Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. September 2010
Aktenzeichen: 17 W (pat) 86/05

(BPatG: Beschluss v. 16.09.2010, Az.: 17 W (pat) 86/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung nimmt die Priorität der US-Anmeldung 08/884,113 vom 26. Juni 1997 in Anspruch und trägt die Bezeichnung

"Graphische Benutzerschnittstelle zum Kundeninformationsmanagement"

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patentund Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und beantragt mit Schriftsatz vom 22. April 2005, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, hilfsweise Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.

Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2007 hat sie neue Patentansprüche 1 bis 14 eingereicht. Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zum Anzeigen von wenigstens ein Ereignis betreffenden Informationen unter Verwendung eines Computersystems (100)

mit einem Prozessor (110) und einer prozessorgesteuerten Anzeigeeinrichtung (140), wobei die das wenigstens eine Ereignis betreffenden Informationen in den Prozessor eingegeben und in dem Prozessor zur Ansteuerung der Anzeigeeinrichtung derart umgesetzt werden, dass ein dem wenigstens einen Ereignis zugeordnetes Ereignisobjekt auf der Anzeigeeinrichtung wiedergegeben wird, dadurch gekennzeichnet, dass von dem Prozessor ein zentraler Punkt (202) auf der Anzeigeeinrichtung festgelegt wird; und dass die Anzeigeeinrichtung derart angesteuert wird, dass das Ereignisobjekt in einer bestimmten radialen Entfernung zum zentralen Punkt (202) angezeigt wird, wobei jeder radialen Entfernung eine bestimmte Ereignisphase aus einer Mehrzahl unterschiedlicher Ereignisphasen und dem zentralen Punkt

(202) die Endphase des Ereignisses zugeordnet wird."

Der nebengeordnete Patentanspruch 8 lautet:

"Computersystem (100) mit einem Prozessor (110), der mit einer Anzeigeeinrichtung (140) gekoppelt ist, wobei dem Prozessor Mittel zum Festlegen eines zentralen Punktes (202) auf der Anzeigeeinrichtung zugeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Prozessor so konfiguriert ist, dass er die Anzeigeeinrichtung (140) zur Anzeige wenigstens eines einem Ereignis zugeordneten Ereignisobjekts (223 ... 226) derart ansteuert, dass das Ereignisobjekt in einer bestimmten radialen Entfernung zum zentralen Punkt (202) angezeigt wird, wobei jeder radialen Entfernung eine bestimmte Ereignisphase aus einer Mehrzahl unterschiedlicher Ereignisphasen und dem zentralen Punkt

(202) die Endphase des Ereignisses zugeordnet ist."

Zur Begründung ihrer Beschwerde führte die Anmelderin aus, dass der technische Charakter des Verfahrens nach Patentanspruch 1 und des Computersystems nach Anspruch 8 außer Frage stehe und der Gegenstand der Anmeldung alle Patentvoraussetzungen erfülle.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung war der Anmelderin unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung mitgeteilt worden, dass das beanspruchte Verfahren und Computersystem möglicherweise als Wiedergabe von Informationen oder als Programm für Datenverarbeitungsanlagen vom Patentschutz ausgeschlossen sei. In den Ansprüchen könnten auch anderweitig keine Anweisungen erkannt werden, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mittel dienten.

Die Anmelderin hat sich hierzu nicht geäußert. Zur mündlichen Verhandlung ist sie, wie angekündigt, nicht erschienen.

II.

Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents ausschließlich die Wiedergabe von Informationen betrifft und daher gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht als Erfindung auf technischem Gebiet anzusehen ist.

1.

In der Beschreibung der Anmeldung wird einleitend ausgeführt, dass es wünschenswert sei, beim Treffen einer Entscheidung eine maximale Menge von Informationen zu berücksichtigen, um eine genaue Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Mit der Maximierung der Menge der verfügbaren Informationen verringere sich jedoch die Genauigkeit der Entscheidung, was seinen Grund darin habe, dass die beim Finden von geschäftlichen Entscheidungen zu präsentierende, aufzunehmende und zu berücksichtigende Menge von Informationen beträchtlich sein könne. Daher sei es wünschenswert, einem Entscheidungsträger eine maximale Menge von Informationen in einer für den Entscheidungsträger leicht verständlichen Form zu präsentieren (vgl. S. 1, Z. 11 -25 der Beschreibung).

2.

Entsprechend schlägt der Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Anzeigen von wenigstens ein Ereignis betreffenden Informationen in einer bestimmten Form vor. Zur Erzeugung der Anzeige wird ein Computersystem verwendet, das über einen Prozessor und eine von diesem angesteuerte Anzeige verfügt. Der Prozessor soll die Anzeige so ansteuern, dass ein zentraler Punkt auf der Anzeigeeinrichtung festgelegt wird und ein (jeweiliges) Ereignisobjekt in einer bestimmten radialen Entfernung zu diesem zentralen Punkt angezeigt wird. Dabei soll jeder radialen Entfernung eine bestimmte Ereignisphase zugeordnet sein mit der Endphase im Zentrum. Wie auf S. 3, Z. 19 -22 der Beschreibung an einem Ausführungsbeispiel erläutert, kann das zur Anzeige vorgesehene Ereignisobjekt eine Geschäftstransaktion sein, bspw. ein Verkaufsgeschäft. In diesem Fall würde der zentrale Punkt den Abschluss der Verkaufshandlung repräsentieren und die Entfernung, in der das Ereignis von dem Mittelpunkt angezeigt wird, die Nähe zum Verkaufsabschluss, bspw. die Phase "gebucht" oder "geliefert" (vgl. S. 7, Z. 14 -22 und S. 20, Z. 21 -28). Auf diese Weise werden die in der Figur 2B aufgelisteten Tabellenwerte einzelner Ereignisobjekte in die in Figur 2A gezeigte Bildschirmdarstellung nach Art eines Radarschirms (Radar-Screen-Opportunity-Display) umgesetzt (vgl.

S. 5,Z. 32 -35).

Es ist nachvollziehbar, dass die vorgeschlagene Form der Anzeige von Ereignissen für Entscheidungsträger leichter erfassbar ist als die bloße Auflistung von Tabellenwerten. Denn Ereignisse, die kurz vor dem Abschluss stehen, werden in der Nähe des zentralen Punkts der Anzeige dargestellt, während Ereignisse, die sich in der Anfangsphase befinden, leicht daran erkannt werden können, dass sie weit entfernt vom zentralen Punkt dargestellt werden.

3. Das Verfahren zum Anzeigen von wenigstens ein Ereignis betreffenden Informationen gemäß Anspruch 1 ist jedoch als Wiedergabe von Informationen als solche gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht als Erfindung auf dem Gebiet der Technik anzusehen.

Anspruch 1 schlägt vor, Ereignisobjekte, z. B. Informationen über Verkaufsgeschäfte, in einer bestimmten Form wiederzugeben, nämlich mit einem bestimmten radialen Abstand von einem zentralen Punkt auf einer Anzeigeeinrichtung. Die Form der Wiedergabe orientiert sich dabei nicht an technischen Umständen, sondern ist allein durch die Auffassungsgabe eines menschlichen Entscheidungsträgers bestimmt, für den sie leicht verständlich sein soll. Insofern betrifft der Anspruch 1 die Wiedergabe von Informationen an sich und nicht eine Leistung auf technischem Gebiet. An dieser Wertung ändert auch der Umstand nichts, dass zur Anzeige der Ereignisobjekte bzw. Informationen eine Anzeigeeinrichtung verwendet wird, die durch den Prozessor des Computersystems so angesteuert werden soll, dass die Informationen in der beabsichtigten Form wiedergegeben werden. Denn der Anspruch belehrt den (Datenverarbeitungs-)Fachmann nicht darüber, wie Anzeigeeinrichtung oder Computersystem auszugestalten oder zu programmieren sind, damit die Darstellung in der gewünschten Form wiedergegeben wird. Entsprechend fehlt es dem Verfahren nach Anspruch 1 an (technischen) Anweisungen, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen und die folglich einer Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit unterzogen werden könnten (vgl. BGH in GRUR 2009, 479, Abs. [0011] -Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten -m. w. N.).

Dem Antrag der Anmelderin auf Erteilung eines Patents mit dem geltenden Patentanspruch 1 konnte daher nicht gefolgt werden.

Im Übrigen hätte auch eine Weiterverfolgung des Patentbegehrens auf der Grundlage des nebengeordneten Anspruchs 8 nicht zum Erfolg führen können. Dieser Anspruch ist zwar formal auf ein Computersystem gerichtet, hat aber ebenfalls keine Anweisungen zum Gegenstand, die der Lösung einer konkreten technischen Problemstellung dienen, sondern beschränkt sich -für den Fachmann offensichtlich -auf Anweisungen, die die gewünschte Form der Anzeige von Ereignisobjekten betreffen.

Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.

Dr. Fritsch Prasch Eder Dr. Thum-Rung Fa






BPatG:
Beschluss v. 16.09.2010
Az: 17 W (pat) 86/05


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