Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 88/04

(BPatG: Beschluss v. 10.05.2006, Az.: 32 W (pat) 88/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 4. Februar 2004 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 399 03 424 hinsichtlich der Waren "Speiseeis, Zubereitungen im Wesentlichen bestehend aus Speiseeis; Getreideerzeugnisse für Nahrungszwecke, auch in Riegelform und als Knabbererzeugnisse auf Kartoffel-, Getreide-, Mais-, Reis-, Kokos- und Nussbasis; Zubereitungen, hauptsächlich bestehend aus Pudding, Quark, Milch, Käse; Fertiggerichte, in der Hauptsache bestehend aus einer oder mehreren der nachfolgend genannten Waren, nämlich Käse, Quark" zurückgewiesen wurde. Für diese Waren wird die Löschung der Marke 300 90 626 angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die am 12. Dezember 2000 angemeldete und am 10. Januar 2001 für eine Vielzahl von Waren der Klassen 5, 29 und 30, nämlich für Speiseeis, Zubereitungen im Wesentlichen bestehend aus Speiseeis, Backwaren, feine Backwaren, Dauerbackwaren, backfertige Teigmassen, Pizza, Torten, Konditorwaren, Zuckerwaren; im Toaster zuzubereitende süße und salzige Backwaren; Schokolade, Schokoladewaren einschließlich Pralinen, auch mit flüssiger Füllung; Zuckerwaren, Hefe, Backpulver, Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Nougat, Marzipan, Marzipan- und Nougaterzeugnisse, Zwieback, Waffeln, Biskuits; Getreideerzeugnisse für Nahrungszwecke, auch in Riegelform und als Knabbererzeugnisse auf Kartoffel-, Getreide-, Mais-, Reis-, Kokos- und Nussbasis, auch mit Schokoladenüberzug; Zubereitungen, hauptsächlich bestehend aus Fleisch, Fisch, Käse und Gemüse; Zubereitungen, hauptsächlich bestehend aus Schokolade, Pudding, Kakao, Nougat, Marzipan, Honig, Kokos, Mandeln, Früchten, Quark, Milch, Käse, Nüssen, Früchten, Fruchtgelees; Fertiggerichte in der Hauptsache bestehend aus einer oder mehreren der nachfolgend genannten Waren, nämlich Fisch, Fleisch, Geflügel, zubereitetem Obst und Gemüse, Kartoffeln, Teigwaren, Reis, Hülsenfrüchten, Käse, Quark, Teigwaren, Pizza, Pasteten; Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleisch-, Fisch-, Geflügel- und Wildwaren; konserviertes, getrocknetes, zubereitetes und gekochtes Obst und Gemüse; Kartoffelprodukte, nämlich Pommes frites, zubereitete Kartoffeln; sämtliche vorgenannten Waren, soweit möglich, auch tiefgekühlt und/oder als kalorienarme Lebensmittel und/oder als diätetische Lebensmittel für medizinische Zweckeunter der Nr. 300 90 626 in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Wortmarke Mi amorist Widerspruch erhoben aus der prioritätsälteren Marke Milamorgeschützt für Waren der Klassen 29, 30 und 32, nämlich für Milch und Milchprodukte, nämlich Butter, Käse, Frischkäse, Sahne, Rahm, Sauerrahm, Kondensmilch, Joghurt, Buttermilch, Kefir, Milchpulver für Nahrungszwecke, alkoholfreie Milch- und Milchmischgetränke mit überwiegendem Milchanteil, Fertigdesserts aus Joghurt, Quark und Sahne, auch mit Zusatz von Kräutern und/oder zubereiteten Früchten, Müslizubereitungen, im Wesentlichen bestehend aus Sauerrahm, Buttermilch, Sauermilch, Joghurt, Kefir, Quark, zubereiteten Früchten und Zerealien; Milchreis, Grießbrei, Speiseeis; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte.

Der Widerspruch richtet sich nach einer im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Beschränkung nur noch gegen die Waren Speiseeis, Zubereitungen im Wesentlichen bestehend aus Speiseeis; Getreideerzeugnisse für Nahrungszwecke, auch in Riegelform und als Knabbererzeugnisse auf Kartoffel-, Getreide-, Mais-, Reis-, Kokos- und Nussbasis; Zubereitungen, hauptsächlich bestehend aus Pudding, Quark, Milch, Käse; Fertiggerichte, in der Hauptsache bestehend aus einer oder mehreren der nachfolgend genannten Waren, nämlich Käse, Quark.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 4. Februar 2004 den Widerspruch zurückgewiesen. Zwischen den Vergleichsmarken bestehe keine Verwechslungsgefahr. Zwar stünden sich teilweise identische bzw. ähnliche Waren gegenüber, und es sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Die Unterschiede der Vergleichsmarken genügten jedoch, um eine allein in Betracht kommende klangliche Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die angegriffene Marke bestehe im Gegensatz zu der Widerspruchsmarke aus zwei Worten. Dies werde auch bei der Aussprache deutlich. Reduziert werde die Verwechslungsgefahr zudem durch den Sinngehalt der spanischen Wortfolge "Mi amor", die erhebliche inländische Verkehrskreise mit "meine Liebe" oder "mein Liebling" übersetzen würden. Die Widerspruchsmarke werde dagegen als reines Phantasiewort aufgefasst.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 4. Februar 2004 aufzuheben und die Marke 300 90 626 für die Waren "Speiseeis, Zubereitungen im Wesentlichen bestehend aus Speiseeis; Getreideerzeugnisse für Nahrungszwecke, auch in Riegelform und als Knabbererzeugnisse auf Kartoffel-, Getreide-, Mais-, Reis-, Kokos- und Nussbasis; Zubereitungen, hauptsächlich bestehend aus Pudding, Quark, Milch, Käse; Fertiggerichte, in der Hauptsache bestehend aus einer oder mehreren der nachfolgend genannten Waren, nämlich Käse, Quark" zu löschen.

Entgegen der Auffassung der Markenstelle sei eine zur Verwechslungsgefahr führende klangliche Ähnlichkeit der Marken gegeben. Bei einer klanglichen Wiedergabe der angegriffenen Marke würden die Bestandteile "Mi" und "amor" miteinander verschmelzen und nicht mehr als zwei getrennte Worte wahrgenommen. Der in der Wortmitte der Widerspruchsmarke befindliche Mitlaut "l" trete kaum in Erscheinung. Die Verwechslungsgefahr werde auch nicht durch den Sinngehalt der angegriffenen Marke reduziert, da erhebliche inländische Verkehrskreise keine Kenntnisse der spanischen Sprache hätten. Das spanische Wort "amor" stehe im Übrigen in keinem Zusammenhang mit den betroffenen Waren. Nicht erkennbar sei entgegen der Auffassung der Markenstelle auch ein begrifflicher Anklang zwischen der Widerspruchsmarke "Milamor" und den für diese Marke eingetragenen Milchprodukten.

Die Markeninhaberin hat sich weder im Amtsverfahren noch im Beschwerdeverfahren zur Sache eingelassen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten, allein noch angegriffenen Waren begründet, weil insoweit die Gefahr besteht, dass die sich gegenüberstehenden Marken im Verkehr verwechselt werden (§ 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

Nach diesen Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs u. a. zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2006, 60, 61 - coccodrillo m. w. Nachw.).

1. Speiseeis ist in den Warenverzeichnissen beider Marken identisch enthalten. Identität besteht auch zwischen den Waren der jüngeren Marke "Zubereitungen im Wesentlichen bestehend aus Speiseeis; Zubereitungen, hauptsächlich bestehend aus Pudding, Quark, Milch, Käse; Fertiggerichte, in der Hauptsache bestehend aus einer oder mehreren der nachfolgend genannten Waren, nämlich Käse, Quark" und den Widerspruchswaren "Speiseeis; Milch und Milchprodukte; Fertigdesserts aus Joghurt, Quark und Sahne, Müslizubereitungen, im Wesentlichen bestehend aus Sauerrahm, Buttermilch, Sauermilch, Joghurt, Kefir, Quark". Hochgradig ähnlich sind die "Getreideerzeugnisse für Nahrungszwecke, auch in Riegelform und als Knabbererzeugnisse auf Kartoffel-, Getreide-, Mais-, Reis-, Kokus- und Nussbasis" der jüngeren Marke mit den Widerspruchswaren "Müslizubereitungen, im Wesentlichen bestehend aus zubereiteten Früchten und Zerealien".

2. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchskraft auszugehen.

3. Im schriftbildlichen Gesamteindruck sind sich beide Marken nicht in einer verwechslungsbegründenden Weise ähnlich, da die jüngere Marke sich aus zwei Wortelementen zusammensetzt, wogegen die Widerspruchsmarke nur aus einem Wort besteht. Hinzu kommt, dass der in der Widerspruchsmarke vorhandene Konsonant "l" in der angegriffenen Marke keine Entsprechung findet.

Anders verhält es sich bei einem phonetischen Vergleich der beiden Marken "Mi amor" und "Milamor". Beachtliche Teile des Verkehrs werden bei einer Benennung der jüngeren Marke nicht erkennen, dass diese aus zwei Wörtern besteht. Beide Marken stimmen in der Silbenzahl, der Vokalfolge und der Betonung auf der jeweils ersten Silbe "Mi" und der Endsilbe "mor" überein. Vor der Endsilbe befindet sich bei beiden Marken der klangstarke Vokal "a". Der nur in der Wortmitte der Widerspruchsmarke vorhandene klangschwache Konsonant "l", der sich hinter dem jeweils identischen klangstarken Vokal "i" befindet, ist nicht geeignet, Fälle des Sich-Verhörens mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen. Vor allem unter ungünstigen Übermittlungsbedingungen, etwa bei telefonischen Bestellungen, kann es zu Markenverwechslungen kommen.

Die Sinngehalte der Marken, wenn sie überhaupt wahrgenommen werden, können eine klangliche Verwechslungsgefahr nicht verhindern, da sie bei einem Verhören nicht zum Tragen kommen.

Die Gesamtabwägung teilweiser Warenidentität und im Übrigen enger Warenähnlichkeit, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und nicht unbeträchtlicher phonetischer Markenähnlichkeit ergibt, dass vom Bestehen einer Verwechslungsgefahr auszugehen ist. Die angegriffene jüngere Marke ist deshalb, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, im beantragten Umfang zu löschen.

4. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gem. § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.






BPatG:
Beschluss v. 10.05.2006
Az: 32 W (pat) 88/04


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