Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. März 2006
Aktenzeichen: 30 W (pat) 198/03

(BPatG: Beschluss v. 20.03.2006, Az.: 30 W (pat) 198/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Mai 2003 aufgehoben, soweit darin der Widerspruch aus der Marke DD 647 389 zurückgewiesen worden ist.

Wegen Verwechslungsgefahr mit der Marke DD 647 389 ist die Marke 398 48 940 zu löschen.

Gründe

I.

Am 30. November 1998 unter der Nummer 398 48 940 in das Markenregister eingetragen und am 7. Januar 1999 veröffentlicht worden ist MECON für die Waren und Dienstleistungen "Computer; Schulung und Beratung von Computerbenutzern; Entwicklung von Computersoftware; kundenspezifische Entwicklung von Computerhardware".

Widerspruch erhoben hat u. a. am 25. März 1999 die Inhaberin der am 10. Dezember 1990 nach Teillöschung noch für "Programme für Datenverarbeitungsanlagen, auf Datenträgern gespeichert; Computer und deren Teile; Beratungen und Schulungen auf dem Gebiet der Rechentechnik, ihrer Peripherie und Software; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" eingetragenen Marke DD 647 389 mecos.

Deren Benutzung ist bereits im Patentamtsverfahren bestritten worden. Die Widersprechende hat - auch im Beschwerdeverfahren - Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt. Die Einrede der Nichtbenutzung ist im nach Teillöschung maßgeblichen Umfang noch bezüglich "Computer und deren Teile; Beratungen und Schulungen auf dem Gebiet der Rechentechnik, ihrer Peripherie und Software; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" aufrechterhalten worden.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diesen Widerspruch zurückgewiesen, weil die Glaubhaftmachung der Benutzung nicht gelungen sei; zudem bestehe wegen der abweichenden Schlusskonsonanten auch keine Verwechslungsgefahr.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie hält mit näheren Ausführungen die Benutzung für glaubhaft gemacht und Verwechslungsgefahr für gegeben.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Mai 2003 insoweit aufzuheben, als darin der Widerspruch aus der Marke DD 647 389 zurückgewiesen worden ist und die Löschung der Marke 398 48 940 "MECON" anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält mit näheren Ausführungen Verwechslungsgefahr nicht für gegeben, zumal die Widerspruchsmarke nur für "Software" benutzt werde und damit Schutz nicht für das gesamte Warenverzeichnis beansprucht werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist in der Sache begründet.

Da der Inhaber der angegriffenen Marke die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG nebeneinander bestehenden Einreden mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke bereits im Verfahren vor dem Patentamt zulässig erhoben, für "Software" aber nicht mehr aufrechterhalten hat, können bei der Entscheidung ohne Prüfung der Frage, ob der Widersprechenden mit den vorgelegten Unterlagen eine weitere Glaubhaftmachung der Benutzung gelungen ist, jedenfalls diese Waren, die sich unter den eingetragenen Warenbegriff "Programme für Datenverarbeitungsanlagen, auf Datenträgern gespeichert" subsumieren lassen, berücksichtigt werden.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung z. B. BGH WRP 2004, 1037, 1038 - EURO 2000; BGH WRP 2004, 1173, 1174 - URLAUB DIREKT; BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; BGH GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling).

Der Senat geht bei seiner Entscheidung mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.

Im Bereich der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen ist Ähnlichkeit zu bejahen, auch wenn die Annäherungen teils deutlich, teils weniger deutlich ausfallen. Zwar ist die Benutzung der Widerspruchsmarke nur für "Software" anerkannt; Ähnlichkeit mit der Ware "Computer" der angegriffenen Marke ist jedoch zu bejahen. Denn bei Hardware und Software handelt es sich um Waren, die aufeinander bezogen und häufig aufeinander abgestimmt sind, sich also gegenseitig ergänzen. Es liegt daher nahe, dass der Verbraucher wegen der Bezogenheit der Waren aufeinander von der Verantwortlichkeit ein und desselben Unternehmens für die Qualität der jeweiligen Waren ausgeht (vgl. EuGH MarkenR 1999, 22 - CANON; BGH MarkenR 1999, 242 - CANON II; vgl. auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl. S. 63 mit Hinweis auf enge Ähnlichkeit zwischen Datenverarbeitungsgeräten und Datenverarbeitungsprogrammen). Außerdem besteht zwischen der Dienstleistung "Entwicklung von Computersoftware" der angegriffenen Marke und den Programmen der Widerspruchsmarke Ähnlichkeit, wobei der Abstand deutlich ausfällt (vgl. Richter/Stoppel a. a. O. S. 65). Auch für den Bereich der weiteren Dienstleistungen der angegriffenen Marke ist Ähnlichkeit zu bejahen, wenn auch der Abstand zu den Waren der Widerspruchsmarke hier noch größer ist (vgl. Richter/Stoppel a. a. O. S. 64, 65 Stichwörter Datenverarbeitungsprogramme und Beratung im EDV- und Elektrogerätesektor sowie Schulung und Beratung im EDV-Bereich).

Bei Beurteilung der Verwechslungsgefahr können Einschränkungen im Hinblick auf die von den Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verbraucherkreise nicht gemacht werden, denn eine derartige Beschränkung ergibt sich weder aus den Waren und Dienstleistungen selbst, noch ist eine solche Einschränkung im Warenverzeichnis vorgenommen worden. Es sind somit auch die allgemeinen Verkehrskreise angesprochen, was auch den technisch nicht besonders interessierten Laien mit einschließt. Computer und Software werden auch im Warenhaus angeboten; die Inanspruchnahme maßgeblicher Dienstleistungen bedingt keine Besonderheiten. Beim Grad der Aufmerksamkeit ist von einem durchschnittlich informierten, sorgfältigen Verbraucher auszugehen, wenn dieser Güter des nicht gerade alltäglichen Bedarfs erwirbt.

Unter Berücksichtigung der genannten Umstände hat die angegriffene Marke teils einen deutlichen Abstand von der Widerspruchsmarke einzuhalten, teils gelten aber auch nur geringere Anforderungen. Aber auch der erforderliche geringere Abstand zur Widerspruchsmarke reicht nach Auffassung des Senats - jedenfalls in klanglicher Hinsicht - nicht mehr aus, um Verwechslungen der Marken mit hinreichender Sicherheit ausschließen zu können; die weitere Frage einer schriftbildlichen Verwechslungsgefahr kann dahingestellt bleiben (vgl. BGH MarkenR 1999, 57, 59 - LIONS).

Die Ähnlichkeit der Marken ihrem klanglichen Gesamteindruck nach ist sehr groß. Die Marken stimmen bei gleicher Silbenzahl in den vier Anfangbuchstaben "MECO-" überein; unter diesen Umständen reichen die Unterschiede im Endkonsonanten "-N/-s" nicht aus, um klangliche Verwechslungsgefahr ausschließen zu können; zu berücksichtigen ist hierbei, dass das Augenmerk allgemein mehr auf den Wortanfängen liegt, so dass Abweichungen am Wortende von daher keine große Bedeutung zukommt; hinzu kommt hier, dass die Betonung in der Regel auf der Eingangssilbe der Markenwörter liegt und der Buchstabe "c", in Verbindung mit dem nachfolgenden Vokal "o" gesprochen wie "k", eingangs der zweiten Silbe markant und deutlich anklingt, so dass sich der Unterschied im Endkonsonanten im Klang auch von daher nur wenig auswirkt.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass, § 71 Absatz 1 MarkenG.






BPatG:
Beschluss v. 20.03.2006
Az: 30 W (pat) 198/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/fb1caca3928d/BPatG_Beschluss_vom_20-Maerz-2006_Az_30-W-pat-198-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share