Verwaltungsgericht Karlsruhe:
Beschluss vom 5. September 2012
Aktenzeichen: 6 K 1782/12

(VG Karlsruhe: Beschluss v. 05.09.2012, Az.: 6 K 1782/12)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dem Beschluss vom 5. September 2012 (Aktenzeichen 6 K 1782/12) des Verwaltungsgerichts Karlsruhe ging es um die Löschungsfrist, die von einer Wirtschaftsauskunftei für gespeicherte amtsgerichtliche Beschlüsse über die Ankündigung und Erteilung der Restschuldbefreiung einzuhalten ist. Das Gericht entschied, dass die Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners teilweise erfolgreich ist. Die aufschiebende Wirkung der Klage wird wiederhergestellt, bezogen auf die Ziffer 1 der Verfügung und angeordnet in Bezug auf Ziffer 3 der Verfügung. Der Antrag wird jedoch als unzulässig abgelehnt in Bezug auf Ziffer 4 der Verfügung. Das Gericht bestimmt zudem, dass die Antragstellerin 1/3 der Kosten des Verfahrens trägt, der Antragsgegner 2/3 und der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass die von der Antragstellerin vorgetragenen Bedenken bezüglich der Begründung der sofortigen Vollziehung nicht geteilt werden. Die Begründung des Antragsgegners entspricht den Anforderungen des Gesetzes. Das Gericht kommt jedoch zu dem Schluss, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage erfolgen muss, da die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache tendenziell zu Gunsten der Antragstellerin sprechen. Die Löschung der Daten über die Wohlverhaltensphase und die Restschuldbefreiung ist zum entsprechenden Zeitpunkt gemäß den gesetzlichen Vorschriften vorzunehmen. Das Gericht ist der Ansicht, dass die Daten des Beigeladenen noch gespeichert werden dürfen, da sie zulässiger Gegenstand einer Speicherung sind.

Der Antrag in Bezug auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 der Verfügung wird ebenfalls erfolgreich sein, da diese Löschungsverpflichtung nicht mehr vollziehbar ist. Der Antrag in Bezug auf Ziffer 4 der Verfügung ist jedoch unzulässig, da die Antragstellerin keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt hat.

Die Kostenentscheidung des Gerichts besagt, dass die Antragstellerin 1/3 der Kosten tragen muss, der Antragsgegner 2/3. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 2.500 Euro festgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

VG Karlsruhe: Beschluss v. 05.09.2012, Az: 6 K 1782/12


Zur von einer Wirtschaftsauskunftei zu beachtenden Löschungsfrist gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG für die von ihr gespeicherten, amtsgerichtlichen Beschlüsse über die Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO und über die erteilte Restschuldbefreiung gemäß § 300 InsO.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 10.07.2012 erhobenen Klage wird hinsichtlich der Ziffer 1 dieser Verfügung wiederhergestellt und in Bezug auf Ziffer 3 dieser Verfügung angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag als unzulässig abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1/3, der Antragsgegner zu 2/3. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt dieser selbst.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Antragstellerin,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 10.07.2012 wiederherzustellen,

ist unter Beachtung der Antragsbegründung sachdienlich gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bzgl. Ziffer 1 der Verfügung des Antragsgegners vom 10.07.2012 und im Übrigen als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG (Ziffer 3 der Verfügung) bzw. gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO (Ziffer 4 der Verfügung) auszulegen.

Der so ausgelegte Antrag ist zulässig und begründet, soweit er die Ziffern 1 und 3 der streitgegenständlichen Verfügung betrifft (dazu unter 1. und 2.). Hinsichtlich Ziffer 4 ist er dagegen unzulässig (dazu unter 3.).

1. Der Antrag hat Erfolg, soweit er auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen Ziffer 1 der streitgegenständlichen Verfügung erhobenen Klage gerichtet ist.

a) Die von der Antragstellerin aufgeworfenen Bedenken in Bezug auf die Begründung der sofortigen Vollziehung teilt das Gericht nicht. Denn die Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO sind gewahrt.

Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die vom Antragsgegner in seiner Verfügung formulierte Begründung genügt den von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben zur Begründung der sofortigen Vollziehung (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.12.2005 € 10 S 644/05 € juris und vom 08.12.1994 € 10 S 1305/94 € NVwZ 1996, 281). Sie stellt insbesondere für den konkreten Einzelfall dar, aus welchen Gründen nach Auffassung des Antragsgegners ein Aufschub der Vollziehung der streitgegenständlichen Verfügung verhindert werden soll.

b) Allerdings geht die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO vorzunehmende gerichtliche Interessenabwägung zu Lasten des Antragsgegners aus.

Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage kommt dann in Betracht, wenn das private Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung das gegenläufige öffentliche Interesse daran, dass der Verwaltungsakt sofort vollzogen werden darf, überwiegt. Im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich Erfolg versprechend, kann ein öffentliches Interesse an einer sofortigen Vollziehung nicht bestehen, wie auch im umgekehrten Fall eines offensichtlich aussichtslosen Rechtsbehelfs eine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht in Frage kommt. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht eindeutig zu beurteilen, sondern nur tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, so hat das Gericht auf Grund einer reinen Interessenabwägung über den Aussetzungsantrag zu entscheiden. Im vorliegenden Fall ist mit dem Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache zu rechnen, denn Ziffer 1 der Verfügung vom 10.07.2012 dürfte nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung in Anlehnung an § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig sein und die Antragstellerin deshalb in ihren Rechten verletzten.

Ihre Rechtsgrundlage findet Ziffer 1 der streitgegenständlichen Verfügung in § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG. Hiernach sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn sie geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung verarbeitet werden und eine Prüfung jeweils am Ende des vierten, soweit es sich um Daten über erledigte Sachverhalte handelt und der Betroffene der Löschung nicht widerspricht, am Ende des dritten Kalenderjahres beginnend mit dem Kalenderjahr, das der erstmaligen Speicherung folgt, ergibt, dass eine längerwährende Speicherung nicht erforderlich ist.

Die Antragstellerin hat ausweislich ihrer Auskunft vom 24.02.2012 (Bl. 7 der Behördenakte) zum Beigeladenen neben seinen vollständigen Personalien die Erteilung der Restschuldbefreiung vom 07.05.2009 gespeichert, ausgehend von einer Veröffentlichung durch das Amtsgericht München zum Aktenzeichen xxx. Hierzu hat die Antragstellerin dem Antragsgegner mitgeteilt, diese Daten zum 31.12.2012 löschen zu wollen. Dieser Löschungszeitpunkt stimmt mit den gesetzlichen Vorgaben überein mit der Folge, dass die vom Antragsgegner verfügte Löschung rechtswidrig ist. Die gegen diese Verfügung erhobene Klage wird daher aller Voraussicht nach erfolgreich sein.

Zunächst stellen die vollständigen Personalien des Klägers und der Vermerk über die vom Amtsgericht München erteilte Restschuldbefreiung nach Maßgabe des § 300 InsO personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG dar. Diese Daten werden von der Antragstellerin in ihrer Eigenschaft als Wirtschaftsauskunftei gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG auch geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung verarbeitet.

§ 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG sieht nunmehr € grundsätzlich € die Löschung dieser Daten jeweils am Ende des vierten Kalenderjahres beginnend mit dem Kalenderjahr, das der erstmaligen Speicherung folgt, vor, wenn eine Prüfung ergibt, dass eine längerwährende Speicherung nicht erforderlich ist. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Daten zur €Wohlverhaltensphase€, also zu dem Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO, von der Antragstellerin zunächst für vier Jahre gespeichert werden durften, wobei die Löschungsfrist in dem Kalenderjahr begann, das der erstmaligen Speicherung folgte. Ausgehend von dem Beschluss über die Restschuldbefreiung vom 07.05.2009 dürfte der Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung in einem Zeitraum vor dem 07.05.2003 gefasst worden sein. Da die €Wohlverhaltensphase€ in der Regel sechs Jahre beträgt (vgl. Stephan, in: Münchener Kommentar Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2008, § 291, Rn. 15), hatte nach Ablauf der ersten vier Jahre noch keine Löschung der Eintragung der €Wohlverhaltensphase€ sowie der vollständigen Personalien des Beigeladenen zu erfolgen. Anhaltspunkte, dass ausnahmsweise eine langerwährende Speicherungsdauer nicht zulässig sein könnte (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 letzter Halbs. BDSG), lagen offensichtlich nicht vor und wurden vom Antragsgegner oder vom Beigeladenen auch nicht behauptet. Dass die Antragstellerin demnach am Ende des vierten Kalenderjahrs, mithin spätestens am 31.12.2007 € ausgehend von einem Fristbeginn am 01.01.2004 als dem der erstmaligen Speicherung folgenden Kalenderjahr und einer Frist von vier Jahren € keine Löschung der personenbezogenen Daten vorgenommen hatte, ist nicht zu beanstanden.

Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG laufen sodann die nächsten vier Jahre, bis die Antragstellerin spätestens erneut überprüfen muss, ob die Speicherung der personenbezogenen Daten nach wie vor zulässig ist. Dass immer wieder ein weiterer Vierjahreszeitraum beginnt, ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut (€jeweils€). Von daher kommt es auf eine €entsprechende Anwendung€ (so der Schriftsatz des Antragsgegners vom 07.08.2012, S. 2 = AS 33) dieser Vorschrift wegen der sechsjährigen Dauer der €Wohlverhaltensphase€ nicht an.

Fällt € wie hier € in diesen zweiten Vierjahreszeitraum ein erledigendes Ereignis, verkürzt sich die Prüfungsfrist auf drei Jahre. Als erledigendes Ereignis ist, wovon im Übrigen Antragstellerin und Antragsgegner übereinstimmend ausgehen, der Beschluss über die Restschuldbefreiung gemäß § 300 InsO anzusehen. Denn er beendete die sechsjährige €Wohlverhaltensphase€ des Beigeladenen. Die nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG vorzunehmende Prüfung, ob eine zwingende Löschung der personenbezogenen Daten hierzu vorzunehmen ist, hatte folglich am 31.12.2010, dem Ende des dritten Kalenderjahrs des zweiten Prüfungsfristabschnitts, zu erfolgen.

Von Gesetzes wegen ist die Prüfung, ob die Daten nunmehr zu löschen sind, nicht anhand des Tags des erledigenden Ereignisses, wie es der Antragsgegner verlangt (vgl. Schriftsatz vom 07.08.2012, S. 3), vorzunehmen. Vielmehr ist diese Prüfung erst zum Ende der Frist vorgesehen. Es ist auch davon auszugehen, dass die Antragstellerin diese Prüfung vorgenommen und die erforderliche Löschung durchgeführt hat, da sie in ihrer Auskunft vom 24.02.2012 mitgeteilt hat, dass zum Beigeladenen neben seinen vollständigen Personalien nur noch die Erteilung der Restschuldbefreiung vom 07.05.2009 gespeichert ist.

Dass die Antragstellerin dieses Datum, also den vom Amtsgericht München veröffentlichen Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung zum Aktenzeichen xxx, nach wie vor gespeichert hat, begründet keine rechtlichen Bedenken. Wie die vom Antragsgegner angeführten Zitate belegen, ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieser Beschluss zulässiger Gegenstand einer Speicherung sein kann (vgl. nur OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 01.09.2009 € 21 U 45/09 € juris). Diese Auffassung teilt das Gericht ebenfalls.

Die Löschung dieser Eintragung bestimmt sich ihrerseits nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners knüpft die Vorschrift nicht an ein €Grundereignis€, hier den Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung, an. Denn sowohl dieser als auch der Beschluss über die Restschuldbefreiung sind personenbezogene Daten, die jeweils von einer Wirtschaftsauskunftei gespeichert werden dürfen. Von daher ist die Löschungsfrist für jede dieser Eintragungen gesondert zu betrachten und zu berechnen.

Soweit der Antragsgegner hierzu vorträgt, die Vorschrift des § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG würde falsch verstanden, wenn ihr die Bedeutung zugemessen würde, dass die Information über das erledigende Ereignis selbst drei Jahre gespeichert werden dürfe, so verkennt er, dass genau dies die Aussage der von ihm zitierten Beschlüsse des Oberlandesgerichts Frankfurt (a.a.O.) und des Amtsgerichts Wiesbaden (Beschluss vom 13.01.2011 € 93 C 107/11 € DUD 2011, 364) ist. Diese Gerichte stellen fest, dass der Beschluss über die Restschuldbefreiung Gegenstand einer Speicherung durch eine Wirtschaftsauskunftei sein dürfen.

Es tritt auch nicht der vom Antragsgegner befürchtete Wertungswiderspruch auf, dass das Grundereignis, wenn kein erledigendes Ereignis hinzukommt, grundsätzlich bereits nach vier Jahren gelöscht werden muss, während, wenn ein erledigendes Ereignis hinzukommt, sich die Speicherungsdauer um mindestens drei Jahre verlängert. Denn angesichts der regelmäßigen sechsjährigen Dauer ist das €Grundereignis€, also der Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung, in aller Regel von vornherein noch nicht nach vier Jahren zu löschen. Wegen des erledigenden Ereignisses in Form des Beschlusses über die Restschuldbefreiung verkürzt sich dafür aber die Prüffrist des zweiten Vierjahresabschnitts von vier auf drei Jahre. Dies trägt dem Schutzzweck des § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG € vorzeitige Überprüfung des Datensatzes bzw. dessen Löschung € ausreichend Rechnung und entspricht der vom Gesetzgeber getroffenen Wertung, diese verkürzte Frist sei zur Einschätzung des Verhaltens des Betroffenen ausreichend (vgl. BT-Drs. 16/10529, S. 18 a.E.).

Die von der Antragstellerin angekündigte Löschung der Eintragung über die erteilte Restschuldbefreiung zum 31.12.2012 wahrt schließlich die Löschungsfrist des § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG.

Soweit von dem Antragsgegner unter Hinweis auf die von ihm zitierte Rechtsprechung angeführt wird, dass die Löschung innerhalb von drei Jahren, mithin zum 07.05.2012, zu erfolgen habe, beruht dies auf einem falschen Verständnis dieser Rechtsprechungsnachweise. Denn insbesondere das Oberlandesgericht Frankfurt formuliert in seinem Beschluss vom 01.09.2009 € 21 U 45/09 € lapidar, dass €eine Löschung der Einträge [€] nach Ablauf der dreijährigen Löschungsfrist zu erfolgen€ habe. Diese Formulierung stimmt zwar mit dem Gesetzeswortlaut zur Länge der Frist überein, verhält sich aber nicht zur gesetzlichen Regelung über den Fristbeginn (vgl. hierzu BT-Drs. 16/10529, S. 19). Auch bei der Berechnung der Löschungsfrist ist neben der Dauer der Frist der genaue Beginn (€Kalenderjahr, das der erstmaligen Speicherung folgt€) und das Ende (€Ende des Kalenderjahrs€) zu beachten. Ausgehend von einer Speicherung im Anschluss an die Veröffentlichung des Beschlusses über die Restschuldbefreiung durch das Amtsgericht München am 07.05.2009 begann die dreijährige Frist am 01.01.2010 und wird am 31.12.2012 enden.

2. Der Antrag hat auch Erfolg, soweit er auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen Ziffer 3 der streitgegenständlichen Verfügung erhobenen Klage gerichtet ist. Denn mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 der Verfügung vom 10.07.2012 ist die darin verfügte Löschungsverpflichtung nicht mehr vollziehbar (vgl. § 2 Nr. 2 LVwVG). Von daher ist auch die Androhung eines Zwangsgeldes nicht mehr statthaft.

3. Der Antrag ist schließlich unzulässig, soweit er € auch € auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 4 der Verfügung vom 10.07.2012 (Festsetzung einer Verwaltungsgebühr von 300,-- €) gerichtet ist.

Nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, mithin bei der Anforderung öffentlicher Abgaben (dazu unter a)), ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bei Gericht nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Einen solchen Antrag hat die Antragstellerin ausweislich der Akten und ihres Vortrags nicht gestellt (dazu unter b)).

a) Bei der nach Maßgabe der §§ 1, 4 Abs. 2 und 5 Abs. 1 Nr. 1 LGebG i.V.m. Ziff. 10.2 und 10.4 des Gebührenverzeichnisses zur Verordnung des Innenministeriums über die Festsetzung der Gebührensätze für öffentliche Leistungen der staatlichen Behörden für den Geschäftsbereich des Innenministeriums und des Landesbeauftragten für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich vom 12. Juli 2011 festgesetzten Gebühr handelt es sich um die Anforderung von öffentlichen Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO (vgl. € zur Gebühr als Form der öffentlichen Kosten € Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 80, Rn. 57 m.w.N.).

b) Den nach § 80 Abs. 6 VwGO erforderlichen Antrag hat die Antragstellerin ausweislich der Akten und ihres eigenen Sachvortrags nicht gestellt.

aa) Abzustellen ist insoweit auf die Sachlage im Zeitpunkt der Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO bei Gericht, denn bei dem Erfordernis der vorherigen Durchführung eines erfolglosen behördlichen Aussetzungsverfahrens handelt es sich nicht um eine bloße Sachentscheidungsvoraussetzung, die noch im Laufe des gerichtlichen Eilverfahrens verwirklicht werden könnte. § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO normiert vielmehr eine Zugangsvoraussetzung, die im Zeitpunkt der Stellung des Eilantrags bei Gericht erfüllt sein muss (nahezu einhellige Meinung und ständige Rspr. des VGH Bad.-Württ., siehe zuletzt Beschluss vom 28.02.2011 € 2 S 107/11 € juris, mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur; siehe weiter Funke-Kaiser in Bader, VwGO, 5. A, § 80 Rn 130, ebenfalls mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur). Andernfalls könnte die mit der Bestimmung verfolgte Zielrichtung € Vorrang der verwaltungsinternen Kontrolle einerseits und Entlastung der Gerichte andererseits € nicht verwirklicht werden. Hiergegen spricht auch nicht, dass es nach Ablehnung des Antrags als unzulässig danach noch zu einem zweiten gerichtlichen Aussetzungsverfahren kommen kann. Zum einen ist eine der Antragstellerin günstige Entscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO nicht von vornherein ausgeschlossen. Zum anderen bewirkt nur eine konsequente Handhabung des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO, dass die Vorschrift ernstgenommen wird und zur beabsichtigten Entlastung der Gerichte führt (so VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.02.2011 € 2 S 107/11 € juris).

bb) Eine der in § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO geregelten Ausnahmen liegt nicht vor.

Nach dieser Bestimmung gilt Satz 1 nicht, wenn erstens die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder zweitens eine Vollstreckung droht.

Von einem dieser Fälle kann hier nicht ausgegangen werden.

€) Die erste Alternative (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Antragstellerin keinen Aussetzungsantrag bei dem Antragsgegner gestellt hat.

€) Auch die zweite Alternative ist nicht gegeben. Die vorherige Durchführung eines behördlichen Aussetzungsverfahrens war nicht im Hinblick auf eine drohende Vollstreckung (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO) entbehrlich. Von einer drohenden Vollstreckung in diesem Sinne ist nur auszugehen, wenn eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme eingeleitet oder der Beginn der Vollstreckung behördlich angekündigt worden ist; wenigstens müssen aus der Sicht eines objektiven Betrachters konkrete Vorbereitungshandlungen der Behörde für eine alsbaldige Durchsetzung des Gebührenbescheids vorliegen.

Gemessen hieran war im Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht nicht von einer drohenden Vollstreckung auszugehen. Der streitgegenständliche Bescheid enthält lediglich am Ende die Bitte, einen Monat nach Eintritt der Bestandskraft der Verfügung die festgesetzte Gebühr von 300,-- € zu begleichen. Auch weder die Höhe des streitigen Betrags noch das übrige Verhalten des Antragsgegners vor Erlass des angefochtenen Verwaltungsakts haben die Vollstreckung zeitlich so unmittelbar bevorstehen lassen, dass es der Gebührenschuldnerin nicht zumutbar gewesen wäre, sich zunächst an die Behörde zu wenden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beigeladene hat weder einen Antrag gestellt noch das Verfahren gefördert. Von daher entsprach es nicht der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten nach Maßgabe des § 162 Abs. 3 VwGO dem Antragsgegner aufzuerlegen.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Anlehnung an Ziff. 1.5 und 1.6.2 des Streitwertkatalogs 2004.






VG Karlsruhe:
Beschluss v. 05.09.2012
Az: 6 K 1782/12


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