen anbiete.

Der nach wie vor geltende erteilte Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

Zwei-Platten-Spritzgießmaschine, bei der eine der Formaufspannplatten fest und die andere verfahrbar auf dem Maschinenbett angeordnet ist, wobei die beiden Platten vorzugsweise mittels Fahrzylindern relativ zueinander verfahrbar sind und zum Aufbau der Schließkraft an einer der Platten vier Druckmittelzylinder angeflanscht sind, deren Kolbenstangen durch diese Platte hindurchgeführt, den Werkzeugeinbauraum überbrückend an der zweiten Platte angreifen, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest die jeweils paarweise vertikal übereinander angeordneten Druckmittelzylinder (8) an ihren der Platte (3) abgewandten Enden mittels starrer Verbindungselemente (13) als Abstandhalter miteinander verbunden sind.

Zum Wortlaut der dem Anspruch 1 untergeordneten Ansprüche 2 bis 9 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Zum Wortlaut der Ansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2 vom 18. Dezember 2001, eingegangen am 19. Dezember 2001, wird auf die Akten verwiesen.

Von dem Spritzgießautomaten des Typs "Boy 30 D" hat die Einsprechende im Einspruchsverfahren Kopien von zwei Blatt technischen Zeichnungen (Nr. 166599-0 d als Anlage E und Nr. Nr. 166600-0 c als Anlage F) und zum Beleg der geheimhaltungsfreien Lieferung an Dritte vor dem Anmeldetag einen Lieferschein, Speditionsübergabeschein und zwei Rechnungen (Anlagen A bis D) vorgelegt. Sie hat im Einspruchsverfahren außerdem im Hinblick auf die Unteransprüche 2, 5, 6 und 8 auf den Spritzgießautomaten des Typs "Boy 22" hingewiesen und davon die Kopie einer Zeichnung (Nr. 172436-0 b als Anlage G) sowie zum Beleg der geheimhaltungsfreien Lieferung an Dritte vor dem Anmeldetag einen Lieferschein, Speditionsübergabeschein und eine Rechnung (Anlagen H, J, K) eingereicht. Zum Unteranspruch 6 hat sie noch auf einen Prospekt über Hydraulikzylinder H 160 CA, "Bosch Automation" 15/9 verwiesen und davon eine Kopie eingereicht. Sie hat zum Beleg der offenkundigen Vorbenutzungen insgesamt sowie der Verfügbarkeit des zuletzt genannten Prospektes im Einspruchsschriftsatz Zeugenbeweis angeboten.

Zu den geltend gemachten Vorbenutzungen im Einzelnen und dem Sachverhalt im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Im Erteilungsverfahren sind zum Stand der Technik weiterhin die Druckschriften - DE 298 05 427 U1

- DE 195 35 081 A1

- DE 195 39 752 A1

- EP 0 554 068 A1 in Betracht gezogen worden.

II.

Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden ist nicht begründet.

Der Patentgegenstand gemäß Hauptantrag stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne des PatG § 1 bis § 5 dar.

1. Das Streitpatent bezieht sich nach dem erteilten Patentanspruch 1 auf eine Zwei-Platten-Spritzgießmaschine, bei der eine der Formaufspannplatten fest und die andere verfahrbar auf dem Maschinenbett angeordnet ist.

Wie die Streitpatentschrift eingangs erläutert, werde bei diesen Zwei-Platten-Spritzgießmaschinen die verschiebbare Formaufspannplatte über Fahrbzw. Zugzylinder an die feste Formaufspannplatte herangezogen und dabei seien diese Fahrzylinder relativ klein dimensioniert, da die aufzubringenden Kräfte zum Verfahren der Formaufspannplatte relativ klein sind. Zum Aufbau des Schließdrucks hingegen würden groß dimensionierte Druckmittelzylinder benötigt und daher seien diese in der Regel an der feststehenden Formaufspannplatte, und zwar in den Eckbereichen derselben, angeordnet. Die Kolbenstangen seien durch diese Platte hindurchgeführt und griffen an der verfahrbaren Formaufspannplatte an (vgl. Streitpatentschrift Sp. 1, Z. 26 -39). Eine derartige Maschine sei nach der Streitpatentschrift aus der DE 298 05 427 U1 bekannt (vgl. Sp. 1, Z. 40 -41).

Ein altes und bisher nicht optimal gelöstes Problem sei in der Tatsache zu sehen, dass sich beim Schließdruckaufbau durch die enormen Zugkräfte die Formaufspannplatten verformten, so dass die für den Gießvorgang benötigte Plattenparallelität nicht gewährleistet sei, was wiederum zu unzulässig hohem Werkzeugverschleiß führe (vgl. Streitpatentschrift Sp. 1, Z. 42 -47).

Zur Herstellung der Plattenparallelität seien zwar bisher die verschiedensten Vorschläge gemacht worden, die jedoch alle konstruktiv aufwendig seien, was die Maschinen zum einen teuer in der Herstellung mache und zum anderen das Maschinengewicht in die Höhe treibe (Sp. 1, Z. 48 -53). So sei aus der DE 195 35 081 A1 eine zweigeteilte feststehende Formaufspannplatte, deren Teile mittels Druckkissen verbunden seien, und aus der DE 195 39 752 A1 ein zwischen den Platten angeordneter Abstandshalter, der die Platten beim Schließdruckaufbau abstütze, bekannt (Sp. 1, Z. 53 -63).

Das Streitpatent sieht daher als Aufgabe an, eine Zwei-Platten-Spritzgießmaschine der eingangs genannten Art so auszugestalten, dass auf einfache Art und Weise ohne konstruktiven Eingriff in die Formaufspannplatten selbst die Formaufspannplatten beim Schließdruckaufbau parallel bleiben (Sp. 1, Z. 64 -Sp. -2, Z. 1).

Zur Lösung dieser Aufgabe dient die Zwei-Platten-Spritzgießmaschine nach dem erteilten Anspruch 1, deren Merkmale sich folgendermaßen aufgliedern lassen:

1.

Eine der Formaufspannplatten ist fest und die andere verfahrbar auf dem Maschinenbett angeordnet.

2.

Die beiden Platten sind relativ zueinander verfahrbar, 2.1 vorzugsweise mittels Fahrzylindern.

3.

Zum Aufbau der Schließkraft sind an einer der Platten vier Druckmittelzylinder angeflanscht.

3.1 Die Kolbenstangen der vier Druckmittelzylinder sind durch diese Platte hindurchgeführt und greifen, den Werkzeugeinbauraum überbrückend, an der zweiten Platte an.

3.2 Die Druckmittelzylinder (8) sind an ihren der Platte (3) abgewandten Enden mittels starrer Verbindungselemente (13) als Abstandhalter miteinander verbunden.

3.2.1 Zumindest die jeweils paarweise vertikal übereinander angeordneten Druckmittelzylinder (8) sind miteinander verbunden.

Demnach weist die Zwei-Platten-Spritzgießmaschine nach dem erteilten Patentanspruch 1 zwei Platten zum Aufspannen bzw. Befestigen von Formen auf, sog. Formaufspannplatten, von denen eine fest und die andere verfahrbar auf einem Maschinenbett (4) angeordnet sind (Merkmal 1), wobei die beiden Platten vorzugsweise mittels Fahrzylindern relativ zueinander verfahrbar sind (Merkmale 2 und 2.1).

Dieser Aufbau ist insbesondere aus der perspektivischen Darstellung eines Ausführungsbeispieles in der Figur 1 ersichtlich, wo ein Maschinenbett (4), bestehend aus einer Rahmenkonstruktion mit zwei oberen parallel zueinander verlaufenden Trägern (5), dargestellt ist, auf denen eine rechts eingezeichnete Formaufspannplatte (3) fest montiert ist, während eine links eingezeichnete Formaufspannplatte 2 in Führungsschienen (6) verfahrbar angeordnet ist (vgl. Streitpatentschrift Sp. 3, Z. 55 -Z. 63) (vgl. Merkmal 2). Zum Verfahren dienen nach dem beschriebenen Ausführungsbeispiel zwei einander diagonal gegenüberliegend angeordnete Fahrzylinder (7), die relativ klein dimensioniert sind (Merkmal 2.1; Sp. 3, Z. 63 -66).

Zum Aufbau des für den Spritzgießvorgang erforderlichen Schließdrucks sind gemäß dem Merkmal 3 des Anspruchs 1 des Streitpatents an einer der Platten vier Druckmittelzylinder (8) angeflanscht. Die Streitpatentschrift führt in dem Ausführungsbeispiel nach der Figur 1 aus, dass dies größer dimensionierte Druckmittelzylinder (8) seien, die an der dem Formeinbauraum (9) abgewandten Seite der feststehenden Formaufspannplatte (3) und zwar in deren vier Eckbereichen angeordnet seien (vgl. Sp. 3, Z. 66 -Sp. 4, Z. 3).

Die Kolbenstangen der vier Druckmittelzylinder (8) sind durch diese Platte (3) hindurchgeführt, um den im Anspruch 1 als Werkzeugeinbauraum bezeichneten Formeinbauraum (9) zu überbrücken und an der zweiten, nach dem Ausführungsbeispiel verfahrbaren Platte (2) anzugreifen (Merkmal 3.1; Sp. 4, Z. 4 -7). In den Druckmittelzylindern (8) ist nach dem Ausführungsbeispiel jeweils ein beidseitig beaufschlagbarer Kolben angeordnet, wobei die Kolbenstangen nach hinten über das Ende der Druckmittelzylinder 8 hinaus verlängert und in Hülsen (11) aufgenommen werden (Sp. 4, Z. 7 -12).

Damit die Formaufspannplatten beim Schließdruckaufbau parallel bleiben, sind an den der Formaufspannplatte (3) abgewandten Enden der Druckmittelzylinder (8) starre Verbindungselemente vorgesehen, die als Abstandhalter dienen (Merkmal 3.2) und zumindest die jeweils paarweise vertikal übereinander angeordneten Druckmittelzylinder (8) miteinander verbinden (Merkmal 3.2.1). Dazu können nach dem Ausführungsbeispiel der Streitpatentschrift C-förmige Verbindungselemente (13) dienen, die einen geraden Steg (14) und zwei senkrecht davon abstehende Schenkel (15) mit jeweils einer Öffnung zur Durchführung der Kolbenstange aufweisen (Sp. 4, Z. 17 -24).

Diese starren Verbindungselemente halten die Druckmittelzylinder (8) zueinander auf Abstand fest und verhindern, dass sich die Zylinderenden bei hohem Formdruck aufspreizen können, was wiederum bewirkt, dass sich die Formaufspannplatte nicht verformen kann (Sp. 4, Z. 45 -52). Ohne diese Verbindungselemente würden die Formaufspannplatten sich beim Schließdruckaufbau an ihren über das eingebaute Formwerkzeug überstehenden Kanten aufeinander zu bewegen, wobei durch die Durchbiegung der Platten die nach hinten abstehenden Druckmittelzylinder auseinander bewegt würden (Sp. 2, Z. 8 -13).

Anders ausgedrückt macht sich die Erfindung nach dem Streitpatent demnach die Tatsache zunutze, dass durch die Verbindung der Druckmittelzylinderenden und durch die somit gegebenen guten Hebelverhältnisse ein Aufspreizen der vier Druckmittelzylinder relativ zueinander verhindert wird, wodurch auch die Eckbereiche der Formaufspannplatten daran gehindert werden, sich so zu verformen, dass eine Unparallelität der Platten zueinander entsteht (Sp. 2, Z. 14 -20).

Zu dem Merkmal 3.2.1 führt die Streitpatentschrift insbesondere aus, dass es zwar auch denkbar sei, dass die vier Druckmittelzylinder an der verschiebbaren Formaufspannplatte angeflanscht und deren Enden untereinander verbunden sind, aber in der Regel seien die Druckmittelzylinder an der feststehenden Formaufspannplatte angeflanscht. Da aber in diesem Bereich in der Regel die Plastifizierund Einspritzeinheit angeordnet sei, sei es erfindungsgemäß vorgesehen, dass die jeweils paarweise vertikal übereinander angeordneten Druckmittelzylinder mittels der starren Verbindungselemente als Abstandhalter miteinander verbunden sind (Merkmal 3.2.1; Sp. 2, Z. 20 -30).

Da die Streitpatentschrift zu dem angibt, dass sich mit solchen starren Verbindungselementen bereits vorhandene Maschinen des eingangs genannten Typs ohne Probleme umrüsten lassen (Sp. 1, Z. 38 -40), wird klargestellt, dass diese starren Verbindungselemente im streitpatentgemäßen Sinne zusätzliche Bauteile darstellen, die sich im nach hinein an die Enden bereits vorhandener Druckmittelzylinder anbringen lassen.

Damit wird auf einfache Art und Weise und ohne konstruktive Änderung an der Formaufspannplatte selbst erreicht, dass sie parallel zu der anderen Formaufspannplatte gehalten werden kann, um einen ausreichend hohen Schließdruckaufbau zwischen den Formen zur gleichmäßigen Ausformung eines Formstücks zu erzielen (vgl. Aufgabe des Streitpatents Sp. 1, Z. 64 -Sp. 2, Z. 1).

2.

Die ohne Zweifel gewerblich anwendbare Spritzgießmaschine nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik und den Gegenständen der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen unstreitig neu.

So unterscheidet sich die Spritzgießmaschine nach dem erteilten Patentanspruch 1 von dem druckschriftlichen Stand der Technik nach der DE 298 05 427 U1 dadurch, dass die Druckmittelzylinder (8) an ihren der Platte (3) abgewandten Enden mittels starrer Verbindungselemente miteinander verbunden sind (Merkmal 3.2 obiger Merkmalsgliederung gemäß Punkt II. 1.). Der Unterschied zum angeblich offenkundig vorbenutzten Spritzgießautomaten "Boy 30 D" liegt bereits darin, dass die Druckmittelzylinder (8) nicht integriert, sondern an die Formaufspannplatte (3) angeflanscht sind (Merkmal 3.).

3.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Spritzgießmaschine nach dem angegriffenen Patentanspruch 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Den nächstkommenden Stand der Technik bildet nach Überzeugung des Senats und unstreitig zwischen den Parteien die Druckschrift DE 298 05 427 U1.

Aus dieser Druckschrift ist eine Zwei-Platten-Spritzgießmaschine bekannt geworden, bei der eine der Formaufspannplatten (6) fest auf einem Maschinenbett und die andere Formaufspannplatte 1 dazu verfahrbar angeordnet ist (Merkmal 1 gemäß obiger Merkmalsgliederung nach Punkt II. 1.), wobei die Platte (1) gegenüber der feststehenden Formaufspannplatte (6) durch zwei Fahrzylinder (Eilhubzylinder 8) in Richtung zur feststehenden Formaufspannplatte (6) und von dieser weg bewegbar ist, so dass die beiden Platten (1, 6), relativ zueinander verfahrbar sind (Merkmale 2 und 2.1; DE 298 05 427 U1, S. 2, 2. Absatz). Zum Aufbau der Schließkraft sind an einer der Platten, hier der beweglichen Platte (1), vier Druckmittelzylinder (Hydraulikeinheiten 5) angeflanscht (Merkmal 3), deren Kolbenstangen (3) jeweils durch eine Ausnehmung in der beweglichen Platte (1) hindurchgeführt sind und den Werkzeugeinbauraum überbrückend an der zweiten, dort festen Platte (6) angreifen, wie insbesondere aus der Figur 1 ersichtlich ist (Merkmal 3.1; S. 2, 2. Absatz).

Die Zwei-Platten-Spritzgießmaschine nach Anspruch 1 unterscheidet sich von diesem Stand der Technik dadurch, dass die Druckmittelzylinder (8) an ihren der Platte (3) abgewandten Enden mittels starrer Verbindungselemente (13) als Abstandhalter miteinander verbunden sind (Merkmal 3.2) und zwar zumindest die jeweils paarweise vertikal übereinander angeordneten Druckmittelzylinder (8) (Merkmal 3.2.1).

Für diese Maßnahmen vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik nach der Druckschrift DE 298 05 427 U1 dem Fachmann, einem Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit zumindest Fachhochschulabschluss und mehrjährigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Spitzgießmaschinen, keinerlei Anregungen.

Bei der in dieser Druckschrift aufgezeigten Spritzgießmaschine ist die feste Platte (6) nicht nur an einer Seite, sondern an allen vier Ecken auf einem Boden oder Maschinenuntergrund befestigt, wie den Figuren 1 und 2 entnehmbar ist. Dadurch kann sich die Platte (6) nicht so leicht verbiegen wie die Formaufspannplatten (2, 3) nach dem Streitpatent, die aufgrund ihrer senkrechten Anordnung auf dem Maschinenbett dort nur an einer Seite festgehalten sind (Merkmal 1; vgl. Streitpatent, Fig. 1; Sp. 3, Z. 60 -63). In der DE 298 05 427 U1 ist auch aufgezeigt, dass die Kolbenstangen (3) an ihren Enden über ein Gewinde an der festen Platte (6) von Holmmuttern (12) festgehalten sind, die durch Schrauben (13) gegen Verdrehen gesichert sind, um den beim Zurückfahren der beweglichen Platte (1) auf die Kolbenstangen (3) ausgeübten Druck aufzunehmen (DE 298 05 427 U1, S. 2, 2. Absatz, letzter Satz). Die DE 298 05 427 U1 führt zu den Hydraulikkolben aus, dass diese gleichzeitig die Funktion der Maschinenholme haben, die die Zylinder (4) der Hydraulikeinheit (5) führen und zueinander parallel halten. Aus dieser zusätzlichen Holm -Funktion der Hydraulikkolben folgt bereits, dass bei dieser Formschließvorrichtung bis auf die Flanschringe (7) zur Befestigung der Druckmittelzylinder an der beweglichen Frontplatte (1) und einer Reihe von Stangen (10) zur Stützung der Zylinder (4) in Längsrichtung keine weiteren stützenden Verbindungselemente für erforderlich gehalten wurden (DE 298 05 427 U1, S. 1, 4. Absatz; S. 2, 2. Absatz; Fig. 1 und 2). Daher stellt sich die anders als im Streitpatent aufgebaute Formschließvorrichtung dem Fachmann als eine in sich abgeschlossene Lösung dar, bei der die Plattenparallelität durch die Fixierung der festen Platte an allen vier Eckpunkten und die Stützung der Zylinder (4) durch die Kolbenstangen (3) selbst erreicht werden soll. Diese in der DE 298 05 427 U1 offenbarte Lösung ohne starre Verbindungselemente an den Zylinderenden vermag von daher schon dem Fachmann keinerlei Anlass zu geben, nach weiteren Maßnahmen zum Erhalt der Plattenparallelität zu suchen, zumal die Gefahr des Verformens von Formaufspannplatten beim Schließdruckaufbau dort weder erkannt noch aufgegriffen worden ist. Folglich konnte die Druckschrift DE 298 05 427 U1 dem Fachmann die Notwendigkeit von Maßnahmen gegen eine solche Verformung nicht nahe legen, insbesondere nicht starre Abstandshalter an den Zylinderenden, um ein Aufspreizen der Druckmittelzylinder zu verhindern.

Die Druckschrift DE 298 05 427 U1 führt den Fachmann nach Aufgabe und Lösung vielmehr in eine ganz andere Richtung, weil sich diese Druckschrift mit der einfachen Ausbaubarkeit der Kolben der Hydraulikeinheiten befasst. Sie führt aus, dass die Kolben eine kürzere Lebensdauer als die Gesamteinrichtung hätten, aber vielfach zu wenig Platz für eine Entnahme der Kolbenstange in Längsrichtung aus der Spritzgießmaschine zur Verfügung stünde, und schlägt deshalb zum Rand hin offene Ausnehmungen (2) in der Formaufspannplatte (1) vor, durch die die Kolbenstangen seitwärts entnehmbar sind (S. 1, 3. Absatz). Diese Maßnahme zur Erleichterung des Ausbaus von Kolbenstangen gibt dem Fachmann aber keine Anregung, noch weitere Verbindungselemente an den Druckmittelzylindern anzuordnen, sondern hält ihn eher davon ab.

Auch wenn sich dem Fachmann die Aufgabe stellen würde, die Deformation des aus Platte und starr mit der Platte verbundenen Formkörpers zu mindern, dann wird ihm ausgehend von diesem Stand der Technik im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin nicht ohne weiteres klar, dass eine größere Deformationssteifigkeit nur durch versteifende, starre Querverbindungen erreicht werden kann. Vielmehr wird er in erster Linie die Formaufspannplatte selbst in Betracht ziehen und aufgrund seines fachlichen Wissens deren Formbeständigkeit und Festigkeit zu verbessern suchen, z. B. durch eine Änderung des Werkstoffs. Insbesondere bei Spritzgießmaschinen greifen hohe Kräfte an den einzelnen Maschinenteilen an und schon von daher weiß er, dass das Werkstoffmaterial hierfür eine ausreichend hohe Festigkeit aufweisen muss. Dies führt ihn zu verstärkenden Maßnahmen an der Formaufspannplatte selbst, um zu verhindern, dass sie sich beim Schließdruckaufbau verbiegt. Zusätzliche konstruktive Elemente wird er daher nicht ohne weitere konkrete fachliche Hinweise in Betracht ziehen, um einer Verformung der Platten entgegen zu wirken.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei die Lehre nach dem Anspruch 1 des Streitpatents aber ohnehin bekannt und habe in dem offenkundig vorbenutzten Spritzgießautomaten "Boy 30 D" eine konkrete Ausprägung gefunden, von dem sie im Einspruchsverfahren zwei Zeichnungen vorgelegt hat, eine Zeichnung Nr. 166599-0 d als Anlage E und eine Zeichnung Nr. 166600-0 c als Anlage F.

Der Zeichnung nach Anlage E lässt sich eine Schließeinheit für eine Spritzgießmaschine entnehmen, bei der eine der Formaufspannplatten, nämlich die links abgebildete, offensichtlich auf Schienen und folglich verfahrbar, und die andere fest auf dem Maschinenbett angeordnet ist, so dass die beiden Platten relativ zueinander verfahrbar sind. Damit sind die Merkmale 1 und 2 gemäß Merkmalsgliederung nach Punkt II. 1. gezeigt, aber ohne die nur fakultativ beanspruchten Fahrzylinder nach dem Merkmal 2.1 des Anspruchs 1 des Streitpatents (vgl. Anlage E, Darstellung links oben). Ebenfalls gezeigt sind in dieser Zeichnung vier Druckmittelzylinder, deren Kolbenstangen durch eine der Platten hindurchgeführt sind und den Werkzeugeinbauraum überbrückend an der zweiten Platte angreifen (Merkmal 3.1). Der Zeichnung nach der Anlage E lässt sich jedoch nicht das Merkmal 3 des Anspruchs 1 des Streitpatents entnehmen, wonach die Druckmittelzylinder zum Aufbau der Schließkraft an einer der Formaufspannplatten angeflanscht sind (Merkmal 3). Sie zeigt vielmehr, dass die Druckmittelzylinder dieser Spritzgießmaschine "Boy 30 D" in die Formaufspannplatte integriert sind und die Formaufspannplatte dazu nicht wie gemäß dem Streitpatent das Profil einer Platte, sondern ein Kastenprofil aufweist. Diese Formaufspannplatte bildet dadurch ein einteiliges Gussstück aus, wie auch die Beschwerdeführerin schriftsätzlich ausgeführt hat. Dieses Gussstück ist in der Zeichnung nach Anlage F näher dargestellt und dort als Grundplatte bezeichnet. Insbesondere der in der Anlage F gezeigten Schnittdarstellung lassen sich Öffnungskanäle für Druckmittelzylinder entnehmen, die parallel zueinander angeordnet sind und zwischen sich einen Freiraum aufweisen. Ebenfalls entnehmbar sind dieser Schnittdarstellung, dass die vertikal übereinander angeordneten Kanäle an ihren der Formaufspannseite abgewandten Ende miteinander verbunden sind und folglich auch die darin angeordneten Druckmittelzylinder nach Anlage E. Sowohl der Zeichnung nach der Anlage E als auch derjenigen nach der Anlage F lässt sich zudem entnehmen, dass anders als nach Anspruch 1 des Streitpatents bei der Spritzgießmaschine "Boy 30 D" die Verbindung zwischen den Kanälen von dem Gussstück selbst gebildet wird, wie insbesondere an der einheitlichen Schraffur auch in diesem Querverbindungsbereich des Gussstücks ersichtlich ist. Demnach lehrt die offenkundige Vorbenutzung, integrale Bestandteile des die Formaufspannplatte bildenden Gussstücks als Verbindungsstreben zwischen den Kanälen auszubilden, die Teile der Formaufspannplatte selbst sind.

Bei der Spritzgießmaschine gemäß dem Anspruch 1 des Streitpatents sind die Druckmittelzylinder zwar auch an ihren Enden miteinander verbunden (Merkmal 3.2), jedoch sind angesichts ihrer nicht in die Formaufspannplatte integrierten Bauweise anders als bei der offenkundig vorbenutzten Spritzgießmaschine Boy 30 D zur Verbindung zusätzliche Bauteile als Verbindungselemente erforderlich (Merkmal 3.2).

Ohne Zweifel löst der Gegenstand der angeblichen Vorbenutzung die im Streitpatent angegebene Aufgabe nach der Erhaltung der Platten -Parallelität durch die formbeständige Kastenbzw. Blockform der Formaufspannplatte bei dem vorbenutzten Spritzgießautomaten "Boy 30 D". Denn diese Kastenoder Blockform hat die gleiche Wirkung wie die Verbindungselemente im Streitpatent, da sie auch die Platten -Parallelität gewährleistet. Es handelt sich aber um eine völlig andere Lösung als im Streitpatent, bei dem die Druckmittelzylinder nicht in die Formaufspannplatte integriert, sondern an diese angeflanscht sind und deshalb zusätzliche starre Verbindungselemente als Abstandshalter an den Zylinderenden vorgeschlagen werden, um beim Schließdruckaufbau einem Aufspreizen der Zylinder und damit einer Verformung der plattenförmigen Formaufspannplatte entgegen zu wirken.

Hinweise oder Anregungen zu einer derartigen Lösung zeigt der Spritzgießautomat "Boy 30 D" den Fachmann nicht auf, sondern er führt ihn vielmehr wegen der in die Formaufspannplatte integrierten Druckmittelzylinder in eine andere Richtung als die im Streitpatent beanspruchte, nämlich dahin, konstruktiv an der Formaufspannplatte anzusetzen. Gerade dies will aber das Streitpatent aufgabengemäß vermeiden.

Da der Fachmann in dem Spritzgießautomaten Boy 30 D nach den Anlagen E und F nur eine blockoder kastenförmige Formaufspannplatte als Lösung gegen eine Verformung der Formaufspannplatte auffinden kann, aber nicht die konkrete Ausbildung der Lehre nach dem Streitpatent, insbesondere nicht die im Anspruch 1 angegebenen Verbindungselemente nach den Merkmalen 3.2 und 3.2.1, kann die Spritzgießmaschine Boy 30 D dem Fachmann im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin keine Anregung dazu geben, die Spritzgießmaschine nach dem nächstkommenden druckschriftlichen Stand der Technik gemäß der Druckschrift DE 298 05 427 U1 nachträglich an den Enden der Druckmittelzylinder mit starren Verbindungselementen auszurüsten, um dadurch ein Aufspreizen der Zylinder und Verformen der Formaufspannplatte bei hohen Schließkräften zu verhindern (vgl. Streitpatentschrift, Sp. 2, Z. 14 -30 u. Z. 38 -40).

Dazu war vielmehr erfinderisches Zutun erforderlich.

Die übrigen hinsichtlich der Unteransprüche geltend gemachten Vorbenutzungen ("Boy 22", Prospekt "Bosch Automation" Hydraulikzylinder H 160 CA) und der im Erteilungsverfahren sowie in der Patentschrift noch zitierte druckschriftliche Stand der Technik (DE 195 35 081 A1, DE 195 39 752 A1 und EP 0 554 068 A1) sind im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffen worden. Sie liegen vom Patentgegenstand weiter ab, wie eine Überprüfung durch den Senat ergeben hat, und vermitteln dem Fachmann keine Anregungen zur der patentgemäßen Lehre, zumindest die paarweise vertikal übereinander angeordneten Druckmittelzylinder an ihren der Formaufspannplatte abgewandten Ende mittels starrer Verbindungselemente als Abstandhalter miteinander zu verbinden.

Die Lehre nach dem erteilten Patentanspruch 1 beruht nach alledem auf erfinderischer Tätigkeit.

4.

Die erteilten Unteransprüche 2 bis 9 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Weiterbildungen der Zwei-Platten-Spritzgießmaschine nach Anspruch 1. Sie haben daher zusammen mit dem erteilten Anspruch 1 Bestand.

5.

Nachdem dem Hauptantrag vollumfänglich stattgegeben worden ist, erübrigt sich eine Entscheidung über den Hilfsantrag.

6.

Den Umständen der behaupteten Vorbenutzungshandlungen, die der Senat bei seiner abschließenden Beurteilung unterstellt hat, brauchte nach alledem nicht mehr nachgegangen zu werden, so dass auch ein Zeugenbeweis nicht mehr erforderlich war.

Das Patent hat nach alledem in seiner erteilten Fassung Bestand.

Dehne Dr. Huber Pagenberg Dr. Prasch Cl






BPatG:
Beschluss v. 24.03.2009
Az: 8 W (pat) 8/05


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