Landgericht Essen:
Urteil vom 11. April 2013
Aktenzeichen: 4 O 405/12

(LG Essen: Urteil v. 11.04.2013, Az.: 4 O 405/12)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Beklagte betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei. Sie mahnt für ihre Mandanten Anschlussinhaber insbesondere wegen des illegalen Herunterladens und Zugänglichmachens von Pornofilmen im Internet ab.

Der Kläger wurde mit Schreiben vom 11.11.2010 von der Beklagten abgemahnt, weil über seinen Internetanschluss ein urheberrechtlich geschützter Pornofilm heruntergeladen und öffentlich zugänglich gemacht worden sein soll. Die Abmahnung wurde klägerseits als unbegründet zurückgewiesen, da er zum fraglichen Zeitpunkt nicht zu Hause gewesen sei und daher vermutet, dass jemand in sein gesichertes WLAN eingebrochen ist.

Am 20.08.2012 hat die Beklagte auf ihrer Website angekündigt, eine Gegnerliste mit Namen der Anschlussinhaber, die von ihr abgemahnt wurden, im Internet zu veröffentlichen. Am 31.08.2012 hat die Beklagte auf ihrer Website eine Erklärung abgegeben, wonach ihr die Veröffentlichung durch eine Anordnung des Bayrischen Landesamtes für Datenschutz vorerst untersagt wurde. Sie erklärte, eine derartige Beschneidung von Grundrechten nicht hinnehmen und eine Klage beim Bayrischen Verwaltungsgericht erheben zu wollen. Am 04.09.2012 wurde diese Erklärung in ihrem Wortlaut noch modifiziert.

Am 18.09.2012 hat die Beklagte auf ihrer Website folgende Erklärung abgegeben:

"Der V Rechtsanwaltsgesellschaft mbH wurde durch eine Anordnung des Bayrischen Landesamtes für Datenschutz und durch Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz die Veröffentlichung einer Gegnerliste untersagt. Wir sehen daher von der Veröffentlichung der Gegnerliste ab."

Mit Urteil vom 26.09.2012 (Az.: ...) ist die Beklagte aufgrund der von ihr geplanten Veröffentlichung der Gegnerliste vom Landgericht Essen in einem einstweiligen Verfügungsverfahren zur Unterlassung verurteilt worden.

Dazu erklärte sie auf ihrer Website am selben Tag: "Sobald die Urteilsbegründung in schriftlicher Form vorliegt, werden wir die Erfolgsaussichten einer Berufung prüfen."

Beim Amtsgericht Regensburg wurde ebenfalls eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte erlassen, gegen die sie Widerspruch eingelegt hat. Eine Entscheidung steht noch aus.

Mit Schreiben vom 23.10.2012 mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf, da er befürchtete, dass sein Name auf der Gegnerliste im Internet veröffentlicht werden könnte. Eine Reaktion seitens der Beklagten erfolgte nicht.

In einem Telefonat mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 11.01.2013 hat die Beklagte auf die Erklärung vom 18.09.2012 hingewiesen. Diese war dem Kläger zur Zeit der Klageeinreichung nicht bekannt.

Der Kläger behauptet, die Beklagte halte nach wie vor an ihrem Vorhaben fest. Er stützt sich dabei auf verschiedene Presseberichte vom 03.09. und 26.09.2012 sowie die noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren beim AG Regensburg und LG Essen. In dem Telefonat vom 11.01.2013 habe die Beklagte dies geäußert, weshalb davon auszugehen sei, dass gemäß Ankündigung vom 26.09.2012 Berufung eingelegt wurde. Aufgrund dessen sei die Erklärung vom 18.09.2012 auch dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte nur vorläufig von ihrem Vorhaben Abstand genommen habe. Zudem sei die Erklärung vom 20.08.2012 nach wie vor als PDF-Datei über Google im Internet zu finden. Es reiche insoweit nicht aus, den Link auf der Homepage der Beklagten zu entfernen, die Datei müsse vielmehr vom Server gelöscht werden.

Der Kläger beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, den Namen des Klägers in einer Gegnerliste im Internet oder im Zusammenhang mit Pornofilmen zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen;

2) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 340,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie halte nicht an ihrem Vorhaben fest, eine Gegnerliste zu veröffentlichen. Dafür gebe es auch keinerlei Anhaltspunkte. Die Erklärung vom 18.09.2012 sei nach wie vor auf ihrer Homepage vorhanden. Die Erklärung, die Erfolgsaussichten einer Berufung prüfen zu werden, können nicht dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte sich rechtsuntreu verhalten werde. Sie habe auch weder gegen das Urteil des LG Essen noch gegen die Anordnung des Bayrischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht Rechtsmittel eingelegt. Zudem habe sie in allen noch anhängigen Verfahren Abschlusserklärungen abgegeben. Die Presseberichte müsse sie sich nicht zurechnen lassen.

Die Klage sei aufgrund der fehlenden Erstbegehungsgefahr mangels Rechtsschutzbedürfnis schon unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Mit Beschluss vom 06.03.2013 hat das Gericht nach Zustimmung beider Parteien das schriftliche Verfahren gemäß § 128 II ZPO angeordnet. Schriftsätze konnten bis zum 21.03.2013 eingereicht werden.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

Die örtliche Zuständigkeit des LG Essen ergibt sich aus § 32 ZPO, da sich die etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers im Internet bestimmungsgemäß in Essen auswirkt, weil der Kläger hier seinen Wohnsitz hat. Die Kammer teilt die in der Rechtsprechung und in der Literatur vertretene Rechtsauffassung, dass bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet nicht jeder Ort, an dem die fragliche Internetveröffentlichung abgerufen werden kann, Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO ist (LG Mainz: Beschluss vom 28.01.2010 - 1 O 291/09 BeckRS 2010, 05166; Hoeren, ZRP 2009, 223). Genau so, wie nach herrschender Meinung im Falle der Verletzungen von Marken-, Firmen- und Namensrechten im Internet die bloßen Abrufbarkeit der Information im Internet nicht geeignet ist, den sogenannten "fliegenden Gerichtsstand" zu begründen, kann auch bei Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Veröffentlichung im Internet nicht jedes beliebige Gericht angerufen werden, in dessen Bezirk ein Internetbeitrag abrufbar ist. Stattdessen ist es vielmehr erforderlich, dass hinreichende inhaltliche Anknüpfungs- und Verbindungspunkte des Falls mit dem jeweiligen Gerichtsort gegeben sind (so Hoeren, a.a.O.). Der deliktische Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO ist nur dann begründet, wenn sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß am Ort des angerufenen Gerichts auswirken soll (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30.03.2006, I ZR 24/03, abgedruckt in: juris-Rechtsprechungsdatei, Rd. 21; = BGHZ 167, 91 = NJW 2006, 2630; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage 2009, § 32, Rd. 17 "Internet").

Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers besteht. Dieses fehlt nur bei objektiv sinnlosen Klagen. Fehlt eine materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung, muss die Klage schon aus Rechtskraftgründen als unbegründet, nicht als unzulässig abgewiesen werden. Wenn sich die Schutzwürdigkeit der klägerischen Position erst auf Grund näherer Prüfung materiellrechtlicher Fragen beurteilen lässt, darf das Rechtsschutzbedürfnis nicht verneint werden (vgl. Zöller/Greger, 29. Auflage 2012, Vor § 253 Rn.18). Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ist daher nicht zu prüfen, ob die streitige Erstbegehungsgefahr vorliegend gegeben ist oder nicht.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen vorbeugenden Unterlassungsanspruch aufgrund einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gemäß § 823 I BGB i.V.m. § 1004 I BGB analog.

Zwar stellt die Nennung des Namens in einer so genannten Gegnerliste einen Eingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung dar. Denn der Kläger würde mit seinem Namen in einer für jedermann zugänglichen Quelle genannt. Zugleich würde die Namensnennung in der Liste jedenfalls die Information enthalten, dass er "Gegner" im Rahmen der außergerichtlichen oder gerichtlichen Tätigkeit der Beklagten ist. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte schwerpunktmäßig und in der Öffentlichkeit bekannt im Bereich des Urheberrechts spezialisiert ist, wäre die Veröffentlichung des Namens einer Privatperson auf dieser Liste zudem geeignet, den Eindruck zu erwecken, über den Internetanschluss dieser Person hätte eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden. Darüber hinaus besteht die berechtigte Sorge des Klägers, in Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen durch den illegalen Download von pornographischem Filmmaterial gebracht und damit in der besonders geschützten Intimsphäre betroffen zu werden.

Dieser Eingriff wäre auch rechtswidrig. Denn eine Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Berufsausübungsfreiheit der Beklagten ergibt unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles, dass hier der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Vorrang hat.

Im Rahmen der Berufsausübungsfreiheit kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Werbung mit Gegnerlisten grundsätzlich zulässig sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.12.2007, Az.: 1 BvR 1625/06). Diese Entscheidung bezieht sich jedoch auf eine Gegnerliste einer auf die Beratung und Vertretung von Kapitalanlegern spezialisierten Anwaltssozietät, die auf dieser Liste sachlich und unkommentiert mehrere hundert gewerblichen Gegner - weit überwiegend auf dem Gebiet der Kapitalanlage tätige Unternehmen, darunter eine Vielzahl von Banken und Versicherungen - genannt hatte. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu unter anderem ausgeführt, dass die Kanzlei mit der Gegnerliste auf ein entsprechendes Informationsinteresse von potentiellen Mandanten auf der Suche nach spezialisierten Rechtsanwälten treffe, was bei der vorzunehmenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen sei.

Der hier zu Grunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem vorgenannten Fall. Denn bei dem Kläger handelt es sich um eine Privatperson. Der Name einer Privatperson, die nicht im Geschäftsleben in die Öffentlichkeit tritt, darf nicht als Mittel zum Zweck für Werbemaßnahmen genutzt werden (so auch Gravel/Mehari, MMR-Aktuell 2010, 307094; mit anderem rechtlichen Ansatz (BDSG): Junker, Anm. zu BVerfG, Beschl. v. 12.12.2007, 1 BvR 1625/06, jurisPR-ITR 3/2008 Anm. 5). Ein besonderes Interesse der Beklagten, Rechtsstreitigkeiten mit dem Kläger unter Veröffentlichung seines Namens zu vermarkten, um auf diesem Wege besondere Erfahrungen in einer speziellen Rechtsmaterie zu dokumentieren und dadurch neue Mandate zu akquirieren, ist auch nicht erkennbar.

Die Beklagte ist auch Störerin. Störer ist, wer die Beeinträchtigung durch seine Handlung oder sein pflichtwidriges Unterlassen adäquat verursacht hat (vgl. Palandt/Bassenge, 72. Auflage 2013, § 1004 Rn.16). Das hat die Beklagte durch die Ankündigung, die Gegnerliste veröffentlichen zu wollen, vorliegend getan.

Der Anspruch scheitert jedoch daran, dass vorliegend keine Erstbegehungsgefahr mehr gegeben ist. Diese liegt vor, wenn die ernsthafte, auf Tatsachen gegründete Besorgnis besteht, dass die Beklagte in Zukunft gegen die bestehende Unterlassungspflicht verstößt (vgl. Palandt/Sprau, 72. Auflage 2013, Einf.v. § 823 Rn.20). Eine tatsächliche Vermutung, wie bei der Widerholungsgefahr, besteht nicht (vgl. BeckOK BGB, Stand 01.11.2012, § 1004 Rn.88).

Diese Erstbegehungsgefahr lag hier zunächst vor, da die Beklagte unstreitig die Absicht hatte, eine Gegnerliste zu veröffentlichen und dies auch kundgetan hat. Für die Begründung der Erstbegehungsgefahr ist bereits die Ankündigung eines beeinträchtigenden Verhaltens ausreichend (vgl. BeckOK BGB, Stand 01.11.2012, § 1004 Rn.89).

Die Beklagte hat die Erstbegehungsgefahr jedoch ausgeräumt, indem sie am 18.09.2012 auf ihrer Website erklärte, von der Veröffentlichung Abstand zu nehmen (Erklärung vorgelegt als Anlage B 1).

Da der Störer in den Fällen der Erstbegehungsgefahr noch keine Beeinträchtigung vorgenommen hat, sind die Anforderungen für die Ausräumung geringer als bei der Widerholungsgefahr (vgl. BeckOK BGB, Stand 01.11.2012, § 1004 Rn.91). In der Regel reicht die Aufgabe der Berühmung, die jedenfalls in der uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung liegt, dass die beanstandete Handlung in Zukunft nicht vorgenommen werde, aus (vgl. BGH, Urteil vom 19.03.1992, Az.: I ZR 166/90; BGH, Urteil vom 31.05.2001, Az.: I ZR 106/99). Eine solche eindeutige und uneingeschränkte Erklärung hat die Beklagte am 18.09.2012 abgegeben. Aus dem Wortlaut der Erklärung sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Beklagte nur vorläufig von ihrem Vorhaben Abstand genommen hat.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Stellungnahme der Beklagten vom 20.08.2012, mit der sie die Veröffentlichung einer Gegnerliste ankündigte, nicht vom Server gelöscht wurde und nach wie vor über Google auffindbar ist. Denn über die Homepage der Beklagten, wo sie ursprünglich veröffentlicht wurde, ist die Stellungnahme nicht mehr verlinkt und somit nicht mehr abrufbar. Dies hat auch der Kläger nicht bestritten, er hat vielmehr vorgetragen, die Homepage gar nicht mehr aufgesucht und die Stellungnahme über die Google-Suche gefunden zu haben. Zudem ist die Stellungnahme (vorgelegt als Anlage K 5) deutlich sichtbar datiert auf den 20.08.2012, so dass bei einem Aufsuchen der Homepage der Beklagten, auf die auch die Stellungnahme vom 20.08.2012 verweist, ersichtlich wird, dass es sich um eine überholte Erklärung handelt und die Beklagte nunmehr von ihrem Vorhaben abgerückt ist. Auch erscheint im Rahmen der vom Kläger vorgenommenen Google-Suche unmittelbar unter der Erklärung vom 20.08. als zweites Suchergebnis die Erklärung vom 18.09., so dass selbst ohne die Einsichtnahme der Homepage der Beklagten ohne Weiteres erkennbar ist, dass eine entgegenstehende Erklärung existiert (Screenshot vorgelegt als Anlage 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 30.01.2013). Dass der Kläger diese Erklärung positiv zur Kenntnis genommen hat, ist in diesem Zusammenhang hingegen nicht erforderlich. Ebenso ist es nicht erforderlich, dass neben der Entfernung des Links die Datei auch vom Server gelöscht wird. Die zum Urheberrecht entwickelte Rechtsprechung, wonach eine Entfernung der Datei vom Server erforderlich ist, ist auf den vorliegenden Fall mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte nicht übertragbar. Denn im Urheberrecht wirkt die Rechtsverletzung, die durch das öffentliche Zugänglichmachen einer urheberrechtlich geschützten Datei entsteht, dadurch fort, dass die Datei noch abrufbar ist. Eine Erklärung kann hingegen durch Abgabe einer anderslautenden Erklärung entkräftet werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die hier gegenständliche Erklärung vom 20.08. gar keine Rechtsverletzung enthält, sondern lediglich die Ankündigung einer Rechtsverletzung. Aufgrund der abgegebenen anderslautenden Erklärung vom 18.09. ist kein Wille der Beklagten mehr erkennbar, dass sie an ihrer Absicht, eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begehen, festhält.

Auch die vom Kläger vorgelegten Presseberichte (Anlagen K 7 bis 9), die zum Teil nach dem 18.09.2012 veröffentlicht wurden und aus denen nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte von ihrem Vorhaben Abstand genommen hat, stehen dem nicht entgegen. Denn diese Berichte sind der Beklagten nicht zurechenbar.

Der Umstand, dass die Beklagte von ihrer Berühmung im Rahmen der Rechtsverteidigung nicht Abstand genommen hat, hindert bei Vorliegen eines entsprechenden, die Erstbegehungsgefahr beseitigenden Verhaltens nicht der Wegfall der Erstbegehungsgefahr (vgl. BGH, Urteil vom 04.12.2008, Az.: I ZR 94/06; BGH, Urteil vom 15.04.1999, Az.: I ZR 83/97). Denn eine Rechtsverteidigung begründet eine Erstbegehungsgefahr nicht schon dann, wenn allein der eigene Rechtsstandpunkt vertreten wird, um sich die Möglichkeit eines entsprechenden Verhaltens für die Zukunft offenzuhalten, sondern erst dann, wenn den Erklärungen bei Würdigung der Einzelumstände des Falles auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe).Dies gilt vorliegend sowohl in Bezug auf die Verteidigung im streitgegenständlichen Fall, als auch im Hinblick auf die weiteren Prozesse der Beklagten im Zusammenhang mit der Gegnerliste.

Es kann vorliegend auch dahinstehen, ob die Beklagte in den anderen Prozessen Abschlusserklärungen abgegeben hat und welche Wirkung diese für das hier gegenständliche Verfahren haben könnten. Denn die Erklärung vom 18.09.2012 auf der Homepage der Beklagten ist, wie oben ausgeführt, bereits ausreichend für die Ausräumung der Erstbegehungsgefahr.

Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist für das Entfallen der Erstbegehungsgefahr nicht erforderlich. Nach der Rechtsprechung ist eine solche nur im Fall einer bereits vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigung erforderlich, um die daraus resultierende tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr - die bei der Erstbegehungsgefahr wie oben ausgeführt nicht besteht - auszuräumen (vgl. Palandt/Bassenge, 72. Auflage 2013, § 1004 Rn.32). Doch auch wenn man der in der Literatur zum Teil vertretenen Auffassung folgt, dass auch die Erstbegehungsgefahr nach Abmahnung oder gerichtlicher Geltendmachung nur noch durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung entfallen kann (vgl. Köhler in GRUR 2011, 879), ist eine solche im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Denn die Erklärung vom 18.09.2012 erfolgte bereits vor der Abmahnung durch den Kläger vom 23.10.2012. Damit ist auch nach der Auffassung von Köhler eine hinreichende Freiwilligkeit des entgegengesetzten Verhaltens der Beklagten gegeben. Dass die Beklagte in anderen Parallelverfahren bereits vor dem 18.09.2012 abgemahnt worden ist, ist für das vorliegende Verfahren unerheblich. Denn eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ist eine vertragliche Regelung und entfaltet ihre Wirkung nur zwischen den daran beteiligten Parteien.

Mangels Begründetheit der Hauptforderung steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Ersatz der Nebenforderungen zu.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr.11, 711 ZPO.






LG Essen:
Urteil v. 11.04.2013
Az: 4 O 405/12


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